von Andrej Schwabe, 27.02.2024
Inhalt:
Die Serie "Deep Space Nine" (DS9) wird vorgestellt. Dabei geht es
unter anderem um Serienentstehung und -konzept, die einzelnen
Staffeln, Haupt- und Nebenfiguren und ihre Beziehungen, die
wichtigsten Alienvölker und politischen Konstellationen. Außerdem
wird der DS9-Relaunch im Buchuniversum präsentiert.
Kritik:
Die TV-Serie DS9 beginnt mit einem actiongeladenen Knall, bei dem
die berühmte Schlacht bei Wolf 359 gegen die Borg gezeigt wird. Im
Verlauf des aussichtslosen Kampfs werden die Leben des
Hauptcharakters Benjamin Sisko und seines Sohnes Jake für immer
verändert, als Benjamins geliebte Frau Jennifer stirbt. Man könnte
meinen, dass DS9 einen ähnlichen "Urknall" in der Star
Trek-Landschaft der Neunziger Jahre verursachte, wenn man nach
Jahrzehnten heute auf die Serie zurückblickt wie Julian Wangler in
seinem Buch "Star Trek: Deep Space Nine - Welt zwischen Politik,
Krieg, Glaube und Hoffnung".
Nie zuvor wagte sich eine Star Trek Serie soweit heraus, wenn es um
vielschichtige politische Geschichten und Beziehungen,
nachvollziehbare gesellschaftliche Debatten und glaubwürdige
menschliche Dramen ging. Getreu dem Zitat von Sisko "Es ist leicht,
ein Heiliger im Paradies zu sein", das der Autor dem Buch
voranstellt, traute sich DS9 den Rissen und Inkonsistenzen im
paradiesischen Föderationskosmos nachzuforschen und auszutesten,
wie weit sich die Menschheit denn nun wirklich seit unserer
Gegenwart weiterentwickelt hat wie in TNG so häufig behauptet.
Dementsprechend gut zu verstehen ist die Faszination des Autors für
dieses realistische, erwachsene Star Trek, das sich oft genug nicht
damit begnügt, nach 45 Minuten eine Happy End Auflösung zu
präsentieren, sondern Konflikte komplexer und über längere
Zeiträume behandelt. Der immer noch anhaltende Erfolg der Serie
speist sich sicherlich unter anderem aus diesem Punkt und führte
wohl auch dazu, dass das vorliegende Buch das seitenstärkste der
bisher erschienenen Besprechungen zu Star Trek Serien des Autors
geworden ist.
Getragen von talentierten Produzenten wie Ira Behr und vielen
großartigen Autoren und im Aufmerksamkeitsschatten der
Raumschiff-basierten Serie Voyager entwickelte sich in sieben
Serienjahren ein umfangreiches, reichhaltiges und dynamisches
Netzwerk aus Figuren und Geschichten, deren Schnittstellen oft
zentrale Themen aus Gesellschaft (wie Toleranz und Offenheit),
Politik (Krieg und Hoffnung) und Religion (Bajoraner und Propheten)
darstellten. Julian Wangler versteht es, die wichtigsten
Knotenpunkte in diesem Buch unterhaltsam und interessant
darzustellen.
Neben Hauptcharakteren wie Sisko und Kira, die schon für sich
genommen genug Material bieten, werden Nebencharaktere wie Gul
Dukat und Garak besprochen, die mit ihrer Dreidimensionalität viel
zur Lebendigkeit der TV-Serie beitrugen. Weiterhin stellt der Autor
die Station, die Raumschiffe wie die Defiant und die Sternenflotte
näher vor.
Ein Hauptaspekt der Arbeiten von Wangler sind geschichtliche,
gesellschaftliche und politische Zusammenhänge, für deren
Besprechung die Serie einfach wie geschaffen ist. Dieses Buch
bietet eine Unmenge an faszinierenden, unterhaltsam präsentierten
Gedanken zu den Mächten in DS9 wie den Cardassianern und dem
Dominion, aber auch den Ferengi und den Breen. Die wichtigsten
politischen Ereignisse werden diskutiert begonnen beim Maquis über
den versuchten Leyton-Putsch auf der Erde bis hin zum Dominion-Krieg.
Der zusätzliche Reiz gegenüber einer einfachen Nacherzählung der
TV-Episoden besteht bei Wangler darin, dass er die Ereignisse in
größere, auch serienübergreifende Zusammenhänge stellt und aus
mehreren Perspektiven beleuchtet. Im vorletzten Kapitel "Essays"
greift er sich bedeutende Themen aus DS9 heraus, um sie im Detail
zu betrachten. Beispielsweise widmet er sich der wechselhaften und
tragischen Geschichte der Cardassianer, die einst ein
harmoniebetontes, kunst- und wissenschaftsliebendes Volk waren. Am
Ende von DS9 schauten sie quasi in den Abgrund, nachdem sie aus
Machthunger eine unheilige Allianz mit dem Dominion-Imperium
eingegangen sind. Am Serienende steht die cardassianische Union
tatsächlich vor dem sprichwörtlichen Nichts und einem erzwungenen
gesellschaftlichen und politischen Neuanfang, wie Wangler gelungen
nachvollzieht.
Wie seine anderen Bücher schließt auch dieses mit einem Kapitel zum
Buchuniversum ab. Der Autor gibt eine Übersicht über die fiktive
achte und sehr gelungene Roman-Staffel, die die
offenen Story-Fäden der Serie fortsetzt und neue Charaktere und
Themen einbringt. Was passiert mit dem Dominion und Cardassia nach
dem Krieg? Wie ergeht es den auf DS9 zurückgebliebenen Figuren wie
Kira, Jake, Kasidy und Quark? Diesen Fragen gehen die achte Staffel
und nachfolgenden Romane nach.
"Star Trek: Deep Space Nine - Welt zwischen Politik, Krieg, Glaube
und Hoffnung" ist eine sichere Empfehlung für jeden Fan und regt
durch seine strukturierte Herangehensweise zum Weiter- und
Nachdenken über die Ideen und Konzepte der Serie an.
Hinweis: Diese Buchbesprechung bezieht sich auf die erste Auflage
des Buches. Inzwischen liegt eine neue und erweiterte zweite
Auflage vor.
Infos:
Titel (erste Auflage): Star Trek: Deep Space Nine - Welt zwischen Politik, Krieg, Glaube und Hoffnung
Titel (zweite Auflage): Star Trek: Deep Space Nine - Utopia im Weltenbrand
Autor: Julian Wangler
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2022
Preis: 13,99 € (erste Auflage)
BoD - Books on Demand
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Andrej Schwabe.