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Episodenbeschreibung
Sternzeit: 43872,2
In der Föderationskolonie auf Beta Agni II gibt es
eine Tricyanat-Verseuchung, die nur mit Hytritium
bekämpft werden kann, einem seltenen Stoff, den die
Enterprise von einem Händler namens Kivas Fajo
bezieht. Da Hytritium instabil ist und nicht gebeamt
werden kann, transportiert Data die Behälter mit
einem Shuttle auf die Enterprise. Doch beim dritten
und letzten Flug explodiert das Shuttle. Die
Enterprise kann zwar keine Ursache dafür finden,
aber Data scheint tot zu sein, also macht man sich
auf den Weg ins Beta Agni System.
Aber Data ist nicht tot: Er wurde vor dem Abflug des
Shuttles von Fajo betäubt und wird jetzt von ihm
gefangen gehalten. Fajo erklärt, dass er ein Sammler
seltener Gegenstände ist, z.B. hat er da Vincis
berühmte Mona Lisa. Auch Data ist einzigartig,
deshalb hat er ihn gekidnappt. Data versucht, zu
fliehen, hat aber keinen Erfog; offensichtlich hat
Fajo gut vorgesorgt.
Währenddessen
bemüht sich Geordi herauszufinden, wieso das Shuttle
explodiert ist. Er findet keine plausible Erklärung
und sucht mit Wesley zusammen weiter.
Fajo verlangt von Data, andere Kleidung anzuziehen und
sich auf einen langen Aufenthalt einzustellen.
Außerdem möchte er, dass Data sich auf einen Stuhl
setzt. Dieser Aufforderung kommt Data erst nach, als
Fajo droht, seine Gefährtin Varria zu erschießen.
Die Enterprise ist mittlerweile am Ziel und kann die
Kontamination stoppen. Riker findet mit einem
Außenteam heraus, dass die Verseuchung künstlich
herbeigeführt wurde. Da Geordi inzwischen einige
Ungereimtheiten gefunden hat, kombiniert die Crew,
dass Fajo die Verseuchung inszeniert hat, um bei der
Übergabe des Hytritiums, das er als einziger schnell
genug bereitstellen konnte, Data zu kidnappen, denn
Fajo ist als Kunstsammler bekannt. Die Enterprise
macht sich auf die Suche nach Fajos Schiff, der Jovis.
Data
erhält inzwischen Unterstützung: Fajos Gefährtin
will mit Data fliehen, da sie an Fajos Seite nicht
mehr glücklich ist und ihn fürchtet.
Bei dem Versuch, mit einer Rettungskapsel zu
entkommen, werden die beiden von Fajo gestellt. Fajo
erschießt Varria kaltblütig, lässt dann aber seine
Waffe fallen. Data nimmt den Disruptor an sich und
bedroht nun Fajo. Dieser stellt fest, dass Data ihn
gar nicht erschießen kann, da ein fundamentaler
Respekt vor allem Leben Bestandteil von Datas
Programmierung ist. Also könnte Data gar nicht
entkommen, denn Fajo hat auf dem Schiff alle Fäden
in der Hand. Aber Data scheint entschlossen zu
schießen, als er an Bord der Enterprise gebeamt
wird. O'Brien merkt, dass Data eine Waffe in der Hand
hält, die im Moment des Transports abgefeuert wurde.
Er deaktiviert die Waffe. Als Data materialisiert
ist, fragt ihn Riker nach der Waffe. Data sagt, dass
sie möglicherweise durch den Transporter ausgelöst
wurde.
Fajo wird verhaftet und seine Sammlung konfisziert.
Bewertung
Nach "Die Macht der Paragraphen" und
"Datas Nachkomme" ist "Der Sammler"
die dritte Data-zentrierte Episode in der dritten Staffel.
Zu Beginn geht es erfreulich schnell zur Sache. So weiß man als Zuschauer, dass
Data den "Unfall" überlebt hat und nun Gefangener des Sammlers Kivas Fajo ist. Datas
erste Fluchtversuche sind schlüssig dargestellt, ebenso seine Weigerung, mit Fajo
in irgendeiner Art und Weise zu kooperieren. In Bezug auf die Episode stimmt die Chemie
zwischen diesen beiden Widersachern ab dem ersten Moment.
So bleibt Data die ganze Zeit über höflich, zeigt keine Spur von Verärgerung - eine
Emotion, die ihm natürlich sowieso fremd ist - und sagt Fajo ins Gesicht, dass er
nun versuchen wird, seiner Gefangenschaft zu entkommen. Und auch Fajo wirkt nicht
gerade wie ein Barbar, im Gegenteil freut er sich zunächst wie ein kleines Kind zu
Weihnachten über seine neueste Errungenschaft. Und doch steuert die Episode
kontinuierlich auf die Konfrontation der beiden Charaktere zu.
So eskaliert die Lage Stück für Stück, indem Data sich jeder Anweisung Fajos
widersetzt und indem Fajo zunehmend rabiate Mittel einsetzt, um Data doch
seinem Willen zu unterwerfen. Das Zersetzen der Uniform mittels Säure ist da
noch vergleichsweise harmlos, aber die Drohung, seine Gefährtin Varria kaltblütig
zu ermorden, offenbart schließlich, dass Fajo eben kein charmantes Schlitzohr
ist, sondern ein gemeingefährlicher Verbrecher.
Fajos Drohung und Datas Versuch, Varria auf seine Seite zu ziehen, zahlen sich
schließlich aus, als sie ihm zur Flucht verhilft. Die Herleitung des Kampfes im
Frachtraum der Jovis wirkt vielleicht etwas gekünstelt, aber dass Fajo Varria
erschießt, kommt dann doch etwas überraschend. Und noch überraschender ist es
natürlich, dass Data im Anschluss Fajo erschießen will - zu dem Zeitpunkt
unbewaffnet und keine direkte Bedrohung. Data begründet sein Vorgehen damit,
dass er Fajo nicht erlauben könne, so weiterzumachen.
Das wirft natürlich Fragen auf. Unter "normalen" Gesichtspunkten würde man Datas
Vorgehen als emotionale Reaktion auf die Ermordung Varrias betrachten. Aber zu
diesem Zeitpunkt verfügt Data noch nicht über den Emotionschip seines Bruders
Lore. Also muss sein Entschluss, Fajo zu erschießen, komplett rational begründet
werden: Sollte Data in Gefangenschaft bleiben, dann würde Fajo in der Zukunft
immer wieder damit drohen, Unbeteiligte zu ermorden, um Data zu unterwerfen. Wir
wissen zu diesem Zeitpunkt, dass das keine leere Drohung ist.
Hat Data also rational entschieden, dass er Morde in der Zukunft verhindern wird,
wenn er Fajo nun erschießt (ermordet)? Konnte er sicher sein, dass es keine
Alternativen geben wird?
Und wie wäre diese Entscheidung formaljuristisch zu bewerten? Ein "Normalsterblicher"
würde sich diese Frage in dieser Situation vermutlich nicht stellen. Aber Data
handelt nicht impulsiv. Hat er also entschieden, das Recht zu brechen, dem er als
Offizier der Sternenflotte untersteht? Oder hat er sich eine Notwehrsituation
herbeirationalisiert, wie es ein Mensch vielleicht getan hätte? Oder wollte Data
Fajo nur einen gehörigen Schrecken einjagen, und wurde der Disruptor wirklich durch
den Transporter ausgelöst?
Daran schließt sich natürlich gleich die nächste Frage an. Im Transporterraum
gegenüber Riker und O'Brien gibt Data eine ausweichende Antwort. Am Ende bleibt
es also offen, ob er tatsächlich drauf und dran war, Fajo zu erschießen.
Es wird auch in der Zukunft nicht geklärt, was nun genau vorgefallen ist. Das ist
einerseits schade, denn natürlich will man als Zuschauer Antworten haben. Andererseits
muss nun jeder für sich selbst entscheiden, wie die Situation bewertet wird. Am
Ende einer recht vergnüglichen Episode steht damit eine im wahrsten Sinne des Wortes
denkwürdige Szene.
Indirekt wird diese Thematik in der Doppelfolge "Angriff der Borg"
am Ende der sechsten/Anfang der siebten Staffel wieder aufgegriffen. Der bereits
angesprochene Emotionschip wird bereits in "Die ungleichen Brüder"
in der vierten Staffel präsentiert.
Die Handlung auf der Enterprise wirkt zunächst wie eine (recht belanglose)
Nebengeschichte, wird aber geschickt mit Datas Entführung verwoben, als die
Ursache der Grundwasser-Verseuchung auf Beta Agni II erkannt wird. Offenbar
muss sich Fajo in ziemliche Unkosten gestürzt haben, um das Tricyanat zu besorgen.
Da er mit dem Verkauf des seltenen und gefährlichen Hytritium den Verlust nicht
ausgleichen kann, zieht die Crew die richtigen Schlüsse.
Hier stellen sich ein paar Fragen. Direkt nach der Explosion des Shuttles wirkt
Riker ausgesprochen skeptisch, aber im weiteren Verlauf der Episode akzeptiert er,
dass Data verschwunden ist. Und was ist mit Troi? Wäre sie auf der Brücke gewesen,
hätte sie Fajos Täuschung sofort durchschaut. Fajo hat sich offenbar sehr gut
auf den "Raub" vorbereitet. Hatte er einen Plan, wie er Troi täuscht, oder war
es purer Zufall, dass sie gerade nicht auf der Brücke war?
Und gleich am Anfang stellt sich die Frage, wie genau die Scanner der Enterprise
eigentlich arbeiten. Als Folge der Explosion fliegen ein paar Trümmerteile des
Shuttles durch die Gegend. Wenn man nun die Reste der Explosion scannt, genügt
es dann, dass hinreichende Mengen von Datas "Baumaterial" zu finden sind? Oder
müsste nicht eigentlich irgendwo noch ein Fuß oder ein Finger zu finden sein?
Es ist ausgesprochen erstaunlich, was schon die Forensik des 20. Jahrhunderts zu
leisten vermag. Dass Fajos Täuschung gelingt, scheint deshalb etwas unglaubwürdig.
Sehr glaubwürdig ist im Gegenzug der Umgang der Enterprise-Crew mit Datas
plötzlichem Tod dargestellt. Die Reaktion auf die unerwartete Explosion des Shuttles ist
pures Entsetzen.
Auch die Szene, in der Geordi und Wesley Datas persönliche Sachen zusammentragen,
ist sehr gut umgesetzt. Man sieht Datas Geige, sein Bild, an dem er bereits seit
einigen Episoden gemalt hat, und in seinem Schreibtisch finden sich...
- Shakespeares gesammelte Werke, ein Geschenk von Captain Picard
- Ein Stapel Pokerchips und -karten
- Ein Haufen Medaillen und Auszeichnungen der Sternenflotte
- Tashas Hologramm, das aus "Die schwarze Seele"
stammt, bereits in "Wem gehört Data" von
Bedeutung war und auf eine Liebesnacht in "Gedankengift"
zurückgeht
Worfs Beförderung auf Datas Posten scheint nicht ganz einleuchtend. Als
Nachfolger von Tasha Yar ist Worf die Idealbesetzung für den Posten des
Sicherheitsoffiziers. Der Charakter hat davon praktisch sofort massiv
profitiert. Aber warum sollte Worf Datas Station übernehmen?
Sehr schön ist hingegen ein (recht einseitiges) Gespräch zwischen Deanna
und Worf. Sie ist besorgt, weil er nun schon zum zweiten Mal den Posten
eines verstorbenen Crewmitglieds übernimmt. Worf hingegen scheint damit
kein besonderes Problem zu haben - zumal, wie er erwähnt, diese Art der
Beförderung auf einem klingonischen Schiff ohnehin recht normal wäre.
Geordi sammelt sicherlich am meisten Pluspunkte, denn neben der Vorbereitung
auf die Entseuchungsmission lässt er einfach nicht locker und will fast als
Einziger ergründen, warum das Shuttle explodiert ist. Es klingt auch logisch,
dass Geordi und Wesley sich am meisten dafür einsetzen. Aber vielleicht hätte
man von den anderen Charakteren etwas mehr Enthusiasmus bei der Ursachenfindung
erwarten können.
Seitens der Schauspieler ist "Der Sammler" eine erstklassige Episode. Die Darsteller
der Enterprise-Besatzung leisten gewohnt gute Arbeit. Die Darstellung des Verlustes
ist sicherlich die beste seit Tashas unerwartetem Tod in
"Die schwarze Seele". Anders als in manch anderer Episode
wirkt der Schock über Datas Tod hier sehr real.
Man kann Saul Rubinek möglicherweise vorwerfen, dass er Fajo etwas übertrieben,
etwas zu exzentrisch darstellt. Das ist wohl Ansichtssache. Persönlich bin ich
mit dieser Episode zu einem großen Fan vom ihm geworden.
Seit 2009 ist Rubinek in der irgendwo zwischen Fantasy, Mystery und Science
Fiction angesiedelten Serie "Warehouse 13"
zu sehen, die jedem Leser aufs Wärmste empfohlen sei! Neben Darstellern etwa aus
Firefly und Eureka geben sich dort auch Star Trek-Darsteller die Klinke in die Hand.
In den Extras der Blu-ray-Veröffentlichung findet sich ein Feature "In Memoriam
David Rappaport (1951-1990)". Der britische Schauspieler David Rappaport war
ursprünglich für die Rolle des Kivas Fajo gecastet worden, einige Szenen waren
auch bereits gedreht. Bevor die Episode fertig gedreht war, beging er zunächst einen
Selbstmordversuch, wenige Wochen später nahm er sich das Leben.
Laut Memory Alpha
konnte Regisseur Timothy Bond seinen Schulfreund Saul Rubinek, der sich zufällig in
Los Angeles aufhielt, überreden, die Rolle zu übernehmen.
Bleiben noch einige allgemeine Beobachtungen.
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Das Shuttle, das zerstört wird, trägt den Namen "Pike". Christopher Pike
war der Captain der Enterprise im 1965 gedrehten Pilotfilm
"Der Käfig". Im sog. "Reboot" von
"Star Trek" spielt Captain Pike ebenfalls
eine Rolle.
-
Der Name "Kivas Fajo" ist nach eigenem Bekunden eine Hommage an die
Skript-Koordinatorin Lolita Fatjo. Das Dabo-Mädchen "Leeta" bei DS9 ist ebenfalls
nach ihr benannt.
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Fajo musste befürchten, dass Data nicht mit ihm kooperieren würde. Warum, um
alles in der Welt, sperrt er Data dann in einen Raum mit einigen der wertvollsten
Gegenstände der Galaxis? Und warum droht Data nicht damit, einige der Gegenstände
zu zerstören? Für Fajo müssen sie ja schließlich ungleich wertvoller sein als für
Data.
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Bevor Geordi den Geistesblitz hat, der ihn auf die richtige Spur führt, schläft
er - in Uniform. Bisher hatte man den Eindruck, dass die Besatzung durchaus
Schlafgewänder hat (auch wenn Bettdecken im 24. Jahrhundert eine Rarität zu sein
scheinen (warum hatte Fajo eigentlich keine in seiner Sammlung?)).
-
Fajos Sammlung umfasst u.a. die Mona Lisa, ein Gemälde von Salvador Dali, eine
nach Kaugummi riechende Roger Maris Baseball-Karte, diverse Vasen und ein Lapling.
Mehr Infos zu diesen Gegenständen listet
Memory Alpha auf.
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Zu Fajos Kunden zählen offenbar ein paar Andorianer. Zu schade, dass man sie nicht
zu sehen bekommt.
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Fajos Lieblingswaffe ist ein Varon-T Disruptor, der sehr schmerzhaft tötet.
Laut Data ist diese Waffe in der Föderation verboten. Es gab nur fünf
Prototypen, von denen Fajo vier Stück besitzt. Einen davon bewahrt er unter
seinem Kopfkissen auf.
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Man hat den Eindruck, die Enterprise hätte es ziemlich eilig, die Krise auf
Beta Agni II zu beenden. Nachdem das Hytritium geladen ist, reist man mit Warp 6.
Als man Fajos List durchschaut hat und nach seinem Schiff sucht, fliegt man Warp 8.
Hätte irgend etwas dagegen gesprochen, beide Reisen mit Warp 9 zu unternehmen und
damit in einem Bruchteil der Zeit zu bewältigen? Oder war es mit dem verseuchten
Grundwasser doch nicht so eilig?
Ein großes Lob verdient abschließend die hervorragende Musik von Dennis
McCarthy.
Neben einem machtlosen Q,
dem Wiedersehen mit Tasha,
großen Geschichten um Klingonen und dem
Staffelfinale mit den Borg
ist "Der Sammler" keine Episode, die das Star Trek
Universum nachhaltig beeinflussen würde. Und doch bleibt sie in sehr
guter Erinnerung. Sicherlich ein weiteres, kleines Highlight in der dritten Staffel
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