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  5.9 Der zeitreisende Historiker  
  A Matter of Time  
 

von Yann-Patrick Schlame

 
 
 

Episodenbeschreibung

Sternzeit: 45349,1
Auf den Planeten Penthara IV ist ein Asteroid niedergegangen, der einen empfindlichen Temperaturabfall zur Folge hat, der dem nuklearen Winter auf der Erde des späten 21. Jahrhunderts ähnelt. Die Enterprise ist auf dem Weg dorthin, als Worf eine Raum-Zeit-Verzerrung entdeckt. Picard lässt sie näher untersuchen, und man entdeckt ein fünf Meter langes Schiff aus unbekannten Materialien. Gleich darauf erscheint ein Mann auf der Brücke. Er sagt, sein Name sei Berlinghoff Rasmussen und behauptet, aus dem 26. Jahrhundert - fast 300 Jahre aus der Zukunft - zu kommen. Als Historiker ist sein Spezialgebiet das 22. - 24. Jahrhundert.
Picard beruft zunächst ein Treffen der Führungsoffiziere ein, wo Rasmussen meint, er will nur beobachten und kann auf keinen Fall etwas über die Zukunft sagen, da das die Zeitlinie verändern könnte. Allerdings würde er gerne Fragebögen austeilen, die er die Crew auszufüllen bittet. Der Captain ist einverstanden und weist Rasmussen ein Quartier zu, während die Enterprise weiterfliegt. Deanna spürt, dass Rasmussen etwas verbirgt, denkt dabei aber nicht an das Wissen um die Zukunft.
Geordi hat bereits einen Plan, um den Bewohnern von Penthara IV, einer Föderationskolonie, zu helfen. Er schlägt vor, mit den Phasern an bestimmten Stellen Löcher in die Oberfläche zu brennen, um darunter befindlichen Kohlenstoff freizusetzen, der anschließend für eine Erwärmung der Atmosphäre sorgen soll.
Nach weiteren Vorbereitungen ist es soweit, wobei Rasmussen Geordi ständig über die Schulter schaut. Die Phaser werden abgefeuert, und nach wenigen Minuten sinkt die Temperatur auf dem Planeten nicht mehr; in einigen Gebieten beginnt sie sogar wieder zu steigen. Das Schlimmste ist also zunächst abgewendet und wertvolle Zeit für weitere Maßnahmen gewonnen.
Später besucht Rasmussen Dr. Crusher auf der Krankenstation und lässt sich, während er ihr schmeichelt, einen Nervenstimulator zeigen, um die alte Technik zu analysieren. Deanna, die auch dort ist, gibt zu, dass sie ihm nicht traut, obwohl er sich auch bei ihr einzuschmeicheln versucht.
Dann gibt es neue Probleme auf Penthara: Genau von den Stellen, wo die frischgebohrten Löcher sind, gehen heftige tektonische Aktivitäten aus, einige Vulkane brechen auf dem vorher so stabilen Planeten aus. Offensichtlich wurde die tektonische Stabilität in der Umgebung der Bohrlöcher überschätzt, doch Geordi hat bereits neue Ideen, die er aber erst noch abwägen will.
Bei einem Besuch bei Data stibitzt Rasmussen einen Tricorder. Data hat ihm auf dem Fragebogen sehr ausführlich geantwortet, so dass Rasmussen der Klarheit wegen noch einige Fragen stellt, und bittet Data um dessen Baupläne, die Data ihm gerne bereitstellt.
Geordis neuer Plan ist sehr riskant: Er möchte eine Phaserentladung genau in die gefährdeten Regionen abgeben, wobei die Enterprise für das entstehende hochenergetische Plasma als "Blitzableiter" fungieren soll. Ist die Entladung aber nicht absolut genau, wird alles Leben auf dem Planeten ausgelöscht.
Picard bittet Rasmussen in seinen Raum und drängt den Historiker, ihm zu berichten, wie die Sache ausgehen wird. Rasmussen meint, er könne Picard das nicht sagen, da dies die Zeitlinie verändern könnte und spielt auf die Oberste Direktive an. Picard erwähnt, dass er gegen die Oberste Direktive mehrfach verstoßen hat, dabei aber jedes mal mit reinem Gewissen. Wenn er nun schon seine Überzeugungen hinterfragt, dann möchte er von Rasmussen auch die Lösung des Problems kennen, da von seiner Entscheidung 20 Millionen Leben abhängen, doch Rasmussen meint, all diese Leute inklusive Picard sind für ihn schon lange vor seiner Geburt gestorben, so dass es für ihn egal sei, ob sie jetzt oder später umkommen. Picard bemerkt, dass möglicherweise die Konsequenzen einer Rettung ebenso verheerend sein könnten wie ein Versagen: Der eine oder andere dieser 20 Millionen könnte, wenn er durch Picards Hilfe überlebt, zum nächsten Adolf Hitler oder Khan Singh werden und damit Rasmussens Gegenwart verändern. Er vermutet, dass Rasmussen Angst hat, er könnte eine andere Entscheidung treffen, als es in den Geschichtsbüchern der Zukunft steht.
Aber er hat seine Entscheidung auch so getroffen und ist froh darüber, den Erfolg seines Handelns nicht zu kennen, sondern die Freiheit der Entscheidung zu haben. Da er noch nie ein Mann war, der auf Nummer sicher geht, führt er Geordis Plan durch. Natürlich klappt es, und alle sind gerettet.
Rasmussen verabschiedet sich alsdann, da er meint, nun das wichtige Ereignis, die Rettung von Penthara IV, miterlebt zu haben. Doch als er in der Shuttlerampe sein Schiff betreten will, erwarten ihn Picard und seine Offiziere bereits. Da mehrere Gegenstände abhanden gekommen sind, will er das Schiff zunächst durchsuchen. Rasmussen gibt sich verärgert, gestattet aber schließlich Data, mit hineinzugehen. Doch als Data die verschwundenen Gegenstände - ein Tricorder, ein klingonisches Messer, der Nervenstimulator und anderes - entdeckt, bedroht Rasmussen ihn mit einem ebenfalls gestohlenen Phaser. Rasmussen erklärt, dass er in Wahrheit aus dem 22. Jh., also aus der Vergangenheit, stammt und Erfinder ist, kein Historiker. Als Erfinder ist er allerdings nach eigenem Bekunden "entsetzlich erfolglos", und so hat er seine Chance genutzt, als ihm das tatsächlich aus dem 26. Jh. stammende Zeitschiff in die Hände fiel, um aus der Zukunft Gegenstände zu organisieren und sie als seine Erfindungen auszugeben. Ein besonderer Glücksfall ist Data, den er nun im Schiff mitnehmen kann. Leider funktioniert der Phaser nicht, und so kann Data ihn überwältigen und mit herausnehmen, wo er Picard berichtet, was er erfahren hat. Rasmussen meint, das wäre alles nur ein dummer Zufall und er müsste nun endgültig in sein Schiff, das gleich wieder zurückreisen wird. Picard erklärt ihm zunächst, dass er alle verschwundenen Gegenstände orten konnte, als Rasmussen die Tür des Schiffes öffnete und dass der Computer sie dann deaktivierte, so auch den Phaser. Anschließend lässt er Rasmussen in eine Arrestzelle werfen, während das Schiff so plötzlich verschwindet, wie es auftauchte. Mit einem gewissen Grinsen wendet er sich noch an Rasmussen: "Willkommen im 24. Jahrhundert!"

Bewertung

Handlung: "Der zeitreisende Historiker" ist eine intelligent angelegte Episode, die geschickt Humor und Spannung miteinander verknüpft. Zum einen gilt es einen Planeten zu retten, zum anderen das Geheimnis dieses merkwürdigen Mannes zu ergründen. Dass der Planet letztlich gerettet wird ist klar, daher ist die spannendste Szene der Episode die, wo Picard Rasmussen bittet, ihm zu sagen, wie es ausgehen wird. Dabei betreibt Picard zum einen Selbstanalyse bezüglich seiner bisherigen Verstöße gegen die Oberste Direktive und wägt gleichzeitig ab, ob ein Verstoß in diesem Fall angebracht ist.
Der Zuschauer fühlt mit der Crew, da er erst spät in Rasmussens Betrug eingeweiht wird, nämlich beim Diebstahl des Tricorders in Datas Quartier. Rasmussens lockere, fröhliche und vor allem neugierige Art lässt ihn zunächst vertrauensvoll und sympathisch erscheinen. Höchstens Deannas schlechtes Gefühl ihm gegenüber lässt einen milden Verdacht aufkeimen, aber da sein Schiff zweifelsohne aus der Zukunft stammt, wird man von der Auflösung doch überrascht.
Dummerweise gibt es dabei viele Ungereimtheiten, die weder der Crew noch den Produzenten aufgefallen zu sein scheinen:

  • Zunächst einmal weiß jeder, der "Zurück in die Zukunft" gesehen hat, dass die bloße Anwesenheit eines in die Vergangenheit Reisenden bereits verheerende Auswirkungen auf dessen Gegenwart haben kann. Daher erscheint es völlig unlogisch, dass Rasmussen das Ereignis aus nächster Nähe beobachten will, denn sowohl ihm als auch Picard muss klar sein, dass seine Anwesenheit alles Kommende verändern kann.
  • In einem Gespräch bemerkt Rasmussen, dass Data aus seiner Sicht quasi das "Modell T" (Ford Modell T: erstes Fließbandauto der Welt) aller Androiden sei. Später will er aber Datas Konstruktionspläne haben, da von der Arbeit Dr. Soongs kaum mehr etwas überliefert sei. Wozu das, wenn Data weiterentwickelte Nachfolger hat?
  • Nach dem Asteroideneinschlag, den merkwürdigerweise niemand vorhergesagt zu haben scheint, ist klar, dass dem Planeten eine Eiszeit bevorsteht. Nachdem durch die Aktionen der Enterprise die Situation noch gefährlicher wird, ist klar, dass man schnellstens etwas unternehmen muss. Aber zu keinem Zeitpunkt wird auch nur ein Gedanke an eine Evakuierung verschwendet.

Charaktere: Die Episode wäre wohl nur halb so gut, würde jemand anders als Matt Frewer Dr. Rasmussen spielen. Er erweckt tatsächlich den Eindruck eines fanatischen Historikers, der es gar nicht erwarten kann, ein berühmtes/wichtiges Ereignis einmal aus nächster Nähe zu sehen und direkt dabei zu sein, zu sehen, was die einzelnen Leute tun und wie sie es tun. Sein Improvisationstalent ermöglicht es Rasmussen, stets eine passende Antwort parat zu haben, wobei er aber meist nur erwähnt, nichts preisgeben zu dürfen; das Verstecken hinter der drohenden Veränderung der Zeitlinie passt ihm bestens. Die logische Schwäche, dass seine Anwesenheit bereits eine Beeinflussung darstellt, haben die Autoren dieser Episode unter den Tisch gekehrt.
Riker und Worf dürfen einmal mehr ihre Charaktere in einer Antwort versinnbildlichen, als Rasmussen sie fragt, was sie für die bedeutendste Erfindung der letzten 200 Jahre halten. Als Forscher meint Riker, das wäre für ihn die Warpspule, die eine enorme Erweiterung des Horizonts ermöglicht hat. Für Worf ist es - was auch sonst - die Erfindung des Phasers.
Ein wenig enttäuschend ist dafür der Captain. Er hat im Umgang mit Rasmussen nicht die Stärke, die sonst für ihn charakteristisch ist, sondern beantwortet sich seine Fragen häufig selbst, indem er aufzeigt, wie das Wissen um die Zukunft jene verändern könnte. Vor allem aber ist er in der Szene, als er von Rasmussen wissen will, ob er den Planeten gerettet haben wird, schon beinahe am Betteln, um das Ergebnis zu erfahren. Wir kennen Picard als einen entschlussfreudigen Mann, der selten zögert. Doch hier kann er sich zunächst nicht entschließen. Das entspricht nicht dem Picard, den man aus anderen Episode kennt. Dafür weiß man dann aber, dass die Sache so gut wie überstanden ist, als Picard sich wieder fasst und mit festem Willen befiehlt, das riskante Manöver durchzuführen und damit Alles oder Nichts haben wird.

In der Szene, als Data mehrere klassische Musikstücke auf einmal hört, gibt es einen Übersetzungsfehler. Als zweites Stück nennt er in der deutschen Fassung "Brahms' Klavierkonzert Nummer 3", im Original spricht er hingegen von "Bach's Brandenburg Concerto Number 3". Das ist nicht zuletzt deshalb unsinnig, weil Brahms nur zwei Klavierkonzerte komponiert hat, nicht drei. Vielen Dank an unseren Leser Wolfgang für den Hinweis.

FX: Eine angenehme Überraschung sind die Effekte. Das Schiff aus der Zukunft ist interessant schlicht gehalten. Vor allem aber überzeugt die Szene, als Picard die Phaser erneut abfeuern lässt: In Sekunden wird der ganze Planet von Plasma überzogen, das dann auf die Enterprise umgelenkt und vom Hauptdeflektor ins All geblasen wird. Möglicherweise der beste Effekt, den TNG bisher zu bieten hatte.

Insgesamt:
Trotz aufgezeigter logischer Schwächen und dem merkwürdigen Verhalten Picards ist "Der zeitreisende Historiker" eine brillante Episode, die großes Vergnügen bereitet.

 
 
 

Spannung

SFX

Handlung

Gesamt

 
 
 

Zusammenhänge

 
 
 
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 Erstausstrahlung USA:
  18. 11. 1991

 Erstausstrahlung D:
  11. 4. 1994

 Regie:
  Paul Lynch

 Buch:
  Rick Berman

 Gaststars:
  Sheila Franklin
  Matt Frewer
  Shay Garner
  Stefan Gierasch



  Zuletzt geändert:
  2016-08-30, 00:07
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