Der dunkle Planetenbund
von Andrej Schwabe, 16.11.2017
Inhalt:
Die in "Bewahrer" begonnenen
Handlungsstränge werden fortgesetzt: Auf der Erde versucht Seven
zusammen mit ihrer alten Borg-Flamme Axum (VOY:
"Unimatrix Zero") der
mysteriösen Seuche auf die Spur zu kommen, die einige
Föderationswelten in Atem hält. Diese Seuche steht scheinbar mit
den Catomen in Verbindung, die die Caeliar in ehemaligen Borg als
Implantatersatz zurückgelassen haben. Als ihre Untersuchungen immer
mehr Ungereimtheiten zu Tage fördern, beginnt Seven unbequeme
Fragen zu stellen.
Ebenfalls auf der Erde muss sich Paris einer ungewöhnlichen
Sorgerechtsklage seiner Mutter stellen: Sie behauptet, dass Toms
Tochter und sein zukünftiger Sohn in Gefahr seien.
Im Delta-Quadranten erkundet die Föderationsflotte weiter die
Konföderation, auf die sie zufällig getroffen ist. Beide Seiten
sind neugierig aufeinander und können sich eine Allianz vorstellen.
Die Crews der Sternenflotten-Schiffe werden daher eingeladen, die
Raumschiffe und die Welten der Konföderation zu besuchen. Dort
stoßen sie auf eine ungewohnte Gesellschaft.
Kritik:
Durch die drei sehr unterschiedlichen Handlungsstränge schwankt der
Roman zwischen spannenden Entdeckungen (Konföderation),
Kaugummi-Gefühl (Seven) und ollem Soap-Opera-Gelaber (Paris).
Kirsten Beyer muss morbide Hintergedanken gehabt haben, denn sie
lässt Seven quälend lange die geheimnisvolle Seuche untersuchen.
Nicht nur dass sich ihr Ex-Lover Axum und ebenso die zuständige
Mediziner-Gruppe der Sternenflotte höchst seltsam verhalten: So
lange hat sich Seven bisher noch nicht um den Finger wickeln
lassen, bis sie endlich Eigeninitiative ergreift, um die wahren
Verursacher der Krankheit dingfest zu machen.
Neben diesem erstaunlichen Phlegmatismus machen auch kleinere
Details die Situation nur noch unglaubwürdiger wie zum Beispiel
Riley Frazier. Sie gehörte einer Gruppe ehemaliger Borg an (VOY:
"Die Kooperative"), die
von der Voyager gerettet wurden ("Bewahrer").
Frazier ist jetzt wieder im Sternenflotten-Dienst - nur um
passenderweise das nächste Opfer zu werden.
Der arme Holodoc, inzwischen wieder auf der Voyager und ebenfalls
auf der Suche nach einem Heilmittel, macht offenbar eine
dramatische Transformation durch, die auf den ersten Blick nebulös
bleibt und hoffentlich im nächsten Roman thematisiert wird.
Glücklicherweise beschäftigt sich ein Großteil des Romans mit der
weiteren Erforschung der Konföderation. Beyer gestaltet das
Näherkommen erfrischend langsam und trotzdem interessant. Sie nimmt
sich Zeit diverse Facetten des Planetenbundes zu zeigen, der sich
so ganz anders organisiert darstellt als die Föderation.
Überwiegend sind es befremdete Blicke, die die
Sternenflotten-Offiziere aufsetzen, denn es offenbart sich ein
großer Unterschied zwischen Benachteiligten und Reichbegüterten,
was Janeway als "Kastensystem" bezeichnet. Beyer entwirft eine
Gesellschaft ohne Mitgefühl mit verheerenden Gesetzen, die unter
anderem Sippenhaft erlauben. Diese extreme Schichtung wirkt in den
meisten Fällen wie eine Zuspitzung heutiger Zustände und befindet
sich damit bei Star Trek in guter Gesellschaft (DS9:
"Gefangen in der Vergangenheit").
Während es spannend zu sehen ist, wie Janeway versucht, möglichst
viel über die Konföderation herauszubekommen und gleichzeitig die
Sicherheit der ihr unterstellten Schiffe zu gewährleisten, sind
manche Passagen hingegen etwas zu plakativ gestaltet.
Beispielsweise werden die "Schock"-Passagen mit dem Betazoiden
Lasren mit der Zeit etwas ermüdend, wenn er einmal zu oft die Leere
und die Besorgnis der Konföderierten spürt. Beyer bemüht sich aber
auch um ein differenziertes Bild der Konföderation: Sicherheitschef
Kim dient für kurze Zeit auf einem ihrer Schiffe und erwirbt das
Vertrauen eines Generals. Dieser überdenkt daraufhin als scheinbar
einziger seine Lage und die der Konföderation neu, nachdem sie auf
die Sternenflottenschiffe mit ihrem gänzlich anderen Weltbild
getroffen sind.
Schön mitzuerleben ist auch, dass Chakotay als Captain der Voyager
erfreulich rational agieren kann (im Gegensatz zu früheren Romanen)
und dass auf schmalzige Janeway-Chakotay-Storys verzichtet wird.
Einen nicht unbeträchtlichen Teil hätte sich Beyer aber locker
sparen können: Tom Paris' Sorgerechtsstreit. Nicht nur ist der
Ausgang dieses Handlungsstrangs von Anfang klar, es gibt auch
keinerlei Überraschungen. Interessant ist lediglich die
Kompromisslosigkeit und Ehrgeizigkeit seiner Mutter, die nach dem
Tod von Toms Vater offenbar dringend ein neues Hobby braucht.
Schon der Beginn der diplomatischen Beziehungen zur Konföderation
verläuft disharmonisch. Doch Beyer steigert den Einsatz zum Schluss
hin nochmal deutlich, wenn die Karten auf den Tisch gelegt werden:
Janeway wird durch eine trickreiche Wendung an feindliche Mächte
ausgeliefert, die an den gut bewachten Grenzen der Konföderation
lauern - unter ihnen einige gut bekannte Übeltäter aus dem
Delta-Quadranten.
Infos:
Star Trek: Voyager
Band 10
Titel: Erbsünde (Acts of Contrition)
Autor: Kirsten Beyer
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2017, USA: 2014
Deutsche Übersetzung von René Ulmer
Preis: 16,00 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
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Andrej Schwabe.
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