Calhoun als Erlöser
von Andrej Schwabe, 15.06.2001
Letztes Jahr hatte ich beim DSi die ersten vier bzw. zwei Bände der neuen Star
Trek-Reihe "Die neue Grenze" vorgestellt. Der
dritte Roman, der diesen Monat in Deutschland erscheint,
zeichnet sich einmal durch eine gesteigerte Seitenzahl und
einen verkaufshemmenden Preis aus.
Ich will hier nicht zuviel rumschwafeln, aber
diesmal muss es einfach sein. Schon beim
"Dominion-Zyklus" war auffällig, wie Heyne
versucht, aus der Star Trek-Reihe soviel Geld wie möglich
herauszupressen. Doch diesmal übersteigt es echt alles
bisher Dagewesene: Für einen 300seitigen, also nicht
besonders großen Roman fast 16DM zu verlangen ist unverschämt, wenn man bedenkt, dass vor zehn Jahren solche Dinger
vielleicht 10 oder 12DM gekostet haben.
Handlung:
Auf dem Planeten Zondar droht der Ausbruch eines verheerenden
Bürgerkrieges. Nur einer kann den beiden verfeindeten Stämmen
Frieden bringen: der Messias, dessen Ankunft vor
Jahrhunderten prophezeit wurde. Und für die Zondarianer
besteht kein Zweifel, dass Calhoun dieser Messias ist.
Kritik:
In letzter Zeit kann man bei den Star Trek-Romanen eine
Tendenz zur reinen Action-Handlung ausmachen. Es steht nicht
mehr die originelle Idee im Vordergrund sondern eine
schlichte Handlung, die auch nur vordergründig sich auf Star
Trek-Motive beruft. Da nehme ich auch nicht Peter David,
obwohl ich ihm mehr Positives als Negatives
"anlaste". Er schreibt wieder gewohnt humorvoll,
spannungs- und phantasiereich (in Bezug auf die Aliens) und
charaktertechnisch einfach geglückt bei der Kürze des
Romans. Außerdem erforscht er weiter die Führungsoffiziere,
aber auch die Abteilung "Fähnriche etc." wird
weiter mit Gesichtern gefüllt, diesmal mit dem des
Sicherheitsoffiziers Jonas, einem Mugato. Wie wir aus
Classics "A Private Little War" wissen, ein sehr
umgängliches und friedliebendes Volk, das sich nicht etwa
auf fremde Schiffsärzte stürzt oder so...
Wie der Titel und mein kleiner
Handlungsabriss schon andeutet, wälzt das Buch wieder einmal
göttliche Themengebiete. Diesmal darf sich Calhoun als
Erlöser versuchen, was vertraut klingt - dennoch verändert
David die Ausgangslage etwas, weil die Gläubigen Calhoun
seine Rolle als Messias bewusst aufzwingen. Das lässt das
Ganze nämlich schon etwas interessanter werden, da bei
konsequenter Realisierung der Prophezeiung Calhoun nicht
lange leben würde, aber der Planet geeint wäre, der
Bürgerkrieg Geschichte. Es ist die halsstarrige Befolgung
ihres Glaubens, die alles absurd wirken lässt. Die zwei
Völker meinen, nur durch die halsstarrige Befolgung ihres
Glaubens, ihre zerbombte Welt retten zu können. Nicht durch
simple Kooperationsversuche, sondern durch starre
Glaubensvorgaben. Freilich ist das für das Star
Trek-Universum zu einfach gedacht und auch unrealistisch,
aber das ist es schließlich, was sie lernen müssen.
Viel Witz und Spannung
erzeugen natürlich wieder die Gespräche zwischen Calhoun
und Commander Shelby, die es sich nicht nehmen lässt, über
Calhouns frühere Rolle als "Callboy" (eine
Forderung aus den Stammesregeln der Xenexianer) herzuziehen.
Der wiederum kann mit seinen vergangenen amourösen
Beziehungen inzwischen aber offensichtlich gelassener umgehen
als seine Ex-Geliebte Shelby.
Und wieder endet ein "New
Frontier"-Roman mit der Beziehung zwischen Selar und
Hermat und wieder weiß der Leser nicht, wie es weitergeht
mit den beiden. Verglichen mit dem Anfang hat sich der Himmel
deutlich aufgelockert. David hatte sich bis jetzt eher darauf
konzentriert, die beiden Figuren einzeln zu beleuchten -
Selar, die einsame und absolut vernünftige Vulkanerin, deren
Ehemann beim Pon Farr starb, Burgoyne, die die Harmonie in
Person symbolisiert (Vereinigung beider Geschlechter) und nun
ihr Interesse unter Beweis stellt, indem sie sich für Selar
opfert. Auf jeden Fall versteht es David gut, den Leser bei
der Stange zu halten und die Geschichte abwechslungsreich zu
gestalten.
Fazit: Gute Fortsetzung mit
etwas unspannender Haupthandlung, aber vielen lustigen und
interessanten Nebenhandlungen...
(gandalf)
Infos:
Star Trek: New Frontier/Die neue Grenze
Band 3
Neu aufgelegt 2011
Titel: Märtyrer (Martyr)
Autor: Peter David
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2001 bzw. 2011, USA: 1999
Deutsche Übersetzung von Bernhard Kempen
Preis: 15,55 DM bzw. 12,80 €
Wilhelm Heyne Verlag, München bzw. Cross Cult Verlag