Ein leider kurzer Aufbruch ins Unbekannte
von Andrej Schwabe, 03.05.2024
Inhalt:
Das Buch stellt Star Trek: Enterprise vor und behandelt die
Entstehung der Serie, die einzelnen Staffeln, Hauptfiguren und
geschichtlichen Ereignisse vor und während der Serienhandlung.
Abgeschlossen wird das Ganze durch eine fiktive Rede Jonathan
Archers anlässlich der Gründung der Föderation, ein fiktives
Interview des gealterten Andorianers Shran und einen Überblick über
die Roman-Fortsetzungen.
Kritik:
"Star Trek Enterprise - Ein Rückblick auf die fünfte Star
Trek-Serie" widmet sich der letzten Star Trek-Serie der Berman-Ära
und ist ähnlich aufgebaut wie das Übersichtsbuch
"Der Himmel ist das Limit"
vom selben Autor. Gleich zu Beginn bespricht der Autor einige
wichtige Punkte zum Produktionshintergrund, was gerade bei
Enterprise wegen seiner bewegten Geschichte interessant ist.
Die erste Prequelserie im Star Trek-Universum hatte es seit ihrem
Start nicht leicht. Die offensichtliche kreative Müdigkeit der
Produzenten nach den erfolgreichen Serien TNG, DS9 und VOY in
Verbindung mit Interventionen des Studios werden häufig als
Hemmnisse von Enterprise genannt. Als prominentes Beispiel wird
dabei der Temporale Kalte Krieg genannt, der auf Druck des Studios
als "modernes Science-Fiction-Element" erdacht wurde. Leider löste
er diese Hoffnung nicht ein und war vielmehr ein willkommenes
Action-Vehikel (siehe beispielsweise die Episode
"Die Schockwelle Teil 2"). Bis zum
Anfang der vierten Staffel, als der Storystrang glücklicherweise
aus der Serie rausgeschrieben wurde, fehlte eine befriedigende
Aufklärung.
In den ersten und zweiten eher drögen Staffeln blieb die Serie oft
unter ihren Möglichkeiten und nahm erst später Fahrt auf. Dass jede
Star Trek-Serie Zeit brauchte zu sich zu finden, war auch bei
Enterprise der Fall. Zugleich war die Konkurrenz durch Serien mit
modernerem Storytelling wie Babylon 5 nicht mehr zu übersehen.
Angesichts dieser veränderten Serienlandschaft und Sehgewohnheiten
der Zuschauer kam die Serie mit der Zeit in immer schwerere
Fahrwasser. Der Autor betont jedoch deutlich, dass er die vierte
Staffel in dieser Hinsicht für einen gelungenen Richtungswechsel
hält und er gerne eine fünfte Staffel gesehen hätte, wobei ich ihm
zustimme.
Da es Enterprise auf "nur" 98 Episoden bringt (verglichen mit 178
TNG-Episoden), fällt die obgliatorische Episodenübersicht
detaillierter aus und enthält neben der üblichen Staffelübersicht
sogar Bewertungen der einzelnen Episoden.
Interessant finde ich die Diskussion zur Konsistenz des
Archer-Charakters. In manchen Episoden predigt er beispielsweise
streng das Prinzip der Nichteinmischung, was Fans an die spätere
Prime Directive denken lässt. Demgegenüber stehen viele Episoden,
in denen er zum eigenen Nutzen diese Prinzipien über Bord wirft.
Besonderes Gewicht hat außerdem die wenig tiefgehende Reflexion
seiner Grenzüberschreitungen in Staffel 3, als er angesichts der
drohenden Zerstörung der Erde durch die Xindi-Waffe aufdreht und
vor Folter und Diebstahl nicht zurückschreckt. Interessant sind
dabei die Parallelen zu Captain Janeway, deren Entscheidungsfindung
über die Serienhandlung hinweg ebenfalls ambivalent erscheint.
Bei einer Prequel-Serie stehen traditionellerweise Themen wie die
Geschichte des Serienuniversums, etwa die Entstehung der Sternenflotte
und der Föderation, sowie die Rolle historischer Figuren, z.B.
Zefram Cochrane, im Vordergrund. Diesen ist das Kapitel
"Datenbank" gewidmet, das eine gut strukturierte geschichtliche
Übersicht über die Entstehung der Föderation liefert. Beginnend
beim 3. Weltkrieg und der Bildung einer Weltregierung reicht die
Darstellung bis zur Entstehung der Föderation (zeitlich nach der
Serie).
Beim Lesen fühlte ich mich dabei auch an aktuelle bzw. jüngere
Serien wie "For all Mankind" und "The Expanse" erinnert, die zum
Teil mit vergleichbaren Ausgangslagen und Prämissen arbeiten. Dabei
greift der Autor viele der typischen Fragen auf. Wie wurde der
Weltraum erobert? Welche Konflikte entwickelten sich und wurden auf
dem Weg gemeistert, damit die Menschheit in den Weltraum vorstoßen
konnte?
Dabei finde ich den Aspekt spannend, dass die Vulkanier dabei einen
bedeutenden Einfluss auf die Menschheit ausübten, was der Autor
gelungen herausarbeitet. Beispielsweise trugen sie zur Bildung der
Weltregierung bei. Wie wir in der Serie gesehen haben war der
Einfluss durchaus beidseitig, wenn man an die Vulkanier-Trilogie in
der vierten Staffel denkt, in der Archer die Vulkanier an die
Ursprünge rund um Surak erinnert
("Kir'Shara").
Den Abschluss des lesenswerten Buches stellt ein Kapitel dar, das
sich um hypothetische Fortsetzungen von Enterprise dreht und die
Weitererzählung im Romanuniversum. Eine fünfte TV-Staffel gab es
leider nicht. Zugleich hätte sie wohl mit spannenden Geschichten
aufwarten können, denn der Weg zur Föderation war sicherlich nicht
einfach. Der Krieg zwischen Erde und Romulanern ist beispielsweise
Teil des Romanuniversums geworden.
Infos:
Titel: Star Trek: Enterprise - Ein Rückblick auf die fünfte Star Trek-Serie
Autor: Julian Wangler
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2023 (2. Auflage)
Preis: 15,99 €
BoD - Books on Demand
Mit freundlicher Unterstützung von Julian Wangler
Star Trek: Enterprise - Ein Rückblick auf die fünfte Star Trek-Serie bei BoD.de kaufen
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