Todd Bryant & Scott Leva (2) - Prügel beziehen für Anfänger und Fortgeschrittene (ys)
Zum Auftakt sprachen die beiden Stuntmen über ihre bisherigen Arbeiten. So kann vor allem Todd auf eine lange Star Trek-Karriere zurückblicken, da er in den Filmen 2, 5, 6 und 10 mit von der Partie war. In Star Trek V spielte er Captain Klaa, im 6. Film den Übersetzer, der während der Gerichtsverhandlung für Kirk und McCoy übersetzt.
Scott erwähnte stolz, dass er der erste blauäugige und blonde Klingone bei Star Trek war, kam dann aber schnell darauf zu sprechen, dass er bei Star Trek vor allem als Stuntman und Stunt-Koordinator gearbeitet hat.
Besonders stolz ist Scott auf den kommenden Kinofilm "Ballistic: Ecks vs. Sever", von dem er bereits im ersten Panel erzählt hatte. Erneut zeigte er per Laptop die Szene, in der einen einen Fall aus knapp 50 Meter Höhe auf ein Autodach durchführt. Er erklärte, dass der komplette Innenraum des Autos mit durchsichtigem Schaum gefüllt war, um den Aufprall zu dämpfen. Es sei lediglich eine sehr dünne Schicht lackiertes Aluminium darüber gewesen, damit das Dach möglichst echt aussah. Gefährlicher als den eigentlichen Aufprall fand er, dass nur knapp 3 Meter über ihm eine Kamera hinterherfiel. Zwar wurde in vielfachen Probeläufen sichergestellt, dass die Kamera mit mehreren festen Seilen über ihm abgebremst wird, so dass sie nicht auf ihn fällt, aber wenn eines der Seile versagt hätte, hätte ihn die Kamera ganz sicher erschlagen.
Neben diesem besonders tiefen Sprung gibt es, wie Scott erklärte, in dem Film noch 3 weitere neue Stunts, die in dieser Form bisher nie durchgeführt wurden.
Anschließend wurde gefragt, wie sie am Vortag ihren Schaukampf so realistisch hatten aussehen lassen. Um das zu demonstrieren, holten sie einen Freiwilligen auf die Bühne und erläuterten das wichtigste, was es bei Prügeleien zu beachten gibt: immer Blickkontakt halten! Man dürfe nie auf die Schlaghand oder etwas anderes schauen, sondern müsse immer die Gesamtsituation im Blick behalten. Außerdem dient der Augenkontakt der Abstimmung zwischen den Stuntmen.
Anschließend zeigten sie, dass man immer knapp am Gegner vorbeischlägt, vor allem bei Schlägen auf den Kopf. Damit das Ganze realistisch aussieht, muss die Kamera im richtigen Winkel zum Geschehen aufgestellt sein, da man sonst sehen könnte, wie weit der Schlag tatsächlich am Gegner vorbei geht. Natürlich muss der vorgeblich Getroffene ebenfalls seinen Teil beitragen, indem er den Kopf zur richigen Seite bewegt, um damit den Treffer zu simulieren.
Die nächste Frage dreht sich darum, ob CGI (Computer Generated Images) den Job der Stuntmen verändert hätten, was Scott bejahte. Seiner Ansicht nach wirken Filme wie X-Men oder Superman oftmals viel zu künstlich. Aber natürlich gebe es nach wie vor jede Menge Filme, in denen "echte" Stunts im Vordergrund stehen - wie z.B. "Ballistic: Ecks vs Sever", auf den zu verweisen Scott nicht müde wurde.
Erneut betonten die beiden, wie wichtig es ist, fit zu bleiben und ständig zu trainieren. So müsse man auch regelmäßig aus unterschiedlichen Höhen von Tischen, Leitern und sonstigen Gegenständen herunterfallen, um perfekt vorbereitet zu sein, wenn man dies bei Dreharbeiten machen muss. Ebenso ist ständiges Auto- und Motorrad-Training angesagt.
Scott freut sich auch, mit seinem Laptop umgehen zu können. Einerseits benutzt er den Rechner, um sich dort Notizen zu machen und einige Kalkulationen durchzuführen, wenn er als Stunt-Koordinator arbeitet, andererseits wäre es für ihn sehr von Vorteil, sich zumindest grundlegend mit CGI und Computereffekten auszukennen, um Regisseuren genau sagen zu können, welche Stunts machbar sind und welche später doch am Computer entstehen müssen.
Bei der Frage nach den gefährlichsten Stunts waren sich die beiden einig, dass Highfalls, also Sprünge aus großer Höhe, am meisten Opfer unter den Stuntmen gefordert haben. Bei einem Highfall ohne Sicherung kann fürchterlich viel schief gehen. Ein einziger falscher Schritt oder auch eine Winböe kann bedeuten, dass der Stuntmen das Luftkissen verfehlt und stattdessen auf dem Beton aufschlägt. In so einem Fall gibt es, je nach Sprunghöhe, keine Rettung mehr.
Autostunts seien da vergleichsweise harmlos, da ein Auto fast wie ein Panzer wirkt; man ist auf allen Seiten von recht massivem Metall umgeben, so dass ein gut geplanter Autostunt nur ein geringes Risiko für die Stuntmen bedeutet.
Die allermeisten Verletzungen treten bei Tritten und Schlägen für Prügeleien auf. Besonders häufig komme es dazu, wenn man mit Schauspielern zusammen arbeitet. Einige Schauspieler wollen solche Szenen selbst drehen, in anderen Fällen ist das mitunter vom Regisseur vorgesehen. Das Problem ist, dass Schauspieler keine trainierten Stuntleute sind, so dass sie sich viel zu oft verschätzen und dem Stuntmen, mit dem sie kämpfen, mitten ins Gesicht schlagen, anstatt es wie ein Profi knapp zu verfehlen.
Ein tragischer Hubschrauberunfall bei den Airwolf-Dreharbeiten hat ebenfalls das Leben mehrerer Stuntleute und eines hervorragenden Piloten gekostet, wie die beiden betrübt meinten. Doch solche Unfälle seien leider nicht immer zu vermeiden, das Risiko ist Teil des Jobs.
Eine weitere sehr gefährliche Kategorie sind Feuer-Stunts, in denen der Stuntman angezündet wird und dann durch die Gegend laufen oder irgendwo herunterspringen oder -fallen muss. Die beiden meinten, ein solches Feuer muss in dem Moment gelöscht werden, wenn dem Stuntman warm wird. Das seien in der Regel trotz der dicken Schutzkleidung nur ein paar Sekunden.
Scott erläuterte das an einem Stunt, den er einmal gemacht hatte: er sollte brennend auf einen Tisch fallen und sich dann abrollen. Er sagte der Löschcrew, sie müsse ihn genau drei Sekunden, nachdem er angezündet wurde, löschen. Um sicherzugehen, fragte er nach, ob sie es verstanden hatten. Sie meinten: "Okay, wir löschen dich, wenn du dich abgerollt hast." Scott erklärte es ihnen noch einmal: "Ihr löscht mich nach drei Sekunden. Egal, was passiert, drei Sekunden! 1000, 2000, 3000, löschen!"
Der Stunt wurde dann mehrfach geprobt. Als alles perfekt saß und die Feuerlöschcrew bereit war, wurde der richtige Stunt vor laufenden Kameras durchgeführt. Diesmal ging es nicht glatt, Scott verfehlte sein Ziel, konnte sich nicht richtig abrollen, und die Feuerlöschcrew gaffte ihn dumm an und wartete, dass er sich endlich abrolle, bis er sie anbrüllte, dass sie ihn sofort löschen sollen. Scott trug einige mittelschwere Verbrennungen davon und musste einige Zeit ins Krankenhaus.
Ein wahres Paradies für Stuntmen, die Feuer mögen, sei der Film "Backdraft" gewesen. In dem Zusammenhang meinte er, dass er den allergrößten Respekt für echte Feuerwehrmänner empfindet: wenn Stuntmen in ein brennendes Haus gehen, wissen sie genau, was sie erwartet, da alles perfekt vorbereitet wurde. Wenn Feuerwehrmänner zu einem Brand kommen, wissen sie überhaupt nicht, was sie erwartet, und trotzdem gehen sie rein - ihren Mut bewundert er.
Damit hatten Todd Bryant und vor allem der gesprächigere Scott Leva erneut ein überaus interessantes Panel gestaltet, das den Zuschauern näher brachte, wie hart der Alltag und die Arbeit derjenigen Leute sind, die für die Schauspieler im wahrsten Sinne durchs Feuer gehen.