Voyager im Bild-Zeitungsstil
von Andrej Schwabe, 10.11.2014
Inhalt:
Die Borg-Seuche weckt die Angst vor einer neuerlichen tödlichen Borg-Krise. Janeway muss herausfinden, ob es wirklich eine Verbindung zur Voyager gibt, wie viele auf der Erde glauben, oder ob die Seuche durch etwas anderes ausgelöst wurde. Parallel dazu radikalisiert sich die Holo-Streik-Bewegung weiter und beginnt Geiseln zu nehmen.
Kritik:
Während "Heimkehr" noch im Zeichen der Charaktere und ihrer Reaktion auf die Rückkehr zur Erde gestanden hat, kommt "Ferne Ufer" als reine Action-Story daher, die eine leider unbefriedigende Auflösung der Borg-Story liefert. Nicht nur, dass Golden auf dem Weg dahin eine schwache Kopie unzähliger Borg-Episoden präsentiert: Alles geht zurück auf eine frustierte und physisch wie psychisch vergewaltigte Frau, die sich mithilfe des sogenannten Royalprotokolls zur Borgkönigin umwandeln lässt. Wie wahrscheinlich ist es, dass niemand davon und von der Herbeischaffung der entsprechenden Technologie etwas mitbekommt? Wie wahrscheinlich ist es, dass im 24. Jahrhundert mit all der weiter entwickelten Menschlichkeit (wie Picard es formulieren würde) niemandem die (im Übrigen unnötig explizit dargestellten) jahrelangen Vergewaltigungen auffallen? Gerade diese krasse, fast reißerische Zeichnung des Charakters der Geheimdienstchefin Covington zerstören den durchaus positiven Eindruck, den Golden im vorigen Band durch die einfühlsamen Charakterisierungen hinterlassen hatte. Hinzu kommen offensichtlich unrealistische Konstruktionen: Seven, Icheb und der Holo-Doc bleiben bis zum Ende eingesperrt, anstelle zur Lösung des Problems beizutragen (und damit diesen Roman zu verhindern).
Übertroffen wird das Trauerspiel allerdings eindeutig von der Weitererzählung des Holo-Aufstandes. Konnte der Leser im ersten Band noch auf eine glaubwürdige Auseinandersetzung über die Situation der Hologramme hoffen, wird auch hier alles der sinnlosen Action und plakativen Provokation geopfert. Oliver Baines, der selbst ernannte Anführer der Hologramme, entführt Sternenflotten-Offiziere und macht sie zu Sklaven von selbst programmierten, barbarischen Hologrammen, um zu demonstrieren, welcher anstrengenden Arbeit und Erniedrigung Hologramme ausgesetzt sind. Auch hier spielt Christie Golden aus unerfindlichen Gründen wieder mit dem Motiv der Vergewaltigung. Letztendlich löst sich der Aufstand irgendwann einfach auf, Baines verschwindet (unglücklicherweise nicht für immer). Der Leser bleibt zurück mit einem Holo-Doc, dessen berechtigte Anliegen ins Lächerliche gezogen wurden und für billigen Action-Klamauk und Moralbotschaften vom Abreißkalender herhalten mussten. Das ist umso ärgerlicher, als dass es durchaus sehr gute Gegenbeispiele in der TV-Serie selbst als auch in anderen Star Trek-Serien z.B. in Form von Data gegeben hat, die deutlich sensibler mit der Darstellung der Rechte andersartiger Lebensformen umgegangen sind.
Zusammenfassend also ein weiterer Roman in der langen Liste der Tiefpunkte der Voyager-Reihe. Es drängt sich der Eindruck auf, dass es sinnvoller gewesen wäre, aus der Borg-Krise und dem Holo-Aufstand einzelne, dafür aber tiefergehende Romane zu machen. Der einzige Lichtblick ist, dass Chakotay am Ende zum Captain der Voyager ernannt wird und damit hoffentlich interessantere Plots geboten werden.
Infos:
Star Trek: Voyager
Band 2
Titel: Ferne Ufer (The Farther Shore)
Autor: Christie Golden
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2013, USA: 2003
Deutsche Übersetzung von Andrea Bottlinger
Preis: 12,80 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
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Andrej Schwabe.