ENT 3.10 EbenbildSimilitudevon Yann-Patrick Schlame |
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Episodenbeschreibung Die Crew der Enterprise ist im Torpedoraum versammelt. Archer hält eine Beerdigungsansprache, denn in einem zum Sarg umfunktionierten Torpedo ruht Trips toter Körper... Zwei Wochen früherWährend Trip und T'Pol eine weitere Sitzung vulkanischer Neuro-Pressur ausüben, schwärmt Trip von einer Modifikation am Warpantrieb: mit einem kleinen Trick könnte er den Antrieb selbst bei Warp 5 frei von Fluktuationen halten. Damit wäre man dann in der Lage, konstant Warp 5 zu fliegen und die Waffe der Xindi entsprechend schneller zu finden.
Bald darauf sind alle Vorbereitungen getroffen, um die Theorie in einem
Experiment auszuprobieren. Tatsächlich scheint es hervorragend zu
funktionieren, als die Enterprise stabil bei Warp 5 bleibt. Aber plötzlich
ergeben sich Probleme, das ganze Schiff wird durchgeschüttelt und die
Kontrollen für den Warpantrieb reagieren nicht mehr. Trip klettert auf die
Maschine und kann den Antrieb deaktivieren, als es neben ihm eine Explosion
gibt. Trip wird quer durch den Raum geschleudert und bleibt bewusstlos
liegen. Ein weiteres Problem hält indes die Crew auf Trab: das polarische Feld ist voller nukleonischer Partikel, die hoch magnetisch sind und sich in immer größeren Mengen an der Außenhülle anlagern. Noch ist die Lage nicht kritisch, aber wenn man den Antrieb nicht bald wieder reaktivieren kann, um das Feld zu verlassen, könnte es schon anders aussehen.
Zwei Tage, nachdem Phlox der Larve Trips DNS injiziert hat, ist sie bereits
zu einem menschlichen Embryo herangewachsen. Bereits am nächsten Morgen ist
sie ein gesundes Baby. Der Doktor denkt bereits über einen Namen nach;
verschiedene Vorschläge seitens der Crew (Steven, Enrique, Dennis) sagen ihm
alle nicht zu, und so entscheidet er sich schlicht für "Sim".
Schon kurze Zeit später ist Sim ein kleiner Junge geworden. Phlox und Hoshi
sind erstaunt, wie gut Sim lesen kann. Noch viel erstaunter sind sie, als Sim
sich an Dinge erinnert, die Trip erlebt hat. Vier Tage nach seiner Entstehung ist Sim inzwischen ein Junge geworden. Er fängt an, Fragen nach seinen Eltern zu stellen und wundert sich, dass er von allen Sim genannt wird, obwohl er sich an den Namen Trip erinnert. Archer nimmt ihn mit in den Shuttleraum und lässt Sim sein altes Modell eines Warpschiffs fernsteuern. Als er merkt, dass Sim eine Antwort verdient hat, nimmt er ihn mit auf die Krankenstation und zeigt ihm den im Koma liegenden Trip. Er erklärt Sim, dass er ein Klon von Trip ist, und Sim begreift, dass all seine Erinnerungen in Wirklichkeit Trips Erinnerungen sind. Sim ist aber beruhigt, dass die in einigen Tagen anstehende Transplantation für ihn völlig schmerzfrei verlaufen soll.
Drei Tage später ist Sim Teenager. Er ist inzwischen beinahe zum vollwertigen
Crewmitglied geworden und hilft T'Pol im Maschinenraum. Es zeigt sich, dass
er T'Pol gerne näherkommen würde, doch die Vulkanierin hält ihn auf Distanz;
wie sie sagt, gilt ihre Sorge derzeit dem Antrieb. Sim bemerkt, dass er wohl
nicht mehr hier sein wird, um Zeit mit T'Pol zu verbringen, wenn der Antrieb
erst einmal wieder funktioniert...
Wenige Tage später hat Sim das Alter von Trip erreicht. Er meint, dass man
das Feld auch ohne Warpantrieb durchqueren könne, wenn man nur genügend
Moment aufbaut, um die Enterprise in Bewegung zu versetzen. Normalerweise
sind die Shuttlepods dafür zu schwach, aber er hat einige Modifikationen
ersonnen, mit denen es funktionieren sollte. Er unterhält sich mit T'Pol
darüber, die den Plan für sinnvoll hält. Auch sagt er T'Pol, dass er
fortwährend nur an sie denken kann - und das sei nicht pubertär bedingt, wie
noch vor wenigen Tagen. Bloß weiß er nicht, ob seine Gefühle für T'Pol nun
seine eigenen sind, oder ob sie aus Trips Erinnerungen stammen... Bald ist es soweit; zunächst schießt man mit den Phasenkanonen die Partikel von den Türen der Shuttlerampe weg, dann starten die Shuttles und benutzen die Greifer, um das Schiff hinter sich herzuziehen. Malcolm und Travis müssen bis aufs Äußerste gehen. Als T'Pol und Archer abbrechen wollen, beginnt die Enterprise sich aber endlich zu bewegen; schon nach Kurzem ist sie schnell genug, um das Feld in wenigen Stunden zu verlassen, und die Shuttles kehren zurück. Doch nun ergeben sich neue Probleme: Phlox war immer davon ausgegangen, dass Sim die Transplantation genau so unbeschadet überstehen würde, wie es bei Lyssarrianern der Fall war. Nun zeigt sich aber, dass ein Mensch die Operation nicht überleben wird. Zusammen mit Archer sagt er es Sim. Sim findet aber heraus, dass ein experimentelles Verfahren seinen Alterungsprozess stoppen könnte: er könnte an Trips Stelle weiterleben und an der Mission der Enterprise teilhaben. Phlox ist skeptisch, denn es ist unsicher, ob das Verfahren bei Sim funktionieren würde. Das Risiko ist Archer zu groß, also will er mit dem ursprünglichen Plan fortfahren. Abends redet er mit Sim und meint, seine Entscheidung stehe fest. Um die Mission zu beenden, benötige er nicht Sim, sondern Trip - sogar wenn das bedeutet, dass er Sim töten muss. Sim erwidert, Archer wäre kein Mörder, worauf Archer kontert: "Mach mich nicht zu einem." Sim scheint zunächst einzuwilligen. Doch stattdessen leitet er die Kontrollen des Shuttleraums um, flüchtet dann aber doch nicht. Archer geht zu ihm, und Sim scherzt erst einmal, es wäre ein ziemlich langweiliger Lebensabend, wenn man ihn in einem Shuttlepod ohne Toilette verbringt. Das einzige, was noch schlimmer wäre, wäre wohl, Malcolm noch dabeizuhaben. Letztlich meint er aber, die Erinnerung an seine Schwester habe ihn gestoppt, denn er will nicht, dass noch jemand auf die gleiche Weise getötet wird. Archer stimmt zu: aus genau dem Grund hat er den Befehl gegeben, Sim zu erschaffen. Vor der Operation verabschiedet sich T'Pol von Sim. Sie meint, die Crew werde ihn vermissen - aber vor allem werde sie ihn vermissen. Dann küsst sie Sim. Danach geht Sim in die Krankenstation, bedankt sich bei Phlox für seine kurze, aber sehr gute Kindheit und meint, er werde nun seine Bestimmung erfüllen. Phlox gibt ihm ein Sedativum... Die Crew der Enterprise ist im Torpedoraum versammelt. Archer hält eine Beerdigungsansprache, denn in einem zum Sarg umfunktionierten Torpedo ruht Sims toter Körper. Unter den Trauergästen ist auch der wieder gesunde Trip. Bewertung Die schwächelnden Quoten hatten die Enterprise-Macher nach der zweiten Staffel gezwungen, etwas Neues auszuprobieren. Der staffelumspannende Handlungsbogen um die Xindi und die Rettung der Erde ist zweifelsfrei neu. Das wohl wesentliche Element ist dabei die Unausweichlichkeit, mit der die Erde zerstört wird, wenn Archer scheitern sollte. Dementsprechend erleben wir in der dritten Staffel einige zweifelhafte Entscheidungen des Captains, die man früher bei Star Trek nicht hatte. "Ebenbild" stellt einen der Höhepunkte dieses neuen Star Treks dar.
Werfen wir aber zunächst einmal einen Blick auf die verschiedenen
Handlungsstränge. Die Episode konzentriert sich recht traditionell auf die
Geschichte um Sim, die B-Handlung betrifft das Tech-Feld, in dem
Tech-Partikel irgendein Tech veranstalten, was mit
Tech gelöst wird, vorher aber zu Zeitdruck führt. Ungewohnt ist
dabei aber die Entwicklung der A-Handlung, die nicht so liniear verläuft, wie
es zuerst scheint. Zunächst wird der Captain mit einer schwer wiegenden
Entscheidung konfroniert, die er nach kurzem Zögern dann trifft. Schwierig
wird es, als Sims Überleben durch die Operation bedroht ist, und noch
schwieriger, als Sim sich weigert, sich zu opfern. Anders als man es also von
früher kennt, dreht sich die Geschichte nicht nur um eine schwierige
Entscheidung, sondern am Ende gleich um mehrere. Charakterseitig stehen Archer, Phlox und zum Teil T'Pol sowie natürlich Sim im Vordergrund. Allen Schauspielern gelingt es sehr gut, die Schwere und Tragik der Situation zu vermitteln. Auch die Darsteller des jungen Sim/Trip sind gut gewählt, lediglich ihr Akzent klingt im Original etwas zu wenig nach Texas.
Nach 3.05 Impulsiv, wo er ein Schiff voller
Vulkanier-Zombies explodieren ließ, und 3.07 Die Ladung,
wo er beinahe einen ganzen Forschungskomplex vernichtet hätte, steht Archer
hier vor der bisher vielleicht schwierigsten Entscheidung der Serie: Er
hat nicht nur die Option, für die Mission zu töten, sondern gar ein neues Leben
zu erschaffen, das dann nach zwei Wochen von selbst sterben soll.
Man erkennt, wie ungern Archer vor diese Wahl gestellt
wird. Er rechtfertigt seine Entscheidung damit, dass er Trip braucht, um die
Mission fortführen zu können und dass er sich den Luxus nicht leisten kann,
die moralischen Fragen zu diskutieren, die sich aus seinem Handeln ergeben.
Phlox wird wie gewohnt brillant verkörpert. Seine "Vaterfreuden" mit dem
jungen Sim sind ebenso schön dargestellt wie sein Bedauern über die große
Fehleinschätzung, dass Sim die Operation überleben würde. Gerade im Rückblick
auf
1.13 Lieber Doktor stellt sich aber auch die Frage,
ob der Doktor hier seiner Linie treu geblieben ist oder ob er ganz im
Gegenteil atypisch handelt. T'Pols Anteil ist diesmal weniger technischer Natur als gewohnt. In erster Linie ist sie Bezugspunkt für Sims zweite Lebenshälfte. Dadurch sieht sie sich natürlich auch damit konfrontiert, dass Trip offenbar "romantische Gedanken" in Bezug auf sie hat. Nach vielen Anspielungen und mehrdeutigen Szenen ist dies schon ein sehr deutlicher Hinweis, dass sich eine Beziehung wohl eher zwischen T'Pol und Trip als zwischen T'Pol und Archer anbahnen wird.
Bezogen auf den moralischen Konflikt ist T'Pol erstaunlich gleichgültig; sie
belässt es dabei, Archer kurz über die Haltung der Lyssarrianer zu
informieren, mischt sich sonst aber nicht weiter ein. Wenn man bedenkt, dass
beispielsweise die Thematik der "kulturellen Kontamination" ihr so am Herzen
liegt (z.B.
1.09 Die Saat), verwundert es schon, dass T'Pol
keine Meinung hat oder jedenfalls nicht dafür eintritt.
Sim/Trip stellt sich aufgrund der Stadien, in denen man ihn sieht, naturgemäß
vielschichtig dar. Die großen Konstanten in seinem Leben sind Neugier und
technisches Interesse. Als Teenager scheint er etwas selbstbewusster auf
Frauen zuzugehen, als er das später als Erwachsener tut. Jedenfalls stellt
es sich so dar, als Sim unbedingt T'Pol näherkommen will. Wenig später (aber
dann schon klar als Erwachsener) geht er es behutsamer an, berichtet ihr aber
immerhin von seinen Gefühlen, was Trip bislang noch nicht gemacht hat. Der Rest der Crew kommt in dieser Folge einmal mehr viel zu kurz. Man muss schon froh sein, wenn Travis überhaupt mal einen Satz beisteuern darf, bei Hoshi sieht es kaum besser aus. Malcolm darf zwar ein kurzes Gespräch mit Sim bestreiten und ein wenig Tech beisteuern, das war es dann aber auch. Damit zementiert "Ebenbild" den gewohnten Eindruck, dass die Serie sich komplett um Archer, Trip, T'Pol und etwas abgeschlagen den Doktor dreht. Auch dieses Mal ist das wieder eine große Verschwendung von Potenzial, denn jeden der Charaktere hätte man ohne große Probleme in die Handlung integrieren können. Einzig die Fokussierung auf Archer und den Doktor macht Sinn, da sie die moralischen und ärztlichen Fragen abwägen bzw. klären müssen.
Am Ende bleibt der Eindruck, dass "Ebenbild" nicht leichtfertig mit der
Thematik umgehen will. Von der ersten bis zur letzten Szene wirkt niemand
glücklich mit der Situation und wünscht sich wohl, es gäbe einen anderen Weg,
um damit fertig zu werden. Dennoch verwundert die Kompromisslosigkeit, mit
der Enterprise hier voranprescht. Unter der einen Aussage "Wir müssen unsere
Mission erfüllen" werden alle Arten von unmoralischen und unangenehmen
Entscheidungen getroffen und gerechtfertigt. In
3.19 Beschädigungen geht es weiter, als man fremden (aber
freundlichen) Aliens ihre Warpspule klaut und sie damit in der Ausdehnung
stranden lässt, von Folter und Gedächtnismanipulation in
3.14 Kriegslist ganz zu schweigen. Dazu eine Anmerkung unseres Redakteurs Burkhard Wallner: Die Operation von Sim stellt zwar eine Tötung dar, aber die Mordmerkmale, wie sie das deutsche Strafrecht (§ 211 StGB) kennt, sind hier nicht erfüllt (Heimtücke, Grausamkeit oder niedrige Beweggründe). Erstere beiden Merkmale scheiden sowieso aus. Die "niedrigen" Beweggründe sehe ich aber auch nicht, im Gegenteil. Hinzu kommt das Einverständnis von Sim. Juristisch würde die Operation wohl als "Körperverletzung mit Todesfolge" gewertet werden. Die Spannung ist durch die Wendungen und die Tragik der Situation bis zum Ende gegeben; vor allem die Frage, wie diese schwierige Situation aufgelöst wird, verleiht der Folge einen Tiefgang und eine Intensität, auf die man bei Enterprise lange warten musste. Hier noch ein Hinweis unseres Lesers Andreas S.: In Voyager stand Janeway schon einmal vor einer nicht unähnlichen Entscheidung wie Archer, nämlich in der Episode 2.20 Tuvix, wo es darum ging, eine neue eigenständige Persönlichkeit mit durchaus beachtlichem Wert zu opfern, um die verschmolzenen Tuvok und Neelix zurückzuerhalten. Die Effekte lassen sich ganz schlicht als perfekt bezeichnen. Die Außenaufnahmen der Enterprise im polarischen Feld sowie die umherschwirrenden Partikel, die Stück für Stück das Schiff eindecken, lassen keine Wünsche offen. Einzig die restlos freigesprengten Türen der Shuttlerampe wirkten vielleicht ein wenig zu sauber, aber das soll der vollen Wertung nicht im Wege stehen. Die Handlung verdient insofern einen sehr positiven Ausschlag, als dass die Thematik intensiv behandelt wird und nicht von einem technischen Problem abhängt, das dann nur technisch gelöst werden kann (von der B-Handlung abgesehen, die aber nur knapp angeschnitten wird und damit nicht vom Wesentlichen ablenkt). Vor allem kann man sich endlich einmal wieder die Frage stellen: Wie würde ich entscheiden?
Auf der anderen Seite verspielt die Serie wie gewohnt die sich bietenden
Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln. Wie wäre es gewesen, wenn man Sim
an Trips Stelle behalten hätte? Prinzipiell hätte man im weiteren Verlauf
kaum Rücksicht darauf nehmen brauchen, da ja beide identische Erinnerungen
haben. Gleichzeitig hätten sicher aber unzählige Optionen eröffnet, hier an
einer neuen Front spannende Geschichten zu erzählen. Durch eine spontane
Heilung Trips hätten sich dann ganz neue Probleme ergeben können, wie sie
TNG in 6.24 Riker:2=? zeigte, aber leider
nie wieder aufgriff (DS9 3.9 Defiant sei hier
großzügig ignoriert). Farscape hat eine solche Verdoppelung in der dritten
Staffel (beginnend mit 3.07 "Thanks for Sharing") einmal konsequent
aufgegriffen und immerhin bis 3.15 "Infinite Possibilities, Part Two: Icarus
Abides" durchgezogen, was ganz dezent als brillant bezeichnet sei. Da ärgert
es ein ums andere Mal, dass Star Trek solche Gelegenheiten traditionell
verstreichen lässt. Wegen der Tiefgründigkeit der Episode und der persönlichen Tragweite, um die es hier geht, gibt es für die Handlung dennoch vier Punkte. Der Reviewer vermerkt für sich persönlich jedoch ein Endergebnis von -1, da Enterprise sich nicht einfach nur von der Friede-Freude-Eierkuchen-Haltung von TOS und TNG verabschiedet hat, sondern hier eine sehr gefährliche Parallele zu aktuellen weltpolitischen Ereignissen aufbaut, ohne (wie TOS und TNG) eine kritische Aussage dazu zu machen. |
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Zusammenhänge
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-------------------------------- Ausdruck vom: 21. 11. 2024 Stand des Reviews: 15. 11. 2024 URL: http://www.startrek-index.de/tv/ent3_10.htm |