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Episodenbeschreibung
Zu Beginn sehen wir eine Simulation: Janeway (ganz
anders aussehend als sonst) schließt mit einem
Botschafter an Bord des "Kampfschiff Voyager" ein
Abkommen, dass sie die Feinde des Botschafters
auslöschen und im Gegenzug dieser ihr einen
schnelleren Weg nach Hause zeigen würde. Es kommt
zum brutalen Krieg (wobei die Crew der Voyager aus einer
Reihe von streitlustigen Kriegsverbrechern besteht) und
an dieser Stelle bricht die Simulation ab.
Wir befinden uns in einem Museum der Kyrianer. Diese
wurden vor 700 Jahren von den Vaskanern unterdrückt
bei einem Krieg, bei dem nach der Geschichte beider
Völker die Voyager eine wichtige Rolle spielte. Zwar
gibt es nur wenige Indizien dafür, was wirklich
geschah, doch der Museumsleiter Quarren ist von
seiner Version überzeugt, bis man plötzlich ein neues
Artefakt findet: Den Holodoc.
Als Quarren diesen reaktiviert und ihn mit der Geschichte
seines Volkes konfrontriert, will dieser die Fakten
richtig stellen, doch Quarren glaubt ihm zunächst nicht.
Später allerdings zweifelt der Historiker an seinen
Überzeugungen, da er sich einerseits schon geirrt hatte,
als der den Doc als Android ansah und nicht als
Hologramm und er andererseits kein Motiv für ein
Hologramm sieht, zu lügen.
Also lässt er den Doktor die Geschichte richtig stellen,
die nun ein ganz anderes Bild der Kyrianer aufwirft.
Diese waren die Aggressoren und die Voyager hatte eigentlich
nur unbedeutenden Einfluss auf die Handlung. Letztlich
führt diese Tatsache jedoch zu Rassenunruhen auf dem
Planeten und der Doktor schlägt vor, lieber die alte
Version der Geschichte wieder herzustellen und sich
selbst zu zerstören.
Doch Quarren lehnt ab. Er will die Geschichte ein für alle
Mal richtig gestellt wissen und in diesem Moment endet
eben diese Szene auch als Nachstellung in dem Museum
in noch fernerer Zukunft (zuvor waren es schon 700 Jahre
nach der Voyager). Quarren und dem Doktor gelang es,
einen Dialog zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen
des Planeten aufzubauen und seitdem leben alle in
Harmonie. Der Doktor war nach einer Amtszeit als
medizinischer Kanzler mit einem Shuttle Richtung
Alphaquadrant weggeflogen.
Bewertung
"Der Zeitzeuge" ist wieder eine jener Folgen, in der der
Zuschauer bewusst in die Irre geführt wird. Ist es am
Anfang doch recht eindeutig, dass die Voyager-Szene nur
eine Nachbildung bzw. Simulation ist, wird man am Ende
der Episode nochmals überrascht, als das plötzlich
ebenfalls nur eine Simulation war. Das Verwirrspiel ist
komplett. Gleichermaßen ist aber auch gerade das Beenden
des zweiten Flashbacks geschickt, denn sonst hätte
die Episode wahrscheinlich damit geendet, dass mal wieder
ein Besatzungsmitglied der Voyager zum Erlöser ganzer Völker
nach jahrhundertelangen Konflikten ernannt wird. In
diesem Fall ist es aber so, dass es auch nur "subjektive"
historische Informationen sind. Die Darstellung des
Doktors als großen Helden hat bestenfalls symbolischen
Charakter für die beginnende Völkerverständigung.
Von der Interpretation her lässt die Episode sehr viele
Möglichkeiten zu. In der Tat gibt es zahlreiche
Handlungsmuster, die man interpretieren könnte, so dass man
ein ganzes Buch über die Episode schreiben könnte.
Essentiell sind auf alle Fälle zwei: Einerseits die
Auswirkungen der Anwesenheit der Voyager auf den
Deltaquadranten. In "Der Fürsorger" hatte Janeway den
Fürsorger zerstört, da sie die Machtverhältnisse des
Quadranten nicht verschieben wollte. Diese Episode ist
dagegen wieder der beste Beweis dafür, dass auch der
hier gewählte Weg keine Lösung dieser Problematik
darstellt - im Gegenteil: Die Voyager hat bisher weit mehr
Machtverhältnisse beeinflusst, als die, die sie in "Der
Fürsorger" hätte beeinflussen können.
Auf der anderen Seite wäre da das Thema
Geschichtsschreibung. Wie sagte es Gowron noch so
schön in
"Der Weg des Kriegers"
(DS9): "Geschichte wird
von Siegern geschrieben!". Sind in diesem Fall die
Kyrianer die Sieger? Meines Erachtens in irgendeiner
Weise schon. Denn ihnen ist es gelungen, über Jahrhunderte
hinweg die Geschichte so zu schreiben, dass sie die Opfer
sind und die Vaskaner die Feinde, obwohl sie die
Aggressoren waren, soweit sich das aus der Handlung
ableiten lässt. Der größte Sieg aber ist, dass die Vaskaner
diese Geschichte so akzeptieren und sie erstmals
anzufechten erwägen, als der Doktor erscheint. Zwar
unterdrücken die Vaskaner anscheinend die Kyrianer,
allerdings scheinen diese auf der anderen Seite diese
Situation vor 700 Jahren auch selber herbeigeführt zu
haben. Die Frage ist also: Was ist das zentrale Problem an
der Geschichte?
Das Hauptproblem der Geschichtsschreibung ist die stark
subjektive Sichtweise derer, die sie verfassen. Die
Voyager am Anfang ist ein Symbol, denn dadurch, dass wir
das Schiff im Original kennen, wissen wir, dass ihre
Darstellung extrem verzerrt ist. Daraus können wir ableiten,
dass auch alle anderen gezeigten Ereignisse unkorrekt sind,
bei denen wir aber den wirklichen Hergang nicht kennen.
Jede Partei unterscheidet bei der Geschichtsschreibung
zwischen Gut und Böse, wobei man selber natürlich zu den
Guten gehört. Letztlich müssen wir aber feststellen, dass
beide Völker etwas Negatives zur Situation beigetragen
haben und es daher nur sinnvoll wäre, dass sie sich
endlich auf einen Dialog miteinander einlassen, da sie im
Prinzip beide Opfer sind.
Im Endeffekt ist es eine Episode, deren Handlung im
Vordergrund steht, weniger die Charaktere. Der Doktor ist
eine gute Besetzung als Zeitzeuge, doch letztlich tritt er
eher in den Hintergrund. Interessant ist auch, an welchen
Stellen in dieser Episode die unterhaltsamen Szenen
auftreten. Manch einer würde denken, dass der Doktor für
die meisten Späße gesorgt hat, doch es ist vielmehr die
verzerrte Darstellung der Voyager: Janeway, die wahren
Genuss an Kampfhandlung empfindet; "Schä-ko-tey",
dessen Aussehen und Namen nicht sehr gut rekonstruiert
werden konnten; Tuvok, der lächeln kann und nicht
zuletzt die Borg-Eliteeinheit im Maschinenraum.
Insgesamt kann man "Der Zeitzeuge" als eine erstklassige
Episode bezeichnen, die wirklich in nahezu jeder Hinsicht
überzeugen kann. Gerade die Detailtreue vermag
besonders zu überzeugen, so z.B. die extra dafür neu
erstellten Geräusche für die Geräte und das Schiff.
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