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Episodenbeschreibung
Die Defiant befindet sich auf dem Rückflug von einer Expedition aus dem
Gammaquadranten. Dax entdeckt einen Planeten mit einer ungewöhnlichen
Energiebarriere und überzeugt Sisko, gegen den Willen der anderen
Besatzungsmitglieder, sich das Phänomen näher anzusehen. Beim Flug durch
die Barriere wird das Schiff jedoch beschädigt und Kira wird von einer
Energieentladung getroffen und schwer verletzt.
Auf dem Planeten existiert humanoides Leben. Zur großen Überraschung der
Crew haben die Planetenbewohner die Defiant bereits erwartet und offenbaren
den verblüfften Besuchern, dass sie die Nachfahren der Besatzungsmitglieder
der Defiant sind. Die Planetenbewohner erklären, sie seien das Ergebnis
eines temporalen Unfalls. Beim Versuch den Planeten, den sie Gaia nennen,
wieder zu verlassen, werde die Defiant in eine temporale Anomalie
geraten, die das Schiff schwer beschädigen, zu einer weiteren
Notlandung auf dem Planeten zwingen und sie gleichzeitig 200 Jahre
in der Zeit zurückversetzen wird. Nachdem die zurückversetzte Crew
den Planeten nicht mehr verlassen konnte, hat sie sich in den
kommenden zwei Jahrhunderten zu der neuen Bevölkerung
entwickelt.
Die Angaben der Bewohner stellen sich als wahr heraus. Die
Besatzungsmitglieder sehen sich also ihren eigenen Nachfahren gegenüber und
stehen gleichzeitig vor einem Dilemma: Einerseits müssen sie schnell nach
DS9 zurückkehren um Kira ärztlich zu versorgen, auf der anderen Seite würde
aber gerade durch eine erfolgreich Rettung vom Planeten die bestehende
Zeitlinie durchbrochen und damit zwangsläufig die gesamte Zivilisation auf
Gaia ausgelöscht.
Doch Jedrin Dax, der Nachfahre von Jadzia Dax, hat eine Lösung: Beim
Rückflug könnte ein Quantenverdoppelungseffekt innerhalb der
Energiebarriere so genutzt werden, dass es zu einer Verdoppelung der
Defiant kommt. Dann könnte die eine Defiant heimfliegen, während die andere
das bereits beschriebene Schicksal durchlebt. Somit wäre die Defiant
gerettet und gleichzeitig auch die Zeitlinie aufrechterhalten.
Damit scheint eine für alle befriedigende Lösung gefunden und die Crew
schließt Bekanntschaft mit ihren eigenen Nachfahren. Der Odo der Gaia, der
als Formwandler immer noch lebt, nutzt die Gelegenheit, um Kira seine Liebe
zu gestehen. Seit 200 Jahren hat er auf diesen Tag gewartet und er hofft,
dass sich nach der Rückkehr der Defiant endlich für den DS9-Odo die Hoffung
auf eine Beziehung zu Kira verwirklicht.
Doch dann findet Dax heraus, dass ihr Nachkomme Jedrin die alten Logbücher
gefälscht hat: Es kann zu überhaupt keiner Quantenverdoppelung kommen und
somit auch zu keiner Rettung. Jedrin gesteht die Manipulation ein,
rechtfertigt sich aber damit, dass es die einzige Chance für das
Weiterbestehen seiner Zivilisation sei.
Doch Sisko bleibt hart: Er wird Kira nicht opfern, die unweigerlich sterben
würde. Auf Gaia breitet sich unter der Bevölkerung Niedergeschlagenheit
aus, dennoch begehen sie alle noch einmal am vermeintlich letzten Tag ihrer
Existenz den rituellen Pflanztag. Sie gehen hinaus um die Felder zu
bestellen. Bei dieser alle verbindenden, gemeinschaftlichen Arbeit ändert
sich die starre Haltung der Crew und man entschließt sich für den Absturz,
da auch Kira sich nun freiwillig opfern will.
Als die Crew jedoch dieses Schicksal erfüllen will und zur Anomalie fliegt,
ändert der Autopilot den Kurs und die Defiant passiert unbeschadet die
Energiebarriere. Damit ist die Zeitlinie unterbrochen, die Bewohner von
Gaia existieren nicht mehr.
Odo eröffnet Kira, dass sein zweites Ich von Gaia für die Kurskorrektur
verantwortlich war. Kurz vor dem Aufbruch sei es noch zu einer Großen
Verbindung der beiden Odos gekommen. Gaia-Odo habe das getan, damit Odos
Liebe zu Kira eine Chance habe weiter zu bestehen und sich zu
verwirklichen. Kira ist tief bestürzt.
Bewertung
"Kinder der Zeit" hinterlässt beim Zuschauer einen faden Nachgeschmack.
Eigentlich bietet die Episode eine spannend in sich vertrackte Handlung mit
vielen interessanten Aspekten, die geschickt das Phänomen eines temporalen
Paradoxons mit den menschlichen Komponenten Verantwortung und
Entscheidungsfindung verknüpft. Doch am Ende platzt alles wie eine
Seifenblase. Man hat geradezu das Gefühl, die Episode drückt sich davor,
sich der aufgeworfenen Thematik angemessen zu stellen.
Aber der Reihe nach: Die DS9-Crew hat es mal wieder mit einer temporalen
Anomalie zu tun, das ist ja für DS9 und Star Trek nichts Neues - und im
Grunde auch immer eine dankbare Thematik. Das Neue daran ist, dass sich die
Crew diesmal plötzlich den eigenen Nachkommen gegenübersieht - und nicht
wie sonst irgendwelchen Star Trek-Persönlichkeiten aus der Vergangenheit.
Im Rahmen der Konstruktion der Handlung ist das soweit auch stimmig
erklärt.
Die Handlung erfährt eine stetige Spannungsentwicklung durch eine dreifache
Wendung im Storyaufbau: Nach dem ersten Dilemma scheint die Lösung schon da
zu sein, diese entpuppt sich jedoch als Täuschung. Der nächste einseitige
Lösungsweg (Siskos harter Entschluss zur Rückkehr) verkehrt sich durch das
entstehende gegenseitige Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühl in die
entgegengesetzte Richtung und wird durch Odos eigenmächtiges Eingreifen
letztlich wieder umgedreht. Die Auflösung bleibt also bis zum letzten
Moment offen.
Dabei wird die Geschichte zunehmend weniger von der äußeren Handlung
geprägt als vielmehr durch die Beziehungen und Verknüpfungen, die die beide
Gruppen (Crew und Bewohner) immer mehr miteinander verstricken. Im
Mittelpunkt steht die Verantwortung, die die Crew einerseits sich und ihren
DS9-Familien gegenüber hat, zum Anderen gegenüber den Bewohnern von Gaia,
deren Existenz von ihrer Entscheidung abhängt. Diese Thematik wird
sorgfältig aufbaut.
Gerade die Beziehung zwischen Kira und Odo hat dabei eine weiterführende
Bedeutung. Kira weiß nun, dass Odo in sie verliebt ist. In der Darstellung
des Gaia-Odo hat die Episode auch ihren eigentlichen Höhepunkt, da hier
wirklich eine sehr gelungene Weiterentwicklung präsentiert wird, sowohl in
optischer als auch in charakterlicher Hinsicht. Wirklich bizarr wird die
Situation, als Odo Kira zu ihrem eigenen Grab auf Gaia führt.
Doch auch die anderen Begegnungen verlaufen reizvoll und kratzen
tiefgründige Aspekte an: Als die Klingonen-Clique im Angesicht des
vermeintlichen Endes Worf darum bittet, einen würdigen Tod durch eine
ehrenvolle Tötung für sie zu übernehmen, stimmt er zunächst zu. Doch dann
kreuzt er mit ihnen beim großen Pflanztag auf und gemeinsam bestellen sie
die Felder. Sein Argument: "Wir müssen uns einem anderen Kampf stellen, der
Gegner ist die Zeit." Das klingt zwar äußerst ehrenhaft, weil man sich
nicht durch Selbstmord einfach aus dem Leben drückt, ist aber letztlich
Blödsinn, weil es diesen Kampf gegen die Zeit beim besten Willen so nicht
gibt.
Und ein wenig sehr pathetisch ist auch das Ritual des großen Pflanztages im
Angesicht des Untergangs: Es erinnert doch irgendwie sehr an Martin Luthers
sinngemäßen Ausspruch, dass er heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen würde,
selbst wenn er wüsste, dass morgen die Welt untergehe. Gerade im
Zusammenspiel mit dem Klingonenplot als Plädoyer gegen die Selbsttötung
waren die Autoren hier doch sehr stark vom Handlungsaufbau im Sinne der
"Political Correctness" getrieben.
Daneben hat die Geschichte einige ganz banale Durchhänger. So muss man
sich schon fragen, wieso für eine gewöhnliche Forschungsexpedition in den
Gamma-Quadranten die gesamte DS9-Führungscrew (inkl. Odo und Bashir) mit
auf der Defiant ist. Wer kümmert sich denn überhaupt noch um die Station zu
Hause? Oder war das Ganze ein als Expedition getarnter Betriebsausflug?
Wirklich schade ist, dass durch eine ziemlich fadenscheinige Begründung
(der Defiant-Odo kann seine Form auf Gaia nicht halten) ein direktes
Zusammentreffen zwischen den beiden Odos für den Zuschauer verhindert wird.
Das wäre allemal sehenswert gewesen, zumal es ja auch laut DS9-Odo wirklich
zur Großen Verbindung kam. Doch leider kriegt der Zuschauer davon nichts
mit. Man wird ja wohl nicht annehmen, dass das trick- und
produktionstechnisch nicht dringewesen wäre.
Auch die beiden erwähnten zukünftigen Partnerinnen von O'Brien und Bashir
werden dem Zuschauer nicht im Bild vorgestellt, obwohl sie ja
Crew-Mitglieder sind. Schade.
Wie auch immer: Odos Manipulation am Autopiloten beendet alle Spekulationen
und Eventualitäten abrupt. So nachvollziehbar Odos Motiv sein mag, so
simpel (und schade) ist dann eben auch die Gesamtlösung. Die Crew hatte
sich für den ehrenhaften, politisch korrekten Weg (sich zu opfern und Gaia
erhalten) entschieden, ist nun also moralisch aus dem Schneider. Alle
zukünftigen Komplikationen (und interessanten Anknüpfungen), die sich aus
dem Fortbestand der Gaia-Bewohner ergeben hätten, sind ausgeräumt. Die
Zeitlinie kann nach Crew-Maßstäben normal weitergehen, Kira kann geheilt
werden und auch der Crew-Odo muss sich nicht für das Handeln des Gaia-Odos
verantwortlich fühlen. Sisko erwähnt nochmal, dass das Gaia-Volk ja in den
Gedanken und Herzen der Crew weiterlebt, und damit ist der Fall erledigt.
Im Endeffekt war es halt die einfachste Lösung.
Die Episode leidet schließlich eben gerade darunter, dass zu viele wirklich
auch interessante Aspekte in die Geschichte hineingepackt wurden und am
Ende einfach die Zeit und die Sorgfalt fehlte, das alles angemessen
aufzulösen. Auch andere Dinge, wie die Spezialeffekte, blieben dabei leider
auf der Strecke. Und das ist - in Anbetracht der interessanten Ausgangslage
und der aufgeworfenen Fragen - einfach schade.
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