"Der Dominion-Krieg ist noch nicht vorbei!"
von Andrej Schwabe
und Florian Schwabe, 02.11.2003
Susan Kearney wurde in New Jersey geboren. Laut der Biographie auf ihrer
Webseite ist Kearney eine professionelle, "all-americian" Taucherin, Seglerin, erfahren in asiatischen Kampftechniken, Immobilienhändlerin und glückliche Besitzerin dreier Friseurläden, eines Fitness-Studios und eines Tauschgeschäfts. Und als ob dies nicht schon genug wäre, schreibt sie auch noch – durchschnittlich ein Buch in zwei Monaten.
Sowohl für Kearney als auch für Freundin und Ko-Autorin Charlotte Douglas ist es ihr erstes Trek-Buch.
Handlung:
Betazed ist vom Dominion übernommen worden. Die Bevölkerung wird unterjocht und zu barbarischen Experimenten missbraucht, Widerständler fest genommen und Hoffnung ist nicht in Sicht. Trotz der schwierigen Lage im Kampf gegen die Jem’Hadar versucht die Föderation den Planeten zurückzugewinnen.
Kritik:
"Der Dominion-Krieg ist noch nicht vorbei!", so auf dem Buchrücken zu lesen, klingt zunächst ganz spannend. Nach dem Lesen hatte ich aber mehr den Eindruck, das dies als Drohung zu verstehen ist...
Die beiden Autoren warten mit einer auf allen Ebenen klar strukturierten, leicht verständlichen Geschichte auf, die im Handlungsfluss allein durch einen Rückblick in Deannas Vergangenheit unterbrochen ist, ansonsten sich aber intensiv um die Vermittlung des Kriegsgeschehens um Betazed bemüht.
Dabei geschehen den beiden leider viele Fehler. Als unsondierbar vorgestellte Burgfestungen des betazoidischen Widerstandes sind trotzdem kein Hindernis für die Transporter der Enterprise, auch nicht als es um ihre Tausenden Bewohner geht. Die Enterprise geht mal einfach kurz vor Betazed auf Warp, was Geordi die neuen Augen aus dem Kopf reißen sollte. Später dann, als eine cardassianische Raumstation explodiert, werden natürlich alle feindlichen Schiffe vernichtet, während die Enterprise lediglich mit geringfügigen Lackschäden nach Hause fliegt.
Der Roman übernimmt die bereits in Deep Space Nine oft dargestellte Schwarz-Weiß-Einteilung in eine gute, ehrbare Föderationswelt und in eine böse und brutale Dominionwelt. Keine Figur verschwendet einen Gedanken an die Feinde oder an den Hintergrund der Kämpfe – alle bleiben in der "Ist halt so"-Haltung gefangen. Und auch wenn wieder alles schief geht mit der "Superwaffe" der Föderation, so sind es doch wieder die Jem’Hadar, die Cardassianer und die Vorta, die sich die ärgsten Dummheiten leisten und genau im richtigen Moment die Schilde senken.
Auf ähnlichem Niveau bewegen sich die Charaktere. Denn den beiden Autoren sind sie nämlich absolut egal, solange sie nicht das Klischee des aufrechten und innerlich zerbrechenden Kämpfers in einem aussichtslosen Krieg erfüllen können. Worf wird beispielsweise reduziert auf ein dreimaliges "Ich muss noch eine Rechnung mit dem Dominion begleichen" (wegen Jadzia Dax, übrings von Gul Dukat und nicht vom Dominion ermordet!) und ein einmaliges Tränenvergießen. Picard und Commander Vaughn, von der Sternenflotte als strategische Unterstützung gesandt, repräsentieren die unliebsam strengen Feldherren ohne privaten Hintergrund. Deanna und Riker sind die Fackeln im Sturm des Dominion, die sich wie in einem Groschenroman emsig umarmen und trösten. Und am Ende darf nach Worf auch Riker in Tränen ausbrechen. Süß, nich?
Ebenso "Tränen rührend" ist die Situation in den Bergen bei den betazoidischen Widerständlern, so klischeehaft mit all ihren "barbarischen" Krankheiten und dümmlichen Streitgesprächen, dass man die Seiten schon fast ausreißen mag.
Um dem Roman den Anschein einer komplexen Handlung zu geben, lassen die Autoren einige Nebenfiguren auftauchen, allen voran Lwaxana Troi. Ebenfalls präsent ist der cardassianische Wissenschaftler Moset, dessen nicht vorhandenes Gewissen bereits in der VOY-Folge
"Inhumane Praktiken" Thema war. Moset war zur Zeit der bajoranischen Besetzung an brutalen Experimenten beteiligt und seine Figur ist sehr eindeutig an den deutschen Nazi-"Arzt" Josef Mengele angelehnt. Während bei Voyager allerdings der (gut dargestellte) ethische Konflikt im Vordergrund stand, geht es hier – wie im gesamten Roman – um den Effekt, das Äußere. Die Autoren beschreiben, wie er die Betazoiden quält und seine Opfer am Ende aussehen – und ja irgendwo steht dann auch noch in einem Nebensatz wie verwerflich all dies ist. Zu jedem guten Kriegsroman gehört halt ein kranker Wissenschaftler – aber immer nur auf der Feind-Seite versteht sich.
Ein Lichtblick des gesamten Buches ist der Auftritt von Commander Vaughn, der die Stelle von Kira auf DS9 füllt, nachdem Sisko zu den Propheten gegangen ist. Ebenso wie in den DS9-Romanen (in Deutschland inzwischen erschienen:
"Der Abgrund") erscheint er auch hier sehr rätselhaft und undurchschaubar, immerhin wird diesmal sein Alter mit 100 Jahren angegeben.
Das Buchcover mit einer kampfbereiten, Phasergewehr bewaffneten Deanna finde ich der Figur überhaupt nicht angemessen – es drückt aber gut die Grundhaltung des Romans aus.
Fazit: Eine gefährlich naiv verklärte Kriegsgeschichte in vorhersehbarem Rahmen und ohne Spannungsmomente. Überhaupt nicht empfehlenswert.
Infos:
STAR TREK - The Next Generation, Band 78
Titel: Die Rache des Dominion (The Battle of Betazed)
Autor: Charlotte Douglas, Susan Kearney
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2003, USA: 2002
Deutsche Übersetzung von Andreas Brandhorst
Preis: 7,95 €
Wilhelm Heyne Verlag, München