Wen der Zorn trifft
von Andrej Schwabe, 18.05.2018
Inhalt:
Einige Schiffe der Full-Circle-Flotte, die die Sternenflotte in den
Delta-Quadranten geschickt hat, werden zu den "Kindern des Sturms"
geschickt, einer mysteriösen Rasse, die scheinbar sehr effektiv
Borg-Schiffe zerstören konnte. Die "Kinder des Sturms" haben
allerdings bereits früher die Sternenflotte davor gewarnt, ihr
Territorium zu betreten.
Es liegt auf der Hand, dass diese Konstellation nicht gut ausgehen
kann. Tatsächlich verliert die Flotte den Kontakt zu den
ausgesandten Schiffen. Schließlich erhält die USS Voyager den
Auftrag, die Sache aufzuklären.
Kritik:
Die "Kinder des Sturms" hatten ihren ersten Auftritt in der
Borg-Saga "Destiny"
("Gewöhnliche Sterbliche"),
als die USS Aventine unter Captain Dax einen der Subraumtunnel
erkundete, die zu den Borg führten. Bereits bei dieser Begegnung
wurde ihr zerstörerisches Potential klar, denn die Aventine fand
die Kinder zwischen Trümmern von Borg-Schiffen. Ihr Aussehen ist
ungewöhnlich - sie leben in Sphären, die mit giftigen Substanzen
gefüllt sind - und sie interagieren mit dem telepathischen Teil der
Besatzung. Dabei stießen sie die unmissverständliche Warnung aus,
nie wieder in ihr Territorium einzudringen.
Dass man sich angesichts dieser Erlebnisse trotzdem entschließt,
die Kinder zu erforschen, mag man als naiv betrachten - und
tatsächlich läuft wieder alles schief, was schief laufen kann. Die
scheinbar aussichtslose Situation bietet aber auch einigen neuen
Charakteren den Raum, sich zu entwickeln.
So greifen die Kinder sofort die ausgesandten Schiffe an, zerstören
dabei gnadenlos die USS Planck und zwingen die USS Quiral zum
Absturz. Sie übernehmen die geistige Kontrolle über
Besatzungsmitglieder und nehmen schließlich die USS Demeter
gefangen.
Bis hierhin fällt es schwer, der unübersichtlichen Handlung zu
folgen, denn die Leser werden bombardiert mit den Perspektiven
vieler unbekannter Besatzungsmitglieder auf den unterschiedlichen
Schiffen. Die Strukturierung in Rückblicken macht das Ganze auch
nicht einfacher. Insgesamt fehlt der Handlung dadurch lange Zeit
Tiefe.
Im weiteren folgt Beyer den Geschehnissen auf der im Schwebezustand
vor der Zerstörung stehenden Demeter und erlaubt uns dabei, die
Besatzung kennenzulernen. Dass gerade die Demeter verschont wird,
ist kein Zufall, wie sich später herausstellt, denn offenbar
interessieren sich die Kinder für Botanisches, von dem es reichlich
in Form von Gärten und Lagerräumen auf dem Schiff gibt. Eine
spannende Dynamik entwickelt sich, denn während Commander O'Donnell
als eigensinniger Botanikexperte fest überzeugt ist, eine Lösung
finden zu können, ist das Vertrauen seiner Untergebenen -
insbesondere des jungen Lt. Commander Fife - in ihn angesichts
seines exzentrischen Verhaltens eher gering. Man schlittert
zusammen in eine heftige Meuterei, rauft sich dann aber doch
angesichts der dramatischen Lage zusammen. Schließlich gelingt es
ihnen sogar, die Hintergründe hinter dem Zorn der Kinder zu
verstehen und den Kindern zu helfen - und sich dabei selbst zu
retten.
Das gegensätzliche Duo O'Donnell und Fife taucht im Roman
"Erbsünde" wieder auf.
Währenddessen arbeitet Beyer auf der Voyager routiniert (um nicht
zu sagen gelangweilt) offene Themen ab: Harry Kim und Tom Paris
finden nach einigem umständlichem und länglichem Hin und Her wieder
als Freunde zusammen, nachdem B'Elanna in
"Projekt Full Circle"
von den Toten "wiederauferstand" und einen weitreichenden Eklat
zwischen den beiden Freunden auslöste. Ein bisschen wirkt diese
Nebenhandlung inzwischen wie eine ausgequetschte Zitrone und
angesichts der langanhaltenden Dissonanzen ist man überrascht, wie
tief der Bruch zwischen den beiden gegangen sein muss. Aber am Ende
richtet es - in typisch stereotyper Voyager-Art - ein neues
Abenteur mit Captain Proton und alles ist vergessen und
vergeben.
Chakotays rachsüchtiges Auftreten hingegen wirkt bedenklich, so
dass man fast froh ist, dass früher Janeway die Voyager geführt
hat: Ständige Selbstvorwürfe, vorschnelle Urteile und selten eine
eigene Meinung. Chakotay scheint sich immer noch nicht selbst
gefunden zu haben, nachdem Janeway von den Borg ermordet wurde
("Projekt Full Circle",
"Heldentod").
"Kinder des Sturms" ist sicherlich ein viel zu langer Roman, der in
kürzerer Form die spannenden Aspekte der Handlung um die Kinder
besser zur Geltung gebracht hätte. Auf der Voyager deutet sich
derweil die Überleitung zum nächsten Roman
"Ewige Gezeiten" an,
denn Flottenkommandantin Afsarah Eden beginnt ihre Herkunft zu
hinterfragen.
Infos:
Star Trek: Voyager
Band 7
Titel: Kinder des Sturms (Children of the Storm)
Autor: Kirsten Beyer
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2015, USA: 2011
Deutsche Übersetzung von René Ulmer
Preis: 12,80 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
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Andrej Schwabe.