Star Trek und Zeit
von Andrej Schwabe, 22.12.2000
„Der
Entropie-Effekt“ ist nicht nur der erste Roman nach der Nacherzählung
zu Star Trek II, sondern auch Vonda McInytres erster Romanbeitrag zu Star
Trek. Leider ist er auch gleich ihr letzter.
Handlung:
Während die Enterprise eine unbekannte Anomalie beobachtet, wird sie zum
Planeten Aleph Prima beordert, um von dort einen mutmaßlichen Verbrecher
wegzutransportieren. Es stellt sich heraus, dass dieser Kriminelle Spocks
früherer Physiklehrer ist, offensichtlich mit Zeitmaschinen
experimentierte und plötzlich Kirk umbringt.
Kritik:
Wenn die Geschichte nach den ersten
fünfzig Seiten endlich in Gang kommt, gilt das nicht nur für die Story
selbst, sondern auch für McIntyres Schreibstil: Interessanter, spannender
und immer abgehobener wird er, je weiter man liest. Gefühlvoll und schön
realistisch sind die Passagen erzählt, in denen die Crew auf Kirks Tod
reagiert. Ähnlich gelungen eingefangen ist der typische Humor in den
Dialogen des Triumvirats Kirk-Spock-McCoy: So schiebt Kirk in seinem
letzten Logbucheintrag (nachdem wieder alles in Ordnung ist) Spock alles
in die Schuhe, weil dieser, wie er meint, seine Fehler vertuschen wollte.
An Bord der Enterprise
befinden sich wieder unglaublich viele sonderbare Aliens (kurioserweise
alle im Sicherheitsteam), die Charaktere sind alle noch etwas verschoben
ausgekleidet: Spock reagiert fast so emotionell wie im ersten Pilotfilm
„The Cage“ und Scotty scheint erschreckend leicht manipulierbar zu
sein. Glück hat diesmal vor allem Sulu, der von seinem Dauergrinsen
erlöst wird, um eine große Liebe zu finden (und natürlich wieder zu
verlieren).
Dass schon so früh das
für Star Trek fast schon typische Thema Zeitreisen verwendet wird, ist
zwar überraschend, aber nicht unbedingt unoriginell oder langweilig
dargestellt. Dabei zeigt sich nebenbei auch, dass McIntyre dem
naturwissenschaftlichen Zweig der Autorenschaft entstammt; alles ist
wissenschaftlich logisch gehalten.
Mich hat der Roman ein
wenig an Dürrenmatts „Die Physiker“ erinnert (was mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit nicht beabsichtigt war). Die Grundfrage, die
Dürrenmatt behandelt, dreht sich darum, was ein Wissenschaftler mit einer
Erfindung oder Entdeckung macht, die das Potential einerseits zum
Fortschritt, andererseits aber auch zur Zerstörung hat. Er hatte damals
die Kernspaltung im Hinterkopf, hier findet der Leser die Zeitmaschine,
mit der sich die Geschichte beliebig ändern lässt.
Zum Schluss noch die
vielleicht besten Gründe sich das Buch mal zu besorgen: eine
stümperhafte Übersetzung („Malfunktion“, „anrufen“) und ein
witziges Lektorat („Spocks Ornanismus“).
Fazit: Nicht nur der erste Pocket Star
Trek-Roman, sondern auch noch ziemlich gut geschrieben: mindestens lesen!
(gandalf)
Infos:
STAR TREK - Classic, Band 2
Titel: Der Entropie-Effekt (The Entropy
Effect)
Autor: Vonda N. McIntyre
Erscheinungsjahr: Deutschland: 1983, USA:
1981
Deutsche Übersetzung von Hans Maeter
Wilhelm Heyne Verlag, München