Treffen mit alten Bekannten
von Andrej Schwabe, 18.05.2018
Inhalt:
Die Voyager bricht zusammen mit acht anderen Sternenflottenschiffen
unter Admiral Willem Batiste zur "Full Circle"-Mission in den
Delta-Quadranten auf, die zunächst auf drei Jahre angesetzt ist.
Die Voyager wird dabei geführt von Captain Afsarah Eden und ihrem
Ersten Offizier Tom Paris.
Kurz vor dem Aufbruch nähert sich der Delta-Flyer mit Seven und
Chakotay an Bord, die als zivile Berater der Crew beitreten
wollen.
Die Schiffe verfügen über Slipstream-Antrieb, der eine schnelle
Reise in den weit entfernten Teil der Galaxis erlaubt. Beim ersten
Einsatz des neuartigen Antriebs stellt sich heraus, dass vieles
noch nicht richtig funktioniert. Da passt es ganz gut, dass kurz
darauf B'Elanna mit ihrer Tochter Miral mit einem Shuttle
unerwartet auftaucht und die Probleme beim Slipstream-Antrieb
teilweise beheben kann.
Bei ihrer ersten Erforschungstour im Delta-Quadranten findet die
Voyager wie erwartet keine Hinweise auf Borg mehr. Dafür trifft das
Schiff auf das Volk der Indign, das die inzwischen verschwundenen
Borg auf eigenwillige Art verehrt, aber selbst nie assimiliert
wurde. Schließlich bringt ein seltsames Indign-Artefakt eine
Ereigniskette ins Rollen, die bis hin zur Spezies 8472 reicht.
Kritik:
Nach "Projekt Full Circle"
wird die Voyager-Crew weiter vervollständigt: Seven und Chakotay
schließen sich ihrem früheren Schiff an, nachdem sie ihre
persönlichen Verbindungen zur Erde gelöst haben (Chakotay schließt
Frieden mit Janeways Tod) oder lösen mussten (Sevens schwerkranke
Tante Irene Hansen verstirbt).
B'Elannas spätes Auftauchen sorgt dabei für die größten
Verwerfungen, weil ihr vorgetäuschter Tod einige Monate zuvor die
Beziehung zwischen Kim und Paris auf eine harte Probe stellt. Kim
ist zutiefst enttäuscht, dass Paris ihn nicht darin eingeweiht hat,
dass B'Elanna zusammen mit ihrer Tochter für einige Monate
untergetaucht war wegen der Krieger des klingonischen Ordens
Gre'thor, die es auf Miral abgesehen haben ("Projekt Full Circle").
Warum Kim dann aber so sauer ist und sich nicht über das
Wiedersehen mit B'Elanna freut und Verständnis für ihre
Entscheidungen zeigt, wird leider nicht wirklich klar. Zwar kann
Beyer der Situation einige amüsante Momente abgewinnen, aber
insgesamt ist die Lage im besten Voyager-Stil an den Haaren
herbeigezogen (wie auch schon in "Projekt Full Circle").
Eine nette Idee stellen die Indign dar. Sie sind eine Gruppe von
verschiedenen Alienrassen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben,
den mächtigen Borg nachzueifern und ihnen Opfer (Angehörige anderer
Alienrassen) zu bringen. Viel mehr kommt aber auch nicht dabei
rum; die Einführung der Spezies dauert recht lange und dient am
Ende nur dazu, die Handlung um Admiral Batiste mit ausreichend
Spannung zu versorgen.
Denn die Geschichte um den eigenbrötlerischen Flottenkommandanten
ist reichlich bizarr. Er stellt sich nach einigem Hin und Her als
Angehöriger der Spezies 8472 heraus, der eine äußerlich menschliche
Form angenommen hat und als Agent vor langer Zeit zur Erde
geschickt wurde. Nicht nur in diesem Roman ist diese Handlungswende
unbefriedigend und unglaubwürdig: Schon in der Voyager-Episode
"In Fleisch und Blut", in der
Spezies 8472-Angehörige zum ersten Mal als Menschen an einer
"Sternenflotten-Akademie" angetroffen wurden, war die Kopie des
Formwandler-Themas von DS9 fantasielos und wenig durchdacht.
Dass Captain Eden in ihrer jahrzehntelangen Ehe mit Batiste nicht
aufgefallen ist, dass er nicht ganz menschlich ist, sagt einiges
über die Beziehung der beiden aus. Aber auch sonst ist es schwer
vorstellbar, dass ein Agent von Spezies 8472 sich problemlos soweit
hocharbeitet mit dem Ziel, nach Hause zu gelangen. Und warum er
dazu gleich neun Schiffe braucht, werden wir wohl nie erfahren.
"Unwürdig" mag nicht so recht überzeugen. Es wartet mit unzähligen
Handlungssträngen auf, alle von mittelmäßiger bis dürftiger
Qualität, weil entweder zu langatmig und uninteressannt oder
künstlich auf Konflikt getrimmt. Nur hin und wieder sorgen einige
spannungsgeladene Augenblicke für Lichtblicke.
Infos:
Star Trek: Voyager
Band 6
Titel: Unwürdig (Unworthy)
Autor: Kirsten Beyer
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2015, USA: 2009
Deutsche Übersetzung von René Ulmer
Preis: 12,80 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
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Andrej Schwabe.