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Episodenbeschreibung
Die Defiant ist mit Sisko, Kira, Odo, Dax, Bashir und O'Brien an Bord auf
dem Weg zur Erde, um dort an einer Besprechung über das Dominion
teilzunehmen. Sisko, Dax und Bashir wollen gerade auf die Erde beamen, als
es zu einer Transporterfehlfunktion kommt. O'Brien kann zunächst nicht
sagen, wo die drei gelandet sind.
Sisko und Bashir werden von zwei Polizisten geweckt, die die beiden für Penner
halten. Sie können sich zunächst nicht erklären, wo sie gelandet sind,
doch Sisko kann aus der Kleidung der Menschen schließen, dass sie sich im frühen
21. Jahrhundert der Erde befinden. Die beiden werden von den Polizisten in eine
sogenannte Schutzzone gebracht, in die alle Obdachlosen, Arbeitslosen und
Geisteskranken gesteckt werden. Die Kommunikatoren von Sisko und Bashir sind
gestohlen worden, als sie ohnmächtig waren. Sie können deswegen keinen Kontakt
zu Dax aufnehmen.
Dax erwacht in einem U-Bahn-Schacht, nicht weit weg von Siskos und Bashirs
Landeplatz. Dort trifft sie auf Christopher Brynner, einen netten Mann, der ihr
hilft, da er glaubt, sie sei überfallen worden. Er nimmt sie mit in sein Büro.
Dort findet Dax auch heraus, in welcher Zeit sie sich befindet. Sie versucht
nun mit Hilfe von Brynners Computern Sisko und Bashir zu finden.
Da Sisko und Bashir keine Arbeit vorweisen können, müssen sie vorläufig in der
Schutzzone bleiben. Sisko entdeckt mit Hilfe eines Kalenders, dass es nur noch
wenige Tage sind bis in der Schutzzone, in der sie sich aufhalten, der
historische Bell-Aufstand stattfindet. Bei diesem Aufstand nehmen einige
Bewohner der Schutzzone die Wachen als Geiseln und rücken sich damit wieder
in das öffentliche Bewusstsein. Der Anführer des Aufstandes, Gabriel Bell, hat
dafür gesorgt, dass die Geiseln nicht getötet wurden. Nur ihm ist es zu verdanken,
dass nach dem Aufstand die Schutzzonen aufgelöst wurden und die Menschheit damit
begonnen hat, ihre sozialen Probleme wirklich zu lösen und nicht nur zu verdrängen.
Der Bell-Aufstand ist somit ein Wendepunkt in der Geschichte des Planeten und
bestimmt somit auch die Zukunft der Föderation.
Während Sisko und Bashir einen Weg suchen, aus der Schutzzone auszubrechen, treffen
sie auf einige unangenehme Zeitgenossen, die das Hab und Gut ihrer Mitbewohner aus
der Schutzzone stehlen. Als Bashir und Sisko in einen Kampf mit diesen verwickelt
werden, kommt ihnen Gabriel Bell zu Hilfe und wird dabei getötet.
O'Brien hat inzwischen herausgefunden, dass Sisko, Dax und Bashir irgendwo in der
Vergangenheit gelandet sind. Es gibt allerdings 12 verschiedene Zeitepochen, in
denen sie gelandet sein könnten und mit den Transportern der Defiant kann man die
Situation, die zum Zeitsprung geführt hat, nur 6 Mal nachstellen. Kira sucht
deswegen die 6 wahrscheinlichsten Zeitepochen aus, um mit einem Team in die
Vergangenheit zu reisen und dort nach Sisko und den anderen zu suchen. Doch die
Föderation lehnt eine Reise in die Vergangenheit als zu riskant ab. Als Kira nochmal
mit einem Admiral der Sternenflotte über diese Entscheidung sprechen will, ist die
Föderation plötzlich verschwunden. Durch den Tod von Bell wurde die Vergangenheit
der Erde verändert. Die Menschheit hat sich selbst vernichtet. Die Defiant war
offensichtlich immun gegen die Veränderung der Geschichte. O'Brien bereitet alles
für die 6 Trips in die Vergangenheit vor.
Dax hat inzwischen herausgefunden, dass Sisko und Bashir in einer der Schutzzonen
gelandet sind. Sie kann allerdings nichts machen, um sie da rauszuholen.
Sisko und Bashir haben sich dafür entschieden in den Konflikt einzugreifen, um das
Leben der Geiseln zu schützen. Als die Unruhen losgehen, nehmen Sisko und Bashir
daran teil und Sisko gibt sich als Gabriel Bell aus.
Bewertung
In "Gefangen in der Vergangenheit" gibt es zum ersten Mal in Deep Space Nine eine
Zeitreise. Bei Zeitreise-Geschichten kann eigentlich wenig schief gehen. Sie sind
bei den Zuschauern äußerst beliebt und gehören meistens zu den besten Star Trek-Folgen
überhaupt. Auch dieses Mal kann die Folge mit der richtigen Mischung aus
Action, Föderationsgeschichte und ernsthafter Botschaft überzeugen. Der sonst
bei Zeitreisen übliche Humor kommt dieses Mal beim relativ ernsthaften Thema
etwas kurz, was der Folge aber nicht unbedingt schadet, sondern im Gegenteil
ihr dabei hilft, sich von anderen Zeitreisegeschichten zu unterscheiden.
Die Folge dreht sich um soziale Probleme und ist damit im Prinzip eine Parabel
für unser Jahrhundert. Sie bedient sich bei ihrer Erzählung einer großen
Stärke des Science Fiction-Genres, indem sie die sozialen Probleme unserer Zeit
aufgreift, diese weiterführt und überlegt, wo diese in 20 oder 30 Jahren enden
könnten. Mit solchen Geschichten hatte Science Fiction im Allgemeinen und
Star Trek im Speziellen schon immer große Erfolge. Man denke nur an die TOS-Folge
2.19: Der erste Krieg, welche den Kalten
Krieg scharf verurteilte, oder die TNG-Folge
3.12: Terror auf Rutia IV, welche eine Parabel
für den Terror der IRA in Irland war.
Dieser Episode gelingt es geschickt, die sozialen Abgründe in den Schutzzonen der
gesellschaftlichen Oberklasse, in der sich Christopher Brynner aufhält, gegenüber
zu stellen. Bei den Schutzzonen handelt es sich im Prinzip um Konzentrationslager
für Obdachlose und Arbeitslose. Sie funktionieren nach dem Sinn "Aus
den Augen, aus dem Sinn" und sind dazu da, die sozialen Probleme von der
gesellschaftlichen Oberschicht fernzuhalten. Mit den Schutzzonen gelingt es, die
Obdachlosen, die Arbeitslosen, die Geisteskranken und alle anderen, die man nicht
auf der Straße sehen möchte, einfach zu verstecken. Damit sind sie erstmal aus dem
Blickfeld der Öffentlichkeit. Und wenn das geschafft ist, muss man sich auch
nicht mehr um sie kümmern. Falls einen das schlechte Gewissen plagt, sagt
man sich selbst einfach, dass alle Bewohner der Schutzzonen Verbrecher oder faule
Taugenichtse sind und zu Recht dorthin gehören.
Die Schutzzonen gehen noch über die Ghettos hinaus, die es in fast allen
amerikanischen Großstädten schon gibt, trotzdem ist die Folge auch als Metapher
für diese Ghettos gedacht. Sie warnt vor den Gefahren, die sich ergeben, wenn man
diese Ghettos abschreibt und sich nicht mehr um die Bewohner kümmert.
Die Folge stellt die Frage, wohin es uns führen wird, wenn sich niemand für sozial
schwächere Menschen interessiert. Werden wir früher oder später wirklich solche
Schutzzonen haben?
Die Episode überzeugt durch eine vielseitige und differenzierte Auseinandersetzung
mit den sozialen Problemen unserer Zeit. Sisko gibt zu, dass die Gründer der
Schutzzonen es eigentlich nicht soweit kommen lassen wollten, doch die sozialen
Probleme wuchsen ihnen über den Kopf und irgendwann haben sie einfach aufgegeben.
Die Folge sagt aus, dass man vor den sozialen Problemen, egal wie groß sie sind, nie
kapitulieren darf. Sobald man etwas ähnliches wie die Schutzzonen einrichtet, hat
man aufgegeben und damit auch verloren, denn auf diese Weise lassen sich soziale
Probleme nicht lösen.
Bashir stellt in dieser trostlosen Umgebung der Schutzzonen die Frage, ob die
Föderation wirklich besser ist, als beispielsweise die Cardassianer. Die Cardassianer,
das wissen wir aus früheren Folgen, haben Kriege geführt, um durch Eroberungen die
Hungersnot auf ihrem Planeten zu beenden. Bashir fragt sich, was die Föderation tun
würde, wenn eine große Katastrophe über die Erde hereinbricht. Würden die Menschen
an ihren Idealen festhalten, oder würden sie um des Überlebens willen diese aufgeben
und zu ebenso unmenschlichen Methoden greifen, wie die Menschen in diesem Jahrhundert.
Bashir stellt damit eine interessante und berechtigte Frage, die hier aber leider
nicht weiter erörtert wird.
Star Trek wird oft deswegen belächelt, weil sich die Menschheit in nur wenigen
Jahrhunderten dermaßen zum Guten entwickelt hat. Diese Folge stellt sich nun die Frage,
was der Auslöser für diese Entwicklung war und gibt mit dem Bell-Aufstand auch gleich
die Anwtort darauf.
Die Folge fasst ein für eine amerikanische Serie sehr heißes Eisen an, denn gerade im
Land der unbegrenzten Möglichkeiten (allerdings natürlich nicht nur da) mehren sich
die sozialen Probleme und es entwickelt sich immer mehr eine Zwei-Klassen-Gesellschaft,
welche die Folge ja gerade anprangert. Während der Dreharbeiten zu dieser Folge meldete
sich der Oberbürgermeister von Los Angeles als Befürworter der Einrichtung von
sogenannten "Häfen" für Obdachlose, in denen diese ein besseres Leben führen könnten.
In dieser Folge erfahren wir einiges über die Vergangenheit der Föderation, vor allem
über das 21. Jahrhundert, welches in dieser Episode zum ersten Mal besucht wird (wenn
man mal von Q's Illusion eines postatomaren Gerichts des 21. Jahrhunderts in TNG
1.01: Der Mächtige absieht). Wir erfahren,
dass der Gabriel Bell-Aufstand in der Schutzzone in San Francisco im Jahr 2024
ein Wendepunkt in der Geschichte der Erde ist. In Star Trek wimmelt es von Erwähnungen
von Ereignissen aus dem späten 20. Jahrhundert und frühen 21. Jahrhundert. Die
Eugenischen Kriege (1992 - 1996), der dritte Weltkrieg (2039 - 2043) oder die
sogenannte postatomare Schreckenszeit (in einem Großteil des 21. Jahrhunderts) sind
nur einige der vorkommenden Ereignisse.
Jedesmal wenn es um eine solche Begebenheit in dieser Zeit geht, wird von einem
Wendepunkt der Erdgeschichte gesprochen und die spätere Gründung der Föderation
letztendlich diesem Ereignis zugesprochen. Dass sich diese vielen historischen
Wendeunkte gegenseitig widersprechen wird oft kritisiert, allerdings bleiben die
Erwähnungen der geschichtlichen Ereignisse meistens wenig detailliert und eher vage. Zum
Beispiel wurde niemals erwähnt, welche Staaten an den Eugenischen Kriegen oder am
dritten Weltkrieg beteiligt waren. Auch wird die postatomare Schreckenszeit im 21.
Jahrhundert in TNG 1.01: Der Mächtige zwar erwähnt,
der Zuschauer erfährt dabei aber nicht wirklich, um was es sich dabei genau handelt.
Deswegen ist es durchaus möglich, alle erwähnten geschichtlichen Begebenheiten unter einen
Hut zu bringen. Es kann ja durchaus mehrere Wendepunkte in der Geschichte der Föderation
gegeben haben. Zum Beispiel kann der Bell-Aufstand dazu geführt haben, dass die sozialen
Probleme gelöst wurden und damit dafür gesorgt haben, dass der in TNG mehrfach
erwähnte Zustand eingetreten ist, wonach es auf der Erde keine sozialen Probleme wie Armut,
Obdachlosigkeit oder Hungersnot mehr gibt. Nach dem dritten Weltkrieg kann die Menschheit
zum Beispiel gelernt haben, ihre Probleme auf friedliche Art zu lösen. Natürlich ist es
nicht ganz leicht, alle geschichtlichen Erwähnungen zu vereinen, allerdings ist ein
Jahrhundert ziemlich lang und mit etwas Phantasie können durchaus alle Begebenheiten
dort untegebracht werden.
Die Folge wurde ursprünglich für TNG entworfen, dort jedoch nicht verwirklicht.
Ira Steven Behr hatte dann während eines Spaziergangs in Santa Monica, als er viele
Obdachlose sah, die Idee für das Drehbuch. Robert Hewitt Wolfe schrieb das Drehbuch zum
ersten Teil.
Der Ausgangsplot der Folge ist etwas unglaubwürdig. Wieso sollte Sisko mit seiner gesamten
Führungscrew zu einer Sitzung der Sternenflotte über das Dominion fliegen? Hätte er
alleine, oder zumindest eine deutlich kleinere Gruppe an Offizieren nicht gereicht?
Schließlich muss sich ja auch jemand um die Station kümmern.
Die deutsche Version des ersten Teils ist an manchen Stellen recht
unsinnig. Die Redewendung "People in your debt" wird falsch mit Gläubigern
statt mit Schuldnern übersetzt, außerdem sagt Sisko irgendetwas davon, dass
sie 100 Jahre in die Vergangenheit gereist sind, obwohl es in Wirklichkeit
fast 350 Jahre sind. Gerade bei solchen Fehlern muss man sich fragen, was
die Synchronisationsstudios sich manchmal bei ihrer Arbeit eigentlich
denken. Man sollte doch zumindest wissen, in welcher Zeit die Serie spielt,
die man synchronisiert. Auch der deutsche Titel ist unglücklich gewählt, da
die Folge somit den identischen Titel hat, wie die TNG Folge 4.20:
Gefangen in der Vergangenheit.
Alles in allem ist "Gefangen in der Vergangenheit I" ein sehr gelungener Auftakt zu
dieser Doppelfolge, mit einer sehr überzeugenden Aussage, welche gut zu Star Trek passt,
zum Teil sehr ausdrucksstarken Bildern und einer gelungenen Handlung, welche gekonnt
soziale Missstände in unserem Jahrhundert ankreidet und uns vor Augen führt, wohin diese
führen können, wenn wir uns nicht um ihre Lösung bemühen.
Spannung und Handlung erhalten somit die Höchstwertung von 6 Punkten. Effekte im
klassischen Sinne gibt es zwar eher wenige zu sehen, allerdings wurden die Kulissen der
Schutzzonen sehr aufwendig gestaltet, womit die Folge in dieser Kategorie immer noch 4
Punkte verdient hat.
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