|
Episodenbeschreibung
Sternzeit: 3141,9
Die Enterprise empfängt eine Nachricht, die in alten Morsezeichen verfasst
wurde. Der Ausgangspunkt ist ein altes Erdenschiff der DY 100-Klasse,
namens Botany Bay. Diese Schiffe wurden Ende des 20., Anfang des 21.
Jahrhunderts gebaut. Die Botany Bay treibt im Weltall und man registriert an
Bord schwache Lebenszeichen. Kirk, McCoy, Scotty und die Historikerin Marla
McGivers beamen an Bord des Schiffes. Sie entdecken sehr viele Stasiskammern
mit Menschen, die offenbar seit dem Start des Schiffes dort liegen.
Gut 80 Kammern sind noch funktionstüchtig. Als Scotty das Licht einschaltet,
tut sich in einer der Kammern plötzlich etwas. Der Mann, der darin liegt,
scheint aufzuwachen. Doch offenbar funktioniert der Mechanismus nicht richtig,
denn es gibt Komplikationen und das Außenteam ist gezwungen einzugreifen,
damit der Insasse nicht stirbt. McCoy kehrt mit ihm auf die Krankenstation
der Enterprise zurück.
Alle anderen Kammern sind nach wie vor unverändert. McGivers vermutet, dass
es sich bei dem Mann um den Kommandanten des Schiffes handelte, der als
erster aus dem Kälteschlaf geholt wird.
Der Zustand von McCoys Patient bessert sich langsam. Als der Doktor ihn kurze
Zeit unbeaufsichtigt lässt, entwendet dieser ein Skalpell und bedroht McCoy
damit. Doch der Arzt kann ihn davon überzeugen, das Skalpell wieder herzugeben.
Er erklärt ihm, dass er von der Enterprise gerettet wurde, woraufhin der Mann
Kirk sehen will, um mit ihm zu sprechen. Scotty bestätigt inzwischen, dass das
Schiff im späten 20. Jahrhundert gestartet sein muss.
Kirk kommt in die Krankenstation und informiert den Aufgewachten, dass er über
250 Jahre im Kälteschlaf verbracht hat. Der Mann sagt, er heiße Khan. Er
stellt sehr viele Fragen, möchte viel über die Enterprise wissen. Kirks
Fragen nach dem Zweck der Reise der Botany Bay beantwortet Khan dagegen
nur ausweichend. Er möchte, dass seine Mannschaft ebenfalls aufgeweckt wird.
Kirk stimmt dem zu, allerdings soll dies erst geschehen, wenn die Enterprise
Raumbasis 12 erreicht hat. Khan erhält derweil Zugang zur Schiffsbibliothek.
Die Enterprise nimmt die Botany Bay ins Schlepp und fliegt Richtung Raumbasis
12.
Lt. McGivers interessiert sich sehr für den Zustand von Khan. Sie findet
ihn faszinierend und hat sich offenbar ein wenig in ihn verliebt.
Spock hat inzwischen einige Dinge herausgefunden. 1992 haben die Menschen
auf der Erde mittels genetischer Manipulation einige Menschen gezüchtet, die
sowohl körperlich als auch intellektuell den normalen Menschen überlegen waren.
Man bedachte allerdings nicht, dass die gesteigerten Fähigkeiten auch einen
gesteigerten Ehrgeiz hervorriefen. Einige der Übermenschen rissen die Macht
in mehreren Staaten an sich, woraufhin es zu den so genannten Eugenischen
Kriegen kam, in denen man versuchte, die Übermenschen wieder aus ihren
Machtpositionen zu entfernen. 1996 gelang dies auch, allerdings konnten 96
der Übermenschen mit einem Raumschiff fliehen. Spock findet es vor allem
interessant, dass, bevor einige Kälteschlafkammern ausfielen, genau 96 Menschen
an Bord der Botany Bay waren. Er vermutet, dass Khan damals einer der Führer
jener Übermenschen war.
McGivers, die sich immer mehr in Khan verliebt, gibt ihm zu Ehren ein
Abendessen, an dem alle Führungsoffiziere teilnehmen. Kirk und Spock
konfrontieren Khan bei dieser Gelegenheit mit ihren Erkenntnissen. Sie
wollen herausfinden, ob Khan wirklich einer der geflüchteten Übermenschen
ist. Der Ehrengast antwortet zwar ausweichend, gibt indirekt aber zu, dass
er mit den Diktatoren von damals sympathisierte.
Nach dem Essen weiht Khan McGivers in seinen Plan ein, die Enterprise zu
übernehmen. Er bringt sie soweit, dass sie ihm bei seinem Vorhaben helfen will.
Spock hat Khan inzwischen in den Datenbänken des Computers ausfindig
gemacht. Er heißt Khan Noonien Singh, war damals der wichtigste
Machthaber und regierte fast ein Viertel der Erde. Als er gestürzt werden
sollte, ergriff er vorher mit 95 seiner Anhänger die Flucht in der Botany
Bay. Kirk lässt von nun an eine Wache vor Khans Quartier postieren. Als er
den Gast mit seiner Identität konfrontiert, zeigt dieser sich uneinsichtig.
Er ist der Meinung, dass sich die Menschen wenig weiterentwickelt hätten und
dringend die Hilfe der genetischen Übermenschen brauchen.
Als Kirk gegangen ist, kann Khan die Wache vor seinem Quartier überwältigen
und mit Hilfe von McGivers auf die Botany Bay beamen. Dort weckt er alle
seine Kameraden auf und kehrt mit ihnen wieder zurück auf die Enterprise.
Er dringt in den Maschinenraum ein und kann die Sauerstoffzufuhr für den
Rest des Schiffes unterbrechen, so dass die gesamte Crew bewusstlos wird.
Ein Teil der Enterprise-Crew erwacht dann im Konferenzraum. Khan versucht
sie dazu zu bewegen, sich ihm anzuschließen. Als sie sich weigern,
schaltet er den Schirm ein und zeigt ihnen, wie Kirk in einer
Unterdruckkammer des Schiffes sitzt. Der Druck würde immer weiter reduziert
werden, bis der Captain tot ist. Wenn die Crew dann immer noch nicht bereit
ist zu kooperieren, werden auch die Verbliebenen einer nach dem anderen
getötet.
McGivers merkt erst jetzt, auf was sie sich da eingelassen hat. Sie verlässt
den Konferenzraum und kurz danach bricht die Bildübertragung von der
Druckkammer ab. Khan nimmt an, dass Kirk tot ist und schickt als
nächsten Spock in die Kammer.
In Wirklichkeit hat McGivers die Videoverbindung beendet und Kirk befreit.
Als Spock von einem von Khans Männern hereingeführt wird, können sie
diesen zusammen überwältigen und in den Konferenzraum Betäubungsgas leiten.
Khans Männer werden alle bewusstloss, nur er selbst kann in den Maschinenraum
flüchten. Kirk folgt ihm. Khan hat eine Überlastung im Warpkern initiiert,
in Kürze wird das ganze Schiff explodieren. Es kommt zum Kampf zwischen
beiden und Kirk kann seinen Kontrahenten überwältigen und gerade noch die
Katastrophe verhindern.
Gegen Khan und seine Männer wird ein Gerichtsverfahren durchgeführt. Es wird
beschlossen, dass die Übermenschen auf dem Planeten Ceti Alpha V ausgesetzt
werden. Dort sollen sie nach ihren Vorstellungen leben. McGivers
entschließt sich, mit nach Ceti Alpha V zu gehen und Khan zu heiraten.
Bewertung
"Der schlafende Tiger" ist eine interessante Folge. Sie ist von Anfang an
sehr spannend und kann diese auch bis zum Schluss halten, bzw.
noch steigern. Vor allem Khan fällt als einer der interessantesten
Gegenspieler Kirks auf. Nachdem er wieder aufgewacht ist, verwendet das
Drehbuch viel Zeit darauf, sehr behutsam eine sich langsam steigernde
Konfrontation zwischen den beiden Gegenspielern aufzubauen. Von Beginn an
läuft alles auf den finalen Showdown hinaus und auch beide Schauspieler,
die sich hinter der Kamera angeblich nicht sonderlich leiden konnten, laufen
zur Höchstform auf. Besonders gelungen ist dabei die Szene, in der der Captain
Khan mit seiner Identität als Diktator konfroniert. Khan, der sich
den Menschen nach wie vor überlegen fühlt, zeigt hier zum ersten Mal
ganz offen seinen Macht- und Überlegenheitsanspruch.
An diesem Ex-Diktator wird wieder einmal deutlich, dass große Kraft und Macht
auch große Arroganz mit sich bringt. Spock bezeichnet es als Fehler der
Wissenschaftler, die nicht bedachten, dass gesteigerte Fähigkeiten
auch gesteigerten Ehrgeiz hervorrufen könnten. Khan selbst ist enttäuscht
darüber, wie wenig sich seiner Meinung nach die Menschheit in den Jahren
seines Kälteschlafs weiterentwickelt hat. Deswegen ist er sich sicher,
dass das 23. Jahrhundert ihn und seine Anhänger dringend braucht.
In dieser Story hätte man relativ leicht das Thema der genetischen Manipulation
von Menschen aufgreifen können. Merkwürdigerweise wird die Frage aber
gar nicht behandelt, was wohl der Entstehungszeit der Originalserie
geschuldet ist, als das Thema einfach noch keine Brisanz hatte.
Dr. McCoy sammelt hier beim Zuschauer Pluspunkte. Als er von Khan mit dem
Skalpell bedroht wird, erwidert er ganz trocken, dass es nach seiner
Erfahrung am besten sei, den Schnitt an der Halsschlagader anzusetzen.
Damit sind wir dann auch gleich bei den großen Schwachpunkten der Folge.
Als Zuschauer muss man sich schon fragen, seit wann auf der Krankenstation
tödlich-scharfe Skalpelle einfach für jeden zugänglich an der Wand hängen.
Dies ist offenbar nicht das einzige gravierende Sicherheitsrisiko, dass es
auf der Enterprise gibt. Khan schlägt die Wachen vor seinem Quartier nieder
(wobei man sich fragt, wieso Wachposten eigentlich immer mit dem Rücken zur
Tür stehen müssen, als ob sie es drauf anlegen würden, überwältigt zu werden),
dann nockt er den Transporteroffizier aus, beamt mit Hilfe von McGivers
auf die Botany Bay, weckt dort alle seine alten Kameraden auf, betreibt
mit diesen ein kleines Fitnessprogramm, beamt dann wieder auf die Enterprise,
erobert den Maschinenraum, schaltet die Sauerstoffversorgung ab und das alles,
ohne dass die Brückencrew davon etwas mitbekommt. Sehr glaubwürdig ist das nicht.
Ein anderer großer Schwachpunkt ist Lt. McGivers. Der Charakter wirkt von
Anfang an seltsam. Man kann sich mit ihr nicht richtig identifizieren
und ihre Meinungsschwankungen wirken wenig nachvollziehbar. Das liegt
weniger an der Schauspielerin, sondern eher am Drehbuch, welches McGivers
einige seltsame Wandlungen durchmachen lässt. Zunächst findet sie Khan
faszinierend und verliebt sich sogar in ihn. Allerdings lässt sie keine
Beziehung zu, doch dann hilft sie ihm die Enterprise zu kapern. Kurze
Zeit später allerdings befreit sie Kirk und wendet damit das Schlimmste ab.
Gleichwohl folgt sie Khan freiwillig in die Verbannung. Eine erstaunliche
und wenig nachvollziehbare Affinität zu dem brutalen Ex-Diktator.
Angeblich war Spocks Satz am Ende der Folge, dass er gerne in 100 Jahren
noch einmal vorbeikommen würde um zu sehen, was aus den Männern und Frauen
geworden ist, mit dafür verantwortlich, dass diese Folge dafür ausgewählt
wurde, im Kinofilm Star Trek II - Der Zorn des Khan
fortgesetzt zu werden.
Kirk sagt am Ende in seinem Logbuch, dass der Planet, auf den Khan und
seine Leute verbannt wurden, unter ständiger Kontrolle der Sternenflotte
stehen würde. Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Geschichte im Kinofilm
ergibt dieser Satz natürlich wenig Sinn. Vielleicht hat die Sternenflotte die
Kontrolle der Kolonie einfach aufgegeben, weil alles ruhig blieb. Dass man dann
allerdings nicht bemerkt haben will, dass der Nachbarplanet (Ceti Alpha VI)
später explodierte und Khans neue Heimat sich zu einem Wüstenplaneten entwickelte,
ist ziemlich unglaubwürdig.
John Winston hat in dieser Folge seinen zweiten Auftritt als Transporterchief
Lieutenant Kyle.
Das Drehbuch gehört zu den zahlreichen Beiträgen von Stammautor und Produzent
Gene L. Coon. Außerdem am Drehbuch beteiligt war Carey Wilbur, der nur dieses
eine Mal für die Serie arbeitete. Gene Roddenberry fertigte die endgültige
Drehbuchfassung innerhalb einer Nacht an.
Die gelungene Regie stammt wieder einmal von Stammregisseur Marc Daniels.
Die deutsche Synchronisation der Folge ist ein Kapitel für sich. Bei allen
Folgen wurde bei der Synchronisation hier und da einiges verändert und wurden
auch Fehler gemacht, die oft nicht ganz unwichtig für den Zusammenhang der Folge
waren, allerdings gab es in der ersten Staffel bisher keine Folge, die so
sehr unter der deutschen Übersetzung gelitten hat, wie "Der schlafende
Tiger". Es ist von Anfang an fraglich, wieso das ZDF, dass TOS wohl als
Kinderserie betrachtete, die Folge, die so überhaupt nicht in dieses Schema
passte, eigentlich einkaufte. Der Sender konnte unter allen 79 Episoden 39 frei
wählen, man hätte also die Episode leicht vermeiden können. Stattdessen wurde
die Folge radikal gekürzt und zusammengestutzt, bis sie einigermaßen in das
Programmkonzept passte. Wer immer die Gelegenheit hat, die Folge im
Original anzusehen, sollte dies tun. Hier kurz eine Auflistung der
fehlenden Szenen:
-
Kirk spekuliert, dass es sich bei der Botany Bay um ein Schiff voller
Deportierter handeln könnte, da es auf der Erde ein Straflager namens
Botany Bay gab.
-
Spock erklärt, dass neben den gesteigerten Fähigkeiten auch gesteigerter
Ehrgeiz und Arroganz die Folgen von selektiver Fortpflanzung sein können.
-
Spock versteht die Bewunderung von Kirk, McCoy und Scotty für große
Eroberer nicht. Kirk erklärt ihm, dass viele Menschen große Eroberer
gleichzeitig bewundern und hassen.
-
McGivers wird gefragt, ob sie ein Militärgerichtsverfahren möchte, oder
lieber mit Khan auf den Planeten verbannt werden will. Sie entscheidet sich
für Letzteres und heiratet Khan.
-
Die gravierendste Kürzung: Die Gerichtsverhandlung gegen Khan wurde
praktisch komplett weggelassen. Kirk verkündet lediglich in einem
Logbucheintrag das Urteil.
Außer diesen Kürzungen wurden noch die Eugenischen Kriege in die Zukunft
verlegt. Während sie im Original 1992-1996 stattfanden, wurden sie in
Deutschland auf die Jahre 2092-2096 gelegt.
Zusätzlich wurden noch einige Dialoge in unpassende und nervige Witze
umgeschrieben, die die Thematik wohl etwas auflockern sollten, stattdessen aber
einfach nur unpassend sind.
Problematisch ist in der deutschen Version auch der Zusammenhang mit dem
2. Kinofilm Star Trek II - Der Zorn des Khan.
Nicht nur, dass die ganzen zeitlichen Daten (zum Beispiel die Eugenischen Kriege)
in der TV-Episode falsch, im Kinofilm aber wieder richtig übersetzt wurden
(was wohl zu einiger Verwirrung unter den deutschen Fans geführt haben dürfte),
hinzu kommt auch die Tatsache, dass dem deutschen Zuschauer einige Informationen
komplett vorenthalten wurden, die er im Kinofilm durchaus hätte brauchen können
(so zum Beispiel die Heirat zwischen McGivers und Khan).
Obwohl die deutsche Version wirklich schlecht ist,
kann man die Veränderung des Episodentitels leicht verschmerzen,
da "Der schlafende Tiger" ausnahmsweise gut gewählt ist.
Die Folge ist die erste von 2 Episoden, die in der DVD-Version stark verändert wurden.
Die vom ZDF entfernten Szenen (die auch Sat.1 nicht wieder restaurieren konnte)
sind nun wieder enthalten. Synchronisiert wurden diese Szenen mit anderen Stimmen
als gewohnt, da die "normalen" Sprecher zu alt, nicht verfügbar, oder bereits
verstorben waren. Leider blieb es dann aber bei den ergänzten Szenen, die falschen
Zeitangaben wurden auch in die DVD-Version übernommen.
Auch die zum Teil nur sinngemäßg richtig übersetzten, ansonsten aber
stark veränderten Dialoge der ZDF-Version blieben erhalten.
Die Folge hatte hier und da einige Ungereimtheiten, macht insgesamt aber
einen recht guten Eindruck. Spannend ist sie allemal, die Handlung wird
durch die erwähnten Fehler etwas abgeschwächt. Die Special Effects
werden dadurch aufgewertet, dass man Khan's Schiff, die Botany Bay, auch
wirklich zu sehen bekommt und nicht, wie in anderen Folgen nur einen
undeutlichen Lichtstreifen (zum Beispiel Harry Mudds Schiff in
1.06: Die Frauen des Mr. Mudd). Hier kann man
also durchaus eine gute Bewertung geben.
Alles in allem eine gute Folge.
|
|