Episodenbeschreibung
Sternzeit: 46424,1
Data und Geordi spielen auf dem Holodeck einen
Sherlock Holmes-Roman nach, doch es gibt eine
Fehlfunktion: Der linkshändige Bösewicht fängt
einen Gegenstand mit der rechten Hand auf. Lt.
Barclay soll den Fehler beheben, doch er stößt auf
ein Programm aus dem gesicherten Speicher: Professor
Moriarty, der sich seiner Identität als
Holodeckfigur bewusst ist und und verlangt, Captain
Picard zu sprechen.
Jener kümmert sich derweil um eine bevorstehende
Kollision zweier Planeten im Detrian-System, die man
um keinen Preis verpassen möchte. Doch Picard nimmt
sich die Zeit und geht mit Barclay und Data aufs
Holodeck, wo Moriarty ihn damit konfrontiert, die
letzten vier Jahre geschlummert zu haben, ohne dass
man versucht hätte, ihm das Verlassen des Holodecks
zu ermöglichen. Nun ist er der Meinung, er könnte
das Holodeck auch so verlassen, da er ein denkendes
Wesen ist: Verstand über Materie. Zu aller
Verwunderung funktioniert es, er verlässt das
Holodeck!
Dr.
Crusher meint, Moriarty hätte absolut reale,
menschliche Lebenszeichen. Also macht er mit Picard
einen Rundgang und bemerkt erstmals, dass die
Enterprise ein Raumschiff ist, und nicht etwa ein
Segelschiff. Er bittet Picard, dass man seiner
Gefährtin, der Countesse Bartholomew, ebenfalls das
Verlassen des Holodecks ermöglicht. Picard ist der
Meinung, man sollte nichts überstürzen, immerhin
weiß man noch nicht einmal, wie Moriarty überhaupt
einen Fuß aus dem Holodeck setzen konnte.
Moriarty scheint nicht warten zu wollen, denn er
transferiert die Kommandofunktionen von der Brücke
weg, und auch Picards Versuch, sie mit seiner
Autorisation wieder herzustellen, schlägt fehl. Da
die Enterprise in unmittelbarer Nähe der in fünf
Stunden bevorstehenden Planetenkollision ist, besteht
große Gefahr. Also bemüht sich die Crew nach
Leibeskräften, einen Weg zu finden, wie auch die
Countesse das Holodeck verlassen kann.
Data meint, man könnte sie evtl. herausbeamen, wenn
man ihr Muster ausreichend verstärken kann. Er
lässt Barclay einige Musterverstärker im Holodeck
installieren und versucht, einen Stuhl als Testobjekt
herauszubeamen, der jedoch sofort nach dem
Transporterzyklus seine Integrität verliert und sich
sprichwörtlich in Luft auflöst. Als Data das
Transporterprotokoll betrachten will, macht er eine
interessante Entdeckung: Es ist leer...
Er informiert Picard über seinen Verdacht: Moriarty
hat das Holodeck nie verlassen, vielmehr befinden
sich Picard, Barclay und er selbst immer noch im
Holodeck, in dem Moriarty auf geschickte Weise die
komplette Enterprise nachgebildet hat. Da jedoch
Picard innerhalb dieses Programms versucht hat, die
Kommandofunktionen wiederherzustellen, hat Moriarty
nun auch die Gewalt über die echte Enterprise - und
es bleiben nur noch drei Stunden bis zur
Planetenkollision.
Währenddessen
fordert Moriarty vom echten Riker, einen Weg zu
finden, die Countesse und ihn in die reale Welt zu
bringen und berichtet, was man in der
Holodecksimulation der Enterprise versucht hat. Da
sich die Enterprise immer noch in der Nähe der
beiden Planeten befindet, bleibt Riker nichts übrig,
als auf die Forderung einzugehen und alles daran zu
setzen, dass es funktioniert.
Picard besucht
derweil die Countesse und erklärt ihr ausführlich,
wie er sie und den Professor herausbeamen zu können
glaubt. Sie erklärt es Moriarty, nachdem Picard
gegangen ist, und Moriarty kontaktiert erneut den
realen Riker - wie er zumindest glaubt - und
berichtet jenem, wie Picards Lösungsvorschlag
aussieht. Riker lässt alles vorbereiten, und der
Transport in die reale Welt klappt - Moriarty und die
Countesse sind endlich frei, zu gehen, wohin sie
wollen. Sie nehmen sich ein Shuttle und verlassen die
Enterprise. Anschließend transferiert Moriarty die
Kommandofunktionen wieder zurück.
Nun klärt Picard
die vollständige Verwirrung auf: Nachdem er, Data
und Barclay durchschaut hatten, dass sie immer noch
im Holodeck waren, haben sie das Holodeck im Holodeck
benutzt, um Moriarty mit seinen eigenen Waffen zu
schlagen, indem sie ihm eine Simulation von Riker
vorgesetzt haben. Also befindet sich Moriarty nach
wie vor in einer Simulation. Nachdem Picard, Data und
Barclay zweimal das Holodeckprogramm beendet haben,
befinden sie sich tatsächlich wieder in der realen
Welt, wo sie nun endlich Abstand zu den beiden
Planeten nehmen können, um sich den großen Knall aus
sicherer Entfernung zu betrachten. Das Programm mit
Moriarty und der Countesse lassen sie in einem
Miniaturholodeck weiterlaufen, in dessen Speicher
quasi die gesamte erforschte Galaxis enthalten ist,
so dass Moriarty glaubt, er wäre in der realen Welt;
in gewisser Weise hat er also bekommen, was er
wollte.
Bewertung
Nach immerhin vier Jahren, die sich sowohl Moriarty als auch die
Zuschauer gedulden mussten, wird hier die Handlung aus
"Sherlock Data Holmes" wieder aufgegriffen.
Damals hatte Picard dem zu Bewusstsein gelangten
Holo-Moriarty zugesichert, nach einem Weg zu suchen,
wie er das Holodeck verlassen könnte.
Zunächst einmal muss man ganz klar sagen, dass
Moriartys Verärgerung sehr gut nachvollziehbar ist,
denn in den 109 Episoden, die seitdem vergangen sind,
hat man vergeblich darauf gewartet, von Moriarty auch
nur in einem Nebensatz zu hören. Picards Beteuerung,
das Problem weitergeleitet zu haben, so dass sich die
besten Wissenschaftler der Sternenflotte darum
kümmern, wirkt auf den Zuschauer genauso falsch, wie
es Moriarty vorkommen muss.
Auf der anderen Seite ist klar, dass Moriarty zwar in
gewisser Weise eine neue Lebensform darstellt, aber
immer noch auf einem der größten Verbrecher seiner
Zeit basiert, so dass zu befürchten ist, dass er
auch im 24. Jahrhundert seinen kriminellen
Machenschaften nachgehen wird. Und wie er schon früher
bewiesen hat, lernt er sehr schnell, insbesondere in
Bezug auf die technischen Veränderungen, die seit
Sir Arthur Conan Doyles Zeiten ins Land gezogen
sind. So wäre es mit Vorsicht zu genießen, ihn ohne
Weiteres dem realen Leben zu übergeben.
Doch zurück zur
Bewertung dieser Episode:
Die Handlung erfreut durch immer neue, geschickte
Veränderungen und Überraschungen. Am Ende wird es
gar so komplex, dass man beginnt, den Überblick zu
verlieren, so dass man erst einmal nachdenken muss,
welche Realität für wen zutrifft. Die Auflösung
ist brillant, da man gleichermaßen dafür sorgt,
dass Moriartys Wunsch in Erfüllung geht, als auch
das 24. Jh. vor ihm schützt.
Picard fällt gnadenlos auf Moriartys Trick herein,
als er versucht, mit seiner Autorisation die
Kommandofunktionen wieder auf die Brücke zu
übertragen, da er sich ja noch auf dem Holodeck
befindet. Die Erklärung dafür, dass Data den
Schwindel durchschaut, ist ebenfalls glaubwürdig:
Für den durchgeführten Transportversuch gibt es
kein Protokoll, da der simulierte Transporter keine
Daten hat, auf die er zugreifen kann, um den
simulierten Transport zu protokollieren.
So erklärt Data dann auch, dass er schlussfolgert,
sich nach wie vor auf dem Holodeck zu befinden; dies
ist eine wunderbare Überleitung zum Beginn der
Episode, immerhin verkörperte Data ja mit großem
Enthusiasmus den Meisterdetektiv Sherlock Holmes.
Des Weiteren ist es angenehm, dass kein Weltbild
zerstört wird, obwohl es zunächst danach aussieht:
Als Moriarty das Holodeck verlässt, scheint etwas
Unmögliches wahr zu werden; man weiß, dass sich die
Holoemitter nur auf die Holodecks beschränken; was
im Holodeck scheinbar Materie hat, kann außerhalb
nicht existieren. Picard und Geordi verwenden den
treffenden Begriff: Es ist absolut unmöglich,
dass der Professor das Holodeck verlässt, selbst
wenn man sieht, dass er es tut. Doch alles fügt sich
wieder in den Rahmen des technisch Erklärbaren, als
Data feststellt, Moriarty hätte das Holodeck gar
nicht verlassen.
Die Charaktere überzeugen in gleichem Maße wie die Handlung. So
sind Geordis und besonders Barclays Miene angesichts
Moriartys scheinbarem Verlassen des Holodecks beinahe
unbezahlbar.
Das eigentliche Augenmerk der Episode liegt auf
Picard und Moriarty, die sich dieses technisch
ausgefeilte Duell liefern, ohne dabei Anstand und
Höflichkeit zu vergessen; beide verhalten sich
während der ganzen Zeit wie Gentlemen, was man vor
allem an ihrem Umgang mit der Countesse festmachen
kann; hier zeigt auch Picard, dass er sein Ziel mit
Charme und verbaler Geschicklichkeit erreichen kann,
als er die Countesse manipuliert, damit sie dem
Professor erklärt, was er Riker sagen soll, denn
erst dadurch geht Picards Bluff mit dem Holodeck im
Holodeck richtig auf.
Data spielt ebenfalls gut, und Reginald Barclay steht
angenehmerweise nicht im Zentrum der Episode; Dwight
Schultz war bisher immer die wichtigste Person
gewesen, wenn er einen Gastauftritt hatte, und das
ist hier nicht mehr nötig; er fügt sich in die
Episode geschickt ein, ohne dabei unterzugehen; man
kann sagen, dass dieser Auftritt genau passt, da er
weder aufdringlich noch bedeutungslos ist.
Eine Beobachtung am
Rande: Am Anfang trägt Deanna eine reguläre
Uniform, wie es ihr von Cpt. Jellico in der
vorhergehenden Doppelepisode "Geheime Mission auf Celtris III"
aufgetragen wurde, doch in der Schlussszene hat sie wieder ihre bekannte
Spezialanfertigung an, die keinen Aufschluss über
ihren Rang gibt. Das könnte möglicherweise daran
liegen, dass sie zunächst ja eigentlich eine
Holofigur war, während sie zum Schluss wieder sich
selbst verkörperte. Vielleicht ist es aber auch
einfach Unachtsamkeit seitens der Regie oder
Unentschlossenheit seitens Darstellerin Marina
Sirtis.
Im Ganzen
betrachtet, macht diese Episode richtig Spaß. An
einigen Stellen kann man über Data lachen, die
Darsteller sind gut, die Zeichnung der Charaktere und
die ausgefeilte Handlung stehen nicht im Widerspruch
zu "Sherlock Data Holmes", und eine
hintergündige Ironie kommt noch dadurch hinzu, dass
Moriartys Wiedererweckung durch Barclay genaugenommen
ein Unfall ist, so dass die Episode insgesamt eine
sehr gute Bewertung erhält.
Bestes Zitat, von Barclay ganz am Ende der Episode:
"Computer... Programm beenden!"
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