Noch mehr Borg
von Andrej Schwabe, 22.07.2010
Inhalt:
Das Sternenflotten-Schiff Rhea erforscht gerade eine Ansammlung von seltsamen Kohlenstoffplaneten, als das Forschungsschiff Einstein auftaucht. Die Einstein wurde in "Heldentod" von den Borg übernommen und ist seitdem fest in der Hand der borgifizierten Janeway. Bevor aber alle von den Borg assimiliert werden, verschwindet unter unbekannten Umständen ein Besatzungsmitglied und taucht viele Tausend Lichtjahre entfernt wieder auf.
Mit ihr zusammen macht sich die Enterprise zu dem Sternenhaufen auf, um zu verhindern, dass die Borg unvergleichlichen Schaden anrichten können.
Kritik:
Das Schicksal meint es nicht gut mit Picard: Gerade haben der Captain und seine Chefmedizinerin ihre Flitterwochen hinter sich gebracht und schon muss er sich wieder seiner Nemesis stellen, den Borg. Die Geschichte schließt inhaltlich nahtlos an "Heldentod" an und die drängende Frage steht im Raum, ob "Mehr als die Summe" dem inzwischen gewohnten Storyautomatismus der Borggeschichten folgt oder etwas Neues bieten kann.
Genau der zweite Punkt gelingt Bennett: Die Idee der denkenden Kohlenstoffplaneten ist faszinierend, ähnlich wie Bennetts phantasievolle Fortsetzung der Weltraumwesen-Geschichten im Titan-Roman "Die Hunde des Orion". Die Motivation und Handlungsweise dieses ungewöhnlichen Wesens sind spannend, amüsant und nachvollziehbar geschildert. Zwar dauert es ein wenig, bis der Roman sich den Kohlenstoffplaneten zuwendet, aber ab diesem Moment löst sich der Roman dankbarerweise schnell vom üblichen Borgschema.
Eine weitere Baustelle der TNG-Neuauflage neben den Storys stellten immer wieder die neuen Besatzungsmitglieder dar. Nachdem im letzten Roman gegen Picard gemeutert wurde, macht Bennett kurzen Prozess mit den Beteiligten und verabschiedet sich von der vulkanischen Schiffscounselor T'Lana und dem Sicherheitschef Leybenzon (hier sei nur kurz auf einige unterhaltsame Seiten am Romanende hingewiesen). Beides Charaktere, die nie viel Sympathie genießen konnten, weshalb diese Passagen deutlich kürzer hätten ausfallen können, da auch nichts Neues über die zwei enthüllt wird.
Einige Zeit investiert Bennett, um die neuen Ersatzcrewmitglieder vorzustellen: Die Chemie zwischen der Crew und der äußerst aktiven und nervösen Halbvulkanierin T'Ryssa Chen und der zurückhaltende Lieutenant Jasminder Choudhury ist diesmal eindeutig besser. Hoffentlich ist es endlich mal was für die Zukunft. Die ursprünglich an der Meuterei mitbeteiligte zweite Offizierin Miranda Kadohata darf bleiben, was wohl auch eine gute Wahl zu sein scheint. Abgerundet wird das Ganze durch einen kurzweiligen Auftritt der Enterprise-Barhüterin Guinan, die offenbar endgültig ihren Hut nimmt.
Leider nicht so ganz stimmig ist die Einbindung von plötzlichem Beverlys Kinderwunsch in die Handlung. Vielleicht ist der Kontrast zu Picards bisherigem Auftreten einfach zu groß, aber nicht nur diese sondern auch einige andere Picard-Crusher-Szenen erscheinen deplaziert und aufgesetzt.
Ein guter Roman mit einigen Längen zu Beginn, ein paar Schwächen zwischendrin und einem interessanten Text zur Kindheit in Star Trek am Ende. Aber insgesamt bisher der stärkste Borg-Roman des Relaunchs.
Infos:
Star Trek: The Next Generation
Band 5
Titel: Mehr als die Summe (Greater than the Sum)
Autor: Christopher L. Bennett
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2010, USA: 2008
Deutsche Übersetzung von Bernd Perplies
Preis: 12,80 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
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Andrej Schwabe.