Garrett Wang
Das letzte Panel des Tages bestritt wie am Vorabend Garrett Wang, der einmal mehr mit frenetischem Applaus auf der Bühne in Empfang genommen wurde und auch einmal mehr das von Michael Krämer erstellte Video genoss.
Sogleich sprach Garrett über seine erste Convention. Die fand im Jahr 1995 in Minneapolis, Minnesota statt, und zwar gerade mal eine Woche, nachdem der Voyager-Pilotfilm "Caretaker" ausgestrahlt wurde. Garrett hatte keine Ahnung, was ihn auf der Con erwartete, als er von einem Sicherheitsbeamten in seinem Hotelzimmer abgeholt wurde. Überaus humorvoll imitierte Garrett den Sicherheitsmann, der stilecht mit Knopf im Ohr und feinem Jacket seinen Job als VIP-Bodyguard ausführte und sich in etwa benahm, wie man es vom Secret Service (Leibwächter des US-Präsidenten) erwarten würde. Beim losgehen meldete er in sein Mikro: "Eagle 1 to base, I am with Mr. Wang at his hotelroom, we're on our way to the convention-area, ETA 9 minutes 30 seconds." ("Eagle 1 an Basis, ich bin mit Mr. Wang bei seinem Hotelzimmer, wir machen uns auf den Weg zum Veranstaltungsgelände, geschätzte Ankunft in 9 Minuten und 30 Sekunden."). Also gingen die beiden los, wobei der Sicherheitsmann ständig den aktuellen Status ins Mikro durchgab. Nach etwa 10 Minuten standen die beiden dann vor einer Tür, hinter der der Hauptraum lag - den Garrett bis dahin noch nicht gesehen hatte: "Eagle 1 to base, Mr. Wang is standing at the entrance, he's now ready to enter." ("Eagle 1 an Basis, Mr. Wang steht am Eingang und ist bereit, einzutreten.")
Garrett fragte, wie lange er denn eigentlich auf der Bühne sein sollte, er rechnete mit 10 bis 15 Minuten. Die Antwort, dass er 50 Minuten auf der Bühne stehen sollte, haute ihn beinahe aus den Socken, und er musste auf jeden Fall auf Toilette. Woraufhin der Sicherheitsmann meinte, das wäre nun unmöglich, Garrett könnte jede Sekunde hereingerufen werden. Garretts Bedürfnis war aber zu stark, also sprintete er los in Richtung der nächsten Toilette, der Bodyguard direkt hinter ihm her, dabei ins Mikro rufend: "Eagle 1 to base: Abort! Abort! Abort!" ("Eagle 1 an Basis: Abbruch! Abbruch! Abbruch!"). Garrett fand eine Toilette, in die ihm der Sicherheitsmann folgte. Eifrig wie schon die ganze Zeit über gab er jeweils den aktuellen Status durch: "Eagle 1 to base, Mr. Wang has now opened his flyer." ("Eagle 1 an Basis, Mr. Wang hat gerade seinen Hosenstall geöffnet."), und so weiter.
Schließlich standen die beiden wieder vor der Tür, und der Sicherheitsmann gab eine erneute Bereitschaftserklärung ins Mikro. Garrett rechnete mit etwa 200 bis maximal 300 Leuten, die ihn erwarten würden. Dann wurde sein Name von einem Sprecher ausgerufen, der Sicherheitsmann öffnete die Tür, und Garrett wurde in den Raum gewiesen. Dort erwarteten ihn dann 6.000 Fans, die wie wahnsinnig jubelten und ihn willkommen hießen wie Mick Jagger, obwohl gerade erst eine einzige Voyager-Folge zu sehen gewesen war.
Garrett meinte, dass er im Folgenden weitere 16 Conventions besuchte, bevor irgendjemand anders aus dem Voyager-Cast auf die erste Con ging.
Anschließend wurde er etwas ernster, als er auf die Freiheiten und die Einschränkungen bei Star Trek zu sprechen kam. Er hat den Eindruck, dass die Produzenten mehr Wert auf die Haare der Darsteller als auf den Gehalt der Episode legen. Beim Dreh muss alles perfekt sein, vom Bart über die Haare bis zur Uniform. Damit leitete er um auf Geneviève Bujold, die ursprünglich Captain Janeway spielen sollte. Bujold war insgesamt sehr angetan von der Serie und wollte gerne mitspielen, zumal man ihr versichtert hatte, sie würde jede Menge Freiheiten haben, die Entwicklung von Janeway mitzubestimmen. Als sie dann schließlich zu arbeiten anfing, wurde ihr gesagt, sie solle die Dinge genau so machen, wie sie im Drehbuch stehen, und kein bisschen anders. Deshalb hat sie nach nur 2 Drehtagen das Handtuch geworfen und den Job hingeschmissen. Ersatz musste also her, und es war auch im Gespräch, dass Janeway eine männliche Figur werden könnte. Da es aber schon jede Menge männliche Darsteller in der Crew gab, fürchteten Garrett, Tim (Russ), Robbie (McNeill) und auch Robert (Beltran) um ihren sicher geglaubten Job - aber scherzhaft meinte Garrett, er hätte sich dann lieber als Harrietta Kim ausgegeben, als den Job sausen zu lassen.
Außerdem meinte er scherzhaft, es sei schon ganz gut, dass Bujold den Job geschmissen hat. Bevor sie dazugekommen war, hatten Garrett und Robbie bereits einige Drehtage hinter sich. In ihrer ersten gemeinsamen Szene mit Geneviève befanden sie sich auf der Brücke, und Janeway sollte "Engage" ("Energie" bzw. "Beschleunigen") sagen. Doch anstatt den Befehl wie Kirk, Picard oder Sisko im Befehlston zu sagen, hauchte sie ihn nur so vor sich hin, dass man ihn kaum verstand - was Garrett vortrefflich imitierte.
Drei Wochen später drehten Garrett und Robbie die Szene noch einmal mit Kate Mulgrew, und sie sagte dann das "Engage" in der gewohnten Manier, woraufhin sich Garrett und Robbie anschauten und gegenseitig meinten: "Yes!"
Plötzlich piepte im Publikum ein Handy mit der Melodie eines Popsongs. Garrett fing zur Belustigung aller spontan an, zum Piepen zu tanzen, und wurde einmal mehr mit heftigem Applaus überschüttet.
Dann gab es eine Frage zu seinem Zusammentreffen mit Armin Shimerman (Quark) in "Caretaker". Garrett sprach sehr begeistert von Armin, hält ihn für einen tollen Schauspieler und war sehr dankbar über Armins großzügige und freundliche Art, als er mit ihm zusammen drehte.
Anschließend hatte Garrett eine weitere Story parat: in einer Episode sieht man Tom auf der Krankenstation auf einem der Betten liegen - und als die Episode ausgestrahlt wurde, entdeckte Garrett einen Popel in Robbies Nase. Am nächsten Tag erzählte er es Robbie, und die beiden beschlossen, einen kleinen Test zu veranstalten. In der Makeup-Abteilung ließ sich Robbie einen riesigen falschen Popel machen, den er sich dann in die Nase stopfte. Damit lief er den ganzen Tag herum, und kein einziger von den Leuten am Set sprach ihn darauf an: alle schauten nur verlegen zur Seite und taten so, als würden sie den Popel nicht bemerken.
Die Stimmung war inzwischen auf dem Hochpunkt, aber Garrett legte noch einen drauf, indem er von den "Fart Wars" ("Krieg der Fürze") erzählte. Recht früh nach Beginn der Dreharbeiten für Voyager begannen Tim, Robbie und Ethan (Neelix), sich gegenseitig mit lauten und stinkenden Fürzen zu übertrumpfen. Am heftigsten trieb es Tim, der sich zum Mittagessen mit Zwiebeln und anderen furzfördernden Ingredenzien vollstopfte und das mit "I'm loading up on ammunition" ("Ich lade Munition") kommentierte. Im Lauf der Jahre hatte Tim die tödlichsten und gefährlichsten Kombinationen von Nahrungsmitteln herausgefunden, um Fürze zu produzieren.
Garrett merkte, dass das Publikum ihn nicht ganz ernst nahm und forderte jeden auf, Tim, Robbie und Ethan bei der nächsten Convention darüber auszufragen: "The truth is out there - ask them!" ("Die Wahrheit ist da draußen - fragt sie!").
Eine weitere Geschichte über Tim bezog sich auf dessen Spitznamen: so wurde er Tim "Slipper" Russ genannt, weil er bevorzugt gemütliche Slipper oder Jogginghosen trug. Als Tuvok hatte er viele Szenen hinter dem Pult der taktischen Konsole, so dass seine Hosen ohnehin nicht gefilmt wurden. Also wollte er es sich möglichst bequem machen.
Anschließend schilderte Garrett auf eine Frage hin, was für ein Drehbuch er geschrieben hätte, wenn er eines hätte beisteuern können: die Story hätte sich um Harry und Seven of Nine gedreht. Dabei wäre der Doktor mit Blumen bei Sevens Quartier aufgetaucht, und dann hätte Harry gesagt: "Computer, turn off the EMH." ("Computer, schalte das MHN ab."). Anschließend hätte er sich die Blumen geschnappt und sich seinerseits an Seven herangemacht.
Auf die Frage, ob er irgendetwas an Voyager zu bemängeln hätte, meinte Garrett nur, dass er sich wirklich eine Beförderung für Harry gewünscht hätte. Ansonsten sei er aber sehr zufrieden mit der Serie, und beispielsweise "Timeless" gefalle ihm ohnehin ausgesprochen gut, es sei eine der besten Episoden überhaupt.
Die nächste Frage drehte sich darum, ob es einen Voyager-Kinofilm geben wird. Garrett hält das für sehr gut möglich. Die TNG-Crew wird wegen Patrick Stewart nach Star Trek X keine Filme mehr drehen, bei DS9 passt der gesamte Rahmen nicht, also ist Voyager am ehesten für einen Kinofilm geeignet. Die Darsteller hätten mit Sicherheit alle Lust, er würde sich wahnsinnig über einen Film freuen - ganz besonders, wenn Harry dann endlich seine Beförderung bekommt.
Dann wurde gefragt, wie sich für Garrett die Unterschiede zwischen den verschiedenen Cons darstellen. Darauf antwortete er, dass die Cons eigentlich überall auf der Welt gleich sind. Allerdings wären beispielsweise die deutschen Fans etwas höflicher als die in den USA.
Angesprochen auf das Thema Regie wurde Garrett wieder etwas ernster. Er hätte sehr gerne einmal Regie geführt, aber man ließ ihn nicht. In der vierten Staffel fragte er Rick Berman: "Darf ich in einer Episode Regie führen?", aber Rick meinte: "Nein, dieses Jahr noch nicht."
Das wiederholte sich in den darauffolgenden Jahren, und somit ist Garrett der erste Star Trek-Darsteller, dem man nicht die Erlaubnis gab, einmal Regie zu führen.
Überhaupt sprach Garrett nicht gerade in den höchsten Tönen von den Produzenten: in der vierten Staffel hatten einige der männlichen Darsteller ein wenig zugenommen. In der Episode "Dämon" hatten Harry und Tom dann einen Dialog, der in etwa besagte, sie müssten ganz dringend abnehmen und mehr Fitnesstraining machen. Sie sprachen daraufhin Brannon Braga an, der ihnen erklärte: "Entweder ihr nehmt ab, oder wir benennen die Show um in 'Star Trek: Pigs in Space' ('Star Trek: Schweine im Weltraum')".
In Enterprise, erklärte Garrett dann auf die nächste Frage, würde er auf alle Fälle sehr gerne einmal mitspielen. Wenn sie ihn fragen sollten, dann ist er sofort dabei. Und er kann sich auch gut vorstellen, dass es dazu kommt, Insiderinformationen hat er allerdings nicht.
Zum Thema Captain Proton meinte er, er fand es wunderbar. Aber wie bei vielen Aspekten bei Voyager war es so, dass die Produzenten es beendeten, als es anfing, Spaß zu machen. Stattdessen wurde dann das Fair Haven-Szenario erschaffen.
Ein Besucher meinte anschließend, er habe gar keine Frage, aber seit Tagen könne er nur noch an die Terroranschläge von New York und Washington denken und hielte eine Schweigeminute für eine gute Idee. Im Publikum regten sich einige Gegenstimmen, weil die Besucher größtenteils lieber das Panel von Garrett sehen wollten. Garrett sprang dann aber diplomatisch ein und sagte, jeder solle so trauern, wie er es für richtig hält, gegen eine Schweigeminute hätte er nichts. Allerdings vergingen dann nur wenige Sekunden, bis er mit einigen Leuten in der ersten Reihe ins Gespräch kam und das Panel somit wieder normal weiterlief.
Als letztes trug Harry seine Idee für das Voyager-Finale vor: in der Episode "Deadlock" sei der erste Harry gar nicht umgekommen, sondern von einem getarnten Borgschiff gefangen genommen worden. Die Borg hätten diesen Harry dann als Geheimwaffe vorbereitet, um schließlich mit seiner Hilfe Seven wieder ins Kollektiv zurückzuholen.
Leidenschaftlich schilderte Garrett, wie er dann als Borg-Harry durch die Voyager laufen und die gesamte Crew assimilieren würde, bis er schließlich Seven bedroht, um im letzten Augenblick vom Mensch-Harry fertig gemacht zu werden - Seven, überdankbar für die Rettung, würde sich dann endlich in Harry verlieben.
Das Publikum grölte vor Lachen, aber leider war die Zeit damit um, und der Zeitplan war ohnehin schon um eine Stunde überschritten, so dass Garrett die Bühne räumen musste. Wie am Vortag bekam er den größten Applaus, und das Publikum hatte erst einmal wieder etwas Zeit, die Lachmuskeln zu entspannen, bevor dann die Closing Ceremony begann. (ys)