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ENT 2.1 Die Schockwelle Teil II


Shockwave Part II

von Andreas Schlieck

Episodenbeschreibung

Wir erinnern uns. Der erste Teil endete in folgender Konstellation:
Captain Archer ist in der Zukunft gefangen während die Suliban die Enterprise gestellt haben. Die Handlung des zweiten Teils schließt nahtlos an:

T'Pol ruft erneut Silik und beteuert, dass sie nichts vom Verbleib des Captains wüsste. Sie bietet Silik an, sich an Bord der Enterprise selber ein Bild zu machen. Silik willigt ein.

Archer und Daniels streifen durch die Ruinen der in Asche liegenden Zukunft. Daniels erkennt, dass die Auswirkungen auf die Zeitlinie fatal sind. Das Fehlen eines Denkmals lässt erahnen, dass es die Föderation niemals gegeben hat. Archer und Daniels betreten eine große Bibliothek. Sie suchen dort nach Antworten während die Suliban an Bord der Enterprise tatsächlich keine Spur von Archer finden, stattdessen aber eine temporale Signatur. Silik lässt die Crew in ihren Quartieren einsperren.

Unterdessen trifft der vulkanische Botschafter Soval auf Admiral Forrest im Sternenflottenkommando in San Francisco. Soval ist sichtbar aufgebracht darüber, dass die Enterprise nicht am vereinbarten Treffpunkt aufgetaucht ist. Er erhebt schwere Anschuldigungen Archer gegenüber und lässt ein Schiff der Vulkanier die Verfolgung aufnehmen. Admiral Forrest verteidigt jedoch den Captain.

Silik hat die Enterprise zur Helix bringen lassen. Er versucht seinen Auftraggeber aus der Zukunft zu kontaktieren um neue Anweisungen zu bekommen, jedoch bleibt er erfolglos.
Archer und Daniels stöbern weiterhin durch die Bibliothek auf der Suche nach Antworten. Daniels erkennt, dass die Zeitlinie dadurch zerstört wurde, dass er den Captain aus der Vergangenheit geholt hat. Er fasst den Entschluss den Captain zurückzuschicken. Er plant ein Kommunikationsgerät zu entwickeln, mit welchem man in die Vergangenheit kommunizieren kann.
An Bord der Helix verhört Silik eine unter Drogen gesetzte T'Pol. T'Pol erzählt Silik von Daniels, und dass der Captain Daniels vor zwei Tagen getroffen hätte.

Trip Tucker hat eine Möglichkeit gefunden, über das EPS-Leitungsnetz mit Malcolm zu kommunizieren. So kann er mit den anderen Brückenoffizieren Kontakt aufnehmen, um den Ausbruch zu planen. Unterdessen schreiten die Arbeiten an dem "Zeit-Kommunikator" voran; Archer hilft Daniels bei der Konstruktion.

Szenenwechsel:
T'Pol, völlig erschöpft und noch immer unter dem Einfluss der Drogen, befindet sich in ihrem Quartier als Captain Archer plötzlich als schwache Lichterscheinung über ihrem Bett auftaucht. Archer erklärt T'Pol, dass sie ein Gerät aus Daniels' ehemaligem Quartier holen muss. Dazu muss sich die Crew der Enterprise aber zunächst befreien.
Hoshi schlängelt sich durch Lüftungsschächte zunächst zum Quartier von Dr. Phlox, wo sie medizinisches "Betäubungsgerät" in Empfang nimmt, dann weiter in Malcolms Quartier. Die Aktion kann beginnen.

T'Pol sitz auf dem Boden außerhalb Ihres Quartiers. Sie scheint völlig verstört zu sein und nicht bei vollem Bewusstsein. Zwei Suliban Soldaten greifen sie auf. Dabei werden sie von Malcolm und Trip überrascht. Jetzt kann Malcolm sich daran machen, in Daniels' Quartier nach dem Gegenstand zu suchen, von dem Captain Archer gesprochen hat. Als er das Quartier wieder verlässt, wird er jedoch von den Suliban gefangen genommen.
Malcolm wird daraufhin von Silik in die Mangel genommen. Silik will wissen, was das für ein Gerät sei. Malcolm erklärt schließlich unter großen Schmerzen, dass das Gerät dazu gedacht sei, "jemanden" zu kontaktieren. Dies hätte ihm Captain Archer gesagt.
T'Pol und Trip sind derweil im Maschinenraum angelangt, wo sie sich an dem Warp-Reaktor zu schaffen machen um einen Reaktorbruch herbeizuführen. Die Suliban evakuieren die Enterprise und schleppen sie in eine sichere Distanz zur Helix. Hier jedoch scheinen die Schäden an der Enterprise verschwunden zu sein. Die Enterprise geht auf Warp-Geschwindigkeit. Der Reaktorbruch war nur vorgetäuscht.

Silik versucht unterdessen mittels des Kommunikationsgerätes aus Daniels' Quartier seinen Auftraggeber aus der Zukunft zu kontaktieren um neue Anweisungen zu erhalten. Tatsächlich erscheint der bekannte schwarze Schatten inmitten der Lichtsäule. Plötzlich jedoch springt eine Person aus dem Strahl heraus. Es ist Captain Archer. Er überwältigt Silik.
Die Enterprise wird von Suliban-Schiffen verfolgt und gerät dabei unter heftigen Beschuss. Plötzlich brechen die Suliban den Angriff ab. Ein einzelnes Suliban-Schiff nähert sich. Es ruft die Enterprise: Es ist Captain Archer, der Silik als Geisel genommen hat.

Abschließend kommt es zu einer Diskussion zwischen Botschafter Soval, Admiral Forrest und der Crew der Enterprise. Obwohl die Enterprise erwiesenermaßen nicht verantwortlich war für die Zerstörung der Minenkolonie, will Botschafter Soval dennoch dafür sorgen, dass die Mission der Enterprise beendet wird. Captain Archer bittet um etwas mehr Zeit, die Menschen würden aus ihren Fehlern lernen, wenn ihnen nur die Chance dazu gegeben würde. Erst als T'Pol sich offen auf die Seite des Captains stellt und schwere Vorwürfe gegen das vulkanische Oberkommando erhebt, indem sie auf die vulkanische Spionagestation auf P'Jem hinweist, beendet Soval sichtbar empört die Konferenz und zieht verschnupft ab.

Die Mission der Enterprise geht weiter.


Bewertung
"Die Schockwelle, Teil 1" endet in einem wunderbaren Cliffhanger der die Erwartungshaltung für Teil 2 natürlich entsprechend in die Höhe treibt. Und eigentlich kann bei der Fortsetzung, zumindest auf dem Papier, nicht viel schief gehen. Das Drehbuch stammt aus denselben Federn (Braga, Berman) und mit Alan Kroeker wurde auch der gleiche Regisseur verpflichtet, der auch schon für Teil 1 verantwortlich zeichnete. Die Grundvorraussetzungen sind also eigentlich alle gegeben. Leider ist die Fortsetzung dann doch eine herbe Enttäuschung. Warum das so ist wird hoffentlich nach Lektüre der folgenden Zeilen etwas klarer sein.

Zunächst zum positiven Aspekt von "Die Schockwelle, Teil 2",
der Technik. Die SFX bewegen sich durchweg auf gewohnt gutem bis sehr gutem Niveau. Die Trick-Aufnahmen aus der zerstörten Zukunft fangen die Endzeit-Atmosphäre gut ein. Im krassen Gegensatz dazu die "high-end" Sequenz des vorgetäuschten Warpkernbruchs und die Kampfszenen zwischen den Suliban-Schiffen und der Enterprise. Die SFX Crew hat hier wirklich (wieder einmal) ganze Arbeit geleistet. Sehr gute 5 Punkte sind der verdiente Lohn. Auch wenn sich mittlerweile der Zuschauer an die hervorragende Qualität der Effekte bei ENT gewöhnt haben mag, ändert das nichts an der Tatsache, dass hier absolut Überdurchschnittliches geboten wird. Zu 6 Punkten reicht es aber nicht ganz und das liegt an den Szenen auf der Helix. Waren die Sequenzen im Pilotfilm"Aufbruch ins Unbekannte" teils spektakulär, man denke an die optischen Zeitverzerrungen, so ist davon nichts mehr zu sehen. Die unspektakuläre Beleuchtung sorgt schließlich dafür, dass die Helix der Suliban ihr einst geheimnisvolles Ambiente verloren hat.

Das Problem der zweiten Schockwelle ist eindeutig die Geschichte, die extrem konstruiert ist und eine Vielzahl unglaubwürdiger Wendungen aufzuweisen hat.
Die Prämisse des ersten Teils ist ja, dass es "keine Möglichkeit gibt" (Zitat Daniels) Archer wieder in die Gegenwart zurückzuschicken. Dieses zentrale Handlungselement macht den perfekten Cliffhanger aus, den der erste Teil darstellt. Die Lösung dieses Problems ist dementsprechend auch das, was die Spannung ausmacht. Leider präsentieren Rick Berman und Brannon Braga eine Lösung, die diese Spannung wie ein Kartenhaus zusammenbrechen lässt. Mit Archers Kommunikator und dem Scanner baut Daniels unter Zuhilfenahme einiger "Eisenteile" in Windeseile ein Gerät, mit welchem man durch die Zeit zurück kommunizieren kann. "Das lernt man in der High-School", sagt Daniels. Dafür, dass es anfänglich keine Möglichkeit gab, Archer zurückzuschicken, ist die Lösung dann am Ende doch so einfach, dass sogar Schüler sie hätten realisieren können. Nach dieser Wendung in der Handlung ist in Sachen Spannung die Luft raus.

Es gibt aber weitere höchst unglaubwürdige und unwahrscheinliche Szenen. Beispielsweise stellt Daniels fest, dass es bei der Übertragung sehr schwierig sei, den genauen Tag in der Vergangenheit zu treffen, an welchem Archer verschwand. Zwar habe er die Koordinaten der Enterprise (fragt sich woher, denn sie befinden sich ja in einer anderen Zeitlinie, von daher kann er nicht wissen wo sich die Enterprise aufhält), jedoch den genauen Zeitpunkt zu treffen sei schwierig. Trotzdem gelingt das Kunststück, dass Archers Bild genau in dem Zeitpunkt in T'Pols Quartier erscheint, als diese sich von dem Verhör durch die Suliban erholt.
Ein weiteres Beispiel: Daniels erklärt, dass die Zeitlinie unterbrochen wurde, als Archer aus der Gegenwart in die Zukunft geholt worden ist. Als er jedoch Archer im ersten Teil in die Vergangenheit geholt hat, hatte das keinerlei Auswirkungen.
Man könnte nun meinen, dass das alles sowieso unmöglich ist, dass in einer Utopie nun einmal alles möglich ist und es von daher keine Rolle spielt. Der Trick ist jedoch, das wissenschaftlich Unmögliche in einem wissenschaftlich ernsthaften Kontext darzustellen. Dadurch wird eine Utopie glaubwürdig. Genau dieses passiert aber in "Die Schockwelle, Teil 2" gerade nicht.

Die erwähnte arg konstruierte Handlung wird an folgendem Beispiel deutlich. Der Plan Archer aus der Zukunft zurückzuholen sieht so aus: Reed dringt in Daniels' Quartier ein und holt ein spezielles Gerät. Dabei lässt sich Reed erwischen und im anschließenden Verhör lügt Reed dann Silik vor, dass er das Gerät zerstören sollte, und dass man mit dem Gerät jemanden kontaktieren könne. Silik sieht nun die Möglichkeit, das Gerät dazu zu verwenden um seinen Auftraggeber aus der Zukunft zu kontaktieren, hatte er doch zuvor Probleme damit. Nur bringt dieses Wundergerät eben keine Kommunikation mit dem ominösen "Future Guy" zustande, sondern ermöglicht es Archer in die Vergangenheit zurückzukehren, indem er einfach aus dem Lichtstrahl herausspringt.
Der Punkt ist nur, dass Archer und Daniels überhaupt nichts von den Schwierigkeiten Siliks seinen Auftraggeber zu kontaktieren wussten. Wieso nehmen sie dann also an, dass Silik das Gerät genau so einsetzen wird, damit Archer zurückkehren kann? Eigentlich haben sie nicht genug Informationen, um diesen Plan überhaupt zu entwickeln (es sei denn sie hätten einen Blick in das Drehbuch geworfen).

Die nächste Szene, die im höchsten Maße unglaubwürdig ist, ist der vorgetäuschte Bruch des Warpkerns. Trip Tuckers Fähigkeiten in Ehren, aber was er da nach nur wenigen Minuten Vorbereitungszeit an Effekten in den Maschinenraum und den Antrieb zaubert, das ist dann doch höchst unglaubwürdig. TNG´s Geordi LaForge kann da nur den Hut ziehen.

Was die Handlung dann aber letzten Endes in die Lächerlichkeit abgleiten lässt ist die Szene, in welcher Archer Silik überwältigt und mit Silik als Geisel im Gepäck den Angriff der Suliban auf die Enterprise stoppt.
Erstens scheint es sehr unwahrscheinlich, dass Silik so wichtig ist, die Suliban zum Abbruch des Angriffs auf die Enterprise zu bewegen. Im großen Temporalen Kalten Krieg ist Silik eigentlich nur ein kleiner Befehlsempfänger, daher ein eher entbehrlicher Charakter. Silik wurde zuvor schon "bestraft" (angeordnet von dem Auftraggeber aus der Zukunft, ausgeführt jedoch von Suliban!) für sein Scheitern in "Aufbruch ins Unbekannte" und Siliks erster Offizier drängt ihn geradezu, die Enterprise zu zerstören. In diesem Zusammenhang gesehen ist es einfach nicht glaubwürdig, dass die Suliban den Angriff stoppen, nur weil Siliks Leben in Gefahr ist.
Zweitens lässt Archer Silik einfach auf seinem Schiff zurück. Er nimmt Silik N I C H T gefangen und verhört ihn auch nicht. Und das, nach allem was bisher geschehen ist? Diese Handlungsweise passt einfach überhaupt nicht zu dem leidenschaftlichen Captain Archer, den wir in der ersten Staffel kennengelernt haben, und schon gar nicht zu dem Captain Archer, der in Staffel 3 sogar vor Folter und Angriff auf Unschuldige nicht zurückschreckt. Aber er lässt Silik einfach zurück. Warum, das wissen wohl nur die Herren Berman und Braga. Fast scheint es, als konnte die Geschichte um den Temporalen Kalten Krieg nicht weitergeführt werden, weil die zukünftige Handlung noch nicht entwickelt war und deshalb Silik einfach zurückgelassen werden musste. Diesen Eindruck verstärkt noch die nächste Episode in diesem Handlungsstrang "Die Zukunft", die ebenfalls recht ziellos die Geschichte des Temporalen Kalten Kriegs weiterführt.
Die Handlung in "Die Schockwelle, Teil 2" kann nur als mangelhaft bezeichnet werden; auch eine phantastische Geschichte braucht ein Mindestmaß an innerer Logik. Und diese fehlt hier fast vollständig.

Produktionstechnisch dagegen gibt es an der zweiten Schockwelle nichts auszusetzen: Kamera, Schnitt, Effekte auf der einen Seite, die guten Leistungen der Darsteller auf der anderen Seite. Man merkt der gesamten Inszenierung deutlich an, dass mit Alan Kroeker ein Routinier am Werke war. Und das rettet am Ende die Folge vor einem noch größeren künstlerischen Absturz.
Interessant an "Die Schockwelle, Teil 2" ist die Schlussszene, in welcher Captain Archer versucht die Vulkanier davon zu überzeugen, dass die Mission der Enterprise fortgesetzt werden kann. Letzten Endes aber ist es T'Pol, die durch ihre offene Kritik an der Politik der Vulkanier bewirkt, dass dies tatsächlich gelingt. Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich T'Pol im Verlauf der ersten Staffel gewandelt hat. Diese Entwicklung wird im Verlauf der zweiten Staffel kontinuierlich weitergeführt und findet schließlich im Finale der zweiten Staffel ihren vorläufigen Höhepunkt, indem T'Pol ihren Posten beim vulkanischen Oberkommando kündigt.

Fazit:

"Die Schockwelle, Teil 2" fügt der bisher spannenden Story des Temporalen Kalten Krieges mehr Schaden zu, als sie ihr nützt. Aus einstigen ernstzunehmenden Gegnern (Silik) werden weinerliche Befehlsempfänger (Silik, der verzweifelt versucht seinen Auftraggeber zu kontaktieren). Dabei verstand es John Fleck so wunderbar, den fiesen, unsichtbaren und eiskalten Silik darzustellen ("Aufbruch ins Unbekannte" und "Der kalte Krieg"). Archers nicht nachvollziehbare Handlungsweise bewirkt vor allem, dass sich der Zuschauer fragt: "Was soll das eigentlich alles?".
Als Zuschauer kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass die Geschichte um den Temporalen Kalten Krieg nicht durchdacht ist und dass es ihr an innerer Logik mangelt. Am Ende der zweiten Staffel wird dann sogar die Xindi-Storyline mit der des Kalten Krieges verknüpft, um dann endlich in einem enttäuschenden Finale zu Beginn der vierten Staffel mit einem Gewaltakt beendet zu werden. Und als Zuschauer kann man eigentlich darüber nur froh sein.
Denn so ist der Weg frei für eine bessere "Enterprise", die sich auf ihre Stärken besinnt und nicht verzweifelt versucht, etwas zu sein was sie nicht ist, nicht sein kann und auch nicht sein sollte.

Spannung: 4 SFX: 5 Handlung: 2 Gesamt: 3
Zusammenhänge
  • Die Episode ist der direkte Nachfolger zu "Die Schockwelle, Teil 1", dem Finale der ersten Staffel
  • Die Geschichte um den Temporalen Kalten Krieg wird weitergeführt in "Die Zukunft" und "Die Ausdehnung". Den Abschluss findet sie dann schließlich in "Sturmfront".
  • T'Pol kritsiert das vulkanische Oberkommando und bezieht sich auf die Zertörung des Tempels P'Jem ("Doppeltes Spiel")
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Ausdruck vom: 21. 11. 2024
Stand des Reviews: 15. 11. 2024
URL: http://www.startrek-index.de/tv/ent2_1.htm