|
1.13 Lieber Doktor
|
|
|
Dear Doctor
|
|
|
von Sebastian Däs
|
|
|
|
Episodenbeschreibung
Der Tag beginnt für Doktor Phlox wie jeder andere: Er betritt die Krankenstation
und begrüßt als erstes seine außerirdischen Organismen. Hoshi betritt den Raum und überreicht
ihm seine zahlreichen elektronischen Briefe aus der Heimat. Phlox erklärt ihr, dass die meisten
von Dr. Lucas sind, einem befreundeten menschlichen Arzt auf Denobula, mit dem er seine Erfahrungen
austauscht. Phlox lässt es sich natürlich nicht nehmen, gleich mal in die Nachrichten reinzuhören.
Der Doktor beschließt seinem Kollegen auch einen Brief zu schreiben, in dem er seinen Tagesablauf
schildert. Dabei geht es um die Behandlung von Krankheiten, als auch um seine Probleme, gesellschaftliche
Bindungen zur Crew aufzubauen. Besonders interessant wird dies, als er Crewman Cutler nach einem Filmbesuch
zu ihrem Quartier begleitet. Die junge Frau scheint an ihm interessiert zu sein, besonders da sie ihm
zum Abschied einen Kuss gibt.
In der Zwischenzeit entdeckt die Enterprise ein treibendes Schiff im All. Archer befiehlt, es zu
bergen und die Lebensformen auf die Krankenstation zu bringen. Dort können sie nach anfänglichen
Schwierigkeiten mit einem der Außerirdischen reden, der sich als Valakianer vorstellt. Die Valakianer leiden
alle an einer tödlichen Krankheit und suchen deshalb fieberhaft nach anderen warpfähigen Spezies,
die ihnen helfen könnten. Nach einigem Zögern beschließt Archer, etwas zu unternehmen und weist
Phlox an, die Krankheit zu untersuchen. Der Doktor macht sich an die Arbeit und versäumt es nicht,
diese kürzlichen Ereignisse auch im Brief an seinen Freund zu erwähnen.
Der Doktor gibt beim Essen Hoshi Sprachunterricht in der denobulanischen Sprache. Dabei kommen sie
auch auf Cutler zu sprechen und Hoshi will wissen, ob sich zwischen beiden eine Beziehung anbahnt.
Phlox ist sich nicht sicher, so hat er doch wenig Erfahrung mit menschlichen Beziehungen.
Als man beim Planeten ankommt, unterhält sich das Außenteam mit dem Leiter eines Hospitals. Mittlerweile
breitet sich die Epidemie immer weiter aus, denn schon ein Drittel des Bevölkerung ist infiziert und
wird sterben. Doktor Phlox kann nun die Kranken im Endstadium genauer untersuchen und denkt, dass er
die schlimmsten Fälle zumindest vorerst stabilisieren kann. Durch Zufall entdeckt Hoshi einen Mann,
der nicht die Sprache der anderen Valakianer spricht. Der Leiter erklärt dem Außenteam, dass er zu
den "Menk" gehört, einer anderen humanoiden Spezies, die auch auf dem Planeten heimisch ist. Für Archer
ist das ungewöhnlich, weil in der Evolution auf einem Planeten normalerweise nur eine humanoide Spezies
übrigbleibt. Erstaunlicherweise offenbart der Führer, dass die Menk gegenüber der Krankheit immun sind.
Doktor Phlox will ihre Immunität genauer untersuchen.
Der Doktor schildert weiter seine Erfahrungen in seinem Brief an Doktor Lucas, während ihn noch
immer die Beziehung zu Crewman Cutler beschäftigt. Er bittet T'Pol um Rat, die Vulkanierin kann
ihm aber keine befriedigenden Antworten liefern, außer, dass er vorsichtig sein soll. Später
unterhält er sich mit Archer über die
Krankheit der Aliens. Er hat einen Weg gefunden, die Symptome zu lindern, es gibt jedoch eine andere
Seite: Die Epidemie ist genetischer Natur und wird nicht durch einen Virus verursacht. Das bedeutet,
dass die eine humanoide Rasse in zwanzig Jahren aussterben wird. Obwohl es ein schwieriges Unterfangen
ist, weist Archer den Doktor an, eine Heilung für den genetischen Defekt zu finden. Dieser stimmt unsicher zu.
Cutler, Hoshi und Phlox besuchen die Menk, um Blutproben zu nehmen. Wie sich herausstellt, sind sie
eine primitive Arbeiter-Spezies, die jedoch sehr freundlich ist. Der Denobulaner ist besonders von ihrem
freundschaftlichen Zusammenleben mit den Valakianern beeindruckt. Es stellt sich auch heraus, dass die
Menk nicht so primitiv sind, wie sie scheinen, und großes Potenzial in ihnen steckt. Cutler und Phlox haben
die Gelegenheit, sich allein zu unterhalten und sprechen zuerst über die sozialen Verhältnisse der zwei
Rassen. Schließlich lenkt Phlox auf ein anderes Thema und erzählt ihr, dass er mit drei Frauen verheiratet
ist. Da Cutler offensichtlich Interesse an ihm hat, wollte er nur auf die Unterschiede in ihren Kulturen
hindeuten. Cutler sieht das ganz locker und meint, dass sie ja nicht seine Frau sein will, sondern nur seine
Freundin. Phlox versteht nicht ganz, wie sie "Freundin" definiert, und Cutler meint, dass sie einfach warten
sollten, wie sich das Ganze entwickelt.
Langsam aber sicher wird die Lage immer ernster: Die ersten kranken Patienten lassen durchblicken, dass
sie von Archer die Warptechnologie der Enterprise wollen, um nach anderen Spezies zu suchen, die ihnen
helfen könnten – für den Fall, dass Phlox scheitert. Außerdem wird die Enterprise von diversen Gruppen auf
dem Planeten gerufen, weil man glaubt, dass sie ein Gegenmittel hätten. Archer diskutiert die Lage mit
T'Pol und erkennt, dass er vor schweren Entscheidungen steht, er kann sogar die Vulkanier verstehen, die
auf die Menschen "aufpassten".
In der Nacht trifft Doktor Phlox auf Captain Archer, der im Aufenthaltsraum bei einem Drink über die
Situation nachdenkt. Er will von Phlox wissen, ob er schon eine Heilmethode für die Krankheit gefunden
hat. Doch Doktor Phlox ist sich nicht mehr sicher ob es überhaupt ethisch zu vertreten wäre, ein Heilmittel
anzuwenden. Die Evolution sortiert die Rassen aus und höchstwahrscheinlich werden die Valakianer aussterben
und die Menk werden zur dominanten Spezies des Planeten. Archer ist empört darüber und meint, sie sollten
nicht eine Rasse über die andere stellen. Phlox plädiert für eine Nichteinmischung und will der Natur die
Entscheidung überlassen. Er wirft Archer auch vor, dass er sich durch seine Gefühle beeinflussen lässt. Archer
meint enttäuscht, ob der Doktor überhaupt noch ein Heilmittel finden will und Phlox erwidert, dass er bereits eines
gefunden hat.
Am nächsten Morgen beschreibt Phlox seinen Konflikt in seinem Brief an seinen Freund und denkt abschließend,
dass er letztendlich auf die Entscheidung seines Captains hören muss – auch wenn er anderer Meinung ist. Archer
betritt die Krankenstation und meint ernst, dass er die ganze Nacht über seine Entscheidung nachgedacht hat. Sie
geht gegen all seine persönliche Überzeugung und er hofft, dass die Menschen irgendwann eine Direktive für solche
Probleme erlassen werden. Bis dahin muss er sich ins Gedächtnis rufen, dass sie nicht den Weltraum erforschen, um
Gott zu spielen.
Auf dem Planeten übergibt Archer den Aliens die Medizin, die die Symptome lindern wird. Er erwähnt kein Heilmittel
und meint zu ihnen, dass sie vielleicht selbst einen Weg finden werden, die Krankheit zu heilen. Es tut ihm auch
leid, dass er ihnen keine Warptechnologie überlassen kann.
Phlox hat endlich die Gelegenheit seinen Brief abzuschließen: Beinahe hätte er Archer falsch eingeschätzt, doch
jetzt empfindet er tiefen Respekt für den Captain. Er hat ihm die Entscheidung überlassen und bewies ihm so sein
Vertrauen. Der Doktor übergibt die fertige Nachricht an Hoshi und verabredet sich mit Elizabeth Cutler. Er braucht
jetzt einen Freund zum Reden.
Bewertung
"Lieber Doktor" ist eine der Folgen, denen Star Trek seinen guten Ruf verdankt. Hier wird in bester
TNG-Manier ein komplexes philosophisches Problem aufgearbeitet und ENT beweist, dass man doch zu mehr fähig ist
als der Spezialeffekte-Action und den dahinplätschernden "Alien der Woche"-Folgen. Die Episode ist einzigartig
und darf getrost als eine der besten überhaupt bezeichnet werden. Sehr positiv ist auch die Tatsache, dass Phlox
hier endlich mal in den Mittelpunkt rückt, auch Hoshi bekommt ihre Szenen. Leider muss man im Gegenzug fast komplett
auf Malcolm, Travis und Trip verzichten.
Der Aufbau der Story erinnert an die TNG-Folge "Datas Tag": Phlox schreibt einen Brief, mit dem er Dr. Lucas und
gleichzeitig dem Zuschauer einen Einblick in seine Gedankenwelt gibt. Das allein macht schon einen besonderen Reiz aus,
da der Doc für uns bisher ein Rätsel war. Und im Inneren ist er nicht immer so fröhlich und locker, wie es sonst den
Anschein hat. Im Verlauf der Handlung erkennen wir auch die Schwierigkeiten des Denobulaners, sich in die Crew zu
integrieren. Lediglich zu Hoshi hat er eine gute Freundschaft, die sich schon in "Freund oder Feind" zeigte. Mit dem
Problem der evolutionsbedingten Krankheit wird der Doktor erstmals auf eine harte Probe gestellt – besonders was seine
Loyalität gegenüber dem Captain angeht. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus hat Phlox Recht: Die Evolution führt dazu,
dass eine Rasse bevorzugt wird. In diesem Fall sind es die Menk, die sich auf dem Planeten behaupten werden, während
die Valakianer aussterben. Archer bildet hierzu einen Gegenpol, er handelt erneut sehr emotional und will aktiv eingreifen.
Dieses Problem regt auch den Zuschauer zum Nachdenken an. Sollte man der Natur freien Lauf lassen, und dafür Millionen
Leben opfern? Außerdem wollen die Valakianer jetzt die Warptechnologie, doch hier ist Archer von Anfang an sehr unsicher.
Einmal mehr wird die Hilfsbereitschaft der Menschen ausgenutzt, doch die Valakianer erweisen sich am Ende doch als
vernünftig.
Gleichzeitig wird die Beziehung zwischen Archer und Phlox auf eine harte Probe gestellt. Im ersten Moment will keiner
nachgeben, doch der Doktor entscheidet sich schließlich, seinem Captain zu vertrauen. Dieser entscheidet sich schließlich
doch dafür, auf Phlox zu hören. Interessanterweise erwähnt Archer die Notwendigkeit eines Gesetzes, das solche Situationen
regelt. Natürlich spielten die Produzenten auf die Oberste Direktive an, die hier wie die Faust aufs Auge passt. Leider
gab es die zur damaligen Zeit noch nicht, ein erneuter Verweis auf die Unerfahrenheit im 22. Jahrhundert. Da die Oberste
Direktive jegliche Einmischung verbietet, wäre der Fall glasklar. Doch die Vorgängerserien zeigten auch auf, dass
es mit der Obersten Direktive nicht so einfach ist: Picard hat sich ja als Profi fast immer daran gehalten, während man
bei Janeway ständige Verstöße in Kauf nehmen musste. Ob der kategorische Ausschluss der Einmischung wirklich so klug ist und
eine individuelle Entscheidung von Fall zu Fall klüger wäre, das wird wohl immer offen bleiben.
Gekonnt werden neben der Hauptstory die übrigen sozialen Verhältnisse eingearbeitet, die sich schließlich zuspitzen, als
sich Phlox und Crewman Cutler näherkommen. Erfreulicherweise nahm man hier ein bekanntes Gesicht, es wird allmählich klar,
dass die Enterprise-Crew eben nur aus 150 Mann besteht. Des Weiteren trägt man zur Kontinuität bei, indem ein Pilot
die Ferengi erwähnt. Archer wird noch selbst in "Raumpiraten" auf die großohrigen Händler treffen, wenn er auch nicht
den Namen ihrer Rasse erfährt.
Phlox ist in menschlichen Belangen so unerfahren, dass er zuerst nichts mit Cutlers Annäherungsversuchen anzufangen
weiß. Er bittet sowohl Hoshi als auch T'Pol um Rat, letztere ist erwartungsgemäß keine große Hilfe. Am Ende ist es
ungewiss, wohin sich die Beziehung der beiden entwickeln wird. Sie verbleiben vorerst als Freunde.
Eine Charakterstudie, eine philosophische Diskussion und eine Liebesgeschichte – aus diesen drei Teilen fügt sich die
Handlung von "Lieber Doktor" zusammen. Dabei kommt kein Aspekt zu kurz, einfach alles passt genial zusammen und wirkt
interessant. Volle Punktzahl für die Handlung, solche Folgen erinnern an die besten TNG-Zeiten.
Nebenbei lernen wir viel über die Rasse der Denobulaner: Jeder Mann hat drei Ehefrauen und umgekehrt. Und das
Paarungsritual scheint offenbar sehr kompliziert zu sein. Trotzdem mögen Denobulaner keinen körperlichem Kontakt,
Cutler erwähnt dies kurz, als sie die Schulter von Phlox berührt. Außerdem machen sie jedes Jahr eine Art Winterschlaf,
den wir bei Phlox in "Zwei Tage auf Risa" sehen können. Darüber hinaus meint Phlox, dass sein Volk keine Filme mehr
ansieht, weil das eigene Leben interessanter ist. In ferner Zukunft wird das auch bei den Menschen so sein, aber dann
gibt es dafür Holodecks. Nebenbei lernt Hoshi noch die denobulanische Sprache, die offenbar sehr kompliziert ist.
Zusammenfassend ist die Folge auch recht spannend, denn man weiß bis zum Ende nicht, wie sich der Captain nun
entscheiden wird. Auch bleibt die Ursache der Krankheit lange unerklärt, was für einiges Rätselraten sorgt. Im
zwischenmenschlichen Bereich fragt man sich auch, wie es jetzt mit Cutler und Phlox ausgeht. Fünf Punkte also für
die Spannung. Gleichzeitig verdienen die Effekte "nur" vier Punkte, was jedoch keinesfalls negativ ist. Diese Folge
konzentriert sich ganz klar auf den inhaltlichen Aspekt. Trotzdem darf man auch schöne Kulissen auf dem Planeten der
Aliens sehen, auch die fortschrittliche Ansicht der valakianischen Stadt ist gelungen. Dies rundet das Gesamtbild der
Folge ab und unterstützt dazu noch glaubwürdig die Handlung.
Insgesamt ist die Folge eine echte Enterprise-Perle. In der ersten Staffel stellt sie eine regelrechte Außnahme dar
und bringt uns Phlox ein ganzes Stück näher. Ähnliche Episoden wird es auch so schnell nicht wieder geben, besonders
weil hier einfach alles stimmt. Zu keiner Zeit herrscht Langeweile und die Zuschauer können selbst noch nach der
Folge nachdenken, ja sie regt sogar explizit zu Diskussionen an.
Unterhaltung auf hohem Niveau, die sechs Punkte als Gesamtwertung rechtfertigt.
|
|
|
|
Spannung
|
SFX
|
Handlung
|
Gesamt
|
|
|
|
|
Zusammenhänge
-
Durch die Beschreibung des Tagesablaufs per Voice-Over
erinnert die Folge stark an "Datas Tag"
-
Kellie Waymire als Elizabeth Cutler kennt man schon aus "Geistergeschichten"
-
Phlox behandelt hier wieder einmal Porthos.
Mehr davon gibt’s in "Eine Nacht Krankenstation"
-
Ein Valakianer erwähnt die Ferengi, von denen weder die Föderation noch
die Vulkanier bisher etwas gehört haben. In "Raumpiraten" übernehmen sie
die Enterprise, werden jedoch nicht als Ferengi erkannt.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Wertung:
|
|
|