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Episodenbeschreibung
Jake Sisko schreibt an einem Porträt über Dr. Bashir und begleitet ihn deswegen auf eine
medizinische Konferenz. Auf dem Heimflug nach DS9 erhalten die beiden plötzlich einen Notruf
von der Föderationskolonie auf Ajilon Prime. Die Klingonen haben den Waffenstillstand gebrochen
und greifen dort jetzt einige Siedlungen an, man benötigt dringend medizinische Hilfe. Bashir
möchte nicht hinfliegen, da er Jake an Bord hat, doch dieser überredet den Doktor doch den Kurs
zu ändern, weil er auf eine gute Story hofft.
Auf Ajilon Prime angekommen finden Jake und Bashir das Grauen des Krieges vor. Es gibt viele
Verwundete und Tote. Die Klingonen kämpfen nicht mit Disruptoren, sondern traditionell mit den
Bath'leths, was viele schlimme Wunden verursacht. Jake hilft den Ärzten, wird aber nur schwer
mit der Situation fertig. Dann wird ein Ensign eingeliefert, der sich selbst mit dem Phaser in
den Fuß geschossen hat, da er so große Angst vor dem Kampf mit den Klingonen hatte, dass er
lieber verwundet ins Lazarett eingeliefert werden wollte. Das Krankenhauspersonal meidet ihn,
da er als Feigling angesehen wird.
Auf Deep Space Nine hat man inzwischen die Nachricht von Dr. Bashir erhalten, dass die beiden
einen Umweg gemacht haben. Sisko macht sich große Sorgen um seinen Sohn, doch er ist mit der
Defiant 3 Tage von Ajilon Prime entfernt. Die Farragut, die zur Verstärkung und zur Evakuierung
der Zivilisten nach Ajilon Prime geschickt wurde, ist deutlich näher.
In der Nacht fällt im Krankenhaus der Strom aus, der Generator wurde von den Klingonen beschädigt
und es dauert Stunden, bis man wieder Strom hat. Im Runabout, mit dem Bashir und Jake geflogen
sind, befindet sich ein tragbarer Generator, den die beiden nun holen wollen. Auf der Oberfläche
geraten sie jedoch unter Beschuss durch die Klingonen. Jake verliert Bashir aus den Augen und
bekommt es mit der Angst zu tun. Er läuft davon und irrt ziellos umher, bis er auf einen
verwundeten Sternenflottenoffizier trifft, der vor seinen Augen stirbt.
Inzwischen erreicht Sisko auf DS9 die Nachricht, dass die Farragut von den Klingonen zerstört
wurde. Er startet mit der Defiant nach Ajilon Prime um ihre Mission zu übernehmen.
Jake Sisko kehrt ins Krankenhaus zurück. Er erzählt den anderen, dass er ohnmächtig wurde, als die
Klingonen angegriffen haben. Bashir hat den Generator ganz alleine ins Krankenhaus geschleppt und
wurde dabei schwer verwundet. Er ist aber sehr froh darüber, dass Jake noch lebt. Inzwischen geht
die Nachricht um, dass die Klingonen vorhaben, die Siedlung zu stürmen. Kurze Zeit später trifft
man den Entschluss, das Krankenhaus zu evakuieren. Man transportiert gerade die letzten Patienten
weg, als die Klingonen eintreffen. Sie erschießen die Wachen der Sternenflotte. Lediglich Jake
Sisko ist jetzt noch da. Er hat sich aus Angst unter einem Tisch versteckt und greift nun zu einem
Phasergewehr. Er schießt damit wild um sich und bringt einen Gang vollständig zum Einsturz. Unter
den Felstrümmern werden die Klingonen begraben und der Zugang ist für sie versperrt. Kurze Zeit
später trifft Sisko mit der Defiant ein. Der Waffenstillstand mit den Klingonen ist inzwischen
wieder in Kraft und Bashir erklärt Jake, dass man sämtliche Patienten nur wegen seiner Hilfe
evakuieren konnte.
Zurück auf DS9 schreibt Jake Sisko seine Erlebnisse nieder und zeigt sie seinem Vater. Er verschweigt
auch nicht, dass er zweimal aus Angst gehandelt hat und nicht weil er ein Held ist. Sisko erklärt
seinem Sohn, dass alle Offiziere im Kampf Angst haben, es sich aber nur die wenigsten eingestehen
würden.
Bewertung
"Die Schlacht um Ajilon Prime" ist eine sehr gelungene Jake-Episode und gleichzeitig die bislang
ambitionierteste Folge der Staffel, wenn es um ernsthafte Charakterszenen geht.
Die Folge hat insgesamt eine sehr düstere Atmosphäre, wie kurz zuvor auch schon die Episode
5.02: Das Schiff. Episoden wie diesen verdankt "Deep Space Nine" seinen
Ruf, Star Trek eine neue, düsterere Seite gegeben zu haben. Nach solchen Folgen muss man bei den
anderen Star Trek-Serien tatsächlich oftmals recht lange suchen, doch machen Geschichten wie diese
Star Trek nicht nur düsterer, sondern auch realistischer. "Die Schlacht um Ajilon Prime" zeigt uns
recht schonungslos, wie brutal und sinnlos die Schlachten bei genauerer Betrachtung wirklich sind,
die in Star Trek des Öfteren geschlagen werden und wie der Alltag an der Kriegsfront aussieht, der
uns sonst eher vorenthalten wird.
Dabei bildet die Folge auch einen erfrischenden Kontrast zu vielen anderen Deep Space Nine-Episoden,
in denen irgendwelche Kämpfe ausgefochten werden, sei es nun mit dem Dominion oder mit den
Klingonen und in denen die namenlosen Ensigns reihenweise und ohne Rücksicht auf Verluste geopfert
werden, ohne dass man dazu als Zuschauer irgendeinen Bezug bekommt. Hier dreht man nun den Spieß um.
All die Menschen, die sonst bei Star Trek eher selten im Mittelpunkt stehen, werden hier einmal näher
beleuchtet. Dies fängt bei den ganz normalen Zivilisten, wie Jake einer ist, an und geht bis hin zu
dem feigen Ensign, der sich lieber in den Fuß schießt, als kämpfen zu müssen.
Jake Sisko ist dabei sicher die richtige Wahl als Hauptperson für diese Geschichte gewesen, da er
einer der wenigen Charaktere ist, der nicht zur Sternenflotte gehört und somit keine spezielle
Ausbildung für Kampfsituationen erhalten hat. Somit vermittelt uns Jake auch nicht den vertrauten
Blick durch die Sternenflotten-Brille, sondern bringt einem den Blickwinkel des Zivilisten näher,
der ansonsten bei Star Trek eher fernab vom Geschehen bleibt.
Lobenswert ist auch, dass Autor René Echevarria den Mut hatte Jake Sisko nicht zum Vorzeige-Helden
zu machen. Aus Angst, eine Hauptperson könnte beim Zuschauer als unsympathisch durchfallen, gibt es
im Fernsehen nicht viele Hauptcharaktere, die in Extremsituationen nicht wie die perfekten Helden
funktionieren. Auch hier hätte man wohl eher erwartet, dass Jake mit seiner Angst fertig wird und
wie ein Sternenflottenoffizier handelt, wie es von ihm eben auch erwartet wird, doch Echevarria
hatte bei dieser Geschichte den Mut, Jake auch einmal feige sein zu lassen. Der Sisko-Sohn lässt sich von
seiner Angst leiten und macht viele Fehler, was eine willkommene Abwechslung zu den sonst fast
immer perfekt funktionierenden Sternenflotten-Offizieren ist. Die Folge hat damit eine ähnliche
Thematik, wie 4.24: Hoffnung, in der ebenfalls nicht der typische Held
in den Vordergrund gestellt wurde, sondern Bashir auch mal einen schwerwiegenden Fehler beging.
Dies wirkt nicht nur sehr menschlich, sonder macht die agierenden Personen auch real-sympathisch.
Jake hat eben wie jeder Mensch seine Ängste nicht immer vollständig unter Kontrolle und sein
Davonlaufen vor den Bombenexplosionen erscheint sehr nachvollziehbar.
Am Beispiel von Jakes Verzweiflungstat am Ende zeigt die Folge, dass auch eine Handlung aus
Feigheit heraus später als große Heldentat ausgelegt werden kann und der Abstand zwischen diesen
Extremen gar nicht so groß ist, wie man immer denkt.
Interessant waren auch die anderen Charaktere im Krankenhaus. Jeder hatte hier eine andere Art mit
dem Grauen des Alltags fertig zu werden. Die einen reagierten mit Zynismus, Jake dagegen rannte
davon und der Ensign schoss sich in den Fuß.
Interessant ist auch, das Jake den größten Teil der Folge völlig allein agiert und kein Gegenüber
hat, mit dem er sich austauschen kann. Deswegen wurde auf das in Star Trek recht selten benutzte
Stilmittel zurückgegriffen, dass eine Hauptperson die Ereignisse als Erzähler kommentiert und seine
Gedanken mitteilt.
Jake-Darsteller Cirroc Lofton hatte hierbei wieder einmal die Gelegenheit zu zeigen was er kann. Er
liefert dabei eine gelungene Vorstellung ab. Lofton wurde kurz zuvor 18 Jahre alt und durfte von nun
an deutlich mehr Zeit am Set der Serie verbringen. Dies machte die Jake-Episoden zwar nicht
zahlreicher, aber doch deutlich einfacher zu drehen. Angeblich sollte Cirroc Lofton von nun an auch
in jeder Episode einen Auftritt erhalten, was sich aber schon bald als nicht verwirklichbar
herausstellen sollte, denn Jake war auch in den Staffeln 5, 6 und 7 nie in mehr als 12 Episoden
pro Staffel dabei.
Die Episode ist nicht nur die erste Folge seit langem, die mit guten Jake-Charakterszenen überzeugen
kann, sie lenkt seine Figur gleichzeitig auch in neue Bahnen, da er hier zum ersten Mal als Reporter
arbeiten darf, eine Tätigkeit, die er bis zum Ende der Serie noch des Öfteren ausüben wird.
Neben den guten Jake-Szenen überzeugen dieses Mal auch einige gute Charakterszenen mit Jakes Vater,
der sich zu beschäftigen versucht, um sich nicht zu sehr um seinen Sohn Sorgen machen zu müssen.
Negativ fällt auf, dass die Sternenflotte wieder einmal etwas zu militärisch dargestellt wird.
Natürlich ist sie eine militärische Organisation, aber wenn ein Ensign, der aus einer
nachvollziehbaren Angst heraus handelt und sich selbst verwundet, um nicht kämpfen zu müssen, vors
Kriegsgericht gezerrt wird, dann erinnert einen das doch etwas zu sehr an die Gegenwart und mag nicht
so recht zur aufgeklärten Föderationswelt des 24. Jahrhunderts passen. Jakes Vorschlag, den Ensign
zu einem Counselor zu schicken, klingt da schon viel eher wie eine Idee der Sternenflotte, die wir
kennen.
Zu Beginn der Folge gibt es einige Szenen im Krankenhaus der Kolonie mit vielen Verwundeten und
schnellen Schnitten, die einen sehr an Krankenkaus-Dramen, wie "Emergency Room (ER)" erinnern. Dabei
dürfen natürlich auch eine ganze Reihe von Klischees nicht fehlen, die in diesen Szenen bemüht werden.
Etwas witzlos war die Darstellung des Krankenhauses. Offensichtlich gab es hier nicht genug Geld,
um wirklich Krankenhaus-ähnliche Kulissen herzustellen, also musste alles in der Star Trek-Höhlenkulisse
inszeniert werden. Gleichzeitig wurden leider auch nicht genug Statisten eingesetzt, um den Eindruck
einer lebendigen Siedlung zu erwecken.
Zwei Folgen nach dem Staffelauftakt erfährt man hier endlich etwas über den Fortgang der Beziehungen
zwischen der Föderation und den Klingonen. Offenbar wurde nach den Ereignissen in
5.01: Die Apokalypse droht ein Waffenstillstand vereinbart, der hier zum
ersten Mal gebrochen wird.
Etwas merkwürdig war ein Dialog zu Beginn der Folge, indem sich die Crew auf der Ops über die
schädliche Wirkung des Coffeins auf das Kind der O'Briens unterhält. Wenn Kira replizierten Kaffee
trinkt, ist das Koffein im Kaffee denn dann überhaupt echt? Bei repliziertem Alkohol hatte man bisher
immer den Eindruck, dass dieser nicht die schädlichen Auswirkungen von echtem Alkohol hat. Ist dies
beim Kaffee dann nicht genauso, oder ist Kaffee etwa auch etwas, was der Replikator nicht replizieren
kann und die Stationscrew kocht ihn deswegen noch ganz altmodisch mit einer Kaffeemaschine?
Witzig war die Eröffnungsszene, in der Bashir dem ahnungslosen Jake eine große Portion
Medizin-Kauderwelsch auftischt und Jake in Gedanken meint: "Ich habe absolut keine Ahnung, wovon er da
redet. Wen interessieren schon Anomalien? Die Leute wollen Geschichten über Themen, mit denen sie was
anfangen können." Hier bauten die Autoren ganz offensichtlich wieder einmal etwas Selbstironie ein,
denn wo gibt es wohl Anomalien in großen Mengen, wenn nicht bei Star Trek?
Diese Folge ist René Echevarrias erster Beitrag in der 5. Staffel.
Die Regie stammt von Kim Friedman.
Alles in allem ist "Die Schlacht um Ajilon Prime" eine gelungene Jake-Charakter-Folge, die das
Gesamturteil "Gut" verdient hat.
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