Deutscher StarTrek-Index  
  3.8 Dämmerung  
  Twilight  
 

von Sebastian Däs

 
 
 

Episodenbeschreibung

Jonathan Archer erwacht an Bord der Enterprise. Offenbar wird das Schiff angegriffen, doch ein Sicherheitsoffizier lässt ihn nicht aus seinem Quartier. Als er ihn überwältigt, gelangt er auf die Brücke, wo Captain T’Pol das Kommando innehat. Archer muss mit ansehen, wie die Superwaffe der Xindi den kompletten Planeten Erde zerstört...

Ein gealterter Archer erwacht in einem Bett auf einem fremden Planeten. Offenbar sind 12 Jahre seit seiner Zeit als Captain der Enterprise vergangen und er findet eine "ältere" T’Pol vor, die ihm Frühstück macht. Sie erklärt ihm, dass er eine Krankheit hat, die ihn an der Bildung von neuen Erinnerungen hindert.
Er kann sich nur an Ereignisse erinnern, die vor dem Zwischenfall liegen, der seine Erkrankung verursacht hat: Er hatte T’Pol vor einer Schockwelle gerettet, die durchs Schiff ging. Unglücklicherweise wurde er dabei von dieser Welle getroffen, die erinnerungsblockierende Cluster in sein Gehirn setzte. Da diese außerhalb der normalen Zeit existieren, sah Doktor Phlox keinen Weg sie zu entfernen und so muss Archer seit nunmehr 12 Jahren ohne richtiges Gedächtnis leben.

Weil T’Pol meint, dass heute ein wichtiger Tag für ihn sei, erzählt sie ihm die Geschehnisse des letzten Jahrzehnts ausführlich: Archer wurde mit der Zeit zunehmend unbrauchbarer für die Crew, er verlor den Überblick und machte immer wieder die gleichen Vorschläge, ohne es zu wissen. Nach seinem Ausfall wurde die Vulkanierin zum Captain befördert und suchte weiter nach der Xindi-Waffe. Einige Monate später fand man sie schließlich auch, doch die Xindi hatten sie schon gestartet. Die Enterprise wurde schwer beschädigt und konnte die Xindi nicht mehr rechtzeitig stoppen, nach heftigen Kämpfen wurde letztendlich die Erde zerstört. Wäre das nicht schon schlimm genug, verfolgten die Xindi auch alle Menschen auf brutale Weise, so dass auch keine Außenposten mehr übrig sind.

Archer ist geschockt, doch T’Pol erzählt weiter: Die Überlebenden 6000 Menschen flüchteten auf den Planeten Ceti Alpha 5 - auf dem sie sich jetzt befinden. T’Pol lehnte das Angebot des vulkanischen Rates ab, zurückzukommen. Sie führte alle menschlichen Schiffe zu dieser letzten Zufluchtsstätte und gab dann ihr Kommando auf. Sie wollte sich ganz um Archer kümmern und überließ Trip die Enterprise.
Momentan befindet sich die Enterprise wieder im System und sorgt für Sicherheit. Die beiden werden durch Doktor Phlox unterbrochen, der nach langer Zeit wieder von Denobula zurückgekehrt ist. Er glaubt eine Heilung fürs Archers Zustand gefunden zu haben, doch dafür braucht er hohe Energieleistungen, wie sie nur die Enterprise liefern kann.

Das Trio kehrt zurück auf das Sternenflotten-Schiff, wo Archer seine alte Crew wieder trifft: Ein ergrauter Trip begrüßt ihn als Captain recht herzlich, auch Hoshi und Malcolm freuen sich über das Wiedersehen. Letzterer ist selbst gerade zum Captain aufgestiegen und wird bald sein eigenes Kommando übernehmen. Natürlich sind sie für die Rettung ihres ehemaligen Captains alle noch einmal zusammengekommen.

Im Maschinenraum kommen Archer, Tucker, T’Pol und Phlox zusammen. Der Denobulaner will einen hochfokussierten Anti-Protonenstrahl benutzen, um die Parasiten in Archers Gehirn zu entfernen. Da Vorsicht angebracht ist, wird er zuerst nur Teile der Cluster entfernen, bei Erfolg werden danach alle vernichtet. Nach der ersten Prozedur unterhalten sich Phlox und T’Pol auf der Krankenstation. Der Doktor will wissen, ob die Vulkanierin Archer ihre Gefühle gestanden hat. Doch sie besteht darauf, dass sie lediglich ihre Schuld begleicht, weil Archer sie damals gerettet hat und er sich so die Parasiten einfing. Beide entdecken plötzlich eine Unregelmäßigkeit in den Scans von Archers Gehirn: Die Parasiten sind auf allen Scans von Phlox verschwunden, die er über die letzten 12 Jahre hinweg gemacht hat. Man erkennt, dass man mit der vollständigen Entfernung der Parasiten-Cluster die schlimmen Geschehnisse der letzten 12 Jahre rückgängig machen könnte. Mit dieser Änderung der Geschichte könnten die Erde und die Menschheit gerettet werden.

In der Zwischenzeit stößt die Crew jedoch auf andere Probleme: Ein Yridianer hat den Standort der Enterprise an die Xindi verraten. Da ein Angriff droht, will Captain Tucker die Energie nicht mehr für Archers Prozedur freigeben – er braucht sie zur Verteidigung. T’Pol und Phlox widersetzen sich den Befehlen und wollen die Operation trotzdem im Maschinenraum weiterführen, doch es kommt zum Kampf mit den Xindi und das Equipment wird beschädigt. Als auch die Brücke völlig zerstört wird, bleiben die Entscheidungen an T’Pol hängen. Da die Parasiten auch durch eine Subraum-Implosion entfernt werden können, schlägt sie vor, die Enterprise zu sprengen.

Die Xindi entern das Schiff, T’Pol und Phlox werden bei dem Angriff getötet. Im letzten Moment schafft es der angeschossene Archer den Warpkern zu überlasten und die Enterprise geht in einem Feuerball zugrunde.

Die Zeitlinie wird geändert und Archer erwacht 12 Jahre früher auf der Krankenstation. Er hat wieder T’Pol vor der Schockwelle gerettet, doch da diesmal keine Parasiten in Archers Gehirn bleiben, werden die späteren Ereignisse nicht stattfinden und keiner hat mehr eine Erinnerung daran.
Am Ende spricht T’Pol mit dem Captain auf der Krankenstation. Sie ist dankbar, dass er sein Leben für ihre Rettung riskiert hat. Als sie geht, meint Archer scherzhaft, dass die Vulkanierin eine wundervolle Krankenschwester wäre.

Bewertung

Mit einem Wort: WOW...
Die Macher liefern hier eine erstklassige Unterhaltungsshow ab, bei der von der ersten bis zur letzten Minute einfach alles stimmt. Selten griffen Dialoge, Drehbuch, Regie und actionreiche Spezialeffekte so nahtlos ineinander über, selten wurde man so gespannt und gut die gesamten 45 Minuten über gefesselt wie bei "Dämmerung".

Die Story ist dabei ein "Memento" meets DS9s "Der Besuch", emotional stark und zugleich witzig. Natürlich ist man mit alternativen Realitäten und Geschichten über die Zukunft der Crew nicht nur bei ENT sondern auch bei allen anderen Star Trek- und Science-Fiction Shows immer auf der sicheren Seite. Nehmen wir nur "Gedächtnisverlust", "Gestern, Heute, Morgen", "Kinder der Zeit", "Temporale Paradoxie" oder "Endspiel" – doch auch hier muss erst mal eine richtige Integration der Idee in eine gelungene Episode stattfinden. Mit der geheimnisvollen Atmosphäre und dem Apokalypsen-Szenario (ähnlich wie in "Titan A.E.") schafft man dieses Kunststück jedoch. Als Zuschauer fragt man sich ständig, wie die Autoren das Problem am Ende auflösen werden, der Blick in eine alternative Zukunft ist hierbei stets vorteilhaft. Die Einbindung in den Xindi-Konflikt erzeugt hierbei neue Spannung für die ganze Staffel, denn man kann sich nun ausmalen was passiert, wenn die Enterprise mit ihrer Mission scheitert.

Der nervenaufreibende Teaser lässt den Zuschauer erstmal recht ratlos zurück. Warum wird der Captain im Quartier gehalten? Warum ist T’Pol Captain? Und wie konnten die Xindi die Erde zerstören? Glücklicherweise gibt man nicht sofort die Antwort, mit der Handlung 12 Jahre später setzt man eher noch ein Verwirrungs-Element drauf. Bis zur Episoden-Mitte wird man jetzt – genau wie Archer – über die vergangenen Ereignisse aufgeklärt. Man kann sich in die Situation des Captains hinein versetzen, doch spätestens als Phlox auftaucht und von seinem Plan erzählt, weiß man wo der Hase hin läuft. Doch wie das Ganze jetzt zu der gegenwärtigen Zeit zurückfinden soll, bleibt weiter fraglich. Normalerweise fallen an diesem Punkt viele ENT-Episoden etwas ab, doch die Actioneinlagen stehen erst noch bevor, und dieses Mal sind sie auch inhaltlich clever und logisch.

Überraschend emotional ist das Wiedersehen Archers mit seiner alten Crew. Malcolm mit Bart ist einfach grandios, ebenso der schon ergraute Captain Tucker. Etwas besorgniserregend ist aber, dass die Crew hier weitaus interessanter und besser agiert, als in ihrer eigentlichen Ausgangslage. Tucker macht den Job als Captain fast besser als Archer, Reed ist gereift und noch aggressiver, T’Pol erscheint endlich nicht mehr so stur. Erneut deutet man hier wieder eine romantische Anziehung zwischen der Vulkanierin und Jonathan Archer an. Leider muss man auch sagen, dass die Episode wohl die endgültige Kapitulation der Autoren vor dem Charakter Travis Mayweather ist. Irgendwie scheint er gestorben zu sein - ein Schicksal, dass ihm bald schon "wirklich" blühen könnte. Denn trotz des überaus interessanten Potenzials war er bis jetzt nie mehr als ein besserer Statist, der den Hauptschirm anstarrt.
Ein nettes Gimmick ist das Auftauchen des Yridianers, besonders im 24. Jahrhundert lernen wir diese Typen als dreiste Informationshändler kennen.

Zugegeben: Die Auflösung ist etwas konfus und man hat sie sich aus den Fingern gesogen. Dass die Parasiten quasi durch ihre temporale Natur die ganze Zeitlinie beeinflussen ist etwas unlogisch. Eigentlich hätte man nur Archers Gehirn irgendwie auslöschen müssen, ein natürlicher Tod irgendwann hätte die Zeit ja auch wieder verändert. Dies trübt jedoch kaum den Gesamteindruck zur Handlung. Besonders am Ende wechseln sich Kämpfe mit charakterlichen Auseinandersetzungen ab, Trip denkt im Sinne des Schiffs, während sich T’Pol mehr um Archer kümmert und an das Verändern der Zeitlinie glaubt. Eine volle Punktzahl für die Handlung ist dieses Mal durchaus gerechtfertigt, auch wenn man die Idee etwas von "Der Besuch" aus DS9 geklaut hat.

Dazu ein Anmerkung unserer Leserin Sandra L.:

Wir haben erlebt, wie Archer von den Parasiten infiziert wurde. Dadurch entstand die Zeitlinie, in deren Verlauf er seines Kommandos enthoben und die Erde daraufhin zerstört, sowie die Menschheit beinahe ausgelöscht wurde.
Wäre Archer gestorben, dann die Parasiten durch den Verlust ihres Wirts vermutlich ebenfalls. Dadurch hätten sie aber ihren natürlichen Verlauf von Geburt, Leben und Tod abgeschlossen, was dadurch allerdings keinen Einfluß auf ihre eigentliche Existenz innerhalb der Zeitlinie gehabt hätte. Archer wäre ja immer noch in der Vergangenheit von ihnen infiziert worden und die Zeitlinie hätte ihren gesehenen Verlauf genommen.
Phlox´ Behandlung allerdings hat mehr gemacht, als sie zu töten oder einfach nur zu entfernen....die Behandlung hat sie....vereinfacht ausgedrückt....nicht existent gemacht und weil Archer dadurch nie von ihnen infiziert werden konnte...weil nicht existent....veränderte oder eliminierte das auch diese Zeitlinie und damit die Geschehnisse.
Die Spannung kann man ruhigen Gewissens als sehr gut bezeichnen. Wie schon erwähnt wird man anfangs erstmal kräftig vor den Kopf gestoßen, die dramatische Lage – aus Sicht der Menschheit und aus der von Jonathan Archer – zwingt permanent und jede Minute zum weiterschauen. Da am Ende alles wieder zurückgestellt wird, hatten die Autoren auch relativ freie Hand und nutzen dies wirklich bis ins Allerletzte aus: Nicht nur, dass die Erde zerstört wird... in dem dramatischen Angriff der Xindi wird die Brücke mit Trip, Reed und Hoshi gesprengt, auch T’Pol und Phlox lassen ihr Leben. Zu guter Letzt sprengt man dann schließlich das Schiff selbst in die Luft. Alles was sonst Tabu ist wurde ausgelotet, aber vielleicht wäre manchmal Weniger mehr. Die Schlussszene in der Archer in bester Superhelden-Manier erst mehrmals angeschossen wird, und dann sich wieder aufrappelt, hätte man auch etwas subtiler darstellen können.
Gary Graham macht einen netten Gastauftritt als Botschafter Soval, der so unsympathisch und stur ist, wie eh und je. Die Einbindung der Vulkanier war zwar nicht zwingend nötig, doch dadurch weist man noch mal auf die geänderte Einstellung von T’Pol hin. Sie ist Archer mittlerweile nicht mehr nur loyal ergeben, sondern empfindet schon etwas für ihn. Phlox spricht das routiniert an und in diesem Punkt dürfen wir dem Denobulaner ruhig glauben.

Die Spezialeffekte reihen sich in die hohe Qualität der Episode ein, man bekommt das SFX-Feuerwerk um ein Vielfaches höher als erwartet. Die Qualität übertrifft zu großen Teilen alle vorherigen Meisterwerke wie "Die Ausdehnung" und gehört zum Besten was man bis zum heutigen Tag im Fernsehen sehen durfte. Stellenweise agiert man sogar auf dem Niveau eines Kinofilms. Besonders stechen da natürlich die Zerstörung der Erde und der Enterprise hervor. Erstere wirkt vielleicht etwas zu "Comic-haft", ein Planet platzt nicht so in bunter Lava auseinander. Die Kolonie auf Ceti Alpha 5 ist perfekt dargestellt, wie auch die Verfolgung des Yridianers durch die Sonne. Am Ende gibt es im Kampf natürlich die großen Highlights, bei denen auch mehrere Sternenflotten-Schiffe mitmischen. Die Xindi-Enterung ist gewohnt erstklassig, bei der Zerstörung der Brücke, kann man sogar vom All wunderschön ins Innere sehen. Das Ganze gipfelt in der Explosion der Enterprise, die bombastisch und dezent zugleich wirkt. Nichts anderes als volle sechs Punkte werden den Effekten gerecht.

Regie führte hier wieder mal Robert Duncan McNeil, auch bekannt als Lt. Paris bei Voyager. Er scheint sich langsam ähnlich wie Allan Kroeker (u.a. "Die Schockwelle", "Die Ausdehnung", "Azati Prime") als Spezialist für die Big-Budget Folgen zu etablieren, denn bei "Countdown" wird er auch wieder im Regiestuhl Platz nehmen. Hier in "Dämmerung" zeigte er sich damit sehr erfolgreich – schon in "Der kalte Krieg" konnte er sich ähnlich gut bewähren.

"Dämmerung" ist nicht nur ein Highlight dieses Jahres, sondern auch ein Glanzpunkt der ganzen Serie. Extrem kurzweilig und zu jeder Zeit gelungen - das beschreibt diese Folge am Besten. Eine sehr gute Wertung in allen Bereichen ist das logische Resultat und bleibt verdient.
 
 
 

Spannung

SFX

Handlung

Gesamt

 
 
 

Zusammenhänge

  • T'Pol hatte sich in "Die Ausdehnung" von den Vulkaniern losgesagt.
  • Das Ceti Alpha-System ist nicht unbekannt: Hier wurden schon Khan und seine Mannen in "Der schlafende Tiger" ausgesetzt.
 
 
 
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  Druckbare Version

 Erstausstrahlung USA:
  5. November 2003

 Erstausstrahlung D:
  2. Januar 2005

 Regie:
  Robert Duncan McNeill

 Buch:
  Michael Sussman

 Gaststars:
  Richard Anthony Crenna,
  Gary Graham,
  Brett Rickaby



  Zuletzt geändert:
  2014-08-29, 01:47
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