Yin und Yang
von Andrej Schwabe, 22.03.2017
Inhalt:
Die Herkunft von Flottenadmiral Afsarah Eden, die die Flotte im
Delta-Quadranten befehligt, wirft immer mehr Fragen auf, als der
Doktor eine gründliche Analyse ihrer genetischen Daten durchführt.
Eden glaubt auch bereits, den Planeten zu kennen, auf dem sie
Antworten auf ihre Fragen bekommen könnte. Doch die Antworten, die
sie erhält, sind viel grundlegender, als sie sich vorgestellt hat.
Und am Ende tauchen Q und Janeway auf.
Kritik:
Nachdem sie in "Heldentod"
ziemlich plump von der Star Trek-Bühne gefegt wurde, indem
ausgerechnet sie von den angriffslustigen Borg assimiliert wurde,
verkündet das Buchcover von "Ewige Gezeiten" mit der lächelnden
Janeway nun ihre unerwartete Rückkehr. Dass das nicht ganz einfach
zu bewerkstelligen ist, lässt sich gut an Kirsten Beyers
aufwendiger Gymnastik ablesen, die sie betreiben muss, um dabei die
Konsistenz des Star Trek-Universums intakt zu halten. Denn warum
sollte nur Janeway von den Toten zurückkehren? Letztendlich muss
sie dafür nicht nur Q und sein Kontinuum bemühen, sondern auch eine
standesgemäße Bedrohung (die Vernichtung des ganzen Multiversums)
zurechtzaubern. Freilich darf man bei Janeways Wiederauferstehung
nichts Geringeres erwarten.
"Ewige Gezeiten" zerfällt in zwei größere Teile: Während Janeway am
Ende mit all ihrer Erfahrung den Q beistehen muss, wartet am Anfang
eine ausführliche Erkundung der Herkunft von Eden - zunächst
erstmal losgelöst davon.
Eden kann mit einer bewegten Vergangenheit aufwarten, in der sie
als Kind mit ihren zwei Patenonkels Jobin und Tallar die Galaxis
auf der Suche nach archäologischen Sensationen durchstreifte.
Offenbar sind die beiden umtriebigen Neugierigen auf ihren Reisen
mit dem mysteriösen Delta-Kontinuum in Kontakt gekommen, das mit
den berüchtigten Delta-Partikeln in enger Beziehung steht (VOY:
"Die Omega Direktive") und
mindestens genauso mächtig zu sein scheint. Kirsten Beyer erzählt
die Erinnerungen Edens spannend; bis hin zu eindrücklichen Passagen
im Delta-Kontinuum.
Was hingegen überhaupt nicht überzeugt, ist die recht ermüdende und
ehrlich gesagt inzwischen ganz schön ausgelutschte Story um die
größte Bedrohung, die die Menschheit je gesehen hat und die selbst
die Q das Fürchten lehrt (wie z.B. schon in
"Quintessenz"). Die
Gegenüberstellung von Q- und Delta-Kontinuum klingt zunächst zwar
nett, stellt sich aber bei näherem Hinsehen einfach nur als bloße
Einfallslosigkeit in Reinkultur heraus. Beyer kann dem Ganzen
nichts abgewinnen außer immer krassere Eskalationen, bis am Ende
das Multiversum vor der Auslöschung steht. Dabei durchzieht viel
Fachsimpelei den Roman - zum Glück etwas aufgelockert durch Qs
rotzige Kommentare - bis dann wenig überraschend klar wird, dass Q-
und Delta-Kontinuum aufeinander zugehen sollten.
Was den Bodycount angeht: Wie in "Kinder des Sturms" beklagt die
Delta-Quadrant-Flotte wieder unbeschreibliche Verluste, als mehrere
Schiffe vernichtet werden und hunderte Menschen ihr Leben lassen
mussten. Aber auch das ist inzwischen nicht mehr neu und wird zudem
nicht besonders packend rübergebracht.
Ungünstigerweise verdirbt es uns Beyer mit dem einzigen
erfrischenden Charakter des Voyager-Relaunchs: Counselor Cambridge.
Leider geht er jetzt den Weg, den schon fast alle männlichen
Voyager-Charaktere genommen haben: Er verliebt sich in Seven. Das
ist nicht nur beleidigend uninspiriert, sondern lässt Seven (ein
weiteres Mal) wie ein sexistisches Stereotyp wirken. Schade
dass Beyer nichts besseres einfällt, als dass sich ein reiferer
Mann (Chakotay, der Doktor, Kim) um die im Kindesalter von den Borg
Assimilierte kümmert.
Überhaupt mutet uns Beyer mit den Charakteren einiges zu, ohne dass
sie es schafft, ihnen wenigstens im Rahmen des Voyager-Relaunchs
einen Hauch von Mehrdimensionalität hinzuzufügen: Cambridge nervt
mit seinen schnippischen, überheblichen Kommentaren. Das ist weder
lässig noch cool sondern einfach nur dämlich. Kim wird lächerlich
gemacht mit seinen tollpatschigen Dating-Versuchen mit Chefingenieur
Nancy Conlon (wie alt ist er inzwischen?). Und Chakotay, eh schon
nicht mit besonders aufregender Charakterisierung gesegnet, scheint
nun wieder schön unter Janeways Latsch zu stehen. Im Wesentlichen
ist also alles wieder so, wie es am Ende der TV-Serie schon mal
war.
"Ewige Gezeiten" besticht in den Momenten, wenn Eden alles daran
setzt, ihre Herkunft zu erforschen. Obwohl es schade ist, dass nach
Admiral Baptiste der nächste wichtige Charakter die Voyager
verlässt, kommt mit Janeway wenigstens ein alter Charakter zurück.
Das kann nur als Vorteil für den vor sich hinplätschernden
Voyager-Relaunch gesehen werden und weckt die Erwartung auf
peppigere Geschichten.
Infos:
Star Trek: Voyager
Band 8
Titel: Ewige Gezeiten (The Eternal Tide)
Autor: Kirsten Beyer
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2016, USA: 2012
Deutsche Übersetzung von René Ulmer
Preis: 12,99 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
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