Vergangenheitsbewältigung
von Andrej Schwabe, 26.10.2011
Inhalt:
Auf Deep Space Nine beginnt die verzweifelte Suche nach dem Mörder des bajoranischen Premierministers Shakaar, der kurz vor dem anstehenden Vertragsabschluss zwischen Bajor und der Föderation umgebracht wurde. Colonel Kira verfolgt dabei auf der USS Gryphon eine heiße Spur, die nach Trill führt, während Ro Laren auf der Raumstation mit ihren unkonventionellen Methoden zu gange ist.
Die Defiant begibt sich derweil im Gamma-Quadranten auf die Heimreise nach DS9. Dabei wird ein Sternenflotten-Transpondersignal aufgefangen, das die Crew bis zu einem Planeten verfolgt, auf dem ein sehr interessanter Fund gemacht wird. Commander Vaughn und seine Tochter Prynn werden dabei auf eine harte Probe gestellt.
Kritik:
Dem Trend zur immer kleineren Seitenzahl bei den "Mission Gamma"-Romanen folgt auch der vierte Teil und kommt mit schlappen 230 Seiten daher. Dennoch hat Simpson viel zwischen die beiden Buchdeckel gepackt, sodass dem Leser kaum Zeit zum Durchatmen bleibt - ein Höhepunkt jagt den nächsten.
Zunächst ist da natürlich die Suche nach Shakaars Mörder, die nicht nur die einzelnen Charaktere deutlich hervortreten lässt (Ros Ungeduld, Kiras Kampfeswille, Akaars Misstrauen), sondern letztlich auch ein überraschendes Ende bereit hält. Denn hinter Shakaars seltsamem Benehmen steckten keine politische Absichten, sondern schnöderweise die Parasiten aus TNG: "Die Verschwörung", die mal wieder zum Angriff auf die Föderation blasen. Schade eigentlich, denn interessanter und passender wäre eine tiefer gehende Auflösung gewesen, schließlich wurde dafür einiges in den drei vorherigen "Mission Gamma"-Romanen aufgebaut. Dabei braucht man nur an die ungewöhnliche Darstellung der Cardassianer denken oder an die zwiespältige Stimmung auf Bajor in Bezug auf die Religionsspaltung und den Kontakt zu Cardassia. Themen hätte es genug gegeben - aber trotz des einfachen Plots garantiert die Geschichte immerhin Action und Spannung.
Der Gamma-Quadrant hält ebenfalls einige Überraschungen parat, wobei Simpson hier nicht kleckert, sondern klotzt. Ein gewaltsames Treffen eines Borg- mit einem Dominion-Schiff hat vor ein paar Jahren auf einem Planeten sein Ende gefunden. Auf dessen Oberfläche findet die Crew nun Sternenflotten-Signale und Vaughn wird sofort in einen Strudel gezogen, der ihn immer tiefer in seine eigene Vergangenheit zerrt. Seine Frau wurde nämlich von den Borg assimiliert. Und da bei Simpson offenbar nichts unmöglich ist, liegt sie dort in den Trümmern, halb tot, halb lebendig.
Die Konflikte, die sich daraufhin zwischen Vaughn und seiner Tochter (die davon zunächst nichts erfährt) entzünden, aber auch mit der Crew, sind kurz und prägnant zu Papier gebracht. Gerade verheilte Wunden im Verhältnis zwischen Vaughn und seiner Tochter, die sich vor allem im Tod ihrer Mutter begründen, drohen wieder aufzubrechen. Damit schließt sich auf gewisse Weise auch der Kreis, seitdem im ersten Teil der "Mission Gamma"-Reihe die beiden erstmals im Zentrum standen. Es ist inzwischen schwer zu leugnen, dass die beiden Charaktere einige Entwicklungen hinter sich haben.
An manchen Stellen übertreibt es Simpson zwar mit seinen holzschnittartigen Charakterdarstellungen (vor allem bei Vaughns Flashbacks), aber insgesamt ergibt sich eine stimmige Atmosphäre.
Da bereits die ganze Ausgangslage reichlich unwahrscheinlich wirkt, holt Simpson am Ende noch mal den Hammer raus und lässt Vaughn eine wahrhaft kontroverse Entscheidung treffen.
Sicherlich hätte es deutlich mehr Möglichkeiten gegeben, die Geschichten in diesem Roman glaubwürdiger, sinn- und gefühlvoller auszugestalten, aber "Das kleinere Übel" ist wohl, die einfach gestrickte Story knapp und unterhaltsam präsentiert zu bekommen.
Infos:
Star Trek: Deep Space Nine
Band 8.08
Titel: Mission Gamma IV - Das kleinere Übel (Mission Gamma IV - The Lesser Evil)
Autor: Robert Simpson
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2011, USA: 2002
Deutsche Übersetzung von Christian Humberg
Preis: 12,80 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
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Andrej Schwabe.