Zuhause auf Romulus
von Andrej Schwabe, 06.10.2000
Als Reaktion auf den hohen Beliebtheitsgrad von "My Enemy, My Ally" (Der
Feind, mein Verbündeter) schrieb Diane Duane (mit Peter Morwood zusammen)
1987 einen weiteren Roman, der sich mit den Romulanern befasst. Schon ein
Jahr später kam dann ihr "Spock's World" (Spocks Welt) auf den
Markt und in die Bestsellerlisten.
Da Heyne sich momentan ein wenig Zeit
lässt mit STAR TREK-Neuerscheinungen, will ich mich diesmal auf ein
älteres, sicher nicht mehr erhältliches Buch stürzen.
Handlung:
In das romulanische Heimatsystem hat die Föderation vor acht Jahren eine
Agentin eingeschleust. Doch seit zwei Jahren bleibt jede Nachricht von ihr
aus, so dass sich Starfleet gezwungen sieht, unter anderem McCoy
anzuheuern, um nachzuschauen, was da passiert ist.
Kritik:
Wer "Spocks Welt" kennt, der wird
in etwa wissen, was bezüglich der Struktur auf ihn zukommt. Eingeflechtet
in die Haupthandlung (s.o.) erzählt das Autorenduo von der romulanischen
Geschichte, die mit der Zeit der vulkanischen Reformation beginnt, über
die Reise durchs All bis in die Classic-Gegenwart reicht. Dabei gehen sie
teilweise gegenwartsbezogen, manchmal sogar überaus philosophisch und
meistens glaubwürdig vor und wecken stets das Interesse weiterzulesen.
Überdeutlich beweisen sie, dass die anderen Imperien oft menschliche
Gesellschaftsentwürfe vergangener Zeiten sind, die mit einer Utopie
unserer Gegenwart (namens STAR TREK) konfrontiert werden - und dieses Mal
auf differenzierte und anschauliche Weise.
Der andere Handlungsstrang
hingegen ist von seinem Aufbau her leider mehr als mangelhaft. Nimmt man
allein die Ausgangsposition, dass Starfleet Dr. McCoy anheuert: Ich fand
das Konzept, einen Schiffsoffizier zum Agenten zu machen, schon in DS9s
"Honor Among Thieves" (Ehre unter Dieben) unrealistisch; ein
funktionierender Geheimdienst kann einfach nicht unter solch einem
Personalmangel leiden.
Die Erklärung, wie McCoy
in das Imperium gelangt und vor allem wie er wieder herauskommt, ist
schlichtweg überzogen. Wenn die beiden Autoren zur Lösung einfach die
erbeutete Tarnvorrichtung ("The Enterprise Incident") heranziehen,
sollten sie aber bedenken, dass die Romulaner umgekehrt genauso
ungehindert in die Föderation eindringen könnten. Sicher, logisch ist
das schon, aber STAR TREK lebt nun mal nicht von Logik; das müsste einem
spätestens bei Voyager klar geworden sein. Deshalb ist es einfach besser,
vorauszusetzen, dass man nicht mit einer Tarnvorrichtung (auch nicht mit
einer erbeuteten) so weite Strecken zurücklegen kann, zumal wir ja auch
nie in anderen Episoden davon gehört haben. Im Gegenteil, bei DS9 musste
sich die Föderation mit den Romulanern ein Abkommen abschließen, um eine
Tarnvorrichtung auf der USS Defiant installieren zu können.
Noch überzogener, ja
geradezu dämlich ist da der Versuch der zwei Autoren, die Geschichte zu
retten, indem der Horta Narath (ebenfalls Höhepunkt anderer Romane) im
romulanischen Senat herumläuft - überings nachdem er durch die
Atmosphäre von Romulus geflogen ist.
Dennoch habe ich das Buch
nicht in seine elementaren Bestandteile zerrissen, einmal weil ich es aus
der Bibliothek ausgeliehen hatte und weil das Buch trotz aller
Unannehmlichkeiten immer noch mit einem Pluspunkt aufwarten kann, mit der
Protagonistin Terise Haleakala. Ich nehme mal an, dass Diane Duane einen
großen Teil zur Figur der Föderationsagentin, die sich nach den acht
Jahren auf Romulus eingelebt hat, beigetragen hat. Sie versteht es dem
Leser klar zu machen, welche Gefühle sie hat, während sie so lange Zeit
in einer fremden Gesellschaft verbringen muss, mit anderer Sprache,
anderen Sitten, anderen Denkmustern - ständig in der Angst, entlarvt zu
werden. Wie sie sich schließlich an solche Gefühle gewöhnt, sich
mitunter auch in einen der Fremden verliebt. Wie sie reagiert, wenn sie
plötzlich wieder die Möglichkeit hat, in die Geburtsgesellschaft
zurückzukehren. Wie Wünsche, Träume und Hoffnungen wieder aufsteigen,
die eigene Existenz und Identität hinterfragt wird...
"Die Romulaner" ist ein Roman, der zwar
mit einem sehr gelungenem Porträt punkten kann, dessen Rest dafür leider
keineswegs überzeugen kann. Eigentlich nur für echte Romulanerfanatiker
interessant, auch wenn es hier einige Ungereimtheiten zu "Spocks Welt"
und einigen Episoden und Filmen hagelt.
(gandalf)
Infos:
STAR TREK, Band 38
Titel: Die Romulaner (The Romulan Way)
Autor: Diane Duane, Peter Morwood
Erscheinungsjahr: Deutschland: 1992, USA:
1987
Deutsche Übersetzung von Andreas Brandhorst
Preis: 10,80 DM
Wilhelm Heyne Verlag, München