Janeway mit Reue?
von Andrej Schwabe, 25.04.2017
Inhalt:
Die USS Galen, die Teil der Erkundungsflotte im Delta-Quadranten
ist, wird zusammen mit dem Holodoktor in den Beta-Quadranten
zurückbeordert, um einen kürzlich aufgefundenen Caeliar zu
untersuchen. Auch Janeway ist mit an Bord, um sich dem
Sternenflotten-Kommando zu stellen.
Zur gleichen Zeit sucht die USS Voyager nach einer Beschäftigung im
Delta-Quadranten. Kim weist auf einen alten Funkspruch hin, den er
vor Jahren im Delta-Quadranten erhalten und nun entschlüsselt
hat. Dabei macht die Voyager eine viel größere Entdeckung als
ursprünglich erwartet.
Kritik:
"Bewahrer" enthält drei große Handlungsstränge, wovon der
wahrscheinlich interessanteste sich um die wiederauferstandene
Janeway dreht und mit den offenen Fragen aus
"Ewige Gezeiten"
befasst.
Janeway kehrt an Bord der Galen zurück auf die Erde. Allein das ist
schon eine bemerkenswerte Wendung, war man im Vorgänger "Ewige
Gezeiten" doch noch sicher, dass sie die "verstorbene"
Flottenadmiral Eden ersetzen und damit auf der Voyager
bleiben würde. Ganz im Gegenteil dazu muss sie sich nun auf der
Erde dem Vorwurf stellen, unzählige Tote auf dem Gewissen zu haben,
nachdem sie als Borg assimiliert wurde und ihnen bei ihren
Massakern geholfen zu haben. Kirsten Beyer zieht damit bewusst
Parallelen zu Picards Schicksal in
"Best of Both Worlds". Bei einem
Treffen macht Picard Janeway jedoch klar, dass sie als assimilierte
Borg nicht schuldfähig gewesen ist.
Doch nicht nur diese Vorwürfe nagen an ihrer Seele, sondern auch
die Zweifel, die angesichts der starken Dezimierung der
Delta-Quadrant-Flotte im Sternenflotten-Hauptquartier gären.
Letztlich schafft Janeway es natürlich, dass der Rest der
Erkundungsflotte nicht zurückgerufen wird. Aber der Weg dahin ist
für sie schwer - zwischenzeitlich zieht sie sich komplett von der
Sternenflotte zurück und lebt bei ihrer Mutter auf der Erde.
"Bewahrer" unterstreicht, dass Janeway zu den wenigen
mehrdimensionalen Charakteren im Voyager-Universum gehört.
Insbesondere ihre aufkeimenden Selbstzweifel sind sehr gut erzählt
im Kontrast zu den hohen Ansprüchen, die sie sonst an sich stellt
und die nun ins Wanken geraten. Alles in allem stellt der Roman ein
interessantes Gegenstück zum Roman "Projekt Full Circle" dar, der
davon handelte, wie die Voyager-Crew auf ihren Tod reagierte.
Janeway liegen die Menschen am Herzen, sie lebt für ihr Kommando
und scheint Angst vor dem Altenteil zu haben.
In einer der zwei Nebenhandlungen trifft der holographische Doktor
auf Sternenbasis 185 auf einen ehemaligen Borg, der zunächst als
Caeliar erscheint. Dass er sich für den Doktor schnell als der
schwerverletzte Axum ("Unimatrix Zero")
herausstellt, Sevens alte Flamme in der Unimatrix Zero, und die
Föderation eine große Geheimniskrämerei um ihn macht, macht die
Sache eigentlich nur noch interessanter. Hoffentlich wartet eine
spannende Auflösung im nächsten Roman auf uns.
Der dritte Handlungsstrang ist leider der schwächste und obgleich
der actionreichste. Ausgangspunkt ist die irritierende Frage
Chakotays, was die Voyager als nächstes im Delta-Quadranten
untersuchen sollte. Glücklicherweise findet Kim eine
herausfordernde Aufgabe und das Sternenflottenschiff trifft nach
einigen Versuchen auf die Hinterlassenschaften einer
hochentwickelten Zivilisation. Sie stammen von der rätselhaften
Konföderation der Ersten Welten, die die Voyager-Besatzung zunächst
willkommen heißt.
Erfreulicherweise reduziert Kirsten Beyer ein weiteres Mal das
peinliche Beziehungs-Blabla im Vergleich zu ihren letzten Romanen.
Nichtsdestotrotz bleiben uns seltsame Beziehungsgespräche zwischen
Seven und Counselor Cambridge (denn Seven hat grade nur Augen für
ihren Ex-Lover Axum). Dafür sind B'Elanna und Tom inzwischen
auf einem erträglichen Niveau angekommen, bei dem es größtenteils
um B'Elannas zweite Schwangerschaft geht und die psychologischen
Nachwirkungen der Verfolgung durch einen verrückten klingonischen
Orden in "Projekt Full Circle". Leider übertreibt es Beyer gleich
wieder, denn Tom Paris winkt eine unerklärliche juristische Klage
seiner Mutter, die ihre Enkelin bei sich wissen möchte. Besonders
negativ fällt diesmal wieder Chakotay auf, der als Captain keine
besonders gute Figur macht. Er ist beratungsresistent und
bedenklich emotional.
"Bewahrer" ist ein größtenteils Janeway-zentrierter Roman, der
daraus auch seine größten Stärken bezieht. Viele neue
Handlungsstränge werden gestartet: Janeway ist erfolgreich bei den
Verhandlungen mit dem Sternenflotten-Kammando und kehrt mit der
reparierten USS Vesta in den Delta-Quadranten zurück. Dort wartet
die undurchsichtige Konföderation auf ihre weitere Erforschung.
Währenddessen steht auf mehreren Föderationswelten eine schwere
medizinische Krise kurz vor dem Ausbruch, die offenbar nur der
Holodoktor und Axum lösen können.
Infos:
Star Trek: Voyager
Band 9
Titel: Bewahrer (Protectors)
Autor: Kirsten Beyer
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2016, USA: 2014
Deutsche Übersetzung von René Ulmer
Preis: 14,00 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
Fragen, Kritik oder Anregungen? Schreiben Sie an
Andrej Schwabe.