Mit 79 Episoden und 3 Staffeln ist die Originalserie ein recht
kurzlebiges Produkt in der Serienlandschaft. Da noch nicht einmal die
eigentlich für eine tägliche Wiederholung im amerikanischen
Kabelfernsehen nötige Minimalzahl von 100 Episoden erreicht wurde, konnte
man einen derartigen Siegeszug kaum erwarten, bei dem Star Trek mit
seinen vielen Nachfolgeprodukten und Spin-Offs alles bisherige in der
Serienlandschaft in den Schatten stellen würde. Inzwischen hat das Star
Trek-Universum die 700. Episode überschritten und auch wenn
nach dem Ende von "Star Trek - Enterprise" lange Zeit keine neuen Episoden
produziert wurden, ist ein endgültiges Ende des Franchises noch lange
nicht in Sicht.
Trotzdem war im Jahr 1969 nach der Epiode 3.24: Gefährlicher Tausch Schluss mit Kirks Abenteuern.
Grund genug, hier noch einmal auf die 79 Episoden zurückzublicken und ein
kleines Fazit zu ziehen.
Die erste Staffel:
Die erste Staffel der Originalserie beginnt paradoxerweise mit einer
Episode, die sich später als völlig Star Trek-untypisch herausstellen
sollte. In 1.01: Das Letzte seiner Art geht es,
wie in vielen anderen, weniger ambitionierten Science Fiction-Serien,
vergleichsweise primitiv zu. Die Folge entwickelt sich nach dem typischen
"Töte-das-böse-Alien!"-Prinzip. Man muss eine fremde Lebensform, etwas
Unbekanntes, töten um zu überleben, ohne jedoch, wie später in Star Trek
üblich, den Versuch zu unternehmen, eine friedliche Lösung zu finden. Die
erste Folge steht damit symbolisch für das, was auch die erste Staffel
TOS im Gesamtzusammenhang von Star Trek darstellt, eine Suche nach dem
richtigen Weg.
Im ersten Jahr muss fast jede neue Serie erst noch näher definiert
werden. Am Anfang steht hier meist nur ein grobes Konzept, die Charaktere
sind noch eher farblos, die ersten Episoden beschreiben vorrangig die
genaueren Bedingungen, an die sich die Serie später halten wird.
Am Anfang der ersten Staffel war auch Star Trek nicht viel mehr als ein
Rahmen-Konzept, das nach und nach mit Leben gefüllt wurde. Die Moral und
die Werte der Sternenflotte waren noch nicht in Stein gemeißelt.
Erst nach und nach begannen sich immer schärfere Konturen der Philosophie
hinter der Serie zu bilden. Die Charaktere wurden näher definiert,
Begrifflichkeiten festgelegt, die Produktion routinierter.
Vieles von dem, was wir heute als festen Bestandteil des Star Trek-Universums
ansehen, taucht in der ersten Staffel TOS bereits auf.
Die Hauptdirektive der Sternenflotte wird erstmals in
1.21: Landru und die Ewigkeit erwähnt. In
1.18: Ganz neue Dimensionen und
1.25: Horta rettet ihre Kinder wird die
friedliche Koexistenz mit anderen Lebewesen favorisiert.
1.10: Pokerspiele lehrt uns
Respekt vor der Andersartigkeit fremder Wesen und auch, dass man nicht
jedes Mal Angst vor dem Unbekannten haben muss. In
1.19: Morgen ist gestern gibt es bereits die erste
Zeitreise in Star Trek. In
1.23: Krieg der Computer und
1.26: Kampf um Organia werden Gewalt allgemein und
Kriege im Besonderen verurteilt, während in
1.21: Landru und die Ewigkeit die Bedeutung
eines jeden einzelnen Individuums betont wird. Auch die Konzentration auf das
Triumvirat Kirk-Spock-McCoy (keineswegs von Anfang an geplant)
kristallisiert sich nach und nach in dieser Staffel heraus.
Dabei hatte es zu Beginn nicht ganz unerhebliche Probleme gegeben.
Wie fast jede Serie am Anfang, so hatte auch TOS zunächst mit
Widrigkeiten zu kämpfen. Die Crew hinter der Kamera musste sich erst
einspielen, die Hauptcharaktere waren erst grob definiert,
die Schauspieler mussten sich erst hineinfinden und ihre eigene
Linie durchsetzen und nicht zuletzt bedurfte es des Aufbaus einer
treuen Fan-Gemeinde unter den Zuschauern. Hinzu kam, dass große Teile
der Produktionscrew wenig Ahnung von Science Fiction hatten,
da dieses Genre bislang im TV-Geschäft deutlich unterrepräsentiert war.
Und auch der Mangel an Science Fiction-erfahrenen Autoren dürfte
ein Grund dafür sein, dass viele TOS-Episoden Geschichten,
bekannt aus klassischem Drama und Komödie beinhalten. Sieht
man sich heute die erste Staffel an, macht sich zu Beginn die Qualität
der Drehbücher am ehesten als Problem bemerkbar. Viele der ersten
Scripte werden aus heutiger Sicht dem Qualitätsanspruch der Serie
nicht gerecht. Meistens beinhalteten sie zwar nette Science Fiction-Geschichten,
waren jedoch in fast allen Fällen viel zu kurz für 45
Minuten TV-Handlung. So machen die ersten 9 Folgen der Originalserie
einen recht langatmigen Eindruck, die Crew wirkt oftmals nicht wirklich
kompetent. Die ersten Episoden stellen vielleicht bis heute die größte
Ansammlung an mittelmäßigen bis schlechten Episoden in Star Trek dar
und führen dazu, dass sich das erste Drittel im negativen Sinne deutlich
gegen den Rest der Staffel abhebt.
Gerade Folgen wie
1.09: Der Zentralnervensystemmanipulator
konnten schon zu Beginn nicht überzeugen, fallen aber aus heutiger Sicht
im Vergleich mit besser gelungenen Episoden hoffnungslos ab.
Erstaunlich steil geht es dann jedoch ab Folge
1.10: Pokerspiele bergauf. Auf einmal folgt eine
hervorragende Folge der nächsten. Der Zuschauer gewöhnt sich daran,
das Leben auf dem Raumschiff Enterprise zu sehen und wird langsam
vertrauter mit der Crew, genauso wie auch die Akteure untereinander.
Im zweiten Drittel fallen lediglich
1.16: Notlandung auf Galileo VII und
1.17: Tödliche Spiele auf Gothos negativ auf. Der
Rest überzeugt fast durchgehend und nicht selten kann man sogar einen
Höhenflug der Serie erleben, zum Beispiel in 1.13: Kodos, der Henker. Gerade diese Folge macht auch
deutlich, dass Star Trek dann am besten ist, wenn eine
klassische Geschichte ohne viel Science Fiction erzählt wird, etwas was
sich bis heute nicht geändert hat.
Auch das letzte Drittel der Staffel ist mehr als gelungen. Zu großen
Teilen von Produzent Gene L. Coon geschrieben, gibt es wohl zu keinem
späteren Zeitpunkt in der Serie eine derartige Fülle gelungener
Episoden (was nicht unbedingt heißt, dass die Serie später schlechter
geworden ist, die Highlights verteilen sich nur anders).
Unterbrochen wurde die Serie guter Episoden lediglich von der völlig
überflüssigen Folge
1.27: Auf Messers Schneide, welche an die Anfänge
der Serie erinnert.
Mit 29 Episoden hat die erste Staffel eine sehr ungewöhnliche Anzahl.
Normalerweise bewegen sich amerikanische Serien zwischen 22 und
26 Episoden pro Season. Auch durch einen anderen Umstand hebt sich die
erste Staffel von den späteren Produktionsjahren ab. Roddenberry hatte
sich zu Beginn der Serie dafür entschieden, einzelne, voneinander
unabhängige Episoden zu produzieren. Von zusammenhängenden Folgen und
episodenübergreifenden Handlungen hielt Roddenberry wenig, zumal voneinander
unabhängige Episoden damals die weitaus verbreitetere Erzählform war,
im Gegensatz zu heute.
Trotzdem machte die Einbindung des sehr teuren Pilotfilms 1.00: Der Käfig in die Serie eine deutlich längere
Handlung als üblich nötig, was zur einzigen Doppelfolge in der ganzen
Originalserie führte.
Nach 29 Episoden hatten sich die Elemente von TOS stabilisiert, die
Charaktere waren weitgehend definiert, die Crew hinter der Kamera war
inzwischen eingespielter als zu Beginn und erste Lieblingsthemen der
Autoren hatten sich gefunden.
Alles in allem wurde die erste Staffel unter qualitativen Gesichtspunkten
nach anfänglichen Problemen ein großer Erfolg, sie wird von vielen Fans
heute als die beste TOS-Staffel angesehen (dazu später mehr).
Die zweite Staffel:
Im Vergleich zum ersten Jahr zeichnet sich die zweite Staffel vor allem
durch eine größere Routiniertheit aus. Vor allem auf Seiten der Crew
hinter der Kamera gab es immer mehr gleichbleibende Konstanten. Der
Autorenstab bestand nicht mehr nur aus Eintagsfliegen, die
lediglich ein einziges Drehbuch ablieferten. Im Gegenteil, man konnte
sich mit Gene L. Coon, D.C. Fontana, Gene Roddenberry, Jerome Bixby und
John Meredyth Lucas auf ein sehr gutes und produktives Autorenteam
verlassen.
Auch auf Seiten der Regisseure zeigte sich nun Kontinuität. Im Gegensatz
zur ersten wurde fast die komplette zweite Staffel von den bewährten
Regisseuren Joseph Pevney, Marc Daniels, Ralph Senensky und Vincent McEveety
inszeniert.
Doch auch vor der Kamera zeigte sich die wachsende Erfahrung der an der
Produktion beteiligten Personen. Die Charaktere waren inzwischen
ausgefeilt und festgelegt, man musste hier kein Neuland mehr entdecken
und konnte sich Zeit nehmen, die bestehenden Beziehungen der
Charaktere in verschiedenen Situationen auf die Probe zu stellen.
Die Darsteller hatten sich an ihre Rollen gewöhnt und präsentierten sie
immer überzeugender. Die Folgen wirken insgesamt professioneller,
als zu Beginn der Serie, als für die Produktionscrew noch alles neu war.
Während es in der ersten Staffel neben einer Vielzahl sehr guter und
guter Folgen auch einige Abstürze ins Bodenlose gibt, fällt in der zweiten
positiv auf, dass es nur sehr wenige Negativ-Highlights gibt.
Beispiele für wirklich schlechte Folgen sind in
der zweiten Staffel lediglich
2.03: Ich heiße Nomad und
2.16: Meister der Sklaven. Doch die
Routiniertheit der Staffel zeigt sich auch darin, dass selbst diese
weniger gelungenen Beiträge immer noch gute Aspekte beinhalten und
damit eher im unteren Mittelfeld als in der Abstiegszone landen. Dabei
fehlen natürlich in der zweiten Staffel keineswegs die Highlights.
2.04: Ein Parallel-Universum und
2.15: Kennen Sie Tribbles? sind nur zwei Beispiele
für wirklich gelungene Episoden.
Weist bereits die erste Staffel eine Fülle unterschiedlicher
Episoden auf, so überzeugt die zweite durch einen noch größeren
Abwechslungsreichtum. Von ernsthaften Folgen, wie 2.19: Der erste Krieg, über reine Charakterstudien, wie
2.13: Tödliche Wolken und Krimi-Folgen, wie
2.14: Der Wolf im Schafspelz, bis hin zu reinen
Komödien, wie 2.17: Epigonen ist alles
vertreten.
Leider führt die Routiniertheit in der zweiten Staffel auch dazu, dass
die Serie ab und zu in das Klischeehafte abrutscht. Manche Themen werden
immer wieder bemüht. Nie mussten so viele Rothemden dran glauben wie hier
und auch die erdähnlichen Planeten häufen sich. Kirk hingegen trifft immer
öfter auf störrische Computer und engstirnige Vorgesetzte. Die Hauptdirektive
wird kaum einmal wirklich eingehalten und Kirks Romanzen nehmen überhand.
Viele der typischen TOS-Klischees werden in der zweiten Staffel geprägt.
Im Gegensatz zur ersten Staffel, die relativ klar gegeneinander
abgegrenzte Bereiche guter und schlechter Episoden hat, fällt beim
Betrachten der zweiten Staffel auf, dass sich die Highlights gut über die
gesamte Season verteilen. Kein einziges Mal gibt es zwei sehr gute Folgen
direkt aufeinander folgend.
Bezeichnend ist, dass diese Staffel mit der sehr gelungenen
Charakterstudie des Triumvirats in
2.01: Weltraumfieber einen beeindruckenden Start
hinlegt und auch sonst in der ersten Hälfte überzeugt. Dagegen kann man
in der zweiten Hälfte der Staffel leicht den Eindruck gewinnen, die
Qualität hätte gelitten. Dieses Gefühl kommt von der Tatsache,
dass sich einige Elemente immer öfter wiederholen und nun zu langweilen beginnen.
So trifft die Enterprise in den Folgen 14-26 der 2. Staffel allein auf
4 erdähnliche oder erdgleiche Planeten. Trotzdem hat auch die zweite Hälfte der
Staffel mit 2.15: Kennen Sie Tribbles,
2.17: Epigonen und
2.19: Der erste Krieg ihre Highlights. Mit
2.16: Meister der Sklaven und
2.23: Das Jahr des roten Vogels
gibt es zwar auch ganz klar schwächere Folgen, trotzdem überwiegen auch
in der zweiten Hälfte dieses Produktionsjahres die positiven Episoden.
Die dritte Staffel:
Wäre NBC bei seinen ursprünglichen Planungen für den Sendeplatz der
Originalserie geblieben, hätte die sie vielleicht mit dem dritten
Produktionsjahr schon zu Lebzeiten den Durchbruch geschafft und
akzeptable Quoten erzielt. Doch die Verantwortlichen entschieden sich
kurzfristig für einen unattraktiven Sendeplatz am Freitagabend,
was die 24 Episoden der dritten Staffel letztlich dazu verurteilte,
die letzten der Originalserie zu werden.
Dabei hätte es bei einem besseren Sendeplatz gut für die Serie
ausgesehen. Das Autorenteam war nach wie vor mit talentierten Leuten
besetzt und begann sich erst ab dem Zeitpunkt aufzulösen, als die
Einstellung der Serie abzusehen war. Auch hätte sich vermutlich bei
besseren Quoten auf einem guten Sendeplatz schnell die finanzielle
Situation der Serie verbessert und dabei die Verwirklichung von Projekten
ermöglicht, die bisher am Geld gescheitert waren.
Die dritte Staffel wird von den Fans oft als die schlechteste angesehen.
Bei Umfragen nach den besten Folgen landet kaum einmal eine
aus der dritten Staffel in den Top 10.
Schaut man sich die letzte Staffel etwas genauer an, ist dies jedoch
unverständlich, denn auch hier gibt es besondere Highlights.
Zugegeben, gleich die allererste Episode
3.01: Spocks Gehirn gilt als der bislang größte
Reinfall der Serie, doch sind die nachfolgenden Episoden
3.02: Die unsichtbare Falle und
3.03: Der Obelisk sehr gelungen. Auch der Rest
der ersten Hälfte der dritten Staffel überzeugt. Folgen, wie
3.05: Die fremde Materie,
3.07: Das Gleichgewicht der Kräfte und
3.09: Das Spinnennetz sind allesamt von hoher
Qualität und über weite Strecken beste Star Trek-Unterhaltung. Leider
verfallen die ersten 12 Folgen der dritten Staffel aber, ähnlich wie
schon die erste Staffel, in Extreme. Es gibt sowohl großartige Folgen als
auch unterirdisch schlechte, das Mittelfeld hingegen ist sehr dünn besetzt.
Der zweite Teil der dritten Staffel ist hingegen das genaue Gegenteil.
Fast alle Episoden spielen sich im Mittelfeld ab, es gibt kaum Ausreißer
nach oben oder nach unten. Große Highlights trifft man leider
nicht mehr an. Die Serie war gegen ihr Ende in einen Trott verfallen,
der zwar keine wirklich schlechten Folgen hervorbrachte, jedoch
auch positive Aspekte vermissen ließ. Dies ist wohl auch auf die Resignation
der Produktionscrew zurückzuführen, denn die bekannt gewordenen ersten Quoten
der dritten Staffel verhießen seinerzeit nichts Gutes. Das Ende von Star
Trek schien somit absehbar, offensichtlich verließ auch die Macher der Serie
der Mut und man verzichtete auf größere Anstrengungen. Hinzu kam, dass
immer mehr talentierte Mitglieder der Produktionscrew die Serie verließen.
Auch wenn die Nachfolger nicht schlechter waren, blieb für sie doch keine Zeit
sich einzugewöhnen, da die Serie schließlich zu Ende war.
Noch dazu wurden die Produktionsbedingungen immer schwieriger. Das Budget
der dritten Staffel wurde auf einen lächerlich kleinen Betrag zusammengestrichen,
ein vernünftiges Arbeiten war damit fast unmöglich. Die meisten Drehbücher mussten
drastisch verändert werden (wohl oft zum Negativen und Ärger der Autoren).
Die dritte Staffel fällt vor allem durch vergebene Chancen auf.
3.08: Der verirrte Planet,
3.11: Was summt denn da?, oder
3.20: Die Reise nach Eden sind Beispiele für Episoden,
die bei guter Umsetzung das Zeug zu Star Trek-Klassikern gehabt hätten,
letztendlich jedoch enttäuschend umgesetzt wurden. Auch die Vielfalt der Episoden
lässt in der dritten Staffel nach. Komödien, die in der vorherigen Staffel so
positiv aufgefallen sind, kommen beispielsweise überhaupt nicht mehr vor.
Dafür gibt es reine Action-Episoden, wie
3.22: Seit es Menschen gibt oder
3.17: Gefährliche Planetengirls, oder viel belanglose
Unterhaltung, wie
3.14: Wen die Götter zerstören.
Mit 3.04: Kurs auf Marcus 12,
3.01: Spocks Gehirn,
3.22: Seit es Menschen gibt und
3.10: Platons Stiefkinder gibt es leider auch
eine ganze Reihe von Episoden, die nicht überzeugen können.
Oft wird NBC vorgeworfen, der Sender habe die Serie in der dritten Season
endlich loswerden wollen. Letztendlich ist dies ein unsinniger Vorwurf,
denn welcher Sender will schon, dass das eigene Produkt schlechte Quoten
erzielt? Natürlich waren die NBC-Verantwortlichen mit ihrer
Kurzsichtigkeit für das Ende der Serie verantwortlich. Sie sahen nur den
schnellen Profit, den Star Trek offensichtlich nicht ermöglichte. Dabei
vergaßen sie aber die langfristige Wirkung, die diese außergewöhnliche
Serie mit der Schaffung ihres ganz eigenen Universums durchaus hätte haben
können. NBC jedoch ging vielmehr davon aus, dass mit "lediglich" 79 Episoden
ein Erfolg bei den Wiederholungen nicht zu erreichen sei.
Die offensichtliche Ignoranz, die NBC hier an den Tag legte, ist dem
kurzsichtigen Profitstreben geschuldet und weniger eine wissentliche
Demontage. Auch die Platzierung der schlechtesten Folge an den Anfang der
Staffel resultiert wohl vor allem aus der Unwissenheit der
NBC-Verantwortlichen im Bereich Science Fiction, als aus einem bewussten
Versuch, TOS loszuwerden.
Letztendlich fällt die Qualität der dritten Staffel gegen Ende deutlich
gegenüber den anderen Seasons ab. Die Serie schafft es in diesem Bereich
einfach nicht mehr, aus dem eingefahrenen Gleis des Mittelmaßes
herauszukommen. Doch dank vieler guter und einiger hervorragender
Episoden in der ersten Hälfte fällt selbst die Qualität der
dritten Staffel bei weitem nicht ins Bodenlose, sondern kann im Gegenteil
unter Berücksichtigung der immer schlechter werdenden
Produktionsbedingungen eher positiv überraschen.
Allgemein sehen die Star Trek-Fans die Qualität der Serie mit
aufsteigender Staffelanzahl als fallend an. In der Tat hatte die erste
Staffel eine beeindruckende Zahl gelungener Episoden, wenngleich es diese
auch in den späteren Staffeln gab. Die Unterschiede von Staffel
zu Staffel fallen insgesamt gesehen doch eher gering aus. Alle drei
Seasons haben ganz klar ihre Glanzlichter und Tiefpunkte, wobei sich
aber die Highlights in jeder Staffel doch gut die Waage halten.
Vielleicht ist auch die Platzierung der Höhepunkte ein Grund für die
überwiegende Einschätzung, dass die erste Staffel die beste ist. In der
zweiten Staffel sind die Highlights relativ gut verteilt, in der dritten
dagegen konzentrieren sie sich am Anfang. Die erste Staffel hingegen
hat ihre Höhepunkte recht einseitig in der Mitte und am Ende der Season
verteilt. Schaut man sich also die erste Staffel an,
kann es leicht passieren, dass man sich mit dem positiven Eindruck der
zweiten Hälfte im Hinterkopf ein Urteil über die gesamte Season bildet,
wobei man die schwachen Episoden zu Beginn bereits wieder vergessen, bzw.
verdrängt hat.
Die Entscheidung, welche Staffel denn nun die beste ist, sollte wohl
jedem Zuschauer selbst überlassen werden. Man kann inhaltlich leichte
Vorteile bei der ersten Staffel sehen und für die späteren hingegen
die etwas bessere Ausarbeitung der Charaktere, sowie ihre tiefer
werdenden Beziehungen sprechen lassen.
Die Charaktere:
Beim abschließenden Rückblick auf TOS darf auch ein kurzer Blick auf die
Charaktere, die uns durch 79 Episoden begleiten, nicht fehlen.
Captain Kirk war von Anfang an die unumstrittene Hauptperson der Serie.
Zu Beginn war seine Rolle sogar noch deutlich dominanter geplant,
da die Rolle von Spock und McCoy weniger wichtig eingestuft wurden.
So wurde immer versucht, Kirk in einem guten Licht dastehen zu lassen.
Steckte die Enterprise-Crew in Schwierigkeiten, musste die Lösung des
Problems immer von Kirk kommen (im Gegensatz zum TNG-Captain Picard,
der sich oft die Vorschläge seiner Crew anhört und dann nur ein
"Tun Sie das!" beisteuert). Auch ist es Kirk, der fast alle weiblichen
Herzen in der Serie erobert. Am stärksten zeichnet den Captain wohl seine
Freundschaft zu Spock und McCoy aus. Kirk fühlt sich auch immer seiner
Crew gegenüber verpflichtet. Er ist jederzeit bereit sein Leben für
die Mannschaft zu opfern. Kirk soll ein starker Charakter mit nur wenigen
Fehlern sein.
Dass dieser sich dabei überhaupt nicht zu entwickeln scheint, ist eine
allgemeine TOS-Schwäche. Der Captain wird keineswegs erwachsener in den
späteren Staffeln, oder entwickelt sich sonst irgendwie weiter. Er darf
sich nie länger als eine Episode verlieben und es gibt keine einschneidenden
Erlebnisse in seinem Kommandantenleben. Kirk ist ein stagnierender Charakter.
Aus dieser Situation wurde er paradoxerweise erst mit den Kinofilmen
geholt, als er Probleme mit dem Älterwerden bekam. Dort entwickelt sich
Kirk zum ersten Mal zu einem Charakter mit Ecken und Kanten, während er
in der Originalserie rückblickend als glatt, fast schon zu gut
erscheint.
An William Shatners Schauspielkünsten wird oft und viel herumkritisiert,
sicher nicht immer ganz unberechtigt. Shatner war wohl nie der
talentierteste Darsteller in Star Trek, doch er hat zumindest immer
versucht sein Bestes zu geben und letztendlich kann man mit seiner
Verkörperung von Kirk zufrieden sein.
Kirks Erster Offizier Spock ist wohl der interessanteste und
vielschichtigste Charakter aus TOS. Nicht nur, dass er der einzige
Außerirdische ist, in seiner logischen, gleichwohl doch menschlichen
Art steckt in der Figur Spock auch das meiste Potenzial.
Er ist auch der einzige Charakter, der wenigstens halbwegs
eine nachvollziehbare Entwicklung durchmacht. Zu Beginn noch als der
gefühllos handelnde Logiker präsentiert, zeigen Episoden, wie
1.04: Implosion in der Spirale,
1.11 + 1.12: Talov IV-Tabu,
1.24: Falsche Paradiese oder
2.01: Weltraumfieber schnell, dass hinter der
Fassade des kühlen Vulkaniers deutlich mehr steckt, als zunächst vermutet.
Nicht ohne Grund entwickelte sich Spock schnell zum
Publikumsliebling. Seine sich immer weiter vertiefende Beziehung zu Kirk
und McCoy macht ihn sympathisch, ohne sich dabei völlig von der
vulkanischen Selbstkontrolle zu entfernen. Gleichzeitig wird diese
Entwicklung nachvollziehbar erzählt. Zunächst ist Spock recht distanziert
den anderen gegenüber, gegen Ende der Serie sieht er sie als seine größten
Freunde an.
Dass der komplexeste Charakter der Originalserie vom wahrscheinlich
talentiertesten Hauptdarsteller verkörpert wurde, stellte sich als
glückliche Fügung heraus. Leonard Nimoy machte seine Sache immer gut und trug
viel zur Beliebtheit von Spock bei.
Dr. McCoy vervollständigt das Triumvirat. Von allen Charakteren an Bord ist
er wohl der menschlichste. Er lässt seinen Gefühlen freien Lauf und
bringt seinen Unmut, wann immer nötig, deutlich zum Ausdruck. Leider
erfährt man über den Doktor in der gesamten Originalserie sehr wenig. Oft
ist sein Charakter nur der Stichwortgeber für Kirk und Spock. Für
McCoy gilt außerdem das Gleiche wie für Kirk, es fehlt eine
nachvollziehbare Charakterentwicklung. Er verändert sich während der drei
Jahre an Bord kaum, höchstens seine ambivalente Beziehung zu Spock vertieft
sich mit der Zeit, was aber an sich sehr wenig Charakterentwicklung für 79
Episoden ist.
DeForest Kelley lieferte schauspielerisch nicht immer absolute
Glanzleistungen ab, es gelang ihm jedoch mit seiner Spielweise überzeugend,
dem Schiffsarzt Dr. McCoy Wärme und Menschlichkeit einzuhauchen.
Chefingenieur Montgomery "Scotty" Scott stellt ein Bindeglied zwischen
den drei Hauptpersonen und den weiteren Charakteren der Serie her.
Zwar gehört er eigentlich ständig in den Maschinenraum, trotzdem hat er
zumeist eine größere Rolle als die Nebenpersonen Uhura, Chekov und Sulu.
Aber auch über ihn erfährt man nicht viel, außer der Tatsache, dass er wohl
schon immer ein weltraum- und technikbegeisterter Schotte war.
Charaktermomente mit Scotty sind jedenfalls eine Seltenheit. Zu erwähnen
ist jedoch, dass er hin und wieder das Kommando über die Enterprise hat,
wenn das Triumvirat wieder einmal auf einem Planeten übertölpelt wurde.
In diesen Fällen macht Scotty fast immer eine gute Figur.
James Doohan verkörperte den Chefingenieur überzeugend, auch
wenn er selten wirklich die Gelegenheit hatte zu zeigen, was in ihm
steckte. Für Doohan war die Rolle des Scotty Segen und Fluch zugleich, da
er dadurch einerseits einem größeren Publikum ein Begriff wurde,
hinterher aber fast nur noch Rollenangebote mit schottischem Akzent bekam.
Der farbige Nachrichtenoffizier Lieutenat Uhura konnte sich vor allem am Anfang
etwas entfalten. Dort konnte man sie hin und wieder ein Lied für die Besatzung
trällern hören. Später wurde Uhuras Rolle leider immer nichtssagender.
Bemerkenswert ist allerdings die Tatsache, dass sie als Farbige eine wichtige
Aufgabe an Bord hat. So selbstverständlich uns das heute erscheinen mag und
dies im fortschrittlichen Roddenberry-Universum auch angenommen wurde, so
mutig war es im Amerika der 60er Jahre, als das Land noch von landesweiten
Rassenunruhen und dem oftmals blutigen Kampf um die Durchsetzung
der Bürgerrechte für die Farbigen erschüttert wurde. Doch zurück zur Enterprise:
Leider bekam Uhura niemals das Kommando über das Schiff.
Nichelle Nichols hatte eigentlich in den drei Jahren bei TOS kaum etwas
zu tun, sie blieb der Serie nach der ersten Season auch nur auf Bitten
von Dr. Martin Luther King treu, der auf die Signalwirkung ihrer Rolle für
die Farbigen hinwies. Nichols warb später viele Astronauten für die NASA
an.
Genau wie Uhura konnte der Steuermann Hikaru Sulu auch am ehesten noch
zu Beginn der Serie aus der Masse herausragen. Hier erfuhr man ein wenig
über sein Hobby, die Botanik, und über seine Vorliebe zum Degen-Fechten.
Später durfte er jedoch kaum mehr machen, als die Enterprise ans Ziel zu bringen
und hier und da mal ein "Jawohl Sir" von sich zu geben. Sulus Rolle war eigentlich
selbst für die Nebencharaktere erschreckend klein und eindimensional.
Auch in den 6 Star Trek Filmen der TOS-Crew erfuhr man kaum mehr über
ihn. Immerhin war er zuletzt Kommandant der USS "Excelsior".
Auch für George Takei blieb die Rolle als Sulu sein größter
schauspielerischer Erfolg. Obwohl niemals ernsthaft in Betracht gezogen,
träumte Takei immer von einer eigenen Captain Sulu-Serie.
Navigator Pavel Chekov ist von den Nebencharakteren noch derjenige mit den
größten Anteilen. Obwohl erst in der zweiten Staffel hinzugekommen,
entwickelte sich Chekov zu einem Publikumsliebling. Er sprach vor allem
die begehrten jüngeren Zuschauer an und wurde dem entsprechend auch oft
in die Handlung einbezogen (möglicherweise auf Kosten von Sulu).
Gleichwohl bleibt auch er ein Nebencharakter, trotzdem konnte Walter Koenig in
seiner Rolle im Gegensatz zu Nichelle Nichols und George Takei am ehesten
noch Akzente setzen.
Dass die TOS-Charaktere durchaus Potenzial haben, sieht man schon
an der Tatsache, dass so manche Highlight-Episode ihre Qualitäten
gerade aus den Charakteren und ihren Beziehungen zueinander gewinnt.
Trotzdem verliert die TOS-Crew den Vergleich mit dem Ensemble von TNG
oder DS9. In den Nachfolgeserien haben auch die unbedeutenderen
Hauptpersonen, wie beispielsweise Deanna Troi, oder Dr. Julian Bashir deutlich
mehr Anteile an der Handlung und dürfen viel mehr charakterliche
Eigenheiten und Entwicklungen als die TOS-Charaktere darstellen.
Bei TOS könnte man einige Folgen der ersten und der dritten Staffel
ohne Probleme vertauschen, ohne dabei bei den Charakterentwicklungen
irgendwelche Ungereimtheiten zu erzeugen. Bei den Nachfolgeserien
wäre dies bei weitem nicht der Fall, man würde Picard aus Staffel 7
niemals mit Picard aus Staffel 1 vertauschen können. Hinzu kommt leider,
dass bei TOS die meisten Charaktere keine Vergangenheit und kein
Privatleben haben, ein Punkt, an dem jede Nachfolge- die Originalserie
übertrifft. Auch die Konzentration auf das Triumvirat Kirk-Spock-McCoy
erweist sich auf Dauer nicht unbedingt als positiv für die Charaktere
und die Serie, denn in 7 Charakteren steckt halt einfach mehr Potenzial
und Erzählstoff als in 3, die durch ein paar bessere Statisten umgeben
sind. Begeht man das Gedankenspiel, dass TOS die dritte Staffel
überlebt hätte und geht man davon aus, dass auch weiterhin das
Hauptaugenmerk auf diesen drei Charakteren geruht hätte, muss man
zugeben, dass es zweifelhaft ist, dass uns die TOS-Crew auch in Staffel 7
noch so mitgerissen hätte, wie dies die deutlich vielfältigeren und
vielschichtigeren Crews der Nachfolgeserien getan haben.
Dies soll nicht unbedingt eine Abwertung der Originalserie und ihrer
Charaktere sein, man muss auch bedenken, dass zwischen TOS und TNG zwei
Jahrzehnte liegen, in der sich die TV-Landschaft drastisch verändert
hatte. Trotzdem muss man sagen, dass zu einem dauerhaften Erfolg der
TOS-Crew eine Veränderung zu vielschichtigeren Charakteren unumgänglich
gewesen wäre (was in den Kinofilmen ja auch endlich gelang).
Nach 79 Episoden und 3 Staffeln verlor das Fernsehen mit "Star Trek" auf
jeden Fall eine sehr ambitionierte und gelungene Serie, deren große
Stärken bei weitem die vorhandenen Schwächen überwiegen. Star Trek
revolutionierte nicht nur die Science Fiction-Welt, sondern löste ein
einzigartiges und langlebiges Phänomen aus, welches sich
inzwischen quer durch alle Medien zieht. Da die Originalserie inzwischen
etwas angestaubt ist, erfordert es für neue Fans vielleicht mehr
Anstrengung als bei den anderen Serien, die Qualitäten der Episoden
wirklich zu erkennen. Schaut man sich die Serie heute zum ersten Mal an,
fallen einem vielleicht zunächst nur die aus heutiger Sicht lächerlichen
Effekte auf, die wirklichen Qualitäten erkennt man vielleicht erst bei
näherem Hinsehen. Trotzdem bleibt eines klar: Wer immer Star Trek und die
Faszination, die diese Serie auf uns Zuschauer ausübt, verstehen will,
muss zur Wurzel zurückkehren und die heißt: TOS.