Die Baseball-Präsidentin
von Andrej Schwabe, 23.07.2010
Inhalt:
Nan Bacco bekleidete früher den Gouverneursposten auf Cestus III, ist aber inzwischen die neue Föderationspräsidentin, nachdem ihr bolianischer Vorgänger Min Zife über einige unpassende Waffenlieferungen gestolpert ist. Wie zu erwarten muss sie allerhand Stress aushalten, da sie neben dem üblichen Tagesgeschäft mit dem Zusammenbruch des romulanischen Imperiums nach Star Trek X konfrontiert wird. Außerdem ziehen die Aktivitäten des vorherigen Präsidenten weitere Kreise.
Kritik:
DeCandido lässt einen mit diesem Buch etwas irritiert zurück: Weder ist "Die Gesetze der Föderation" ein actionreicher Roman über die Geschicke der Föderation noch wartet der Roman mit großen Charakterdramen auf.
Der Leser wohnt dem ersten Regierungsjahr von Bacco bei, erlebt einige der größten Krisen in dieser Zeit und ihre Lösung aus einer bisher unbekannten Perspektive. Ein wichtiger Punkt ist dabei mit Sicherheit der Zusammenbruch des romulanischen Imperiums und seine Konsequenzen, die hier von vielen Seiten erschöpfend beleuchtet werden (allerdings auch schon in den Titan-Romanen). Einblick wird gewährt in die Arbeitsweise des Föderationsoberhaupts und ihres Stabes und das in wirklich Detail verliebter Penibilität: Jede Geste, jedes Wort wird interpretiert und ausgeführt, teilweise über Seiten hinweg, selbst wenn ihr Inhalt längst klar ist. Manche mögen das interessant finden, andere sich vielleicht wie bei einer Dauerübertragung auf Phönix fühlen.
Die Handlung selbst ist nicht sonderlich vielschichtig, auch wenn sie sich über einen langen Zeitraum erstreckt. Die einzelnen Kapitel reihen sich wie einzelne Episoden aneinander und Bacco bemüht sich stets, die Ideale der Föderation hochzuhalten. Das führt zu netten Szenen, vor allem als sich die Geschichte den Hinterlassenschaften ihres Vorgängers zuwendet.
Was sicherlich gänzlich fehlt (aber möglicherweise auch in der Absicht DeCandidos lag) sind jegliche tieferen Charakterzeichnungen, was das Buch oft zu einer Staub trockenen Angelegenheit macht. Bekannte Charaktere wie Spock und Admiral Ross aus DS9 erscheinen lediglich zu Dekorationszwecken ohne glaubwürdigen Bezug zur Story oder werden schnell abgehandelt, was angesichts des anspruchsvollen Themas schade ist.
Die Versuche DeCandidos das ganze Geschehen dadurch aufzulockern, dass Bacco und ihr Stab permanent fluchen, wirken reichlich seltsam, ebenso wie die Einschübe, in denen sich verschiedene Leute das Äquivalent heutiger Polittalkshows anschauen, die sich thematisch um die Politik der Präsidentin drehen. Und die exzessiv dargelegte Baseball-Leidenschaft Baccos befreit sie leider auch nicht aus ihrer Farblosigkeit, macht sie dafür aber zu einer billigen Kopie von Sisko.
Wie gesagt "Die Gesetze der Föderation" entspricht sicher nicht den anfänglichen Erwartungen - sowohl positiv als auch negativ; aber es erfordert eine spezielle Lektüre. Einige Leser könnten jedoch den Eindruck haben, dass der kurze (wie immer sehr interessante und gelungene) Text von Julian Wagner am Ende über den politischen Aufbau der Föderation der einzige interessante Teil des Buches ist.
Infos:
Star Trek: Destiny
Band 0
Titel: Die Gesetze der Föderation (Articles of the Federation)
Autor: Keith R.A. DeCandido
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2010, USA: 2005
Deutsche Übersetzung von Anika Klüver
Preis: 14,00 €
Cross Cult Verlag
Mit freundlicher Unterstützung vom Cross Cult Verlag
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Andrej Schwabe.