Deutscher StarTrek-Index  
  3.10 Ebenbild  
  Similitude  
 

von Yann-Patrick Schlame

 
 
 

Episodenbeschreibung

Die Crew der Enterprise ist im Torpedoraum versammelt. Archer hält eine Beerdigungsansprache, denn in einem zum Sarg umfunktionierten Torpedo ruht Trips toter Körper...

Zwei Wochen früher

Während Trip und T'Pol eine weitere Sitzung vulkanischer Neuro-Pressur ausüben, schwärmt Trip von einer Modifikation am Warpantrieb: mit einem kleinen Trick könnte er den Antrieb selbst bei Warp 5 frei von Fluktuationen halten. Damit wäre man dann in der Lage, konstant Warp 5 zu fliegen und die Waffe der Xindi entsprechend schneller zu finden.

Bald darauf sind alle Vorbereitungen getroffen, um die Theorie in einem Experiment auszuprobieren. Tatsächlich scheint es hervorragend zu funktionieren, als die Enterprise stabil bei Warp 5 bleibt. Aber plötzlich ergeben sich Probleme, das ganze Schiff wird durchgeschüttelt und die Kontrollen für den Warpantrieb reagieren nicht mehr. Trip klettert auf die Maschine und kann den Antrieb deaktivieren, als es neben ihm eine Explosion gibt. Trip wird quer durch den Raum geschleudert und bleibt bewusstlos liegen.
Die Enterprise kommt in einem polarischen Feld zum Stillstand. Es gibt schwere Schäden und der Antrieb ist komplett ausgefallen. Das größte Problem ist allerdings Trip: er liegt im Koma und wird möglicherweise sterben. Phlox fühlt sich aber verpflichtet, Archer eine Lösungsmöglichkeit aufzuzeigen: eines seiner Tiere ist eine Lyssarrianische Wüstenlarve. Neben der Möglichkeit, mit ihrer Hilfe Schnittwunden und Brüche zu behandeln, ist sie auch in der Lage, den gesamten Lebenszyklus einer anderen Spezies exakt nachzubilden, was allerdings sehr stark beschleunigt vor sich geht; man könne mit etwa zwei Wochen rechnen. Diese sogenannten mimetischen Symbionten sind ein gut gehütetes Geheimnis der Lyssarrianer, und ihr Einsatz ist nicht unumstritten. Dennoch könnte Phlox damit quasi einen Klon von Trip erzeugen. Wenn der Klon Trips gegenwärtiges Alter erreicht hat, könnte Phlox das Gehirngewebe transplantieren, das Trip zur Heilung benötigt. Der Symbiont würde dabei kaum Nebeneffekte erleiden und könnte seinen Lebenszyklus ganz normal zu Ende bringen.
Archer ist unsicher, ob dieses Vorgehen richtig ist. Als T'Pol ihm berichtet, dass diese Prozedur bei den Lyssarrianern verboten ist, hat Archer aber schon den Befehl gegeben, den Klon zu erzeugen - und er merkt an, dass man den Lyssarrianern ohnehin keine Rechenschaft schuldig ist.

Ein weiteres Problem hält indes die Crew auf Trab: das polarische Feld ist voller nukleonischer Partikel, die hoch magnetisch sind und sich in immer größeren Mengen an der Außenhülle anlagern. Noch ist die Lage nicht kritisch, aber wenn man den Antrieb nicht bald wieder reaktivieren kann, um das Feld zu verlassen, könnte es schon anders aussehen.

Zwei Tage, nachdem Phlox der Larve Trips DNS injiziert hat, ist sie bereits zu einem menschlichen Embryo herangewachsen. Bereits am nächsten Morgen ist sie ein gesundes Baby. Der Doktor denkt bereits über einen Namen nach; verschiedene Vorschläge seitens der Crew (Steven, Enrique, Dennis) sagen ihm alle nicht zu, und so entscheidet er sich schlicht für "Sim".
Archer wirkt indes nicht ganz zufrieden mit der Situation, da immerhin auf seinen Befehl hin ein neues Leben entstanden ist, dem er nun erstmals gegenübersteht.

Schon kurze Zeit später ist Sim ein kleiner Junge geworden. Phlox und Hoshi sind erstaunt, wie gut Sim lesen kann. Noch viel erstaunter sind sie, als Sim sich an Dinge erinnert, die Trip erlebt hat.
Phlox berichtet dem Captain, dass einige Spezies ihre kulturellen Erinnerungen ausschließlich mit Hilfe der sogenannten genetischen Sequenzierung weitergeben. Er meint, es könnte eine sehr wichtige Entdeckung sein, dass Menschen offenbar ebenfalls dazu in der Lage sind.

Vier Tage nach seiner Entstehung ist Sim inzwischen ein Junge geworden. Er fängt an, Fragen nach seinen Eltern zu stellen und wundert sich, dass er von allen Sim genannt wird, obwohl er sich an den Namen Trip erinnert. Archer nimmt ihn mit in den Shuttleraum und lässt Sim sein altes Modell eines Warpschiffs fernsteuern. Als er merkt, dass Sim eine Antwort verdient hat, nimmt er ihn mit auf die Krankenstation und zeigt ihm den im Koma liegenden Trip. Er erklärt Sim, dass er ein Klon von Trip ist, und Sim begreift, dass all seine Erinnerungen in Wirklichkeit Trips Erinnerungen sind. Sim ist aber beruhigt, dass die in einigen Tagen anstehende Transplantation für ihn völlig schmerzfrei verlaufen soll.

Drei Tage später ist Sim Teenager. Er ist inzwischen beinahe zum vollwertigen Crewmitglied geworden und hilft T'Pol im Maschinenraum. Es zeigt sich, dass er T'Pol gerne näherkommen würde, doch die Vulkanierin hält ihn auf Distanz; wie sie sagt, gilt ihre Sorge derzeit dem Antrieb. Sim bemerkt, dass er wohl nicht mehr hier sein wird, um Zeit mit T'Pol zu verbringen, wenn der Antrieb erst einmal wieder funktioniert...
Man wird wohl zwei Wochen benötigen, um den Warpantrieb zu reparieren. Malcolm hat allerdings herausgefunden, dass das Magnetfeld der nukleonischen Partikel eine dämpfende Wirkung auf die Systeme der Enterprise ausübt. Wenn sich weiterhin so viele Partikel an der Hülle ansammeln, hat man nur noch vier Tage, bevor alle Systeme ausfallen.

Wenige Tage später hat Sim das Alter von Trip erreicht. Er meint, dass man das Feld auch ohne Warpantrieb durchqueren könne, wenn man nur genügend Moment aufbaut, um die Enterprise in Bewegung zu versetzen. Normalerweise sind die Shuttlepods dafür zu schwach, aber er hat einige Modifikationen ersonnen, mit denen es funktionieren sollte. Er unterhält sich mit T'Pol darüber, die den Plan für sinnvoll hält. Auch sagt er T'Pol, dass er fortwährend nur an sie denken kann - und das sei nicht pubertär bedingt, wie noch vor wenigen Tagen. Bloß weiß er nicht, ob seine Gefühle für T'Pol nun seine eigenen sind, oder ob sie aus Trips Erinnerungen stammen...
Bald darauf gerät er mit Archer aneinander: er würde gerne eines der beiden Shuttles fliegen, aber Archer verbietet es ihm, weil Sims Überleben für das ganze Schiff von Bedeutung ist. Malcolm und Travis sollen stattdessen die gefährliche Aufgabe übernehmen, während Trip von der Brücke aus das Manöver koordinieren soll.

Bald ist es soweit; zunächst schießt man mit den Phasenkanonen die Partikel von den Türen der Shuttlerampe weg, dann starten die Shuttles und benutzen die Greifer, um das Schiff hinter sich herzuziehen. Malcolm und Travis müssen bis aufs Äußerste gehen. Als T'Pol und Archer abbrechen wollen, beginnt die Enterprise sich aber endlich zu bewegen; schon nach Kurzem ist sie schnell genug, um das Feld in wenigen Stunden zu verlassen, und die Shuttles kehren zurück.

Doch nun ergeben sich neue Probleme: Phlox war immer davon ausgegangen, dass Sim die Transplantation genau so unbeschadet überstehen würde, wie es bei Lyssarrianern der Fall war. Nun zeigt sich aber, dass ein Mensch die Operation nicht überleben wird. Zusammen mit Archer sagt er es Sim. Sim findet aber heraus, dass ein experimentelles Verfahren seinen Alterungsprozess stoppen könnte: er könnte an Trips Stelle weiterleben und an der Mission der Enterprise teilhaben. Phlox ist skeptisch, denn es ist unsicher, ob das Verfahren bei Sim funktionieren würde. Das Risiko ist Archer zu groß, also will er mit dem ursprünglichen Plan fortfahren. Abends redet er mit Sim und meint, seine Entscheidung stehe fest. Um die Mission zu beenden, benötige er nicht Sim, sondern Trip - sogar wenn das bedeutet, dass er Sim töten muss. Sim erwidert, Archer wäre kein Mörder, worauf Archer kontert: "Mach mich nicht zu einem."

Sim scheint zunächst einzuwilligen. Doch stattdessen leitet er die Kontrollen des Shuttleraums um, flüchtet dann aber doch nicht. Archer geht zu ihm, und Sim scherzt erst einmal, es wäre ein ziemlich langweiliger Lebensabend, wenn man ihn in einem Shuttlepod ohne Toilette verbringt. Das einzige, was noch schlimmer wäre, wäre wohl, Malcolm noch dabeizuhaben. Letztlich meint er aber, die Erinnerung an seine Schwester habe ihn gestoppt, denn er will nicht, dass noch jemand auf die gleiche Weise getötet wird. Archer stimmt zu: aus genau dem Grund hat er den Befehl gegeben, Sim zu erschaffen.

Vor der Operation verabschiedet sich T'Pol von Sim. Sie meint, die Crew werde ihn vermissen - aber vor allem werde sie ihn vermissen. Dann küsst sie Sim.

Danach geht Sim in die Krankenstation, bedankt sich bei Phlox für seine kurze, aber sehr gute Kindheit und meint, er werde nun seine Bestimmung erfüllen. Phlox gibt ihm ein Sedativum...

Die Crew der Enterprise ist im Torpedoraum versammelt. Archer hält eine Beerdigungsansprache, denn in einem zum Sarg umfunktionierten Torpedo ruht Sims toter Körper. Unter den Trauergästen ist auch der wieder gesunde Trip.

Bewertung

Die schwächelnden Quoten hatten die Enterprise-Macher nach der zweiten Staffel gezwungen, etwas Neues auszuprobieren. Der staffelumspannende Handlungsbogen um die Xindi und die Rettung der Erde ist zweifelsfrei neu. Das wohl wesentliche Element ist dabei die Unausweichlichkeit, mit der die Erde zerstört wird, wenn Archer scheitern sollte. Dementsprechend erleben wir in der dritten Staffel einige zweifelhafte Entscheidungen des Captains, die man früher bei Star Trek nicht hatte. "Ebenbild" stellt einen der Höhepunkte dieses neuen Star Treks dar.

Werfen wir aber zunächst einmal einen Blick auf die verschiedenen Handlungsstränge. Die Episode konzentriert sich recht traditionell auf die Geschichte um Sim, die B-Handlung betrifft das Tech-Feld, in dem Tech-Partikel irgendein Tech veranstalten, was mit Tech gelöst wird, vorher aber zu Zeitdruck führt. Ungewohnt ist dabei aber die Entwicklung der A-Handlung, die nicht so liniear verläuft, wie es zuerst scheint. Zunächst wird der Captain mit einer schwer wiegenden Entscheidung konfroniert, die er nach kurzem Zögern dann trifft. Schwierig wird es, als Sims Überleben durch die Operation bedroht ist, und noch schwieriger, als Sim sich weigert, sich zu opfern. Anders als man es also von früher kennt, dreht sich die Geschichte nicht nur um eine schwierige Entscheidung, sondern am Ende gleich um mehrere.
Diese interessanten Wendungen der Geschichte sind wohl dem noch recht neuen Koproduzenten Manny Coto zu verdanken, der hier sein erstes Drehbuch für die Serie abliefert und damit schon einmal zu erkennen gibt, dass er für spannende Erzählungen zu haben ist.

Charakterseitig stehen Archer, Phlox und zum Teil T'Pol sowie natürlich Sim im Vordergrund. Allen Schauspielern gelingt es sehr gut, die Schwere und Tragik der Situation zu vermitteln. Auch die Darsteller des jungen Sim/Trip sind gut gewählt, lediglich ihr Akzent klingt im Original etwas zu wenig nach Texas.

Nach 3.05 Impulsiv, wo er ein Schiff voller Vulkanier-Zombies explodieren ließ, und 3.07 Die Ladung, wo er beinahe einen ganzen Forschungskomplex vernichtet hätte, steht Archer hier vor der bisher vielleicht schwierigsten Entscheidung der Serie: Er hat nicht nur die Option, für die Mission zu töten, sondern gar ein neues Leben zu erschaffen, das dann nach zwei Wochen von selbst sterben soll. Man erkennt, wie ungern Archer vor diese Wahl gestellt wird. Er rechtfertigt seine Entscheidung damit, dass er Trip braucht, um die Mission fortführen zu können und dass er sich den Luxus nicht leisten kann, die moralischen Fragen zu diskutieren, die sich aus seinem Handeln ergeben.
Diesen Kurs setzt der Captain dann bis zum Ende der Episode konsequent fort. Als er erfährt, dass Sim durch die Operation sterben wird, bleibt ihm kaum noch eine Wahl, als am Plan festzuhalten. Und selbst als er erfährt, dass Sim möglicherweise ein ganz normales menschliches Leben führen kann, weicht er nicht ab und begründet dies erneut mit der Mission, auf der er sich befindet. Immerhin gibt es keine Sicherheit, dass Phlox Sims Leben wirklich verlängern kann; die einzig sichere Option ist, Trip mit Sims Hilfe zu retten. Auf Kosten Sims geht er damit auf Nummer sicher und rettet Trip.
Wie schon angedeutet spielt Scott Bakula den Captain hier sehr glaubwürdig. Sehr schön sind Archers Gespräche mit dem jungen Sim, in denen er zum Teil in die Vaterrolle schlüpft, in denen er aber auch bereit ist, Sim die bittere Wahrheit zu sagen, damit er sein Gewissen nicht zu allem Überfluss auch noch mit einer Lüge belasten muss.

Phlox wird wie gewohnt brillant verkörpert. Seine "Vaterfreuden" mit dem jungen Sim sind ebenso schön dargestellt wie sein Bedauern über die große Fehleinschätzung, dass Sim die Operation überleben würde. Gerade im Rückblick auf 1.13 Lieber Doktor stellt sich aber auch die Frage, ob der Doktor hier seiner Linie treu geblieben ist oder ob er ganz im Gegenteil atypisch handelt.
In "Lieber Doktor" war er bereit, Befehle zu verweigern, um für seine ethischen Werte einzustehen. Dieses Verhalten war auch später noch zu beobachten, etwa in 1.22 Vox Sola gegenüber Reed. Nun ist er bereit, einen kurzlebigen Klon zu erschaffen, um ein anderes Lebewesen zu retten. Die Beurteilung, ob sich Phlox damit treu bleibt oder ob er gegen seine eigenen Werte verstößt, ist nicht einfach und muss wohl von jedem selbst getroffen werden.

T'Pols Anteil ist diesmal weniger technischer Natur als gewohnt. In erster Linie ist sie Bezugspunkt für Sims zweite Lebenshälfte. Dadurch sieht sie sich natürlich auch damit konfrontiert, dass Trip offenbar "romantische Gedanken" in Bezug auf sie hat. Nach vielen Anspielungen und mehrdeutigen Szenen ist dies schon ein sehr deutlicher Hinweis, dass sich eine Beziehung wohl eher zwischen T'Pol und Trip als zwischen T'Pol und Archer anbahnen wird.

Spoiler

Bezogen auf den moralischen Konflikt ist T'Pol erstaunlich gleichgültig; sie belässt es dabei, Archer kurz über die Haltung der Lyssarrianer zu informieren, mischt sich sonst aber nicht weiter ein. Wenn man bedenkt, dass beispielsweise die Thematik der "kulturellen Kontamination" ihr so am Herzen liegt (z.B. 1.09 Die Saat), verwundert es schon, dass T'Pol keine Meinung hat oder jedenfalls nicht dafür eintritt.
Etwas fraglich ist, wieso T'Pol von der Lyssarrianischen Prozedur und ihrem Verbot weiß, wo Phlox das doch als ein gut gehütetes Geheimnis bezeichnet.

Sim/Trip stellt sich aufgrund der Stadien, in denen man ihn sieht, naturgemäß vielschichtig dar. Die großen Konstanten in seinem Leben sind Neugier und technisches Interesse. Als Teenager scheint er etwas selbstbewusster auf Frauen zuzugehen, als er das später als Erwachsener tut. Jedenfalls stellt es sich so dar, als Sim unbedingt T'Pol näherkommen will. Wenig später (aber dann schon klar als Erwachsener) geht er es behutsamer an, berichtet ihr aber immerhin von seinen Gefühlen, was Trip bislang noch nicht gemacht hat.
Die Situation ist natürlich auch eine gänzlich andere; Sim hat nur wenige Tage, um T'Pol kennenzulernen und ihr näherzukommen, bevor er tot sein wird, während Trip sich seiner Gefühle wohl selbst nicht gleich bewusst geworden ist und anschließend natürlich auch bedenken muss, dass eine Romanze auf einem Raumschiff etwas anderes ist als in der High School. In der entscheidenden Massagesitzung in "Der Vorbote" gibt Sims Offenheit zumindest den Ausschlag dafür, dass sich T'Pol und Trip über ihre Gefühle unterhalten.
Gegen Ende lernen wir aber noch eine andere Seite an Sim kennen: Egoismus. Sim weiß, dass Trips Leben und damit vielleicht sogar das Überleben der Menschheit von ihm abhängen und ist doch für einen Moment bereit, zu flüchten und seine letzten Tage in einem Shuttlepod zu verbringen. Das Bild, das wir bisher von Trip bekommen haben, deutet eigentlich eher auf eine größere Opferbereitschaft hin. Freilich ist die Situation ein wenig anders, da sich Sim darüber im Klaren ist, nur zu diesem einen Zweck erschaffen worden zu sein - und da er eine Alternative hatte, die Archer ihm verwehrt hat.

Der Rest der Crew kommt in dieser Folge einmal mehr viel zu kurz. Man muss schon froh sein, wenn Travis überhaupt mal einen Satz beisteuern darf, bei Hoshi sieht es kaum besser aus. Malcolm darf zwar ein kurzes Gespräch mit Sim bestreiten und ein wenig Tech beisteuern, das war es dann aber auch. Damit zementiert "Ebenbild" den gewohnten Eindruck, dass die Serie sich komplett um Archer, Trip, T'Pol und etwas abgeschlagen den Doktor dreht. Auch dieses Mal ist das wieder eine große Verschwendung von Potenzial, denn jeden der Charaktere hätte man ohne große Probleme in die Handlung integrieren können. Einzig die Fokussierung auf Archer und den Doktor macht Sinn, da sie die moralischen und ärztlichen Fragen abwägen bzw. klären müssen.

Am Ende bleibt der Eindruck, dass "Ebenbild" nicht leichtfertig mit der Thematik umgehen will. Von der ersten bis zur letzten Szene wirkt niemand glücklich mit der Situation und wünscht sich wohl, es gäbe einen anderen Weg, um damit fertig zu werden. Dennoch verwundert die Kompromisslosigkeit, mit der Enterprise hier voranprescht. Unter der einen Aussage "Wir müssen unsere Mission erfüllen" werden alle Arten von unmoralischen und unangenehmen Entscheidungen getroffen und gerechtfertigt. In 3.19 Beschädigungen geht es weiter, als man fremden (aber freundlichen) Aliens ihre Warpspule klaut und sie damit in der Ausdehnung stranden lässt, von Folter und Gedächtnismanipulation in 3.14 Kriegslist ganz zu schweigen.
Die Serie begibt sich damit auf einen sehr schmalen Pfad, denn am Ende steht die Erkenntnis, dass all diese Aktionen offenbar auch bitter nötig waren, um die Mission zum erfolgreichen Abschluss zu bringen. In keinem Fall muss sich Archer oder sonst ein Crewmitglied vor irgendjemandem verantworten. Der unschöne Begriff "Kriegsverbrechen" bleibt denn auch ungehört. Eine teilweise Aufarbeitung erfolgt erst in 4.03 Zuhause, wo sich zumindest zeigt, dass Archers Gewissen sich nach getaner Arbeit zu Wort meldet.
Am ehesten in Erinnerung bleibt denn von dieser Folge wohl Sims letzter Augenblick, dem die Tragik einer Hinrichtung gerechtfertigterweise anlastet. Immerhin wird man Zeuge des ersten Mordes, der durch zwei unserer Helden begangen wird.

Dazu eine Anmerkung unseres Redakteurs Burkhard Wallner:

Die Operation von Sim stellt zwar eine Tötung dar, aber die Mordmerkmale, wie sie das deutsche Strafrecht (§ 211 StGB) kennt, sind hier nicht erfüllt (Heimtücke, Grausamkeit oder niedrige Beweggründe). Erstere beiden Merkmale scheiden sowieso aus. Die "niedrigen" Beweggründe sehe ich aber auch nicht, im Gegenteil. Hinzu kommt das Einverständnis von Sim. Juristisch würde die Operation wohl als "Körperverletzung mit Todesfolge" gewertet werden.

Die Spannung ist durch die Wendungen und die Tragik der Situation bis zum Ende gegeben; vor allem die Frage, wie diese schwierige Situation aufgelöst wird, verleiht der Folge einen Tiefgang und eine Intensität, auf die man bei Enterprise lange warten musste.

Hier noch ein Hinweis unseres Lesers Andreas S.:

In Voyager stand Janeway schon einmal vor einer nicht unähnlichen Entscheidung wie Archer, nämlich in der Episode 2.20 Tuvix, wo es darum ging, eine neue eigenständige Persönlichkeit mit durchaus beachtlichem Wert zu opfern, um die verschmolzenen Tuvok und Neelix zurückzuerhalten.

Die Effekte lassen sich ganz schlicht als perfekt bezeichnen. Die Außenaufnahmen der Enterprise im polarischen Feld sowie die umherschwirrenden Partikel, die Stück für Stück das Schiff eindecken, lassen keine Wünsche offen. Einzig die restlos freigesprengten Türen der Shuttlerampe wirkten vielleicht ein wenig zu sauber, aber das soll der vollen Wertung nicht im Wege stehen.

Die Handlung verdient insofern einen sehr positiven Ausschlag, als dass die Thematik intensiv behandelt wird und nicht von einem technischen Problem abhängt, das dann nur technisch gelöst werden kann (von der B-Handlung abgesehen, die aber nur knapp angeschnitten wird und damit nicht vom Wesentlichen ablenkt). Vor allem kann man sich endlich einmal wieder die Frage stellen: Wie würde ich entscheiden?

Auf der anderen Seite verspielt die Serie wie gewohnt die sich bietenden Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln. Wie wäre es gewesen, wenn man Sim an Trips Stelle behalten hätte? Prinzipiell hätte man im weiteren Verlauf kaum Rücksicht darauf nehmen brauchen, da ja beide identische Erinnerungen haben. Gleichzeitig hätten sicher aber unzählige Optionen eröffnet, hier an einer neuen Front spannende Geschichten zu erzählen. Durch eine spontane Heilung Trips hätten sich dann ganz neue Probleme ergeben können, wie sie TNG in 6.24 Riker:2=? zeigte, aber leider nie wieder aufgriff (DS9 3.9 Defiant sei hier großzügig ignoriert). Farscape hat eine solche Verdoppelung in der dritten Staffel (beginnend mit 3.07 "Thanks for Sharing") einmal konsequent aufgegriffen und immerhin bis 3.15 "Infinite Possibilities, Part Two: Icarus Abides" durchgezogen, was ganz dezent als brillant bezeichnet sei. Da ärgert es ein ums andere Mal, dass Star Trek solche Gelegenheiten traditionell verstreichen lässt.
Zwar wechseln in VOY 2.17 Die Verdopplung Harry Kim und Naomi Wildman aus einer parallelen Dimension in die "aktuelle" über, aber auch dort ergeben sich keine weiteren Konsequenzen. Vielen Dank an unseren Leser Sebastian Moeller für diesen Hinweis.

Wegen der Tiefgründigkeit der Episode und der persönlichen Tragweite, um die es hier geht, gibt es für die Handlung dennoch vier Punkte. Der Reviewer vermerkt für sich persönlich jedoch ein Endergebnis von -1, da Enterprise sich nicht einfach nur von der Friede-Freude-Eierkuchen-Haltung von TOS und TNG verabschiedet hat, sondern hier eine sehr gefährliche Parallele zu aktuellen weltpolitischen Ereignissen aufbaut, ohne (wie TOS und TNG) eine kritische Aussage dazu zu machen.

 
 
 

Spannung

SFX

Handlung

Gesamt

 
 
 

Zusammenhänge

  • Der Xindi-Handlungsbogen beginnt mit 2.26 Die Ausdehnung und endet mit 3.24 Stunde Null.
  • Das fernsteuerbare Modell, das Archer hier Sim gibt, stimmt exakt mit Archers Kindheitsspielzeug aus 1.01 Aufbruch ins Unbekannte überein.
  • Sims Anspielung auf einen langweiligen Shuttleflug mit Malcolm bezieht sich auf 1.16 Allein.
  • T'Pol erwähnt Sims Gefühle in 3.15 Der Vorbote.

Änderungen

  • 2014-05-20: Der englische Begriff "Symbiote" war hier fälschlich als "Simbiot" übersetzt worden, zutreffend ist aber "Symbiont".
  • 2014-07-02: Anmerkung zu der Frage, ob wir hier einen Mord erleben, ergänzt.
  • 2015-03-23: Leser-Hinweis zu VOY-Episode "Tuvix" ergänzt.


 
 
 
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 Erstausstrahlung USA:
  19. November 2003

 Erstausstrahlung D:
  9. Januar 2005

 Regie:
  LeVar Burton

 Buch:
  Manny Coto

 Gaststars:
  Adam Taylor Gordon
  Maximillian Orion Kesmodel
  Shane Sweet



  Zuletzt geändert:
  2015-03-23, 03:57
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