Kuba-Krise im Weltall
von Andrej Schwabe, 28.07.2016
Inhalt:
Die Venette-Versammlung soll in die Föderation aufgenommen werden,
aber die Verhandlungsgespräche haben sich sehr lange hingezogen.
Inzwischen hat die Versammlung einen Vertrag mit den Tzenkethi
geschlossen, der ihnen das Recht gibt, drei Raumstationen der
Venette-Versammlung zu nutzen. Die liegen an den Grenzen von
wichtigen Mitgliedern der Khitomer-Mächte: Föderation, Ferengi und
Cardassianer. Eine direkte Konfrontation oder zumindest
langfristige Provokation mit dem Typhon-Pakt drohen.
Picards Enterprise wird zum Heimatplaneten der Venette-Versammlung
beordert, um die Wogen zu glätten und eine Revision der
Entscheidung herbeizuführen. Mehrere Missgeschicke wie aufgedeckte
Spione und schwer wiegende Verdächtigungen bringen die
Verhandlungen dennoch zum Scheitern.
Die USS Aventine unter Capatin Ezri Dax soll währenddessen einen
der Außenposten der Venette-Versammlung anfliegen, um die
Friedfertigkeit der Tzenkethi zu überprüfen.
Kritik:
Der Schlussroman der "Typhon Pact"-Reihe fällt vom Umfang her
deutlich kürzer und kompakter aus als seine Vorgänger. Die
Haupthandlung ist diesmal an die Kuba-Krise angelehnt, in manchen
Aspekten vielleicht etwas zu deutlich. So wird jedes Kapitel
eingeleitet mit einem Countdown zum potentiellen Eintreffen der
Tzenkethi-Flotte an ihrem Bestimmungsort. Außerdem stehen sich mit
dem Typhon-Pakt und den Khitomer-Mächten zwei große Machtblöcke
gegenüber, die um kleinere aber strategische Welten buhlen - ein
Plot, der in unzähligen Star Trek-Episoden behandelt wurde, bis
zurück zur originalen Serie.
Während die Mitglieder der Venette-Versammlung mit ihren (oberflächlich gesehen naiven) Gründen und Motiven eher blass bleiben, taucht der Leser tiefer in die Welt der Tzenkethi ein.
Die parallel laufende Handlung auf Ab-Tzenketh, die sich um die
Erlebnisse der cardassianischen Spionin Efreth dreht, macht dabei
einen durchwachsenen Eindruck.
Positiv ist die fantasievolle Darstellung der Heimatwelt der
Tzenkethi - nachdem wir bereits einen kleinen Einblick in
"Bestien" bekommen haben. Die
Tzenkethi-Gesellschaft wird durch gezüchtete Kasten mit
unterschiedlicher Intelligenz und handwerklichen Fähigkeiten
geprägt (ähnlich wie in Aldous Huxleys "Schöne neue Welt"), die
nach strengen Regeln miteinander interagieren.
Um an
Informationen zu gelangen, arbeitet Efreth unauffällig in einer
Putzkolonne des Außenministeriums. McCormack nimmt sich viel Zeit,
um das alltägliche Leben Efreths auf Ab-Tzenketh zu schildern, das
wie das vieler Anderer ist; einfach, genügsam und geprägt von
Folgsamkeit. Sie hat ein enges Verhältnis zu ihrer Kollegin und
gleichzeitig besten Freundin aufgebaut, so dass man es Efreth sogar
abnimmt, dass sie sich trotz der andersartigen Gesellschaft auf dem
Planeten wohl fühlt.
Als die Cardassianerin ihren Vorgesetzten als menschlichen Spion
erkennt, setzt sich eine nicht mehr umkehrbare Kettenbewegung in
Gang: Durch seine unbedachten Kontaktversuche setzt er sie beide
ungewollt immer größerer Gefahr aus, enttarnt zu werden. Zwar
ergibt sich dadurch eine spannende Lage, diese wirkt aber wegen der
unerklärlichen Handlungen des Menschen (handelt er einfach
unbedacht oder will er sie enttarnen?) auch unnötig
konstruiert.
Am Ende der Kette steht ihre Flucht, die sie durch die
bemerkenswerte (sehr wasserreiche) Landschaft Ab-Tzenkeths führt.
Um sich beide in Sicherheit zu bringen, muss sie die Grenzen der
Tzenkethi-Gesellschaft überschreiten, was vor allem Konflikte mit
ihrer engsten Freundin provoziert.
Dieser sonst recht aufschlussreiche Handlungszweig leidet auch
darunter, dass er über weite Strecken größtenteils losgelöst ist
von der Haupthandlung. Die Ankunft von Peter Alden, einem
ehemaligem Spion auf Ab-Tzenketh, auf der USS Aventine ändert das
und bringt die Ungewissheit ins Spiel, ob Efreths Geschichte in
dieser Vergangenheit spielt oder nicht doch in der Gegenwart.
Alden ist, wie die Auflösung der ganzen Geschichte auch, eher
enttäuschend. Angekündigt als wichtiger Berater für Captain Dax,
der die Untersuchung der Tzenkethi-Anlagen auf einer der
Venette-Raumstationen unterstützen soll, bringt er die Crew der
Aventine von einer misslichen Lage in die nächste und irritiert
alle durch sein paranoides Auftreten.
Ein anderes Beispiel für die teils unverständliche Entwicklung der
Handlung sind Picards mühsame Verhandlungen mit der
Venette-Versammlung, bei denen seine sonst bewährtenTaktiken nicht
aufgehen. Crushers Einstand als Diplomatin ist unerklärlich - warum
sollte sie überhaupt diese Rolle übernehmen?
Dass sich alles am Ende als wohlgeplante (man fragt sich auf
welcher Basis jemand sich zu solch einem Plan entscheiden
konnte) Aktion herausstellt, ist zwar reichlich plump, aber
einige Teile von "Risiko" sind interessant und aufregend zu
lesen.
Der Roman beendet gleichzeitig auch die Typhon-Pakt-Reihe, die mit
der nicht ganz neuen Prämisse eines feindlichen Machtblocks
gestartet war und in ihrem Verlauf einige sehr unterschiedliche
Geschichten erzählte - inhaltlich wie qualitativ. An ihrem Ende
scheinen sich die Beziehungen zum Typhon-Pakt schwieriger als je
zuvor zu gestalten, womit genug Stoff für zukünftige Romane
vorhanden sein sollte.
Infos:
Star Trek: Typhon Pact
Band 7
Titel: Risiko (Brinkmanship)
Autor: Una McCormack
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2014, USA: 2012
Deutsche Übersetzung von Christian Humberg
Preis: 12,80 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
Fragen, Kritik oder Anregungen? Schreiben Sie an
Andrej Schwabe.