Invasion aus dem Subraum
von Andrej Schwabe, 01.06.2021
Inhalt:
Nach den Ereignissen aus der Reihe
"The Fall" und
TNG "Jagd" wird
Flottenadmiral Riker die Titan als Flaggschiff zugewiesen und
Commander Vale zu deren Captain befördert. Ihr erster Auftrag führt
in den Raum der Dinac, in dem das Schiff Whitetree verlorengegangen
ist. Dort findet man einen Dinac-Kutter vor, von dessen Besatzung
jede Spur fehlt. Tetryonen könnten auf eine unbekannte Verbindung
zum Subraum schließen lassen. Kurze Zeit später ereilt die Titan
dasselbe Schicksal wie das Dinac-Schiff, als sich ein Subraumspalt
öffnet und Besatzungsmitglieder verschwinden. Riker kommen diese
Ereignisse bekannt vor und er erinnert sich an die Jahre
zurückliegenden, schrecklichen Entführungen von
Besatzungsmitgliedern der Enterprise an einen entlegenen Ort im
Subraum (TNG "Schisms"). Offenbar
planen dieselben seltsamen Subraumwesen eine Invasion und scheinen
durch nichts aufzuhalten zu sein.
Kritik:
"Aus der Dunkelheit" beginnt im Vergleich zu den sich
anschließenden Geschehnissen ruhig und mit vielen Charakterszenen.
Sie unterstreichen sehr schön, wie viele spannende Charaktere Titan
zu bieten hat: Die kuriose Beziehung zwischen der eigenwilligen
Melora Pazlar und dem ebenso eigenwilligen Chefingenieur Xin
Ra-Havreii, der kybernetische Torvig, der Freundschaft mit der
inzwischen immateriellen Künstlichen Intelligenz ZweitGen Weiß-Blau
schließt, und der sehr zugeknöpfte Crew-Neuzugang Commander Sarai
mit offenbar bewegter Vergangenheit. Verglichen mit Relaunch-TNG
steht bei Titan Diversität eindeutig stärker im Vordergrund. Sogar
Chelonen, die zum ersten Mal in Vanguard auftauchen, sind Teil der
Crew, ebenso wie die Katzenwesen Caitianer, die auch in der
Animated Series und bei New Frontier eine größere Rolle spielen. In
diesem Roman bleiben die Charaktere dank der straffen Handlung
jedoch leider zum großen Teil Schauwerte.
Ironischerweise muss hier nach dem Bajoraner Jaza Najem in
"Schwert des Damokles"mit dem
Cardassianer Zurin Dakal ein weiterer spannender Charakter sein
Leben für das Überleben seiner Kollegen und Freunde lassen. Damals
wie hier eine bedauernswerte Entscheidung, da beide Charaktere viel
Potential für interessante Geschichten mitbrachten. Dakal stand für
das neue Cardassia, das seinen Nachbarn mit Neugier und Offenheit
begegnete.
Swallow greift die Horror geschwängerten Ereignisse der TNG-Episode
"Schisms" auf, in der Riker und andere
Enterprise-Besatzungsmitglieder von seltsamen Subraumwesen entführt
und für bizarre Experimente missbraucht wurden. In diesem Roman
löst er die bisher unbekannten Motive der Solanae, wie sie von
Wissenschaftlern genannt werden, auf unerwartete Weise auf.
Zunächst schließt er gekonnt an die einzigartige Stimmung aus
besagter TNG-Episode an. Mit dem havarierten und altertümlich
wirkenden Dinac-Kutter (ein Schiff aus Holz!) schafft er einen
passenden Einstieg mit einem ungewöhnlichen Handlungsort.
Spätestens als die zwielichtigen Solanae sich auch auf der Titan zu
schaffen machen und das Schiff empfindlich beschädigen, dreht die
Story in Richtung Action und es geht ums nackte Überleben. Leider
steigert Swallow die Einsätze unnötigerweise so weit, dass es um
das Überleben aller Welten geht (hallo Discovery...). Das wirkt
gerade für diesen Roman besonders seltsam. Ein Subraumvolk, das in
ein für sie fremdes Universum vordringen will, soll sich selbst
körperlich transformieren, schreckliche Waffen konstruieren und die
Föderation in ihrer Existenz bedrohen? Die Erfolgsaussichten für
diese Ziele können doch nicht schlechter stehen, oder? Überhaupt
erscheint mir das zu einfach gedacht, dass die Solanae gleich eine
Invasion starten wollen. Ihnen geht es ja selbst nur ums Überleben
- warum sollten sie ihre ganze Energie gerade darauf verwenden?
Auch die anschließende Rettungsmission der Titan, um die eigenen
entführten Besatzungsmitglieder und die der Whitetree und des
Dinac-Schiffs aus dem Subraum zu bergen, wirkt mehr wie Fantasy als
Science Fiction.
Erfrischend erzählt wird der Konflikt zwischen Admiral Riker und
der zur Captain beförderten Vale, in dem beiden klar wird, dass sie
erst noch in ihre neuen Rollen finden müssen. Vale fordert dabei
angenehm direkt von Riker ein, das Kommando wirklich abzugeben und
sie als Captain nicht zu übergehen. Dass Riker auf der anderen
Seite unter starkem Stress steht und nur zu gerne schnell handeln
möchte, macht es ihm nicht leicht, Vale zu folgen. Die Situation
wird verständlich dargestellt: Er hat mit seinen eigenen
traumatischen Erinnerungen zu kämpfen und später werden zudem seine
geliebte Frau Deanna und seine vierjährige Tochter Natasha
entführt.
Dass man am Ende wenigstens den Bevölkerungsteil der Solanae retten
kann, der Fremden aufgeschlossen gegenübersteht, steht in bester
Star Trek-Tradition. Swallow legt ein solides, spannendes Buch vor,
dass einige Tücken und Logiklöcher hat. Aber wenn man sich auf sie
einlässt, macht es Spaß, mit der Titan-Crew auf die Reise zu gehen.
Infos:
Star Trek: Titan
Band 11
Titel: Aus der Dunkelheit (Sight Unseen)
Autor: James Swallow
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2017, USA: 2015
Deutsche Übersetzung von Helga Parmiter
Preis: 15,00 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
Fragen, Kritik oder Anregungen? Schreiben Sie an
Andrej Schwabe.