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  6.4 Besuch von der alten Enterprise  
  Relics  
 

von Yann-Patrick Schlame

 
 
 

Episodenbeschreibung

Sternzeit: 46125,3
Die Enterprise empfängt einen Notruf vom Transportschiff USS Jenolan, das seit 75 Jahren vermisst wird. Plötzlich wird die Enterprise von einem Gravitationsfeld erfasst, und gravimetrische Störungen behindern die Sensoren. Ein riesiges Objekt ist direkt voraus, wurde aber zuvor nicht erkannt. Man vermutet, dass es sich um eine sogenannte Dyson-Sphäre handelt, einen Hohlraum von enormen Ausmaßen, in dem einem Planeten eine quasi unerschöpfliche Energiequelle zur Verfügung stände. Die Jenolen ist auf der Hülle der Sphäre aufgeschlagen, aber es gibt noch Energieanzeigen von dem Schiff. Ein Außenteam entdeckt, dass im Transporter, an dem diverse ungewöhnliche Modifikationen vorgenommen wurden, noch ein menschliches Muster perfekt erhalten ist - nach 75 Jahren schier unglaublich. Geordi materialisiert die Person. Es handelt sich um Captain Montgomery Scott, Chefingenieur zweier Enterprises unter James T. Kirk! Das Muster einer zweiten Person im Transporter ist bereits zu 53 % zerfallen, der Mann namens Franklin also verloren. Scotty berichtet, dass er damals nach dem Absturz der Jenolan den Transporter modifiziert hat, da er und Franklin, die einzigen Überlebenden, keine Vorräte hatten, um auf ein Rettungsschiff zu warten.
Man nimmt ihn mit auf die Enterprise, wo er berichtet, dass er als Passagier an Bord war, um in die Norpin-Kolonie zu gelangen, wo er seinen Lebensabend verbringen wollte. Dr. Crusher meint, dass er abgesehen von einem Armbruch, der bald verheilt sein wird, absolut gesund ist. Also macht sich Scotty sogleich auf, um Geordi bei der Erkundung der Dyson-Sphäre zu helfen. Da er ständig in alten Geschichten schwelgt und mit den technischen Neuerungen der letzten sieben Jahrzehnte nicht vertraut ist,  ist er Geordi keine große Hilfe und geht ins Zehn Vorne, wo er feststellen muss, dass selbst Scotch nicht mehr dasselbe wie früher ist: An Stelle echten Whiskeys erhält er Synthehol, den im 24. Jahrhundert üblichen Ersatz für Alkohol, der zwar beinahe identisch schmeckt, aber keinen Rauschzustand herbeiführt. Data ist ihm behilflich und kramt aus Guinans Vorrat eine Flasche mit grünem, alkoholischem Inhalt hervor, an der sich Scotty gütlich tut. Anschließend geht er aufs Holodeck, wo er die Brücke der Originalenterprise, NCC-1701, generiert. Picard, der gerade Freizeit hat, besucht ihn und trinkt zusammen mit Scotty einige Schlücke. Die beiden berichten sich gegenseitig von den guten alten Zeiten, Scotty von der alten Enterprise unter James Kirk, Picard von der Stargazer, seinem ersten Schiff.
Später ruft Picard Geordi in seinen Raum und bittet ihn, zusammen mit Scotty noch einmal auf die Jenolan zu beamen, um Informationen aus dem Computer zu holen, die die Jenolan vor dem Absturz über die Sphäre gesammelt hat. Er hofft, dass sich Scotty dadurch nicht so nutzlos vorkommt. Obwohl Geordi sich von Scotty genervt fühlt, stimmt er zu, und die beiden beamen hinunter.
Indes entdeckt Data an der Außenseite der Sphäre eine Antennenphalanx und daneben ein riesiges Portal. Riker schlägt vor, einen Kanal zu öffnen und zu kommunizieren zu versuchen. Der Captain stimmt zu, doch sobald ein Kanal geöffnet ist, wird die Enterprise von einem mächtigen Traktorstrahl erfasst und durch das sich öffnende Portal ins Innere der Dyson-Sphäre gezogen. Da der Traktorstrahl eine sehr ungünstige Frequenz hat, die beim Antrieb eine Resonanz hervorruft, fallen die Triebwerke aus, weder Warp noch Impuls stehen noch zur Verfügung. Mit den Manövriertriebwerken kann man das Schiff gerade noch rechtzeitig auf einen Orbitalkurs um die Sonne bringen, die sich im Zentrum der Sphäre befindet, aber das Portal ist wieder geschlossen, und die geschwächten Schilde können der Sonne in dieser Nähe nur noch drei Stunden lang widerstehen.
Geordi und Scotty kommen währenddessen zu dem Schluss, dass die Jenolan mit den nötigen Teilen sogar wieder fliegen könnte, da sie nicht so stark beschädigt ist, wie es zunächst den Anschein hatte, doch als Geordi Ersatzteile ordern will, bekommt er keinen Kontakt zur Enterprise. Die Sensoren des Transporters können die Enterprise nirgends entdecken, und Geordi vermutet, dass sie möglicherweise im Inneren der Sphäre ist. Scotty schlägt einige unkonventionelle Maßnahmen vor und kann Geordi überzeugen, dass ihnen das Schiff schon nicht um die Ohren fliegen wird, und so gelingt es den beiden, die Jenolan wieder zu starten und sich auf die Suche nach der Enterprise zu machen. Sie entdecken das Portal und reimen sich zusammen, was passiert sein muss: Dass die Phalanx nicht etwa zur Kommunikation dient, sondern vielmehr Schiffe ins Innere der Sphäre geleiten soll. Sie erkennen, dass die Enterprise offensichtlich unfreiwillig hereingezogen wurde und möglicherweise keinen Ausweg mehr findet. Also fassen sie einen Plan: Aus sicherer Entfernung wollen sie einen Kanal öffnen und abwarten, bis die Traktorstrahlen aufhören, um anschließend die Jenolan mitten in das Portal zu fliegen, so lange es noch offen ist, damit die Enterprise entkommen kann, also quasi einen "Fuß in die Tür stellen." Es gelingt, und Geordi hat wieder Kontakt zur Enterprise. Doch die Schilde der Jenolan werden nicht lange halten, zudem versagt der Antrieb. Da die Jenolan nicht mehr aus eigener Kraft aus der Öffnung fliegen kann, muss die Enterprise sie zerstören, kurz bevor sie selbst herausfliegt. Picard lässt Kurs setzen, beamt die beiden heraus und zerstört die Jenolan mit einem Torpedo. Im letzten Moment, bevor sich das Portal schließt, kommt die Enterprise heraus, und das Schiff ist wieder in Sicherheit. Man lässt Forschungsschiffe der Föderation rufen und verabschiedet sich von Scotty, dem man ein ganz besonderes Geschenk macht: Eines der Shuttles der Enterprise, damit Scotty hinfliegen kann, wo er will, da ja seine letzte Reisemöglichkeit, die Jenolan, zerstört ist. Scotty meint, es wäre später noch genug Zeit, in die Norpin-Kolonie zu fliegen und macht sich ohne festes Ziel auf den Weg, nachdem er sich von allen verabschiedet hat.

Bewertung

Nach McCoy (Kurzauftritt in "Der Mächtige"), Sarek (in "Botschafter Sarek") und Spock (in "Wiedervereinigung ?") ist Scotty der vierte Charakter, der aus der Originalserie bekannt ist und nun einen Gastauftritt in TNG erhält. Die Episode ist ganz auf ihn zugeschnitten, da es jede Menge technische Probleme zu lösen gilt. So ist es auch zur Abwechslung einmal nicht Picard, der die meiste Zeit mit ihm verbringt, sondern Geordi, der einige der Weisheiten der früheren Generation mit nach Hause nimmt. Beispielsweise versucht Scotty ihm beizubringen, dass man als Ingenieur die Zeit, die man für eine Reparatur benötigt, immer höher veranschlagen sollte als nötig, damit man immer im Ruf steht, ein wahres Genie zu sein. Diese Weisheit Scottys ließ sich bereits bei TOS und in den Filmen beobachten, allerdings scheint Geordi keinen großen Wert darauf zu legen: Er nennt dem Captain immer die Zeit, die er seiner Einschätzung nach tatsächlich brauchen wird.
Das symbolisiert auf beispielhafte Weise, wie viel sich seit den alten Tagen geändert hat: Der Tonfall ist stets sachlich auf der neuen Enterprise, Scherze werden nur außerhalb des Dienstes gemacht, im Gegensatz zu früher. Vieles mehr hat sich verändert, natürlich auch im Bereich der Technik. So kommt sich Scotty während seines Aufenthaltes auf der Enterprise D alt und nutzlos vor, sucht Zuflucht auf dem Holodeck, wo er die Brücke der Originalenterprise ("Kein verdammtes A, B, C oder D!") generieren lässt, übrigens in einem leidenschaftlichen Streit mit dem Schiffscomputer, der ja im Original die Stimme von Majel Barrett hat, die ihrerseits bereits als Schwester Chapel regelmäßig bei TOS dabei war.

Gewissermaßen ist Scottys Auftritt eine Variation der Zeitreisethematik, nur dass es diesmal darum geht, sich in der Zukunft zurechtzufinden, was bisher eher selten vorkam. Die damit verbundenen Probleme werden auf vielfältige Weise dargestellt, und es erfüllt Scotty natürlich mit Befriedigung, dass er dem im Vergleich viel jüngeren LaForge noch einmal zeigen kann, was in ihm steckt, als er den Antrieb der Jenolan wieder klarmacht.

Etwas problematisch stellt sich allerdings die Dyson-Spähre dar. Wie Data berichtet, wurde die Theorie einer solchen Sphäre bereits im 20. Jahrhundert von einem Wissenschaftler namens Freeman Dyson entwickelt. Tatsächlich war es im Jahr 1959, als sich Dyson Gedanken machte, wie eine extraterrestrische Gesellschaft ihren Energiebedarf decken könnte, wenn dieser so hoch liegt, dass er mit planetaren Ressourcen nicht mehr gedeckt werden kann. Inspiriert durch die 1937 erschienene SF-Geschichte "Star Maker" von Olaf Stapelton entwickelte Dyson die Theorie, dass eine Sphäre, errichtet um einen Stern, dessen Energie zu 100% nutzbar machen würde und damit den Erbauern eine Energiemenge zur Verfügung stünde, die normale planetare Ressourcen um ein vieltausendfaches übersteigt. Bezogen auf unser Sonnensystem lieferte er auch gleich die Information mit, dass der Jupiter ausreichend Masse besitzt, um so eine Sphäre mit einem Radius von einer astronomischen Einheit und einer Dicke von 3 Metern zu errichten. Auf der Innenseite dieser Sphäre stünde ein Lebensraum zur Verfügung, der ein potenzielles Überbevölkerungsproblem für die nächsten paar Tausend Jahre lösen würde.
Tatsächlich hat Dysons Theorie nicht nur in die Science Fiction Einzug gehalten, sondern auch in die Wissenschaft: So sucht das SETI-Projekt nicht nur nach außerirdischen Radiosignalen, sondern auch nach den Infrarotsignaturen, die von so einer Dyson-Sphäre ausgehen würden - bis jetzt allerdings ohne Erfolg.

Wie dem auch sei, das Errichten einer Dyson-Sphäre wäre nur einer weit fortgeschrittenen, interstellaren Spezies möglich, und somit von außerordentlicher Signifikanz. Und hier setzt das Problem ein: Mit ein paar Nebensätzen wird auf die Dyson-Sphäre eingegangen, doch wird das Konzept in der Episode nicht ausreichend verdeutlicht und wirkt zunächst einmal wie eine spontane Erfindung der Autoren. Auch die Konsequenz, dass man hier den Beweis für die Existenz einer alten, hochentwickelten Spezies hat, wird überhaupt nicht ausreichend unterstrichen. Sind die Erbauer der Dyson-Sphäre vielleicht sogar jene Ur-Spezies, die ihre "Samen" in der gesamten Galaxie auslegten (siehe "Das fehlende Fragment")? Weder in "Besuch von der alten Enterprise" noch später in der Serie wird auf diese erstaunliche Entdeckung eingegangen. Das verdient klare Abzüge in der B-Note. Vielen Dank an unseren Leser Daniel Alexander Kurle für die Hinweise zur Dyson-Sphäre.
Weitere Literatur findet sich unter anderem in der Wikipedia: de.wikipedia.org/wiki/Dyson-Sphäre.

Weitere Nörgelei gibt es an der Rettungsaktion auszusetzen: Scotty und Geordi setzen, wie sie sagen, einen Fuß in die Tür, um der Enterprise die nötige Zeit zu verschaffen - und da gibt es wieder einmal das alte Schutzschild-Problem: Die Enterprise muss die Jenolan mit einem Torpedo zerstören, um Platz zu haben. Außerdem müssen Scotty und Geordi herausgebeamt werden - kann der Beamvorgang wirklich in den paar Milisekunden erfolgen, die zwischen dem Zusammenbrechen der Schutzschilde und der Explosion erfolgen? Wenn, dann hätte das der Plausibilität wegen zumindest einmal erwähnt werden sollen.

Schließlich ist da noch das Kirk-Problem: Als Scotty erfährt, dass er von der Besatzung der Enterprise gerettet wurde, fragt er, ob Kirk persönlich vorbeigekommen wäre, um ihn zu befreien. Im drei Jahre nach dieser Episode gedrehten Kinofilm "Treffen der Generationen" ist Scotty persönlich anwesend, als Kirk zu Beginn des Films in den Nexus gezogen und für tot erklärt wird. Ein Logikfehler, der wohl von den Autoren des Films übersehen oder in Kauf genommen wurde, um Kirk und Picard zusammenbringen zu können.

Trotzdem ist die Episode insgesamt hervorragend, mit viel Humor und auch einer Spur Tragik, in Szene gesetzt und verdient ein "sehr gut" in der Bewertung.

Bestes Zitat, von Data zu Scotty, als er den Inhalt einer Flasche aus Guinans Vorrat begutachtet:

"Es ist... es ist... es ist - grün."

Zu diesem Zitat noch eine Beobachtung unseres TOS-Redakteurs Matthias Weber:
Datas Ausspruch "Es ist... es ist... es ist - grün" gab es fast genau gleich in der Originalserie schon einmal und zwar in der Episode 2.22: "Stein und Staub". Dort wurde er von Scotty geäußert, ebenfalls in Anbetracht eines Flascheninhalts.

Und noch ein Hinweis unseres Lesers J.Marti:

Als Scotti sein Gästequartier bezieht und ihm der Replikator erklärt wird, meinte er erstaunt, dass zu seiner Zeit nichtmal ein Admiral ein solches Quartier gehabt hätte. Und erzählt die Anektote über die Probleme, als sie den Dolman von Elas transportieren mussten.
Das bezieht sich auf die TOS Folge 3.13 "Brautschiff Enterprise".

Stimmt, wir haben das in die Zusammenhänge aufgenommen.

 
 
 

Spannung

SFX

Handlung

Gesamt

 
 
 

Zusammenhänge

  • Obwohl Scotty am Ende der Episode mit einem Shuttle auf und davon fliegt, ist er in TNG nicht mehr zu sehen.
  • Die Holodeckszene auf der Brücke der alten Enterprise stammt aus einer Aufnahme der Classic-Folge "Falsche Paradiese", wo die Crew der Enterprise, eingelullt von glücklich machenden Sporen, das Schiff fast vollständig verlassen hat.
  • Geordi erwähnt das Problem, das man mit dem Weltraumwesen hatte, welches sich in der Episode "Die Begegnung im Weltraum" von der Energie der Enterprise ernährte.
  • Scotty erwähnt, wie der Dolman von Elas mit den Quartieren auf der alten Enterprise unzufrieden war; das war in TOS 3.13 "Brautschiff Enterprise".
 
 
 
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  Druckbare Version

 Erstausstrahlung USA:
  10. 10. 1992

 Erstausstrahlung D:
  20. 5. 1994

 Regie:
  Alexander Singer

 Buch:
  Ronald D. Moore

 Gaststars:
  Lanei Chapman
  James Doohan
  Stacie Foster
  Ernie Mirich
  Erick Weiss



  Zuletzt geändert:
  2015-01-14, 02:01
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