Brückenbauer
von Andrej Schwabe, 21.02.2018
Inhalt:
Nach der schweren Staatskrise, die durch Interimspräsident Ishan
Anjar ausgelöst wurde
("The Fall - Königreiche des Friedens"),
wird die Enterprise endlich auf eine lange Forschungsmission
geschickt. Das Ziel ist der weitgehend unerforschte Odysseische
Pass.
Dort trifft die Enterprise im System 3955 auf ein riesiges,
verlassen wirkendes Schiff. Untersuchungen fördern zu Tage, dass es
aus der Zukunft stammt. Kurz darauf wird auch die Besatzung im
Kälteschlaf vorgefunden und wiederbelebt.
Währenddessen tauchen Schiffe der Golvonek aus einem benachbarten
Sternsystem auf. Sie berichten von einem langen Konflikt mit den
Raqilan, den Bewohnern eines nahen Planeten. Sie verlangen die
Herausgabe des Schiffs und wollen es bergen.
Kritik:
Die Erforschung des rätselhaften Zeitreiseschiffs "Pfeil des
Schicksals" erstreckt sich über einen großen Teil des Romans. Trotz
vieler Untersuchungen liegt der Zweck des offenbar sehr mächtigen
und mit gefährlichen Waffen ausgestatteten Schiffs zunächst im
Dunkeln. Wir als Leser begleiten die einzelnen Teams und werden mit
vielen Details aus verschiedenen Perspektiven konfrontiert, die
sich lange Zeit nicht zu einem Gesamtbild zusammensetzen lassen.
Erst in der zweiten Hälfte kommt die bis dahin längliche und zähe
Handlung in Schwung. Auf der einen Seite lassen Zeitreisen
traditionsgemäß ziemlich unerwartete Wendungen zu - und auch hier
gibt es davon einige. Doch wie es der Raqilan Jodis, einer der aus
dem Tiefschlaf Erweckten, am Ende selbst zugibt, sind die
Zeitreise-Aspekte mehr doppelter Boden, sind mehr schmückendes,
vielleicht gar nicht so nötiges Beiwerk.
Das viel dominierende Thema wird in der zweiten Hälfte die Frage,
wie die zwei Alien-Völker der Golvonek und der Raqilan ihre
Feindseligkeiten beilegen könnten. Der Konflikt, den beide Völker
seit Jahrhunderten mehr oder weniger intensiv austragen und der
beide Spezies an den Rand der Vernichtung bringen wird, flammt
durch die Ankunft der "Pfeil" neu auf. Gleichzeitig gehört er zum
festen Repertoire typischer Star Trek-Konflikte. Angefangen bei der
TOS-Episode "Bele jagt Lokai" und
von vielen anderen Episoden aufgegriffen stand dabei im Zentrum,
wie zwei verfeindete Spezies ohne gegenseitiges Vertrauen
miteinander klar kommen könnten.
Da beide Spezies nicht Teil der Föderation sind, sitzt auch Picard
bei dieser Frage zwischen den Stühlen, versucht der Obersten
Direktive treu zu bleiben und sich nicht in die Geschehnisse
einzumischen. Trotzdem nutzt er den kleinen Spielraum aus, um für
Frieden zwischen den zerstrittenen Völkern zu werben. Klare Antwort
dieses Romans ist es wohl, dass beide Spezies durch eine große
gemeinsame Bedrohung zusammengeschweißt werden können - auch wenn
wir natürlich nicht wissen, ob beide Völker am Ende wirklich
nachhaltig zueinander finden werden. Eine ähnliche Richtung schlug
jedoch schon die TV-Serie "Enterprise" ein,
als sie die Vorgeschichte der Gründung der Föderation erzählte.
Nicht immer ist die Handlung dabei glaubwürdig. Hin und wieder gibt
es zu krasse Wendungen, beispielsweise als Jodis und seine
Begleiterin Bnira, die vorher als aggressive Vernichter
wahrgenommen wurden, sich plötzlich als friedensliebende
Widerständler outen.
Der langsam voranschreitenden Handlung ist es zu verdanken, dass
wir seit geraumer Zeit wieder etwas Charakterentwicklung beiwohnen
dürfen. Geordi scheint endlich eine Partnerin gefunden zu haben,
und zwar die Medizinerin Tamala Harstad. Das kurze Intermezzo mit
Leah Brahms ist dabei so wie alle Geschehnisse auf der USS
Challenger inzwischen vergessen
("Von Magie nicht zu unterscheiden").
Der Charakter, der neben der Stammbesatzung innerhalb des
TNG-Relaunchs am weitesten entwickelt wurde, ist definitiv die
vulkanisch-romulanische T'Ryssa Chen. Ihr wird auch in diesem Roman
viel Zeit geschenkt. Sie ist als Erstkontaktspezialistin an vielen
wichtigen Handlungswendungen beteiligt und bringt durch ihre
unkonventionelle Art viel frischen Wind in die inzwischen doch
etwas angestaubte TNG-Stammcrew. Und auch privat geht es bei ihr
weiter voran: Nach der erfolglosen Anbandlung mit dem humorlosen
Vulkanier Taurik hat sie ein Auge auf Sicherheitschef Rennan Konya
geworfen, der ihre Zuneigung augenscheinlich gerne erwidert.
Der Roman ist gut eingebettet in die Star Trek-Welt: Ward lässt am
Anfang nochmal die Ereignisse aus
"The Fall" Revue passieren (lässt aber
die aufreibenden Ereignisse aus
"Jagd" in einem unbedeutenden
Nebensatz verschwinden) und unterstreicht bei dieser Gelegenheit
sehr schön die Bedeutung der Forschungsmission. Außerdem baut er
eine elegante Brücke zu Peter Davids formidablem "Vendetta", in dem
es um einen Planetenzerstörer als Waffe gegen die Borg geht.
Infos:
Star Trek: The Next Generation
Band 13
Titel: Der Pfeil des Schicksals (Armageddon's Arrow)
Autor: Dayton Ward
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2017, USA: 2015
Deutsche Übersetzung von Bernd Perplies
Preis: 15,00 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
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Andrej Schwabe.