Kirk übernimmt das Kommando
von Andrej Schwabe
und Florian Schwabe, 09.10.2002
Vonda McIntyre zeichnet sich
verantwortlich für die Buchfassungen der frühen Star
Trek-Filme, die oft die Atmosphäre der Serie sehr gut
eingefangen haben. Außerdem schrieb sie noch den (meiner
Meinung nach sehr guten) TOS-Roman Der Entropie-Effekt. Auch außerhalb Star Treks hat
war sie literarisch tätig. Zeugnisse davon sind die Starfarers-Bücher,
ein Star Wars-Roman und ein Buch von weiblichen Science
Fiction-Autoren.
Inhalt:
Als blutjunger Captain übernimmt Kirk die Enterprise von
seinem Vorgänger Captain Christopher Pike. Zunächst
misstraut ihm die alte Crew, hält ihn für unerfahren und
kurzsichtig. Nachdem er neue Crewmitglieder wie zum Beispiel
Hikaru Sulu an Bord genommen hat, schickt ihn Admiral Noguchi
zunächst auf eine Mission, bei der er viele Raumstationen
besucht und schließlich noch einen Wanderzirkus an den Rand
des erforschten Universums bringt.
Kritik:
Was erwartet ein unschuldiger Trek-Roman-Leser, wenn er einen
Roman sieht, der Die erste Mission heißt und zu Star Trek: Die Anfänge gehört? Einen spannenden Roman, der
die alten Haudegen in einer Zeit zeigt, als sie sich erst
noch kennen lernen mussten und nun in der ersten, aufregenden
Mission zum ersten Mal miteinander zu tun haben.
Tja, und das alles fehlt
dem Roman.
Auf dem
ausufernden Umfang von fast 500 Seiten erzählt die Autorin
äußerst langatmig die Geschichte der ersten Mission.
Und die ist vergleichbar mit einer Dampferfahrt (wie selbst
unser guter Kirk bemerkt). Es mag ja eine ungewöhnliche Idee
sein, die erste Mission gerade nicht als Action-Story zu
schreiben, aber der klägliche Rest von Handlung und
Spannung, den das Buch vorzuweisen hat, ist leider absolut zu
wenig.
Hinzu kommt natürlich noch, dass das Konzept einer fremden
allmächtigen Rasse, die aber natürlich erst mal sehr
primitiv wirkt (siehe TOS
Errand of Mercy / Kampf um Organia),
für TOS ebenso zur Dekoration gehört wie Kirks zerrissene
Shirts.
Die Klingonen tauchen auch in dem Roman auf, und zwar weil
eine Klingonin mit einem Raumschiff ausgebüxt ist und
natürlich auch um die fremde, vermeintlich schwache Rasse zu
erobern. Letztlich wirken sie ziemlich lächerlich und die
Spitze ist ja auch noch die Ehrung am Ende, die Kirk durch
den Captain der Klingonen erfährt. Gerade an solchen Stellen
macht es den Eindruck, als wolle McIntyre um jeden Preis eine
Geschichte mit möglichst harmonischem Ende zu Papier
bringen. Das hat aber nichts mit den späteren Begegnungen
mit den Klingonen mehr gemein, geschweige denn, dass sich
irgend ein Klingone jemals an den Orden, den Kirk hier
erhält, erinnert.
Ja und dann taucht auch noch ein völlig aus der Reihe
geschlagener Vulkanier auf, der Stephen heißt und gerne die
große Bandbreite von Gefühlen erfahren will. An sich keine
schlechte Idee, aber leider wieder so umgesetzt, dass am ein
Happy End da ist. Weder interessiert es Spock großartig, was
Stephen für Ideen hat noch interessiert es Stephen, was
andere überhaupt für Ideen haben. Außerdem erinnert er
mich an den verschollenen Halbbruder von Spock, der in Star
Trek V: Am Rande des Universums auftaucht.
Und der Leser wird auch noch mit dem leidigen Schicksal eines
galaktischen Wanderzirkuses geplagt. Nicht nur, dass ich
alles, was auch nur minimalsten Kontakt zu einem Zirkus hat,
seit meiner Kindheit bis auf den Tod hasse nein, auch
der gesamte Handlungsstrang um den Zirkus ist bestens
geeignet, um überblättert zu werden. Das sollte man jetzt
nicht als herzlos auffassen, nein es ist einfach eine
Schutzmaßnahme, um der grenzenlosen Langeweile zu entgehen,
die ein gentechnisch verändertes Flugpferd, eine glücklose
Zirkusbesitzerin und ein fehlender Jongleur verbreiten.
Vielleicht teilt die Autorin ja unterbewusst meine Meinung,
warum sollte sie sonst den Zirkus mit der Enterprise in eine
heftig umstrittene und von Klingonen beanspruchte Region der
Galaxis schicken?
Ich habe die starke Vermutung, dass Frau McIntyre sich viel
vorgenommen hat, dann aber einfach den Überblick verloren
hat und einfach irgendwie ihre Geschichtchen zu Ende erzählt
hat. Alle Stränge sind irgendwie zusammengebracht worden und
verursachen bei mir auch für sich allein nicht unbedingt
Glücksgefühle.
Und dann sind da noch die
Charaktere.
Die Enterprise von Die erste Mission wirkt nicht
wie ein echtes Raumschiff, das zur Hälfte militärisch ist,
sondern eher wie irgendein Schiff in einer Soap Opera. Es
gibt zu viele Lächerlichkeiten, wegen denen sich plötzlich
alle Offiziere versetzen lassen wollen, nachdem Kirk das
Kommando von Captain Pike übernommen hat. Dann hat Sulu
offenbar starke Minderwertigkeitskomplexe. Also alles
ziemlich ungewohnt im Vergleich zu den späteren TOS-Zeiten.
Interessant und das ist der einzige Lichtblick an diesem Buch
sind die Geschichte um Janice Rand, die viel jünger als
geglaubt ist und sich in Kirk verliebt, nachdem sie seine
Sekretärin geworden ist, und die Geschichte um Captain Pike,
der Kirk das Kommando und die Crew übergibt. Dieser
Übergang ist der Autorin ganz gut geglückt.
Fazit: Ich habe mir von dem
Roman wesentlich mehr erhofft und bin enttäuscht von Frau
McIntyre, zumal sie mit ihrem anderen TOS-Roman Der Entropie-Effekt wesentlich mehr bei mir punkten
konnte.
Infos:
STAR TREK - Die Anfänge, Band 1
Titel: Die erste Mission (Enterprise: The
First Adventure)
Autor: Vonda N. McIntyre
Erscheinungsjahr: Deutschland: 1989, USA: 1986
Deutsche
Übersetzung von
Andreas Brandhorst
Preis: 10,00
Wilhelm
Heyne Verlag,
München