Kinofilm-Führer ST II - Der Zorn des KhanBewertung |
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Bewertung von Matthias Weber Roddenberrys Zukunftsvision - Segen und Fluch für Star TrekUm den starken Kontrast zwischen Star Trek - Der Film und "Star Trek II - Der Zorn des Khan" zu verstehen, muss man sich zunächst ein wenig mit Star Treks größtem Problem beschäftigen:
Gene Roddenberry präsentierte uns mit Star Trek ein
Zukunftsbild mit einer perfekten Gesellschaft, einer
Idealvorstellung, oft als Utopie verschrien. Dafür verdient
Roddenberry Respekt, denn wenn man sich die Science Fiction
Produktionen der letzten Jahrzehnte anschaut, muss man
feststellen, dass es schon immer einfacher war eine negative
Zukunftsvision umzusetzen. Produktionen in denen sich die
Menschheit im Vergleich zu unserem Jahrhundert positiv weiter
entwickelt hat, kann man an einer Hand abzählen. Roddenberrys
Philosophie einer positiven Zukunft war schon immer das
Aushängeschild Star Treks und ist damit Segen und Fluch
zugleich. Star Trek II - Ein Film, der unterhält
Auch die ersten beiden Kinoproduktionen stehen im Zeichen
dieses Konfliktes zwischen guter Unterhaltung und dem
Aufrechterhalten der Roddenberry-Vision.
Es erscheint in der Tat schwer, immer wieder neue spannende und
dramatische Konflikte aufzubauen, ohne Roddenberrys Vision
anzutasten (als einziger Film schaffte dies wohl Star Trek IV - Zurück in die Gegenwart). Star Trek I - Star Trek II - Die UnterschiedeNicht nur im Umgang mit Roddenberrys Philosophie zeigen sich starke Kontraste zum Vorgängerfilm. "Star Trek II" ist Fortsetzung und Wiedergutmachung des 3 Jahre zuvor entstandenen Star Trek - Der Film in Einem. Die Kontraste zum ersten Kinoabenteuer der Enterprise Crew könnten kaum größer sein.
Im Vorgänger Film hatte man bei allen Figuren stets den
Eindruck, dass es sich nicht wirklich um Menschen handelte. Die
Figuren machten zwar Fehler, doch trotz allem wurde man nie
richtig mit ihnen warm, man hatte immer den Eindruck
unantastbare Helden vor sich zu haben, die ihre Menschlichkeit
schon lange abgelegt haben. "Star Trek II" ist der völlige
Gegensatz dazu. Der Film handelt von Menschen mit denen man
sich identifizieren kann, um verletzliche Menschen mit
Gefühlen, eben um Personen aus Fleisch und Blut. Kam der erste Film völlig ohne Antagonist aus, taucht hier mit Khan ein sehr dominanter, ein sehr starker Gegner Kirks auf. Interessanterweise dauert es auch beim zweiten Kinoabenteuer 30 Minuten, bis die Enterprise das Raumdock verlässt, also fast so lange, wie im Vorgängerfilm, trotzdem wirken diese ersten Minuten im Gegensatz zu Star Trek - The Motion Picture keineswegs langweilig. Es scheint fast so, als hätte Nicholas Meyer seinem Vorgänger Robert Wise zeigen wollen, wie man es besser machen kann. Auch der eigentliche Abflug aus dem Raumdock erscheint fast wie ein Seitenhieb auf den ersten Kinofilm, geschieht der Abflug der Enterprise dieses Mal doch deutlich schneller, als beim letzten Mal. Ein großer Unterschied der beiden Kinofilme ergibt sich auch aus ihren Zielsetzungen heraus. Während es sich bei "Star Trek I" um einen höchst ambitionierten Film handelte, der letztendlich an seinen hohen Zielen kläglich scheiterte, ist "Star Trek II" um einiges bescheidener. Er nimmt sich vor seine Geschichte mit den verschiedenen Aspekten zu erzählen, tut dies auf gelungene Weise und gibt sich damit aber auch zufrieden. Die Komplexität des Films
"Der Zorn des Khan" hat durchaus einige ernsthafte Themen, zum
Beispiel die Frage, ob die Menschheit schon bereit ist für
etwas derartig schöpferisches, wie das Genesis-Projekt, oder
die Frage, wie Menschen mit dem Tod, sei es dem eigenen, oder
dem eines geliebten Menschen, fertig werden. Obwohl sich diese
Themen durch den gesamten Film ziehen, wird der eigentliche
Großteil der Handlung jedoch von Khans Rache dominiert. Rache
ist schon immer ein beliebtes Thema der Unterhaltung gewesen,
egal in welcher Form. Der erste Kinofilm hatte eine relativ
abgehobene Handlung. Mit dem Thema Rache hat "Star Trek II" ein
viel greifbareres Thema, ein menschlicheres Thema. Komplexität erreicht der Film dabei vor allem durch die exzellenten Charakterentwicklungen. Im Gegensatz zum Vörgängerfilm hat man bei "Der Zorn des Khan" endlich wieder den Eindruck die Charaktere vor sich zu haben, die man aus der Serie kennt und dort lieb gewonnen hatte. Die Charaktere wurden dabei nicht einfach aus der Serie übernommen, sondern mit kleinen, liebevollen aber durchaus logischen Weiterentwicklungen versehen, welche die vergangenen Jahre und damit die gewonnene Lebenserfahrung seit den TV-Abenteuern der Enterprise wiederspiegeln. Lobenswert ist hierbei auch die Tatsache, dass sich die TOS Crew endlich mal als Essemble aus 7 Personen zeigt. Kirk, Spock, McCoy stehen natürlich auch dieses Mal wieder im Vordergund, doch auch den Nebencharakteren werden kleine Momente gewidmet und sie müssen sich dieses Mal nicht verstecken. Kirk und Khan
Kirks Figur wurde in diesem Film ausgesprochen gut
ausgearbeitet. Das Drehbuch zeigt ihn als Mann, der mit dem
Älter werden Probleme hat. Er leidet noch immer unter der
Beförderung zum Admiral, denn er sitzt nun hinter dem
Schreibtisch und nicht mehr auf dem Sessel des Captains. Damit
wird eine Thematik aufgegriffen, die teilweise auch schon in
der Serie, vor allem aber im ersten Kinofilm behandelt wurde.
Im ersten Teil der Reihe, hatte Kirk auf ziemlich windige Art
Captain Decker das Kommando abgenommen. In diesem Film schafft
man es Kirks Wunsch nach einem eigenen Kommando darzustellen,
ohne Kirk dabei unsympathsich wirken zu lassen. Im Gegenteil
wirkt Kirk in diesem Film ausgesprochen menschlich. Dass es ein
Fehler war, die Beförderung zum Admiral zu akzeptieren, wird in
Gesprächen mit McCoy und mit Spock noch einmal auf den Punkt
gebracht.
Kirk gegenüber gestellt wird Khan, ein aus der Serie bekannter
Bösewicht, der es schon dort in 45 Minuten geschafft hatte,
sich ins Gedächtnis der Zuschauer zu spielen. Als Metapher für
Khans Rache wird die Captain Ahab-Thematik aus Moby Dick
gewählt. Überhaupt ist der Film durchzogen von Shakespeare-,
Dickens- und Melville-Zitaten. Hier zeigt sich Nicholas Meyers
Vorliebe für klassische Literatur. Spock und McCoy
Obwohl erst in der letzten Viertelstunde behandelt, ist Spocks
unerwarteter Tod vielleicht das wichtigste Handlungselement des
Films. Durch Spocks Tod bekommt das Geschehen im All einen
neuen, realistischen Anstrich, denn nicht immer kehren alle
wichtigen Figuren wohlbehalten zurück, während lediglich einige
unbedeutende Nebenpersonen oder Statisten ihr Leben lassen
müssen. Gleichzeitig ist natürlich in keinem anderen Genre die
Möglichkeit einer Wiederauferstehung so groß, wie in der
Science Fiction. Auch in diesen Film wurden, obwohl es Leonard
Nimoys ausdrücklicher Wunsch war, die Spock-Rolle an den Nagel
zu hängen, die Möglichkeiten für eine Rückkehr Spocks offen
gehalten. Dr. McCoy fügt sich in diesem Film gut in das Team ein, als eigenständiger Charakter trägt er aber wenig bei, lediglich in der sehr gut geschriebenen Geburtstagsszene mit Kirk, in dessen Haus am Anfang des Films kann McCoy für sich alleine glänzen, ansonsten geht er zwischen Kirk und Spock eher unter. Er darf jedoch, wie für seinen Charakter üblich das Geschehen etwas auflockern und etwas Humor einbringen. Seine Neckereien mit Spock erreichen dabei erfreulicherweise wieder das Niveau, das man aus der Serie her kennt. McCoys Darsteller DeForest Kelley macht dabei seine Sache gut. Die NebencharaktereAuch den meisten Nebencharakteren werden dieses Mal kleine bis größere Momente zugestanden. Lediglich Sulu und Uhura gehen im Film etwas unter und haben größtenteils nichtssagende Dialoge. Scotty hingegen hat zwei äußerst bewegende Szenen, zum einen als er mit seinem Neffen in den Armen auf die Brücke kommt (auch wenn er rein logisch betrachtet, natürlich eher auf die Krankenstation gehen sollte), zum anderen die gleich daran anschließende Sterbeszene seines Neffen auf der Krankenstation. James Doohan hat hier die seltene Gelegenheit zu zeigen, was er kann. Als Nebenrolle ist zunächst Lieutenant Saavik zu erwähnen, die eine recht wichtige Rolle hat. Saavik wird von Kirstie Alley gut und glaubhaft gespielt. Sie erscheint in manchen Situationen für eine Vulkanierin sehr naiv, ansonsten kann ihr Charakter aber überzeugen. In Star Trek III - Auf der Suche nach Mr. Spock und Star Trek IV - Zurück die Gegenwart wird Saavik von Robin Curtis gespielt werden. Kirks Sohn David wird von Merrit Buttrick ordentlich gespielt, er hat noch einen kleinen Auftritt im dritten Teil der Kinofilmreihe. Leider erfährt man über ihn recht wenig. Ein Wiedersehen gibt es auch mit dem aus 11 TOS Folgen bekannten Crewmitglied Kyle, welcher es inzwichen zum Commander auf der Reliant geschafft hat. Er wird erneut von John Winston gespielt. Majel Barrett nahm ihre Rolle als Dr. Chapel nicht wieder auf, da Paramount die Roddenberry-Ehefrau nicht dabei haben wollte.
Publikumsliebling Pavel Chekov wurde mit der Beförderung zum
ersten Offizier der Reliant eine ungewöhnlich große Rolle
zuteil. Walter Koenig hat damit wohl seinen größten Auftritt in
Star Trek. Er darf natürlich wieder einige seiner berühmten
Schreie zum Besten geben. Da Chekov in der ersten TOS Staffel
und damit auch in der Khan-Episode 1.22: Der schlafende Tiger noch nicht
in der Serie mitspielte, ergibt sich der oft erwähnte Fehler,
dass Khan ihn erkennt, obwohl er Chekov ja offensichtlich gar
nicht kennen kann. Walter Koenig war sich dieses Fehlers
durchaus bewusst, sagte aber absichtlich nichts, um nicht seine
ungewöhnlich große Rolle an George Takei zu verlieren. Die Fehler des Films
Dies ist auch bei weitem nicht der schwerwiegendste Fehler.
Viel gravierender ist es, dass die ganze Ausgangssituation des
Films wenig überzeugt. Unglaubwürdig ist es auch, dass die Enterprise nach den Ereignissen in Star Trek - Der Film schon wieder das einzige Raumschiff in Reichweite ist. Das letzte Mal war die Enterprise in einem miserablen technischen Zustand, dieses Mal hat man lediglich eine Trainingscrew bestehend aus Kadetten an Bord, was auch nicht viel besser ist. Offenbar ist die Erde noch immer völlig ungeschützt. Die Director's EditionIm Jahr 2002, 20 Jahre nach dem Kinostart des Films erschien auf DVD ein Director's Cut des Films. Hier schafften es einige Szenen wieder in den Film, welche vor dem Kinostart geschnitten worden waren. Es handelt sich dabei um eher kleine Szenen, die den Film insgesamt lediglich um 4 Minuten verlängern. Hinzugekommen sind folgende Szenen:
Die Synchronisation
Die deutsche Version fällt zunächst vor allem durch einige
Änderungen bei den Synchronstimmen auf. Die
Originalsynchronsprecher von McCoy und Uhura waren einige
Monate vor Erscheinen des Films gestorben, weswegen man hier
neue Sprecher verpflichten musste. Auch Kirk erhielt eine neue
Stimme, weil man offensichtlich befürchtete der viel
beschäftigte Gert-Günther Hoffmann wäre zu teuer, weswegen man
ihn dann auch gar nicht erst fragte. Die 4 anderen
Hauptpersonen erhielten die selben Sprecher wie im ersten Film,
womit die deutschen Stimmen im einzelnen wie folgt besetzt waren:
Klaus Sonnenschein (Kirk), Herbert Weicker (Spock), Christian
Rode (McCoy), K.E. Ludwig (Scotty), Elmar Wepper (Chekov),
Joseline Gassen (Uhura), Helmut Gauß (Sulu). Etwas störend auf
das Verständnis des Films wirkt sich natürlich mal wieder die
Synchronisation der Originalserie aus, da es diese nicht
unbedingt gut gemeint hat mit der Episode 1.22: Der schlafende Tiger, auf der
der Film beruht. Zum Beispiel waren in der deutschen Version
der TV-Episode die eugenischen Kriege in die Jahre 2092-2096
verlegt worden, während sie hier im Film originalgetreu in den
Jahren 1992-1996 stattfanden. Auch von der Heirat zwischen Khan
und Marla McGivers erfuhr man in Deutschland nichts, weswegen
man Khans Hinweis auf seine Frau im Film nicht kapiert. FazitDie endgültige Bewertung des Films ist schnell erledigt. Die Spannung des Films lässt kaum zu wünschen übrig, es kommt in den ganzen 111 Minuten keinerlei Langeweile auf. Mehr kann man nicht erwarten. Obwohl der Film mit einem für eine Kinoproduktion lächerlich kleinen Budget von 11 Millionen Dollar (der erste Kinofilm hatte fast das vierfache gekostet) auskommen musste, wurde vor allem das abschließende Gefecht zwischen der Reliant und der Enterprise im Mutara-Nebel brilliant inszeniert. Dabei ist besonders erfreulich, dass man bei dieser Schlacht, die an U-Boot Filme erinnert, ausnahmsweise Mal in 3 Dimensionen gedacht hat und nicht wieder eine zweidimensionale Weltraumschlacht inszenierte. Nicht nur die finale Schlacht, auch die übrigen Effekte sind durchaus gelungen und angesichts des knappen Budgets sicher erste Sahne. Lediglich das Innenleben der Enterprise wirkt ein wenig billig, kann aber trotzdem überzeugen. Die Handlung des Films ist ohne Frage sehr gut. Dem Film liegt ein gutes Skript mit viel Charme und Humor zu Grunde. Durch viele gelungene Charaktermomente wird der Film abgerundet, dabei sind die Figuren und ihre Beziehungen untereinander wohl durchdacht. Alles in allem eine äußerst gelungene Fortsetzung einer Geschichte aus der Originalserie. Das erste Highlight der Kinofilmreihe.
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-------------------------------- Ausdruck vom: 23. 11. 2024 Stand des Reviews: 15. 11. 2024 URL: http://www.startrek-index.de/tv/tms/st2_mw.htm |