|
Episodenbeschreibung
Sternzeit: 45854,2
Die Enterprise kartographiert gerade den Argolis-Schwarm,
als sie von einem Mond ein unbekanntes
Signal auffängt. Rikers Außenteam entdeckt einen
verletzten Borg in einem abgestürzten Schiff,
weitere 4 tote Borg liegen in der Nähe der
Absturzstelle. Dr. Crusher besteht darauf, den Borg
an Bord der Enterprise zu holen und ihn zu behandeln.
Picard willigt ein, lässt sie die Behandlung aber in
der Gefängniszelle anstatt auf der Krankenstation
durchführen, während Geordi ein
Subraumdämpfungsfeld um die Zelle herum errichtet,
damit die Drohne keine Signale senden oder empfangen
kann. Da einige der Borgimplantate beschädigt sind,
steht es nicht gut um die Drohne, sofern man keine
Implantate repliziert. Aber Geordi hat eine Idee:
Wenn man dem Borg eine zerstörerische
Programmiersequenz, quasi einen Virus, eingibt und
ihn wieder dem Kollektiv übergibt, müsste sich eine
Kettenreaktion ergeben, die wegen der kollektiven
Organisation der Borg alle von ihnen zerstören
würde, was allerdings einige Monate in Anspruch
nehmen würde.
Dr. Crusher ist mit dieser Idee nicht einverstanden:
Sie betrachtet die Drohne als Individuum, dem sie
helfen muss und das man nicht zur Vernichtung einer
ganzen Rasse einsetzen darf, doch Picard ist anderer
Meinung: Er lässt alles vorbereiten, damit Geordis
Plan ausgeführt werden kann, was aber noch einiger
Zeit bedarf, so dass Dr. Crusher sich zunächst um
den Borg kümmert. Geordi bastelt ihm einen
frequenzveränderbaren Energieanschluss zusammen, da
Borg nicht essen oder trinken, sondern Energie
aufnehmen.
Indes übt sich Picard mit Guinan im Fechten. Sie
gibt ihm zu verstehen, dass sie mit der Zerstörung
aller Borg überaus zufrieden wäre und bei dieser
Rasse keine Gnade walten lassen würde, immerhin
wurde ihr Volk von den Borg fast völlig ausgelöscht
und die wenigen Überlebenden im ganzen Universum
verstreut.
Während Geordi unter dem Deckmantel der
Hilfeleistung mit dem Borg einige Tests durchführt,
erfährt er, dass sich der Borg als Dritter von Fünf
identifiziert, aber keinen Namen hat. Aus einem
Missverständnis heraus nennen er und Dr. Crusher den
Borg "Hugh". Hugh erfährt, dass Geordi als
Mensch keine Stimmen hört, wenn er schläft. Auch
Hugh hört im Moment nicht die Stimmen des
Kollektivs, was für ihn ein verwirrendes Gefühl
ist, und Geordi versucht ihm die Bedeutung der
Individualität beizubringen.
Als er sich später mit Guinan unterhält, beginnt er
an seinem Plan zu zweifeln. Er entdeckt in Hugh ein
Individuum, das sich wie ein Kind verhält: Es muss
erst lernen, was es damit auf sich hat, nicht mehr im
Kollektiv zu sein und keine Stimmen mehr zu hören.
Guinan ist Geordi gegenüber so deutlich wie
gegenüber Picard: Sie sieht in Hugh eine Drohne,
einen Überbringer von Tod und Qualen, doch Geordi
überredet sie, sich erst mit Hugh zu unterhalten,
bevor sie sich ein Bild von ihm macht. Sie entdeckt,
dass Hugh durchaus menschlich reagiert. Er erkennt,
dass sowohl er als auch Guinan einsam sind, da sie
von ihrem Volk getrennt wurden. Als Guinan ihm
erklärt, dass Widerstand nicht zwecklos ist, bedenkt
er die Äußerung und fragt nach: "Widerstand
ist nicht zwecklos?"
Die Sensoren orten indes ein weiteres
Borgaufklärungsschiff, das sich dem System nähert
und in 30 Stunden da sein wird. Geordi erläutert
seinen Virus: Es handelt sich um eine paradoxe Form,
die er in Hughs Speicher eingeben will. Hugh wird
versuchen, die Form zu berechnen, was ihm nicht
gelingen kann. Wenn er dann wieder ins Kollektiv
gelangt, werden alle Borg sich daran versuchen,
wodurch sie nach einer gewissen Zeit, etwa einigen
Monaten, zugrunde gehen werden: Man könnte sagen,
die Borg werden verrückt. Allerdings äußert Geordi
dem Captain gegenüber Zweifel, was diesen Plan
angeht: Seine Beziehung zu Hugh hat ihm gezeigt, dass
er es mit einem fühlenden und denkenden Wesen zu tun
hat, nicht mit einer abhängigen Drohne. Picard ist
uneinsichtig und befiehlt Geordi, die Beziehung zu
Hugh zu beenden... bis er mit Guinan spricht, die
ihre Einstellung zu Hugh geändert hat. Sie ist sich
nicht mehr sicher, ob Hugh noch ein Borg ist und
bittet Picard, die Lage noch einmal zu überdenken.
Also lässt Picard Hugh in seinen Raum bringen, wo
Hugh ihn als Locutus identifiziert. Picard stellt
Hugh einige Fragen bezüglich der Borg, bedrängt
ihn, indem er so tut, als sei er wirklich Locutus. Er
meint, die Kultur der Menschen wird assimiliert. Hugh
fragt, ob dann auch Geordi assimiliert wird und
meint, Geordi würde lieber sterben als sich
assimilieren zu lassen. Picard/Locutus antwortet,
dass Geordi in dem Fall sterben wird. Hugh weigert
sich und spricht plötzlich von sich selbst in der
ersten Person, während er zuvor immer nur
"wir" sagte. Picard kann es kaum fassen:
Der Borg sagte "Ich bin Hugh."
Er beruft eine Besprechung ein und bläst den Plan
mit dem Virus ab. Doch was soll man tun? Wenn man
Hughs Erinnerungsspeicher löscht und ihn vor dem
Eintreffen des anderen Schiffes wieder zurück auf
den Mond bringt, geht seine neu gewonnene
Individualität verloren. Andererseits werden die
Borg seinen Erinnerungsspeicher wohl ohnehin
löschen; es besteht allerdings die Möglichkeit,
dass sich in dem kurzen Zeitraum, bis das getan ist,
die Erkenntnis der Individualität bei den Borg
verbreitet, ähnlich wie es Geordis paradoxe Form
hätte tun sollen.
Man beschließt, Hugh die Wahl zu lassen und bietet
ihm sogar Asyl an. Nach einigem Überlegen
entscheidet Hugh, dass man ihn zurückbringen soll,
auch wenn dann seine Erinnerung durch die Borg
gelöscht werden wird; er weiß, dass die Borg
andernfalls nach ihm suchen und nötigenfalls die
Enterprise - mit Geordi an Bord - zerstören würden.
Während sich die Enterprise in der Chromosphäre des
Mondes versteckt, begleitet Geordi seinen neuen
Freund und verabschiedet sich von ihm, als die
Besatzung des zweiten Borgschiffes eintrifft und Hugh
abholt (Geordi wird ignoriert, da die Borg Kulturen
assimilieren, keine Individuen).
Bewertung
Diese Episode
spiegelt bestens den Charakter von Star Trek wieder:
Bisher wurden die Borg als willenlose Massenmörder
und Zwangsassimilierer gezeigt, deren Zerstörung der
einzige Weg war, selbst zu überleben. Mit Hugh
erfährt man, dass die Drohnen, wenn sie vom
Kollektiv getrennt werden, durchaus zu Individuen
reifen können und die Borg daher nicht so
vernichtenswert sind, wie sie bisher schienen.
Am Beispiel Picards und Guinans wird der
Gewissenskonflikt besonders deutlich: Beide wollen
zunächst die Borg vernichten, sind bereit, die ganze
Rasse auszulöschen. Trotz gegenteiliger Berichte
müssen sie erst selbst mit Hugh sprechen, bevor sie
glauben, dass er ein Selbstbewusstsein entwickelt
hat. Insbesondere Picard schwingt sich hier zum
Inquisitor auf, sieht es als seine Pflicht, die Borg
zu vernichten. Dabei spielt auch seine Gefangennahme
durch die Borg in "In den Händen der Borg" eine Rolle. Es
scheint, dass er sich an den Borg persönlich rächen
will, auch wenn er das weder sich noch anderen
eingesteht.
Es ist eine schwierige Situation, und man lässt sich
eine vielleicht einzigartige Gelegenheit entgehen,
aber letzten Endes siegt - sonst wäre es nicht Trek -
der gute Wille: Man lässt Hugh frei wählen, was er
möchte und verzichtet auf die Vernichtung der Rasse.
Picard und Guinan muss dies wohl am schwersten
gefallen sein, denn von allen an Bord der Enterprise
haben sie die meisten Gründe, die Borg zu hassen.
Dabei ist es spannend zu beobachten, wie Picard und
die sonst immer friedfertige Guinan von den
Darstellern verkörpert werden: Beide wirken sehr
intensiv, vor allem wie üblich Patrick Stewart, der
den verbitterten Picard mit unglaublicher Intensität
herüberbringt, als er sich vom guten Captain in
einen bösartigen Rächer verwandelt, der mit dem
Forscher, der Picard sonst ist, kaum noch etwas
gemeinsam hat. Dieses Verhalten, ebenfalls in
Zusammenhang mit den Borg, lässt sich in
Star Trek: Der erste Kontakt"
erneut bei ihm beobachten.
Neben den Neuigkeiten über die Borg wird auch die Mannschaft,
zumindest zum Teil, recht ausführlich behandelt:
Dr. Crusher fällt auf, da sie ursprünglich die
Rettung Hughs initiiert und sich als erste gegen den
Plan der Vernichtung der Borg wendet.
Auf Geordi liegt ebenfalls ein großes Augenmerk,
denn er schließt mit Hugh Freundschaft, was er sich
wohl kurz vorher noch kaum vorstellen konnte.
Von Data und Worf sieht man wenig, auch Riker und
Troi machen sich rar.
Die Episode ist gut
in Szene gesetzt, überzeugt aber vor allem durch
Darsteller und Handlung.
In der deutschen Erstausstrahlung enthielt die Episode noch
einen schweren Synchronisationsfehler: "Hugh" wurde
ursprünglich "Du" genannt, so dass der titelgebende Hugh
in der deutschen Version nicht vorkam. In
"Angriff der Borg" wurde Hugh dann
korrekterweise Hugh genannt. Überraschenderweise wurde "Ich
bin Hugh" 1996 neu synchronisiert, seitdem heißt Hugh auch in der
deutschen Fassung "Hugh".
Vielen Dank an unseren Leser Tom Petersen für diesen Hinweis.
Interessantes Detail am Rande:
Bevor Hugh seine Individualität entdeckt, fragt er:
"Habe ich denn einen Namen?"
Danke an unseren Besucher Andi S. für diesen Hinweis.
Bestes Zitat, von Picard über den Borg:
"Es ist, was es ist!"
|
|