Archers Kobyashi Maru-Test
von Andrej Schwabe, 07.04.2015
Inhalt:
Die Enterprise schiebt zusammen mit der Columbia langweiligen Konvoidienst,
seitdem ständig Frachtschiffe der Koalition angegriffen werden. Zwar scheinen
die Klingonen für einige Angriffe die Schuld zu tragen, aber Archer ist
überzeugt, dass die Romulaner im Hintergrund an dem Konflikt mitmischen. Trip,
der gerade auf Romulus weilt, um einer Spionagemission beim romulanischen Warp
7-Programm nachzugehen, wird zur zentralen Figur im weiteren Verlauf, denn
seine Informationen könnten die romulanische Beteiligung eindrücklich
bestätigen.
Kritik:
Der Titel macht den wahren Star Trek-Fan natürlich sofort begierig angesichts
der Hoffnung, die reellen Begebenheiten hinter dem berühmten Simulatortest zu
erfahren, der vor allem in Star Trek II eine
Rolle gespielt hat. Zwar taucht der bekannte Frachter relativ früh auf und wir
erfahren viele Details zu seiner Besatzung und (geheimen) Mission, aber
unglücklicherweise vertrösten einen die beiden Autoren bis ganz an das Ende,
bis wir das sagenumwobene aussichtslose Gefecht miterleben dürfen. Trotzdem
die beiden deutlich auf diesen Höhepunkt hinarbeiten, überzeugt die
dargestellte Schlacht nicht wirklich. Sie hebt sich nicht besonders von anderen
ab, die bei Enterprise im Rahmen des Romulanischen Krieges stattfinden, und
findet auch in den folgenden Romanen keinen inhaltlichen Nachhall. Da sei die
unschuldige Frage gestattet, ob der Titel des Romans wohl nicht stark
übertrieben ist und mehr dem Leserfang dient.
Neben dieser Enttäuschung wartet der Roman mit einer ausführlichen (und zu
ausufernden) Schilderung von Trips Mission auf Romulus auf, die bereits im
Vorgängerroman "Was Menschen Gutes tun"
aufgesetzt und unglaubwürdig erschien. Oft genug kann man sich fragen, warum
gerade er als Agent ausgewählt wurde. Seine besonderen Spionagefähigkeiten
können es nicht gewesen sein, denn immerhin flog er schnell auf. Nur durch
unzählige absurde Zufälle kann er sich dennoch immer wieder im Spiel halten.
Während ihm an der einen Stelle beispielsweise romulanische Intrigen in die
Hände spielen, "fühlt" an anderer Stelle T'Pol, die auch in Trips Mission
eingeweiht ist, dass er auf Romulus Probleme hat und plant kurzerhand eine
halsbrecherische Rettungsmission. Dieser Storyteil ist nicht nur hanebüchen
aufgezogen, sondern wirft auch ein fragwürdiges Licht auf die generelle
Ausgangslage des Enterprise-Relaunches: Wenn es so einfach ist, nach Romulus zu
gelangen, sollte es dann nicht einen regen Austausch zwischen dem Romulanischen
Imperium und anderen Aliens geben? Und warum hat dann noch nie ein Mensch einen
Romulaner gesehen? Überhaupt muss man Trips Mission als misslungen betrachten.
Weder ist er der passende Typ als Agent (im Gegensatz zum Beispiel zu DS9s
Bashir), sodass auch keine spannende Atmosphäre
aufkommt, noch findet er Neues zum Warp 7-Antrieb heraus. Viel mehr hat man das
Gefühl, dass man es auch hier mit einer großen Menge an Füllstoff zu tun
hat.
Einziger Lichtblick ist, dass mit Trip und T'Pol so etwas wie Charaktermomente
in diesem doch eher handlungsorientierten Roman aufkommen - obwohl teilweise
bis ins Lächerliche verzerrt. So haben die beiden natürlich erstmal Sex, als
sie sich wiedertreffen.
Der Rest des Romans schlägt sich mit der nicht ganz unwichtigen Frage herum,
auf welche Weise die Romulaner die Konflikte zwischen den Aliens schüren. Waren
es in der vierten Enterprise-Staffel noch die besonderen
Chamäleon-Eigenschaften ihrer Schiffe, so verlegen sie sich hier auf die - man
höre und staune - Fernkontrolle von fremden Schiffen. Das erscheint nicht
gerade wie eine brillante Idee für eine der schlimmsten Waffen des Imperiums.
Es fragt sich auch, wie so etwas bei Raumschiffen, die nun mal komplizierte
technische und höchst unterschiedliche Geräte sind, standardmäßig funktionieren
soll. Es lässt sich nur schwer ausmalen, wie mit solch einer dürftigen Prämisse
der gesamte Romulanische Krieg aufgebaut werden soll.
Ein hinterlistiges Spiel gestatten sich die zwei Autoren mit der Columbia, von
der der Leser aus der Destiny-Trilogie bereits weiß,
dass sie irgendwann während des Romulanischen Krieges verschwinden wird. Da am
Ende die Koalition dem Imperium den Krieg erklärt, darf man gespannt sein, in
welchem Roman und bei welcher Gelegenheit dies passieren wird.
"Kobayashi Maru" ist zwar zügig und flüssig erzählt, aber insgesamt zu
langatmig. Die Trip-Story dümpelt vor sich hin und der Roman braucht zu lange,
bis er zum Punkt mit der Fernkontrolle und der Kobayashi Maru-Schlacht gelangt,
wobei beide eher enttäuschen. Und es bleibt völlig unerklärlich, warum uns
gerade Hoshi Sato vom Cover anlächelt!
Infos:
Star Trek: Enterprise
Band 3
Titel: Kobayashi Maru (Kobayashi Maru)
Autor: Michael A. Martin, Andy Mangels
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2014, USA: 2008
Deutsche Übersetzung von Bernd Perplies
Preis: 14,80 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
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