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Episodenbeschreibung
Sternzeit: 46731,5
Die Enterprise untersucht im Voltaira-Nebel
Protosterne, als Picard unerwarteten Besuch erhält:
Sein früherer Mentor, Professor Richard Galen, kommt
an Bord und macht ihm einen kurlanischen Naiskus zum
Geschenk, ein unglaublich wertvolles und vollkommen
erhaltenes Artefakt, das 12.000 Jahre alt ist. Galen
appelliert an Picards Sinn für die Archäologie, um
ihn dazu zu bewegen, ihn auf der folgenden Reise zu
begleiten. Er hält sich über das Ziel bedeckt,
meint aber, Picard hätte die Chance, zusammen mit
ihm zu den bedeutendsten Archäologen ihrer Zeit zu
werden. Er argumentiert, dass sein Meisterschüler
Picard dieselbe Chance 30 Jahre zuvor ausgeschlagen
hat, als er zur Sternenflotte ging, und diesen Fehler
nun nicht noch einmal begehen würde. Doch Picard
kann sich seiner Verantwortung nicht entziehen und
muss zu seinem großen Bedauern ablehnen, obwohl
Galen, der ihm wie ein Vater war, ihm nach wie vor
viel bedeutet. Also macht sich der Professor alleine
auf den Weg, während die Enterprise nach Abschluss
der wissenschaftlichen Mission einer Konferenz auf
Atalie VII entgegenfliegt.
Wenige Tage später erhält man einen Notruf vom
Shuttle des Professors. Als die Enterprise eintrifft,
wird es von einem yridianischen Zerstörer
angegriffen. Als der auch noch das Feuer auf die
Enterprise eröffnet, lässt Picard zurückschießen.
Trotz schwach eingestellter Phaser wird das yridianische
Schiff zerstört, doch man kommt zu spät: Das
Shuttle wurde bereits geentert, und der Professor,
der niedergeschossen wurde, stirbt kurz darauf in der
Krankenstation.
Im Computer des
Shuttles entdeckt man 19 verschlüsselte
Zahlenblöcke, auf die sich Geordi keinen Reim machen
kann, und auch Picard gelingt es nicht, in ihnen
irgendeinen Sinn zu erkennen. Kurzerhand lässt er
Kurs auf Ruah IV setzen, wo der Professor zuletzt
Halt gemacht hatte, doch lässt sich dort nichts Verwertbares
finden - der Planet weist nicht einmal Spuren einer
früheren Besiedlung auf, und man fragt sich, was ein
Archäologe dort gesucht haben könnte. Ein weiteres
Ziel des Professors war Indri VIII, und Picard
lässt, trotz Rikers Drängen wegen der Konferenz,
Kurs darauf setzen. Als man dort ankommt, wird man
Zeuge einer Plasmareaktion, die sämtliches Leben auf
der Oberfläche vernichtet. Es stellt sich die Frage,
wer eine solche Reaktion auf einem unbewohnten und
strategisch unwichtigen Planeten auslösen sollte.
Die losen Enden führen Picard zu der Theorie, dass
die Zahlenblöcke etwas mit organischem Leben zu tun
haben könnten.
Der Schiffscomputer
bestätigt, dass es sich bei den Zahlenblöcken um
die mathematische Darstellung von DNA-Fragmenten
handelt, die sich bei 19 Lebensformen auf jeweils
unterschiedlichen Planeten, die im ganzen Quadranten
verstreut sind, finden lassen. Geordi ist von diesem
Fund fasziniert und schließt eine natürliche
Ursache aus: Da die Fragmente untereinander
kompatibel sind, muss es sich um einen Algorithmus
auf molekularer Ebene handeln, der wie ein
Computerprogramm aussieht. Das lässt nur die
Schlussfolgerung zu, dass vor knapp 4 Milliarden
Jahren jene DNA-Fragmente auf den verschiedenen
Planeten "ausgesät" wurden. Es wäre
denkbar, dass ein weiteres Fragment auf Indri VIII zu
finden war - vor der Vernichtung allen dortigen
Lebens. Also ist noch jemand daran interessiert, das
Puzzle, das Galen aufgetan hat, zu lösen.
Picard erinnert sich
an die Reiseroute des Professors und kommt darauf,
dass jener auch auf Loren III war, von dort jedoch
keine Probe im Shuttle zu finden war. Es wäre zwar
denkbar, dass die Yridianer jene Probe entwendet
haben, doch werden sie nicht dazu gekommen sein, den
Fund noch irgend jemandem mitzuteilen. Also lässt
der Captain Kurs setzen.
Dort angekommen,
trifft man auf zwei cardassianische Kriegsschiffe,
die die Enterprise vertreiben wollen. Doch wird die
Verwirrung erst komplett, als sich auch noch ein
klingonischer Schlachtkreuzer enttarnt, dessen
Captain ebenfalls eine Probe von der Oberfläche
einsammeln möchte. Es gelingt Picard, ein Treffen
mit allen drei Parteien auf der Enterprise
abzuhalten, wo sich verdeutlicht, dass sie alle auf
der Suche nach den fehlenden Fragmenten sind, um das
Computerprogramm zusammenzusetzen. Der klingonische
Captain Nu'Daq erklärt, dass er auf Indri VIII war und dort
alles Leben vernichtete, nachdem er seine Probe
eingesammelt hatte, während die Cardassianer unter Gul Ocett einen
Teil des Puzzles von den Yridianern erhalten haben.
Beide steuern ihre Ergebnisse bei, und zusammen mit
dem, was die Enterprise bereits hatte, ergibt sich
ein klareres Bild - doch fehlt noch immer ein
DNA-Fragment, und keiner hat mehr einen Hinweis. Dann
kommt Picard auf die Idee, die vorhandenen
Informationen aus dem Programm mit der
Sternenkonstellation vor 4 Milliarden Jahren zu
vergleichen, in der Hoffnung, dass der Urheber des
Programms auf diese Weise die Suche nach fehlenden
Fragmenten vereinfachen würde. Jedoch dauert eine
solche Analyse einige Zeit - Zeit, die sich der
Klingone, der hinter dem Programm eine mächtige
Waffe vermutet, nicht entgehen lässt, um von Data
ein schnelleres Ergebnis zu erhalten, was er jedoch
nicht bekommt: Data lässt sich nicht bestechen. Auch
die Cardassianer, die eine unerschöpfliche
Energiequelle zu finden hoffen, sind nicht untätig:
Sie versuchen, die Sicherheitssysteme der Enterprise
zu sabotieren, was Geordi nur durch Zufall bemerkt...
Als die Analyse
beendet ist, nennt der Computer als Ziel das
Rahm-Izad-System. Sofort beamen sich die Cardassianer
auf ihr Schiff und beschießen sowohl die Enterprise
als auch das Schiff der Klingonen. Doch man hat
vorgesorgt: Schäden werden nur vorgetäuscht, und
man macht sich gleich nach dem Abflug der
getäuschten Cardassianer auf den Weg zum wahren
Ziel: Dem Vilmoran-System, wobei der klingonische
Captain mitgenommen wird, denn sein Schiff wurde
trotz Vorkehrungen beschädigt. Auf dem zweiten
Planeten entdeckt man sehr alte Spuren von Leben,
doch mittlerweile gibt es bloß noch Flechten. Picard
beamt mit einem Außenteam und dem Klingonen dorthin,
wo man noch Spuren von Leben finden kann, als auch
schon die wütenden Cardassianer eintreffen. Doch
bevor sich die streitenden Parteien gegenseitig
niedermachen können, betritt auch noch ein Trupp
Romulaner, die mit ihren getarnten Schiffen die ganze
Zeit die Suchenden verfolgt haben, die Szenerie.
Es entwickeln sich heiße Wortgefechte, doch Picard
behält die Ruhe und führt einen Scan einiger
Mineralien durch. Als das fehlende Fragment erkannt
wird, rekonfiguriert sich der Tricorder von selbst
und strahlt plötzlich das Bild einer
menschenähnlichen Person aus. Alle Streitenden
verstummen und lauschen gebannt den Worten des
fremden Wesens.
Jenes erläutert, dass es zu einer längst
ausgestorbenen Kultur gehört, die auf Planeten im
ganzen Weltraum Elemente ihrer DNA in den Ozeanen
zurückgelassen hat, damit sich dort irgendwann
einmal Lebewesen entwickeln würden, die ihnen
ähnlich sind. Auf diese Weise wollten sie sich vor
dem Aussterben bewahren. Sie hofften, dass all die
verschiedenen Welten, auf denen sie die DNA
aussetzten, eines Tages in Frieden zusammenleben und
gemeinsam ihre Herkunft ergründen würden. Da dies
nun geschehen sein muss, sind sie glücklich, dass es
ihnen gelungen ist, sich ein Momument zu setzen und
zu wissen, dass ihr Andenken von ihren
"Nachfahren" bewahrt wird.
Damit verschwindet die Projektion - genauso wie der
Klingone und die Cardassianer, die über diese
Entdeckung alles andere als begeistert sind. Sie
machen sich wieder auf den Weg nach Hause. Auch
Romulaner und das Föderationsteam begeben sich
wieder in ihre Raumschiffe, allerdings sehr viel
bedächtiger.
Später spricht Picard mit Beverly über die
Erlebnisse und zeigt sich betrübt darüber, dass
diese unglaubliche Erkenntnis offensichtlich fast nur
auf taube Ohren gestoßen ist. Doch dann wird er vom
Captain der Romulaner gerufen:
"Captain, meine
Schiffe werden nun in romulanisches Gebiet
zurückfliegen - also dann, bis zur nächsten
Begegnung."
"Ja, bis dann."
"Allem Anschein nach sind wir ja doch nicht von
so vollkommen unterschiedlicher Art - weder in
unseren Hoffnungen, noch in unseren Ängsten."
"Ja."
"Wer weiß, möglicherweise, eines
Tages..."
Picard beschließt die Episode mit den Worten:
"Eines Tages..."
Bewertung
Was für eine Episode!
Da kommt, ganz unscheinbar gegen Ende der sechsten
Staffel und versteckt zwischen diversen,
bedeutungsvollen Doppelfolgen, diese möglicherweise
wichtigste Episode aller Trek-Serien daher. So haben
jene unscheinbaren Besucher aus der Vergangenheit den
Grundstein des Trek-Universums gelegt, und in
Jahrhunderten bemannter Raumfahrt ist niemand darauf
gestoßen. Doch vor allem wird eine der ernst zu
nehmendsten Fragen aller Kritiker endgültig
niedergeschmettert; die Frage, die man in
verschiedenen Formulierungen immer wieder hört,
lautet natürlich: Wie kommt es eigentlich, dass sich
alle Spezies bei Trek immer so ähnlich sehen und
bloß hier und da mal Unterschiede aufweisen? Wer
immer diese Frage nach "Das fehlende
Fragment" stellt, wird eine einfache und klare
Antwort erhalten können. Doch genug philosophiert,
kommen wir zur eigentlichen Bewertung:
Zu allererst
erfährt man wieder einmal viel über Picard: So
zeigt sich, dass er vor ca. 30 Jahren vor der Wahl
stand, Archäologe zu werden oder zur Sternenflotte
zu gehen. Wie er sich entschieden hat, wissen wir,
doch zeigt sich, dass die Entscheidung relativ knapp
war. Zwar beteuert Picard, dass er diesen Entschluss
wieder treffen würde, doch scheint es ihn auch mit
einem gewissen Bedauern oder einer leichten Reue zu
erfüllen, dass er seiner Leidenschaft nach der
Archäologie nur so selten nachkommen kann.
In Professor Galen hatte er, wie er Troi erklärt,
jemanden gefunden, der für ihn wie ein Vater war. Zu
jener Zeit lebte Picards Vater noch, doch Galen
verstand ihn besser und konnte ihn mit ansprechenden
Aufgaben fesseln. Für den Professor war Picard
gleichermaßen wie ein Sohn, denn Galens Söhne
traten nicht in seine Fußstapfen. Das Bild, das hier
gezeichnet wird, deckt sich mit dem des
leidenschaftlichen Kadetten, der Picard auch auf der
Akademie der Sternenflotte gewesen sein muss (siehe
z.B. "Das Herz eines Captains",
"Die letzte Mission" oder
"Willkommen im Leben nach dem Tode"), denn was immer er tut, tut er
mit vollem Einsatz, und er hat sicherlich das Ziel,
einer der besten auf seinem Gebiet zu sein. So auch
bei der Archäologie, denn Galen nennt Picard seinen
"Meisterschüler".
Der Captain gibt einige Kostproben seines Wissens,
solange sein ehemaliger Mentor noch an Bord ist, und
betrachtet mit der Faszination eines Kindes das
Artefakt, das ihm der Professor mitgebracht hat und
gleich darauf schenkt - was er nicht ganz
uneigennützig tut, denn Picard erklärt, dass der
Naiskus die vielen Stimmen symbolisiert, die sich in
einem Menschen befinden und ihn zu einem Ganzen
formen. Und bei Picard soll die Stimme, die für die
Archäologie spricht, gestärkt werden.
Der Professor ist überzeugt, dass Picard zu einem
großen Archäologen geworden wäre, hätte er sich
nicht für die Sternenflotte entschieden. Nun stellt
er Picard erneut vor die Wahl, wird jedoch wieder
enttäuscht. Picards innerer Konflikt lässt sich gut
nachvollziehen, wie auch seine Entscheidung. In der
Episode durchlebt er fast alle wichtigen Gefühle:
Begeisterung, Begierde, aber auch Rachsucht und
Forscherdrang. Dieses Wechselbad der Gefühle macht
die Episode zu einer weiteren Meisterleistung Patrick
Stewarts, der Picard in allen Situationen mit
gewohnter Intensität und Leidenschaft spielt.
Wie in Picard-Folgen
üblich, verblassen die restlichen Charaktere zu
seinen Gunsten. Jedoch werden die meisten nicht
völlig außer Acht gelassen: So hat Data eine
wundervolle Szene, in der der klingonische Captain
mit ihm die klingonische Variante von Armdrücken
(B'aht Qul) durchexerzieren will und gnadenlos
verliert. Als er Data dann eine Kopfnuss gibt, erlebt
er eine weitere unangenehme Überraschung. Zu seinem
großen Leidwesen sind Datas intellektuelle
Fähigkeiten mindestens so hoch wie seine im
klingonischen Reich offensichtlich weithin bekannten
physischen, denn der Bestechungsversuch scheitert
kläglich.
Deanna erkennt Picards heftige Emotionen, es gelingt
ihr jedoch nicht, dem Captain von großer Hilfe zu
sein. Vielmehr muss sie sich von ihm anschnauzen
lassen, als er darlegt, dass ihn die seit sechs
Monaten geplante Konferenz im Vergleich zu Galens Tod
herzlich wenig interessiert.
Worf verbrüdert sich ganz nebenbei mit dem
klingonischen Captain, Geordi und Riker haben nur
Minirollen. Bei letzterem ist es verständlich, denn
Jonathan Frakes (Riker) führte in dieser Episode
Regie, und in solchen Fällen stellt er seinen
Charakter meist stark in den Hintergrund. Mit dieser
Episode ist ihm auf jeden Fall eine kleine
Meisterleistung gelungen.
Neben dem
überzeugenden Picard und insgesamt guten Charakteren
ist auch die Handlung hervorragend. Die bereits
angesprochene Erläuterung, dass alle bekannten (und
unbekannten) Spezies von derselben Spezies abstammen,
löst nach viel zu langer Wartezeit eine der
interessantesten Fragen aller Trek-Serien. Doch auch
die Inszenierung ist vom Feinsten. So entwickelt sich
aus einem anfänglichen Gewissenskonflikt Picards,
der mit Galens Abreise beendet scheint, eine
Schnitzeljagd, die quer durch den Quadranten führt
und immerhin 4 der wichtigsten Parteien des
Quadranten zusammenbringt: Cardassianer, Klingonen,
Romulaner und Föderation, die das zur Verfügung
stehende Gebiet größtenteils unter sich aufgeteilt
zu haben scheinen, obgleich es auch Gegenden
innerhalb des Alpha-Quadranten gibt, in denen keine
dieser vier Parteien herrscht.
Eine der größten
Pointen der Episode ist das Erscheinen der fremden
Figur, denn jene ist ja der Auffassung, dass ihre
Nachfahren offensichtlich in einem umfassenden
Frieden leben, da sie schließlich nur gemeinsam das
Rätsel lösen konnten. Zwar haben sich drei der
Parteien für einen Teil der Suche zusammengetan,
jedoch wurde die ganze Zeit über nach einem Weg
gesucht, die anderen zu übervorteilen (außer von
der stets mitteilungsfreudigen Föderation). Und von
Frieden kann schon gar nicht die Rede sein, denn
immerhin bedeutet die Abwesenheit von Gewalt, die zur
gegenwärtigen Zeit im Trek-Universum zwischen den
genannten Parteien herrscht, noch lange keinen wahren
Frieden.
Während Cardassianer und Klingonen, die sich weit
ähnlicher sind, als sie je zugeben würden, die
Erkenntnis der gemeinsamen Abstammung mit Abscheu
erfüllt, ist es unerwarteterweise ausgerechnet der
Romulaner, der die schöne Schlussbemerkung spricht
(s.o.), die auf bessere Zeiten hoffen lässt.
Zur Inszenierung:
Interessant fällt eine Kameraeinstellung auf, als
Picard und andere den Transporterraum betreten, denn
die Kamera zeigt das Geschehen von der Plattform aus
mit Sicht auf die Konsole nahe dem Ausgang. Das ist
selten (das letzte mal dürfte in
"Todesangst beim Beamen"
gewesen sein) und vermittelt ein völlig neues Bild
vom Transporterraum.
Den Namen seines
Mentors benutzt Picard in
"Der Schachzug"
als Schmuggler-Decknamen, was ebenfalls nicht
uninteressant ist, da auf diese Weise ein indirekter
Bezug zu "Das fehlende Fragment"
hergestellt wird. Es lässt sich dadurch auch
erahnen, wieviel dem Captain der Professor bedeutet
haben muss.
Markant: Salome Jens
(die Fremde) ist bei DS9 als Gründerin zu sehen, die
stets versucht, Odo in die große Verbindung
zurückzuholen.
Abschließend lässt
sich festhalten, dass Jonathan Frakes hier ein
hervorragendes Stück Trek-Entmystifizierung gelungen
ist (was wohl zu großen Teilen auch am genialen
Drehbuch liegen dürfte, das von Joe Menosky verfasst
wurde, aber auf einer Geschichte von Ronald D. Moore
basiert), das sowohl in der Inszenierung als auch
durch die Charaktere (in erster Linie natürlich
Picard) überzeugt.
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