DSi

TNG 6.18 In der Hand von Terroristen


Starship Mine

von Yann-Patrick Schlame

Episodenbeschreibung

Sternzeit: 46682,4
Auf der Remmler-Station soll die Enterprise einer Baryonpartikelsäuberung unterzogen werden. Zu diesem Zweck muss das gesamte Schiff evakuiert werden, denn der Säuberungsstrahl ist für lebendes Gewebe tödlich. Der Captain ist im Stress: Nicht nur, dass er andauernd wegen irgendwelcher Details von allen möglichen Crewmitgliedern befragt wird, auch freut er sich nicht gerade darauf, auf der nahegelegenen Arkaria-Basis mit Commander Calvin Hutchinson zusammenzutreffen, der die Kunst des Small Talks wie kein anderer beherrscht. Doch schließlich ist die Evakuierung beendet, und Picard verlässt das Schiff.

Bei dem Empfang erfährt er von "Hutch", dass man auf Arkaria hervorragend reiten kann. Er nutzt die günstige Gelegenheit, um sich sofort zu verabschieden und noch schnell seinen eigenen Sattel vom Schiff zu holen, bevor dort die Hauptenergie abgeschaltet wird und die Säuberung beginnt. Auf der Enterprise bemerkt Picard jedoch eine geöffnete Wartungsluke und trifft auf einen angeblichen Techniker. Als der ihn angreifen will, schlägt Picard ihn nieder und macht sich sofort auf den Weg zum nächsten Transporterraum, doch gerade als er herunterbeamen will, wird die Hauptenergie abgeschaltet. Also versteckt er den Bewusstlosen in einem Frachtraum, während der Säuberungsstrahl vom Ende des Schiffes her anfängt. Nachdem er dem Mann einen Kommunikator abgenommen hat, betäubt er ihn mit einem Hypospray, wird jedoch gleich darauf von einer Frau überrascht und gefangen genommen. Sie bringt Picard in den Maschinenraum, wo er der Anführerin des Trupps vorgestellt wird, einer Frau namens Kelsey. Sie hat offenbar vor, extrem giftiges Trilithiumharz aus dem Antrieb zu entnehmen, solange die Enterprise wegen der Säuberung evakuiert ist. Picard gibt sich als Schiffsfrisör Mott aus und unter schwacher Bewachung setzt er sich in eine Ecke. Mit einem Laser, den er versteckt hatte, kann er jedoch einen Kurzschluss auslösen und den Diverter, der die Terroristen vor dem Säuberungsstrahl schützen sollte, zerstören. In der allgemeinen Verwirrung flieht er durch mehrere Jefferies-Röhren, bis er in der Falle sitzt: Hinter ihm folgt einer der Terroristen, vor ihm schneidet ihm der Säuberungsstrahl den Weg ab. Mit einer List lockt er den Verfolger in den Strahl und macht sich daran, den Überfall weiterhin zu sabotieren.

Auf der Basis tut sich ebenfalls Ungutes: Geordis Visor empfängt von einem der Buffettische merkwürdige Signale, man versucht jedoch, ihn abzuwimmeln. Als auch Riker neugierig wird, zücken die arkarianischen Bediensteten, unter ihnen der Stationschef Orton, versteckte Waffen, schießen Geordi und Hutch nieder und halten den Rest der Brückencrew in Schach. Nach einiger Zeit planen Riker und die Crew, die Initiative zu übernehmen, indem sie mit Geordis Visor einen Hyperschallimpuls auslösen wollen, bei dem nur Data bei Bewusstsein bleibt.

Mittels des Kommunikators erfährt Picard, dass Kelsey mit ihrem Team ins Zehn Vorne gelangen will, da jener Raum ganz vorne in der Untertassensektion am längsten vor dem Säuberungsstrahl in Sicherheit liegt. Er rät Kelsey davon ab, das instabile Trilithiumharz in einem Behälter mitzunehmen, da der Diverter nicht mehr funktioniert. Doch Kelsey lässt sich nicht beirren. Sie muss aber feststellen, dass Picard ihr einen Schritt voraus war: Er hat in einer Röhre die Sprossen abgesägt, so dass sie sich einen anderen Weg suchen muss. Indes erledigt Picard einen weiteren Mann ihres Teams mit einer Armbrust, während Kelsey ihrerseits ihren Techniker mit einem Laser tötet - offensichtlich, um ihren Anteil zu vergrößern. Bald darauf wird Picard erneut von der zweiten Frau im Team der Terroristen überrascht und gefangen genommen. Zusammen mit ihr und Kelsey soll er ins Zehn Vorne mitkommen, wo er nun seine wahre Identität enthüllt. Doch er erfährt, dass es Kelsey nur um den Profit geht: Sie will das Harz verkaufen, anstatt es selbst für terroristische Zwecke einzusetzen. Daher ist sie an Picard als Geisel nicht interessiert. Zu ihrem Pech hat Picard auch diesmal vorausgeplant: Im Eingang zum Zehn Vorne hat er eine Sprengladung versteckt, die er geschickt umgeht, so dass Kelseys Kollegin sie auslöst. Kelsey gewinnt das Gerangel, das daraufhin entbrennt und lässt sich von einem gerade eintreffenden Schiff an Bord beamen. In letzter Sekunde kann Picard die Abschaltung des Strahls veranlassen.

Mittlerweile haben auch Riker und die anderen ihren Plan ausgeführt, so dass nur noch Data bei Bewusstsein ist. Schnell nimmt er den Arkarianern die Waffen ab und kontaktiert den Captain, da er auf den Displays der Basis ebenfalls das Schiff erkennt, von dem Kelsey abgeholt wurde. Doch Picard beruhigt ihn, als er sagt, das Schiff würde nicht sehr weit kommen - denn der Captain hat den Sicherungsbolzen des Trilithiumbehälters entfernt. So explodiert das Aufklärungsschiff unweit der Enterprise.

Schließlich wird Picard von Dr. Crusher behandelt, während Worf ihm den Sattel wiederbringt, den Picard im Eifer des Gefechts auf Deck sieben liegengelassen hatte.




Bewertung

Mit "In der Hand von Terroristen" ist bei TNG eine hervorragende Episode, die man wohl getrost als Reminiszenz an Action-Filme à la "Stirb Langsam" verstehen darf, gelungen. Der kahlköpfige Stewart (Picard) gibt dabei einen perfekten Einzelkämpfer ab, der sich hinter Bruce Willis nicht zu verstecken braucht. Des Weiteren verfügt die Episode über alle Elemente, die eine gute TNG-Folge ausmachen: Humor, Spannung, gute Effekte und eine interessante Handlung, obgleich letztere vergleichsweise austauschbar ist.

Zu den Charakteren: Picard liefert wie erwähnt eine gelungene Darstellung ab. Die vielleicht beste Szene liegt am Beginn der Episode: Als Picard aus seinem Bereitschaftsraum auf die Brücke kommt, ist jene völlig leer. Liebevoll streicht seine Hand über einige Konsolen, und beinahe wehmütig lässt er die Brücke seines Schiffes verwaist zurück. Es mag eine Frage der Interpretation sein, doch man kann sagen, dass in diesen wenigen Sekunden die bisherigen 143 Episoden in gebündelter Form durch die Gedanken des Zuschauers gleiten. Man erinnert sich all jener Situationen, als der Captain und seine Crew schier ausweglosen Fallen entkamen und mit viel Witz und Intelligenz das Schiff schließlich doch immer in Sicherheit brachten. In diesem Moment denkt man jedoch noch einen Schritt weiter und kommt vielleicht eher auf den Gedanken, dass es die Enterprise war, die ihre Crew jedes mal in Sicherheit brachte. Diese Szene ist Gold wert.
Was an Picard verwundert, ist seine Bereitschaft, Terroristen in den Tod zu schicken: Als erstes lockt er nach seiner Flucht aus dem Maschinenraum einen Verfolger in den Säuberungsstrahl, einen weiteren schießt er mit der Armbrust zunächst bewusstlos und lässt ihn dann liegen. Auch den, den er zuerst niederschlug, ließ er im Frachtraum liegen. So ist Picard für drei Tote verantwortlich, auch wenn er keinen mit der eigenen Hand getötet hat. Diese Bereitschaft zur Kaltblütigkeit hat beim besten Willen nichts mit dem Charakter von Trek zu tun. Die Botschaft von Gnade und Rücksicht geht in dieser Episode verloren, und die Tötungen werden mit der Gerechtigkeit des verzweifelten Kämpfers moralisch begründet. Diese Fürsprache für Selbstjustiz hat bei Star Trek nichts verloren und ist sehr ungewohnt, zumal der Captain nicht einmal Reue zeigt. Besonders angsteinflößend ist sein Gesichtsausdruck ganz am Ende, als er Data per Kommunikator mitteilt, dass Kelsey nicht weit kommen wird: Mit einem harten Gesichtsausdrück blickt er auf den Sicherungsbolzen in seiner Hand.
Auf der anderen Seite muss man davon ausgehen, dass dem Drehbuchautor und dem Produktionsteam klar war, dass diese Episode der ursprünglichen Aussage von Trek widerspricht. So bleibt anzunehmen, dass die Episode in erster Linie unterstreichen soll, dass Picard ein zwar willensstarker, aber doch auch zum Töten bereiter Mann ist, der den Tod einiger Terroristen gerne in Kauf nimmt, so lange er erstens Hunderte oder Tausende retten kann und zweitens "sein" Schiff verteidigt. Besonders dieser Aspekt wird mehrfach betont: Als Picard seine Identität als Captain enthüllt, spricht er davon, "sein" Schiff niemals Kelsey zu überlassen und es eher zu zerstören, als dass er sie fliehen lässt. Zudem lautet der Originaltitel "Starship Mine", etwa "Mein Schiff" auf Deutsch. Es wird deutlich, dass Picard die Enterprise als sein Schiff, sein Eigentum ansieht, obwohl er ja tatsächlich nur das Kommando darüber hat, es jedoch nicht besitzt.
Diese verschiedenen Aspekte von Picards Charakter, also seine Bereitschaft zum Töten auf der einen Seite und sein wohl durchdachtes, nüchternes und geschicktes Handeln auf der anderen Seite werden in Star Trek: Der erste Kontakt intensiv thematisiert, wobei er sich dort am Ende eines Besseren besinnt, während er in dieser Episode schließlich als Held gefeiert wird, ohne dass jemand der Opfer gedenkt.

Data entwickelt gleich zu Anfang ein Konversationsunterprogramm, und auf der Arkaria-Basis hat er ein ausführliches Gespräch mit Cmdr. Hutchinson; die beiden verstehen sich wunderbar. Es macht Freude, Data einmal ganz ungezwungen lachen und lächeln zu sehen, während er über alles mögliche belanglose Zeug spricht; beinahe meint man, er hätte seinen Emotionschip eingebaut. Als Scherz in einer Episode kann man dieses Verhalten durchgehen lassen. Dennoch stellt sich die Frage, weshalb Data nicht füher auf die Idee zu einem solchen Programm kam und weshalb es in den kommenden Episoden nicht mehr aufgegriffen wird.

Worf hat eine herrliche Szene, als er den Captain um Erlaubnis bittet, dem Empfang fern bleiben zu dürfen, was Picard ihm gewährt. Als Geordi ebenfalls darum bittet, wird er abgewimmelt, was Worf zu einem zufriedenen Grinsen veranlasst.

Das Verhältnis von Riker und Troi wird unterschwellig dargestellt: Während die Brückencrew von den Arkarianern gefangen gehalten wird, stehen Will und Deanna die meiste Zeit zusammen, und Riker lässt sich kaum eine Gelegenheit entgehen, mit Deanna zu reden. Das ist sehr angenehm, denn auf diese Weise weiß der Zuschauer, dass es noch eine enge Verbindung zwischen den beiden gibt, ohne mit der Nase darauf gestoßen werden zu müssen.

Die übrigen Hauptdarsteller sind größtenteils austauschbar, was sehr schade ist.

Interessant dagegen einige Gäste: In seiner ersten Rolle bei Trek ist Tim Russ zu sehen, der hier den Terroristen Devor spielt. Etwa ein Jahr nach dieser Episode erhielt Russ einen Kurzauftritt im Kinofilm "Generations", und bei VOY wurde er als Lt. Tuvok zu einem der Hauptdarsteller.
Patricia Tallman (hier als Kiros, eine der Terroristen) gehört als Lyta Alexander zu den Hauptdarstellern der erfogreichen SciFi Serie Babylon 5.

Die Bewertung der Episode ist etwas zwiegespalten: Auf der einen Seite wird dem Zuschauer ein erstklassiges Actionspektakel geboten, auf der anderen Seite hat die Episode im Grunde nichts mehr mit Trek zu tun. So wird die Handlung mit ausreichend bewertet, um dem Fehlgriff in der Aussage Rechnung zu tragen, während insgesamt eine gute Bewertung herauskommt, da man sich die Episode auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

Spannung: 5 SFX: 6 Handlung: 3 Gesamt: 5
Zusammenhänge
  • Über die Gefährlichkeit von Baryonpartikeln hört man auch in der Episode "Verdächtigungen".
  • Die Enterprise innerhalb eines Raumdocks ist ein seltener Anblick. In "Familienbegegnung" gab es ein ähnliches Bild wie hier, damals allerdings vor dem Hintergrund der Erde.
  • Picard als begnadeten Reiter konnte man u.a. in "Brieffreunde" bewundern.
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Ausdruck vom: 21. 11. 2024
Stand des Reviews: 15. 11. 2024
URL: http://www.startrek-index.de/tv/tng6_18.htm