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Episodenbeschreibung
Sternzeit: 41416,2
Wesley hat die Erlaubnis erhalten, an der
Aufnahmeprüfung für die Akademie der Sternenflotte
teilzunehmen. Sein Freund Jake Kurland hatte leider
nicht genügend Punkte in den Tests und muss deshalb
auf der Enterprise bleiben.
Nachdem man Wesley in das Schulungszentrum nach Relva
XII heruntergebeamt hat, kommt Admiral Gregory Quinn,
ein alter Freund Picards, an Bord, begleitet von Lt.
Commander Dexter Remmick vom Stab des
Generalinspekteurs der Sternenflotte. Sogleich
möchte Quinn Picard unter vier Augen sprechen: Er
hat Informationen, dass auf der Enterprise etwas
nicht mit rechten Dingen zugeht; daher wird Remmick
in seinem Auftrag eine gründliche Überprüfung
vornehmen, bei der Picard und seine Crew unbedingt
kooperieren sollen. Quinn wird während der
Untersuchung an Bord bleiben.
Remmick beginnt sogleich mit seiner Arbeit. Allein
seine Anwesenheit und sein beständiges Herumgetippe
auf einem PADD machen schnell die gesamte
Brückencrew nervös. Riker will vom Captain wissen,
was das alles soll, doch Picard kann ihm keine
weiterführenden Informationen geben: Er weiß es ja
selbst nicht. Aber er fordert Riker auf, Remmicks
Arbeit nicht zu behindern, ihn stattdessen zu
unterstützen, wie Quinn es verlangt hat.
Wes hat
inzwischen seine Mitkandidaten kennengelernt: Vuliana
Mirann, ebenfalls menschlich, die Vulkanierin
T'Shanik und den Benziten Mordock. Officer Chang, ihr
Prüfer, weist sie kurz ein und erklärt, dass die
kommenden Prüfungen sehr hart werden und man immer
mit dem Unerwarteten rechnen soll. Von den vier
Kandidaten wird nur einer schließlich für die
Akademie zugelassen.
Beim ersten Test schneidet Wesley gut ab, als erster
hat er die richtige Antwort parat, denn ihm ist klar,
dass das Mischungsverhältnis von Materie zu
Antimaterie in einem Schiffsantrieb immer 1:1
betragen muss, egal unter welchen Umständen.
Remmick
hat indes mit einer gründlichen Befragung der
einzelnen Brückenoffiziere begonnen: Zunächst
bringt er Riker auf die Palme, als er fragt, ob
Captain Picard je ein Logbuch gefälscht hätte.
Riker entgegnet, Remmick solle dem Captain diese
Frage selbst stellen.
Von Geordi möchte er wissen, ob Picard tatsächlich
das Kommando an Lt. Kosinski übergeben hatte, als
die Enterprise in eine weit entfernte Region des
Weltalls verschlagen wurde, doch Geordi meint, Picard
träfe nicht die geringste Schuld an den
Geschehnissen - was Remmick scheinbar anders sieht,
da er ein "Ja" als Antwort ins PADD
einträgt.
Deanna befragt er über den Ferengizwischenfall, bei
dem Picard mit der Stargazer beinahe die Enterprise
zerstört hatte, doch auch Deanna stellt sich voll
hinter Picard und berichtet, dass er unter dem
Einfluss eines Gedankenkontrollgerätes gestanden
hatte.
Wesley,
inzwischen wieder an Bord, unterhält sich mit Worf
über den kommenden Psychotest, vor dem er von allen
Prüfungen am meisten Angst hat. Worf meint, es wäre
überflüssig, sich Sorgen wegen eines Ereignisses zu
machen, welches man nicht beeinflussen kann -
obgleich er auch einräumt, nur ein Narr kenne keine
Furcht. Doch wäre es ihm ähnlich ergangen: Als er
dem Test unterzogen wurde, fand man seinen
Schwachpunkt in seiner Angst, von anderen abhängig
zu sein, was auf einem klingonischen Schiff nicht der
Fall wäre. Noch heute hat er gewisse Probleme, sich
damit zu arrangieren.
Dann
ereignet sich ein Zwischenfall: Jake Kurland, Wesleys
Freund, stiehlt ein Shuttle, um auf Beltane IX als
Frachterpilot anzuheuern - da er noch nicht einmal
für die Aufnahmeprüfung zugelassen wurde, fühlt er
sich an Bord der Enterprise als Versager. Wegen eines
Bedienungsfehlers verliert er die Kontrolle über das
Shuttle und droht, auf Relva abzustürzen. Den
Traktorstrahl kann man wegen der Entfernung nicht
mehr benutzen, und es steht schlecht um Jake: Data
meint, er hätte nach dem Ausfall des Antriebs keine
Chance mehr, den Antrieb rechtzeitig zu reaktivieren,
bevor das Shuttle in der Atmosphäre verglüht. Doch
Picard weist Jake an, senkrecht auf den Planeten
zuzufliegen, im letzten Moment den Antrieb wieder
einzuschalten und steil nach oben zu ziehen.
Tatsächlich funktioniert es: Das Shuttle prallt wie
ein Tennisball von der Atmosphäre Relvas ab und Jake
kann sicher zur Enterprise zurückkehren.
Remmick bewundert zwar Picards Lösung der Krise,
möchte jedoch wissen, wie es Jake überhaupt
gelingen konnte, in die Shuttlerampe einzudringen.
Riker erwidert, dass Jake als Anwärter für die
Sternenflottenakademie auf vielen Gebieten geschult
wurde.
Zurück
auf dem Planeten besteht Wes eine kleine
Zwischenprüfung: Er stößt mit einem
hochgewachsenen jungen Mann zusammen, der ihn
daraufhin anpöbelt. Auf Wesleys Entschuldigung
reagiert er nur noch wütender. Doch dann sieht Wes
die Schwimmhäute an den Händen des Mannes: Er
brüllt ihn ebenfalls an, und der Mann scheint
besänftigt. Lächelnd klopft er Wes auf die Schulter
und stellt sich als Rondon vor. Wes erklärt dem
verblüfften Mordock, dass Rondon ein Zoldaner ist
und dementsprechend Höflichkeit für verlogen hält.
Officer Chang, der die Szene beobachtet hat, ist sehr
zufrieden mit Wes.
Remmick
setzt mittlerweile zur zweiten Fragerunde an. Diesmal
sind Data, Worf und Beverly an der Reihe, die sich
ebenfalls alle hinter den Captain stellen und kein
Fehlverhalten bei ihm erkennen können.
Anschließend befragt er Picard persönlich, wirft
ihm vor, beim Edo-Zwischenfall die Hauptdirektive
verletzt zu haben. Picard gibt das zu und meint, die
Erklärung stünde in seinen Logbüchern, er würde
zu seiner Entscheidung stehen. Dann reicht es ihm, er
sucht Quinn auf und will endlich wissen, was es mit
dieser Untersuchung auf sich hat.
Quinn ruft Remmick in sein Quartier und lässt ihn
berichten. Remmick erklärt, dass er trotz
intensivster Récherche nicht das geringste Indiz
gegen Picard finden konnte. Die Crew arbeitet gut
zusammen und scheint fast eine große Familie zu
sein. Abschließend meint er zu Picard, dass seine
Dienstzeit beim Stab des Generalinspekteurs in sechs
Monaten vorbei ist. Er würde sich freuen, wenn er
dann auf der Enterprise dienen könnte - Picard
scheint von diesem Wunsch nicht gerade begeistert.
Nachdem Remmick den Raum verlassen hat, erläutert
Quinn seine Gründe für diese Untersuchung: Er ist
sich sicher, dass irgendjemand oder irgendetwas
versucht, das System zu schädigen, womit er sich auf
die Föderation bezieht. Er meint, in Kreisen der
Sternenflottenführung wären möglicherweise mehrere
Leute darin verstrickt. Deshalb musste er absolut
sicher gehen, dass Picard "sauber" ist,
wovon er nun überzeugt ist. Er weiß nicht, ob der
Angriff, den er befürchtet, von außen oder von
innen heraus geführt werden wird, daher möchte er
Picard in seiner Nähe haben. Er bietet Picard die
Beförderung zum Admiral und den Posten als Leiter
der Sternenflottenakademie. Picard erbittet sich eine
Bedenkzeit bis zum Abend...
Wesley
steht indes vor seinem Psychotest: Er wird in einen
leeren Raum geführt. Nach kurzem Warten hört er von
draußen Explosionsgeräusche. Auf dem Gang befindet
sich niemand, aber aus dem nahen Umweltlabor ertönen
Schreie. Wes geht hinein; drinnen herrscht nach einer
Explosion Chaos, ein Mann ist eingeklemmt, ein
anderer kauert sich in die hintere Ecke. In weniger
als einer Minute wird der Raum versiegelt werden, da
eine weitere Explosion droht. Nach kurzem Zögern
befreit Wes den Eingeklemmten und versucht, dem
anderen gut zuzureden, doch schließlich kann er nur
sich und den Verletzten in Sicherheit bringen, der
ängstliche Mann bleibt in dem Raum zurück, als die
Türen verriegelt werden.
Als gleich darauf Officer Chang erscheint, zeigt
sich, dass dies bereits der Test war: Man wusste,
dass Wes vor einer solchen Situation Angst hatte,
dass er befürchtete, er könnte sich gar nicht
entscheiden - wegen einer ähnlichen Entscheidung,
die Picard vor langen Jahren treffen musste, starb
Wesleys Vater. Doch Wes hat gehandelt, er hat einen
Mann gerettet, und damit alles getan, was in seiner
Macht stand. Chang ist sehr zufrieden.
Später gibt Chang die Entscheidung bekannt: Trotz
Wesleys guter Leistungen wurde Mordock für die
Akademie ausgewählt, da er etwas bessere Ergebnisse
vorzuweisen hat. Mordock meint, das wäre eine
falsche Entscheidung: Im vorletzten Test hatte Wesley
ihm geholfen; ohne Wesleys Hilfe wäre er nicht so
gut gewesen. Daher sollte Wes an seiner Stelle gehen.
Doch Chang erklärt, dass Wesley es nicht als
Bestrafung auffassen solle: Er verliere etwas Zeit,
doch würde er sich ja sicher erneut bewerben, und
das wäre keine Schande. Damit wird Mordock der erste
Benzit, der der Sternenflotte beitritt.
Am
Abend muntert Picard zunächst Wesley auf: Er meint,
Wes habe ihn keineswegs enttäuscht. Vielmehr sei das
einzig Wichtige, dass Wes gegenüber sich selbst
sicher ist, dass er sich bemüht und sein Bestes
gegeben hat. Und schließlich könne Wes nun noch ein
weiteres Jahr lang lernen und dann beim zweiten
Versuch würde er die Prüfung sicher bestehen -
Picard hatte im ersten Anlauf ebenfalls nicht
bestanden, wie er Wes gesteht.
Anschließend geht Picard zu Quinn und lehnt das
Angebot ab; er bleibt lieber Captain der Enterprise.
Quinn findet sich damit ab und meint selbstironisch,
dass es schon nicht so schlimm wäre; in letzter Zeit
sehe er überall Verschwörungen, auch wenn gar keine
da sind.
Zurück auf der Brücke lässt Picard Kurs auf Ardron IV
setzen, und die Enterprise fliegt neuen Abenteuern
entgegen.
Bewertung
"Prüfungen"
versorgt den Zuschauer mit einer ganzen Fülle an
Informationen, die erst einmal verarbeitet werden
wollen. Betrachten wir zunächst mal den Thread um
Wesley und die Aufnahmeprüfung für die Akademie der
Sternenflotte:
Von Anfang an liegt großer Druck auf den Kandidaten. Wie
bei einem Wettkampf nach dem Knock-Out-Prinzip werden
immer mehr Kandidaten herausgesiebt; zunächst wird
auf den einzelnen Schiffen eine Vorentscheidung
getroffen, wer überhaupt zur Prüfung zugelassen
wird. Hier hat Wes natürlich die besten
Voraussetzungen, da er durch seine Freude an der
Technik und seinen Posten als "Fähnrich
ehrenhalber" bereits jede Menge praktische
Erfahrung sammeln konnte. Dazu kommt, dass er
hochbegabt ist. Somit ist er Jake Kurland offenbar
klar überlegen.
In der nächsten Stufe wird in einer weiteren
Testreihe entschieden, wer zur Akademie zugelassen
wird. In diesem Fall sind es vier Kandidaten, die
gegeneinander antreten.
Doch daran gibt es einiges zu bemängeln: Zunächst
einmal hat Wes, wie gesagt, bereits sehr viel
Erfahrung sammeln können, und er ist sehr begabt.
Während der Tests scheint er immer der Beste zu
sein, und er wird fortwährend von Prüfer Chang
gelobt. Dennoch liegt Mordock schließlich knapp vor
ihm, was etwas merkwürdig anmutet.
Vor allem aber sind es die implizierten Bedingungen,
die hier sehr fragwürdig stimmen. Star Trek bemühte
sich von Anfang an, die Zukunft als eine Zeit
darzustellen, in der die Menschen ihre großen
Probleme hinter sich gebracht haben. Jeder hat das
Recht, nach eigenem Wunsch zu bestimmen, was er
werden möchte. Soweit klingt dies nach einer
erstrebenswerten Utopie. Als jedoch Wesley, der
bereits mit hochkomplizierten Warpfeldgleichungen
etc. wie andere mit Spielzeug umgeht, die
Aufnahmeprüfung nicht besteht, fragt man sich,
welche Voraussetzungen man eigentlich erfüllen muss,
um in die Sternenflotte aufgenommen zu werden. Soll
man wirklich glauben, dass die Sternenflotte eine
derartige Elitenbildung betreibt? Dass jemand, der
nicht mehrere Stunden täglich auf das Studium und
die Vorbereitung verwendet, nicht die geringste
Chance hat, seinen Traum von der Raumfahrt wahr zu
machen? Das stimmt nachdenklich. Eine derartige
Zukunft, in der man freudig die Arbeit begrüßt und
die Freizeit deswegen gänzlich außen vor lässt,
erscheint plötzlich gar nicht mehr so
erstrebenswert. Auch stellt man sich die Frage, wie
der in späteren Staffeln zu sehende Lt. Reginald
Barclay (erstmals in "Der
schüchterne Reginald") je die Aufnahmeprüfung
bestanden haben soll; sein Rang als Lieutenant
impliziert aber, dass er es geschafft hat.
Mit Wesley und seiner Laufbahn schafft die Serie
gleich in der ersten Staffel eine unüberwindbare
Sackgasse: Einerseits ist Wesley das Genie an Bord,
das mitunter sogar das Schiff zu retten vermag,
andererseits besteht er noch nicht einmal die
Aufnahmeprüfung. Dieser Widerspruch wird bis zum
Ausscheiden Wil Wheatons aus TNG bestehen bleiben,
erst danach entwickelt sich Wes dann langsam zu einem
normalen Jugendlichen.
Bedenklich auch der Konkurrenzdruck und die
Demotivation: Obwohl Wes fast gleichauf ist mit
Mordock und nur deshalb weniger Punkte hat, weil er
Mordock auf Kosten seiner eigenen Zeit in einem der
Tests half, wird Mordock ausgewählt. Dabei sollte
man doch meinen, dass gerade die Sternenflotte sehr
großen Wert auf Teamfähigkeit und Selbstaufopferung
legt, anstatt dies nicht nur nicht zu fördern,
sondern durch die Ignoranz sogar den Kandidaten als
unpassend erscheinen zu lassen.
Die Krönung verleiht abschließend Picard der ganzen
Sache: Innerhalb einer Minute erklärt er Wes, dass
er von Wesleys "Versagen" (das er nicht als
solches empfindet) nicht enttäuscht ist, dass Wes
nächstes Jahr wieder teilnehmen wird (und
nicht etwa teilnehmen soll), und dass das einzig
Wichtige ist, was Wes selbst darüber denkt.
Mehr Widersprüche in so kurzer Zeit kann wohl kaum
noch jemand nennen: Er zwingt Wes förmlich dazu,
nächstes Jahr wieder teilzunehmen, er erwartet es
einfach. Für ihn ist dies überhaupt keine Frage.
Dadurch setzt er Wes unter Druck, auch wenn es
ohnehin Wesleys Wunsch sein sollte, die Akademie zu
besuchen. Zugleich behauptet Picard, dass nur die
eigene Meinung relevant ist - was ist also mit seinem
gerade getätigten Ausspruch?
Doch
betrachten wir nun die andere Handlung: Quinns
Untersuchung.
Ab der ersten Sekunde ist klar, dass Remmick eine
unangenehme Rolle in diesem Szenario spielt. Er
lässt bis zum Schluss keine Gelegenheit aus, alles
als Indiz gegen Picard zu deuten, um die
Crewmitglieder möglichst in Widersprüche zu
verstricken oder aus der Reserve zu locken. Aber er
erntet nur Zorn, und alle Crewmitglieder stehen voll
hinter dem Captain. Dass Remmick als Charakter nicht
gänzlich farblos bleibt, ist seiner letzten
Anmerkung zu verdanken: Nachdem die Untersuchung
beendet ist, entschuldigt er sich bei Picard für die
Unannehmlichkeiten und hofft, eines Tages selbst auf
der Enterprise dienen zu dürfen. Damit ist klar,
dass er seinen Job getan hat (vielleicht mit etwas zu
viel Enthusiasmus), aber eigentlich ein ganz netter
Kerl ist, der die Loyalität auf dem Schiff zu
schätzen weiß. Letztlich ist er aber nur eine
Schachfigur, der der schwarze Peter zugeschoben
wurde: Quinn ist der eigentliche Urheber der
Untersuchung, und schließlich wendet sich Picards
Zorn auch gegen jenen, anstatt gegen Remmick.
Damit wären wir bei der Auflösung, und hier wird
die Episode dann wirklich interessant: Quinn
berichtet von Kräften, die sich scheinbar der
Zerstörung der Sternenflotte bzw. der Föderation
verschrieben haben. Zwar hat er keine Beweise, doch
sein extrem misstrauisches Verhalten deutet darauf
hin, dass er sich dieser Behauptung ziemlich sicher
ist. Anstatt nun in drei Minuten eine Verschwörung
zu entlarven, lässt die Episode eine Menge Fragen
offen, als Picard den Admiralsposten ablehnt und
Quinn wieder von Bord geht. Die Auflösung freilich
wird nachgereicht, mit einer Art Trek-Premiere: Das
erste Mal innerhalb einer Star Trek Serie wird über
mehrere Episoden hinweg ein Zusammenhang aufgebaut.
In "Die Verschwörung"
kurz vor Ende der
ersten Staffel erfährt man dann, was es mit Quinns
Behauptungen auf sich hat. Leider ist dieser
Handlungsbogen damit dann auch schon wieder beendet.
Zu
erwähnen ist noch Jake Kurlands Shuttlediebstahl: An
seinem Beispiel verdeutlicht sich der Konkurrenzdruck
der Akademiebewerber: Er hat gegen Wesley verloren
und hält sich für einen Versager - was gar nicht so
unlogisch scheint. Aber niemand scheint darüber
nachzudenken, dass dieses System neben dem Vorteil
einer starken Elite auch den Nachteil vieler
desillusionierter Jugendlicher bedeutet, die ihre
Träume nicht verwirklichen konnten.
Wie dem auch sei, Jakes Rettung durch Picard ist
lächerlich. Dass der Traktorstrahl nicht eingesetzt
werden kann, wirkt willkürlich: Immerhin war das
Shuttle gerade erst gestartet, die schnellere
Enterprise hätte es in Sekunden einholen können. An
einen Nottransport hat gar niemand einen Gedanken
verschwendet. Selbst Data sah für Jake keine Chance
mehr, meldete, dass die Reaktivierung der Triebwerke
unmöglich rechtzeitig vor dem Verglühen in der
Atmosphäre erfolgen könne.
Dennoch lässt Picard Jake in einem noch viel
steileren Winkel direkt auf den Planeten zufliegen.
Damit verkürzt sich die Zeit, die bis zum Verglühen
noch bleibt, logischer Weise deutlich. Obwohl nun
weniger Zeit zur Verfügung steht, gelingt es, den
Antrieb rechtzeitig zu aktivieren. Lächerlich. Der
einzige Zweck der Szene war es, zu verdeutlichen,
dass Remmick beginnt, Picard als einen achtbaren und
intelligenten Mann zu betrachten, doch diese Aussage
verliert wegen der miserablen Erklärung an
Bedeutung.
Ähnlich plump ist kurz vor Ende der Episode ein
zufälliges Treffen zwischen Picard und Jake auf
einem Korridor: Picard erläutert, dass weglaufen
keine Probleme löst, und Jake scheint sich dieser
Meinung anzuschließen und freudig darauf zu warten,
wieder Unterricht zu nehmen, um beim nächsten
Versuch an der Akademie mehr Erfolg zu haben.
Um die Weisheit Picards zu verdeutlichen, wurde hier
die Brecheisenmethode angewendet, wodurch die
geplante Aussage wegen ihrer Plumpheit vollkommen
unglaubwürdig wird.
Und nicht zu vergessen: Anstatt die Gründe für
Jakes Handeln zu erfragen, erwähnt man, dass er
künftig einige zusätzliche Stunden in Disziplin
erhalten werde. Auch dies ein Hinweis auf die
Elitenbildung, die die Sternenflotte ohne Rücksicht
auf Verluste betreibt.
Plump
ebenfalls der Versuch, den Zusammenhalt der Crew
anhand der Untersuchung zu verdeutlichen: Mit dem
lange Zeit unsympatischen Remmick wird ein
einheitliches Feindbild geschaffen, da ist es kein
Wunder, dass jeder der Befragten sich voll und ganz
hinter den Captain stellt. In seinem Bericht für
Quinn erklärt Remmick, die Crew sei wie eine große
Familie. Dieser Eindruck wird sich für den Zuschauer
aber erst mit den folgenden Staffeln einstellen;
rückblickend war der Zusammenhalt der Crew während
der ersten Staffel zwar sicher nicht schlecht, doch
nach nur einem halben Jahr von familienähnlichen
Verhältnissen zu sprechen, ist der Versuch seitens
der Autoren, den Zuschauer dahingehend zu
beeinflussen, das zu glauben, obwohl es noch gar
nicht so weit ist. Dieser Zusammenhalt wird wachsen,
doch nicht dadurch, dass man ihn dem Zuschauer mit
dem Hammer einprügelt. Auch dies ist wieder die
Brecheisenmethode, und die beabsichtigte Wirkung wird
dadurch vollkommen verfehlt.
Ein
kleiner Fehler am Rande: Gegen Ende der Episode
fordert Picard Wes auf, die Galauniform anzuziehen,
da der Admiral nun verabschiedet wird. Als man kurz
darauf im Transporterraum steht und der Admiral
heruntergebeamt wird, trägt Picard aber selbst keine
Galauniform mehr, die er kurz zuvor noch anhatte. Hat
er die zwischen der offiziellen Verabschiedung und
dem Transporterraum schnell abgelegt?
Schön
ist hingegen Wesleys "Psychotest": Er
ähnelt dem Kobayashi-Maru Test (siehe u.a.
"Star Trek II: Der Zorn des Khan"),
dem sich jeder Captain-Anwärter vor seinem ersten
Kommando unterziehen muss: Man wird mit seinen
persönlichen Fehlern bzw. Ängsten konfrontiert und
muss versuchen, diese zu überwinden, ohne dass es
eine Musterlösung gäbe. Im Gespräch mit Worf wird
auch kurz auf etwas subtilere Weise als bei anderen
Aussagen in dieser Episode verdeutlicht, dass Worf
als Klingone doch recht einsam ist und nach wie vor
Probleme damit hat, sich ein- bzw. unterzuordnen.
Um zum
Abschluss der Besprechung zu kommen: Es ist wahrlich
nicht einfach, bei dieser Episode ein Urteil zu
fällen, das allen Aspekten gerecht wird; während
die Wesley-Story langfristig für Probleme sorgt und
die Sternenflotte in einem sehr schlechten Licht
dastehen lässt, sind die Implikationen der
Quinn-Story ziemlich tiefgreifend. Da jedoch auch
diese Story handlungsseitig schlecht dargeboten
wurde, wird die Handlung insgesamt sehr schwach
bewertet. Um dem Zusammenhang zu
"Die Verschwörung"
Sorge zu tragen, ist die
Gesamtnote besser, zumal die Inszenierung der Episode
deutlich über der Handlung steht. Die Effekte sind
relativ ordentlich, Spannung kommt jedoch kaum auf.
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