|
Episodenbeschreibung
Die Crew der Enterprise ist im Torpedoraum versammelt. Archer hält eine
Beerdigungsansprache, denn in einem zum Sarg umfunktionierten Torpedo ruht
Trips toter Körper...
Zwei Wochen früher
Während Trip und T'Pol eine weitere Sitzung vulkanischer Neuro-Pressur
ausüben, schwärmt Trip von einer Modifikation am Warpantrieb: mit einem
kleinen Trick könnte er den Antrieb selbst bei Warp 5 frei von Fluktuationen
halten. Damit wäre man dann in der Lage, konstant Warp 5 zu fliegen und die
Waffe der Xindi entsprechend schneller zu finden.
Bald darauf sind alle Vorbereitungen getroffen, um die Theorie in einem
Experiment auszuprobieren. Tatsächlich scheint es hervorragend zu
funktionieren, als die Enterprise stabil bei Warp 5 bleibt. Aber plötzlich
ergeben sich Probleme, das ganze Schiff wird durchgeschüttelt und die
Kontrollen für den Warpantrieb reagieren nicht mehr. Trip klettert auf die
Maschine und kann den Antrieb deaktivieren, als es neben ihm eine Explosion
gibt. Trip wird quer durch den Raum geschleudert und bleibt bewusstlos
liegen.
Die Enterprise kommt in einem polarischen Feld zum Stillstand. Es gibt
schwere Schäden und der Antrieb ist komplett ausgefallen. Das größte Problem
ist allerdings Trip: er liegt im Koma und wird möglicherweise sterben. Phlox
fühlt sich aber verpflichtet, Archer eine Lösungsmöglichkeit aufzuzeigen:
eines seiner Tiere ist eine Lyssarrianische Wüstenlarve. Neben der
Möglichkeit, mit ihrer Hilfe Schnittwunden und Brüche zu behandeln, ist sie
auch in der Lage, den gesamten Lebenszyklus einer anderen Spezies exakt
nachzubilden, was allerdings sehr stark beschleunigt vor sich geht; man könne
mit etwa zwei Wochen rechnen. Diese sogenannten mimetischen Symbionten sind
ein gut gehütetes Geheimnis der Lyssarrianer, und ihr Einsatz ist nicht
unumstritten. Dennoch könnte Phlox damit quasi einen Klon von Trip erzeugen.
Wenn der Klon Trips gegenwärtiges Alter erreicht hat, könnte Phlox das
Gehirngewebe transplantieren, das Trip zur Heilung benötigt. Der Symbiont
würde dabei kaum Nebeneffekte erleiden und könnte seinen Lebenszyklus ganz
normal zu Ende bringen.
Archer ist unsicher, ob dieses Vorgehen richtig ist. Als T'Pol ihm berichtet,
dass diese Prozedur bei den Lyssarrianern verboten ist, hat Archer aber schon
den Befehl gegeben, den Klon zu erzeugen - und er merkt an, dass man den
Lyssarrianern ohnehin keine Rechenschaft schuldig ist.
Ein weiteres Problem hält indes die Crew auf Trab: das polarische Feld ist
voller nukleonischer Partikel, die hoch magnetisch sind und sich in immer
größeren Mengen an der Außenhülle anlagern. Noch ist die Lage nicht kritisch,
aber wenn man den Antrieb nicht bald wieder reaktivieren kann, um das Feld
zu verlassen, könnte es schon anders aussehen.
Zwei Tage, nachdem Phlox der Larve Trips DNS injiziert hat, ist sie bereits
zu einem menschlichen Embryo herangewachsen. Bereits am nächsten Morgen ist
sie ein gesundes Baby. Der Doktor denkt bereits über einen Namen nach;
verschiedene Vorschläge seitens der Crew (Steven, Enrique, Dennis) sagen ihm
alle nicht zu, und so entscheidet er sich schlicht für "Sim".
Archer wirkt indes nicht ganz zufrieden mit der Situation, da immerhin auf
seinen Befehl hin ein neues Leben entstanden ist, dem er nun erstmals
gegenübersteht.
Schon kurze Zeit später ist Sim ein kleiner Junge geworden. Phlox und Hoshi
sind erstaunt, wie gut Sim lesen kann. Noch viel erstaunter sind sie, als Sim
sich an Dinge erinnert, die Trip erlebt hat.
Phlox berichtet dem Captain, dass einige Spezies ihre kulturellen
Erinnerungen ausschließlich mit Hilfe der sogenannten genetischen
Sequenzierung weitergeben. Er meint, es könnte eine sehr wichtige Entdeckung
sein, dass Menschen offenbar ebenfalls dazu in der Lage sind.
Vier Tage nach seiner Entstehung ist Sim inzwischen ein Junge geworden. Er
fängt an, Fragen nach seinen Eltern zu stellen und wundert sich, dass er von
allen Sim genannt wird, obwohl er sich an den Namen Trip erinnert. Archer
nimmt ihn mit in den Shuttleraum und lässt Sim sein altes Modell eines
Warpschiffs fernsteuern. Als er merkt, dass Sim eine Antwort verdient hat,
nimmt er ihn mit auf die Krankenstation und zeigt ihm den im Koma liegenden
Trip. Er erklärt Sim, dass er ein Klon von Trip ist, und Sim begreift, dass
all seine Erinnerungen in Wirklichkeit Trips Erinnerungen sind. Sim ist aber
beruhigt, dass die in einigen Tagen anstehende Transplantation für ihn völlig
schmerzfrei verlaufen soll.
Drei Tage später ist Sim Teenager. Er ist inzwischen beinahe zum vollwertigen
Crewmitglied geworden und hilft T'Pol im Maschinenraum. Es zeigt sich, dass
er T'Pol gerne näherkommen würde, doch die Vulkanierin hält ihn auf Distanz;
wie sie sagt, gilt ihre Sorge derzeit dem Antrieb. Sim bemerkt, dass er wohl
nicht mehr hier sein wird, um Zeit mit T'Pol zu verbringen, wenn der Antrieb
erst einmal wieder funktioniert...
Man wird wohl zwei Wochen benötigen, um den Warpantrieb zu reparieren.
Malcolm hat allerdings herausgefunden, dass das Magnetfeld der nukleonischen
Partikel eine dämpfende Wirkung auf die Systeme der Enterprise ausübt. Wenn
sich weiterhin so viele Partikel an der Hülle ansammeln, hat man nur noch
vier Tage, bevor alle Systeme ausfallen.
Wenige Tage später hat Sim das Alter von Trip erreicht. Er meint, dass man
das Feld auch ohne Warpantrieb durchqueren könne, wenn man nur genügend
Moment aufbaut, um die Enterprise in Bewegung zu versetzen. Normalerweise
sind die Shuttlepods dafür zu schwach, aber er hat einige Modifikationen
ersonnen, mit denen es funktionieren sollte. Er unterhält sich mit T'Pol
darüber, die den Plan für sinnvoll hält. Auch sagt er T'Pol, dass er
fortwährend nur an sie denken kann - und das sei nicht pubertär bedingt, wie
noch vor wenigen Tagen. Bloß weiß er nicht, ob seine Gefühle für T'Pol nun
seine eigenen sind, oder ob sie aus Trips Erinnerungen stammen...
Bald darauf gerät er mit Archer aneinander: er würde gerne eines der beiden
Shuttles fliegen, aber Archer verbietet es ihm, weil Sims Überleben für das
ganze Schiff von Bedeutung ist. Malcolm und Travis sollen stattdessen die
gefährliche Aufgabe übernehmen, während Trip von der Brücke aus das Manöver
koordinieren soll.
Bald ist es soweit; zunächst schießt man mit den Phasenkanonen die Partikel
von den Türen der Shuttlerampe weg, dann starten die Shuttles und benutzen
die Greifer, um das Schiff hinter sich herzuziehen. Malcolm und Travis müssen
bis aufs Äußerste gehen. Als T'Pol und Archer abbrechen wollen, beginnt die
Enterprise sich aber endlich zu bewegen; schon nach Kurzem ist sie schnell
genug, um das Feld in wenigen Stunden zu verlassen, und die Shuttles kehren
zurück.
Doch nun ergeben sich neue Probleme: Phlox war immer davon ausgegangen, dass
Sim die Transplantation genau so unbeschadet überstehen würde, wie es bei
Lyssarrianern der Fall war. Nun zeigt sich aber, dass ein Mensch die
Operation nicht überleben wird. Zusammen mit Archer sagt er es Sim. Sim
findet aber heraus, dass ein experimentelles Verfahren seinen
Alterungsprozess stoppen könnte: er könnte an Trips Stelle weiterleben und
an der Mission der Enterprise teilhaben. Phlox ist skeptisch, denn es ist
unsicher, ob das Verfahren bei Sim funktionieren würde. Das Risiko ist Archer
zu groß, also will er mit dem ursprünglichen Plan fortfahren. Abends redet
er mit Sim und meint, seine Entscheidung stehe fest. Um die Mission zu
beenden, benötige er nicht Sim, sondern Trip - sogar wenn das
bedeutet, dass er Sim töten muss. Sim erwidert, Archer wäre kein Mörder,
worauf Archer kontert: "Mach mich nicht zu einem."
Sim scheint zunächst einzuwilligen. Doch stattdessen leitet er die Kontrollen
des Shuttleraums um, flüchtet dann aber doch nicht. Archer geht zu ihm, und
Sim scherzt erst einmal, es wäre ein ziemlich langweiliger Lebensabend, wenn
man ihn in einem Shuttlepod ohne Toilette verbringt. Das einzige, was noch
schlimmer wäre, wäre wohl, Malcolm noch dabeizuhaben. Letztlich meint er
aber, die Erinnerung an seine Schwester habe ihn gestoppt, denn er will
nicht, dass noch jemand auf die gleiche Weise getötet wird. Archer stimmt zu:
aus genau dem Grund hat er den Befehl gegeben, Sim zu erschaffen.
Vor der Operation verabschiedet sich T'Pol von Sim. Sie meint, die Crew werde
ihn vermissen - aber vor allem werde sie ihn vermissen. Dann küsst sie Sim.
Danach geht Sim in die Krankenstation, bedankt sich bei Phlox für seine
kurze, aber sehr gute Kindheit und meint, er werde nun seine Bestimmung
erfüllen. Phlox gibt ihm ein Sedativum...
Die Crew der Enterprise ist im Torpedoraum versammelt. Archer hält eine
Beerdigungsansprache, denn in einem zum Sarg umfunktionierten Torpedo ruht
Sims toter Körper. Unter den Trauergästen ist auch der wieder gesunde Trip.
Bewertung
Die schwächelnden Quoten hatten die Enterprise-Macher nach der zweiten
Staffel gezwungen, etwas Neues auszuprobieren. Der staffelumspannende
Handlungsbogen um die Xindi und die Rettung der Erde ist zweifelsfrei neu.
Das wohl wesentliche Element ist dabei die Unausweichlichkeit, mit der die
Erde zerstört wird, wenn Archer scheitern sollte. Dementsprechend erleben wir
in der dritten Staffel einige zweifelhafte Entscheidungen des Captains, die
man früher bei Star Trek nicht hatte. "Ebenbild" stellt einen der Höhepunkte
dieses neuen Star Treks dar.
Werfen wir aber zunächst einmal einen Blick auf die verschiedenen
Handlungsstränge. Die Episode konzentriert sich recht traditionell auf die
Geschichte um Sim, die B-Handlung betrifft das Tech-Feld, in dem
Tech-Partikel irgendein Tech veranstalten, was mit
Tech gelöst wird, vorher aber zu Zeitdruck führt. Ungewohnt ist
dabei aber die Entwicklung der A-Handlung, die nicht so liniear verläuft, wie
es zuerst scheint. Zunächst wird der Captain mit einer schwer wiegenden
Entscheidung konfroniert, die er nach kurzem Zögern dann trifft. Schwierig
wird es, als Sims Überleben durch die Operation bedroht ist, und noch
schwieriger, als Sim sich weigert, sich zu opfern. Anders als man es also von
früher kennt, dreht sich die Geschichte nicht nur um eine schwierige
Entscheidung, sondern am Ende gleich um mehrere.
Diese interessanten Wendungen der Geschichte sind wohl dem noch recht neuen
Koproduzenten Manny Coto zu verdanken, der hier sein erstes Drehbuch für die
Serie abliefert und damit schon einmal zu erkennen gibt, dass er für
spannende Erzählungen zu haben ist.
Charakterseitig stehen Archer, Phlox und zum Teil T'Pol sowie natürlich Sim
im Vordergrund. Allen Schauspielern gelingt es sehr gut, die Schwere und
Tragik der Situation zu vermitteln. Auch die Darsteller des jungen Sim/Trip
sind gut gewählt, lediglich ihr Akzent klingt im Original etwas zu wenig nach
Texas.
Nach 3.05 Impulsiv, wo er ein Schiff voller
Vulkanier-Zombies explodieren ließ, und 3.07 Die Ladung,
wo er beinahe einen ganzen Forschungskomplex vernichtet hätte, steht Archer
hier vor der bisher vielleicht schwierigsten Entscheidung der Serie: Er
hat nicht nur die Option, für die Mission zu töten, sondern gar ein neues Leben
zu erschaffen, das dann nach zwei Wochen von selbst sterben soll.
Man erkennt, wie ungern Archer vor diese Wahl gestellt
wird. Er rechtfertigt seine Entscheidung damit, dass er Trip braucht, um die
Mission fortführen zu können und dass er sich den Luxus nicht leisten kann,
die moralischen Fragen zu diskutieren, die sich aus seinem Handeln ergeben.
Diesen Kurs setzt der Captain dann bis zum Ende der Episode konsequent fort.
Als er erfährt, dass Sim durch die Operation sterben wird, bleibt ihm kaum
noch eine Wahl, als am Plan festzuhalten. Und selbst als er erfährt, dass Sim
möglicherweise ein ganz normales menschliches Leben führen kann, weicht er
nicht ab und begründet dies erneut mit der Mission, auf der er sich befindet.
Immerhin gibt es keine Sicherheit, dass Phlox Sims Leben wirklich verlängern
kann; die einzig sichere Option ist, Trip mit Sims Hilfe zu retten. Auf
Kosten Sims geht er damit auf Nummer sicher und rettet Trip.
Wie schon angedeutet spielt Scott Bakula den Captain hier sehr glaubwürdig.
Sehr schön sind Archers Gespräche mit dem jungen Sim, in denen er zum Teil
in die Vaterrolle schlüpft, in denen er aber auch bereit ist, Sim die bittere
Wahrheit zu sagen, damit er sein Gewissen nicht zu allem Überfluss auch noch
mit einer Lüge belasten muss.
Phlox wird wie gewohnt brillant verkörpert. Seine "Vaterfreuden" mit dem
jungen Sim sind ebenso schön dargestellt wie sein Bedauern über die große
Fehleinschätzung, dass Sim die Operation überleben würde. Gerade im Rückblick
auf
1.13 Lieber Doktor stellt sich aber auch die Frage,
ob der Doktor hier seiner Linie treu geblieben ist oder ob er ganz im
Gegenteil atypisch handelt.
In "Lieber Doktor" war er bereit, Befehle zu verweigern, um für seine
ethischen Werte einzustehen. Dieses Verhalten war auch später noch zu
beobachten, etwa in
1.22 Vox Sola gegenüber Reed. Nun ist er bereit,
einen kurzlebigen Klon zu erschaffen, um ein anderes Lebewesen zu retten. Die
Beurteilung, ob sich Phlox damit treu bleibt oder ob er gegen seine eigenen
Werte verstößt, ist nicht einfach und muss wohl von jedem selbst getroffen
werden.
T'Pols Anteil ist diesmal weniger technischer Natur als gewohnt. In erster
Linie ist sie Bezugspunkt für Sims zweite Lebenshälfte. Dadurch sieht sie
sich natürlich auch damit konfrontiert, dass Trip offenbar "romantische
Gedanken" in Bezug auf sie hat. Nach vielen Anspielungen und mehrdeutigen
Szenen ist dies schon ein sehr deutlicher Hinweis, dass sich eine Beziehung
wohl eher zwischen T'Pol und Trip als zwischen T'Pol und Archer anbahnen
wird.
Spoiler
In 3.15 Der Vorbote ist dann
Schluss mit den Anspielungen, als die beiden Sex haben. Bis zum Ende der Staffel
wird die Thematik mal mehr, mal weniger intensiv fortgeführt und auch in der vierten
Staffel in 4.03 Zuhause wieder aufgegriffen.
Bezogen auf den moralischen Konflikt ist T'Pol erstaunlich gleichgültig; sie
belässt es dabei, Archer kurz über die Haltung der Lyssarrianer zu
informieren, mischt sich sonst aber nicht weiter ein. Wenn man bedenkt, dass
beispielsweise die Thematik der "kulturellen Kontamination" ihr so am Herzen
liegt (z.B.
1.09 Die Saat), verwundert es schon, dass T'Pol
keine Meinung hat oder jedenfalls nicht dafür eintritt.
Etwas fraglich ist, wieso T'Pol von der Lyssarrianischen Prozedur und ihrem
Verbot weiß, wo Phlox das doch als ein gut gehütetes Geheimnis bezeichnet.
Sim/Trip stellt sich aufgrund der Stadien, in denen man ihn sieht, naturgemäß
vielschichtig dar. Die großen Konstanten in seinem Leben sind Neugier und
technisches Interesse. Als Teenager scheint er etwas selbstbewusster auf
Frauen zuzugehen, als er das später als Erwachsener tut. Jedenfalls stellt
es sich so dar, als Sim unbedingt T'Pol näherkommen will. Wenig später (aber
dann schon klar als Erwachsener) geht er es behutsamer an, berichtet ihr aber
immerhin von seinen Gefühlen, was Trip bislang noch nicht gemacht hat.
Die Situation ist natürlich auch eine gänzlich andere; Sim hat nur wenige
Tage, um T'Pol kennenzulernen und ihr näherzukommen, bevor er tot sein
wird, während Trip sich seiner Gefühle wohl selbst nicht gleich bewusst
geworden ist und anschließend natürlich auch bedenken muss, dass eine Romanze
auf einem Raumschiff etwas anderes ist als in der High School. In der
entscheidenden Massagesitzung in "Der Vorbote" gibt Sims Offenheit zumindest
den Ausschlag dafür, dass sich T'Pol und Trip über ihre Gefühle unterhalten.
Gegen Ende lernen wir aber noch eine andere Seite an Sim kennen: Egoismus.
Sim weiß, dass Trips Leben und damit vielleicht sogar das Überleben der
Menschheit von ihm abhängen und ist doch für einen Moment bereit, zu flüchten
und seine letzten Tage in einem Shuttlepod zu verbringen. Das Bild, das wir
bisher von Trip bekommen haben, deutet eigentlich eher auf eine größere
Opferbereitschaft hin. Freilich ist die Situation ein wenig anders, da sich
Sim darüber im Klaren ist, nur zu diesem einen Zweck erschaffen worden zu
sein - und da er eine Alternative hatte, die Archer ihm verwehrt hat.
Der Rest der Crew kommt in dieser Folge einmal mehr viel zu kurz. Man muss
schon froh sein, wenn Travis überhaupt mal einen Satz beisteuern darf, bei
Hoshi sieht es kaum besser aus. Malcolm darf zwar ein kurzes Gespräch mit
Sim bestreiten und ein wenig Tech beisteuern, das war es dann aber
auch. Damit zementiert "Ebenbild" den gewohnten Eindruck, dass die Serie
sich komplett um Archer, Trip, T'Pol und etwas abgeschlagen den Doktor dreht.
Auch dieses Mal ist das wieder eine große Verschwendung von Potenzial, denn
jeden der Charaktere hätte man ohne große Probleme in die Handlung
integrieren können. Einzig die Fokussierung auf Archer und den Doktor macht
Sinn, da sie die moralischen und ärztlichen Fragen abwägen bzw. klären
müssen.
Am Ende bleibt der Eindruck, dass "Ebenbild" nicht leichtfertig mit der
Thematik umgehen will. Von der ersten bis zur letzten Szene wirkt niemand
glücklich mit der Situation und wünscht sich wohl, es gäbe einen anderen Weg,
um damit fertig zu werden. Dennoch verwundert die Kompromisslosigkeit, mit
der Enterprise hier voranprescht. Unter der einen Aussage "Wir müssen unsere
Mission erfüllen" werden alle Arten von unmoralischen und unangenehmen
Entscheidungen getroffen und gerechtfertigt. In
3.19 Beschädigungen geht es weiter, als man fremden (aber
freundlichen) Aliens ihre Warpspule klaut und sie damit in der Ausdehnung
stranden lässt, von Folter und Gedächtnismanipulation in
3.14 Kriegslist ganz zu schweigen.
Die Serie begibt sich damit auf einen sehr schmalen Pfad, denn am Ende steht
die Erkenntnis, dass all diese Aktionen offenbar auch bitter nötig waren, um
die Mission zum erfolgreichen Abschluss zu bringen. In keinem Fall muss sich
Archer oder sonst ein Crewmitglied vor irgendjemandem verantworten. Der
unschöne Begriff "Kriegsverbrechen" bleibt denn auch ungehört. Eine teilweise
Aufarbeitung erfolgt erst in 4.03 Zuhause, wo sich
zumindest zeigt, dass Archers Gewissen sich nach getaner Arbeit zu Wort
meldet.
Am ehesten in Erinnerung bleibt denn von dieser Folge wohl Sims letzter
Augenblick, dem die Tragik einer Hinrichtung gerechtfertigterweise anlastet.
Immerhin wird man Zeuge des ersten Mordes, der durch zwei unserer Helden
begangen wird.
Dazu eine Anmerkung unseres Redakteurs Burkhard Wallner:
Die Operation von Sim stellt zwar eine Tötung dar, aber die
Mordmerkmale, wie sie das deutsche Strafrecht (§ 211 StGB) kennt, sind hier
nicht erfüllt (Heimtücke, Grausamkeit oder niedrige Beweggründe). Erstere
beiden Merkmale scheiden sowieso aus. Die "niedrigen" Beweggründe sehe ich
aber auch nicht, im Gegenteil. Hinzu kommt das Einverständnis von Sim.
Juristisch würde die Operation wohl als "Körperverletzung mit Todesfolge"
gewertet werden.
Die Spannung ist durch die Wendungen und die Tragik der Situation bis zum
Ende gegeben; vor allem die Frage, wie diese schwierige Situation aufgelöst
wird, verleiht der Folge einen Tiefgang und eine Intensität, auf die man bei
Enterprise lange warten musste.
Hier noch ein Hinweis unseres Lesers Andreas S.:
In Voyager stand Janeway schon einmal vor einer nicht unähnlichen
Entscheidung wie Archer, nämlich in der Episode
2.20 Tuvix, wo es darum ging, eine
neue eigenständige Persönlichkeit mit durchaus beachtlichem Wert zu opfern,
um die verschmolzenen Tuvok und Neelix zurückzuerhalten.
Die Effekte lassen sich ganz schlicht als perfekt bezeichnen. Die
Außenaufnahmen der Enterprise im polarischen Feld sowie die umherschwirrenden
Partikel, die Stück für Stück das Schiff eindecken, lassen keine Wünsche
offen. Einzig die restlos freigesprengten Türen der Shuttlerampe wirkten
vielleicht ein wenig zu sauber, aber das soll der vollen Wertung nicht im
Wege stehen.
Die Handlung verdient insofern einen sehr positiven Ausschlag, als dass die
Thematik intensiv behandelt wird und nicht von einem technischen Problem
abhängt, das dann nur technisch gelöst werden kann (von der B-Handlung
abgesehen, die aber nur knapp angeschnitten wird und damit nicht vom
Wesentlichen ablenkt). Vor allem kann man sich endlich einmal wieder die
Frage stellen: Wie würde ich entscheiden?
Auf der anderen Seite verspielt die Serie wie gewohnt die sich bietenden
Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln. Wie wäre es gewesen, wenn man Sim
an Trips Stelle behalten hätte? Prinzipiell hätte man im weiteren Verlauf
kaum Rücksicht darauf nehmen brauchen, da ja beide identische Erinnerungen
haben. Gleichzeitig hätten sicher aber unzählige Optionen eröffnet, hier an
einer neuen Front spannende Geschichten zu erzählen. Durch eine spontane
Heilung Trips hätten sich dann ganz neue Probleme ergeben können, wie sie
TNG in 6.24 Riker:2=? zeigte, aber leider
nie wieder aufgriff (DS9 3.9 Defiant sei hier
großzügig ignoriert). Farscape hat eine solche Verdoppelung in der dritten
Staffel (beginnend mit 3.07 "Thanks for Sharing") einmal konsequent
aufgegriffen und immerhin bis 3.15 "Infinite Possibilities, Part Two: Icarus
Abides" durchgezogen, was ganz dezent als brillant bezeichnet sei. Da ärgert
es ein ums andere Mal, dass Star Trek solche Gelegenheiten traditionell
verstreichen lässt.
Zwar wechseln in VOY 2.17 Die Verdopplung
Harry Kim und Naomi Wildman aus einer parallelen Dimension in die "aktuelle"
über, aber auch dort ergeben sich keine weiteren Konsequenzen. Vielen Dank an
unseren Leser Sebastian Moeller für diesen Hinweis.
Wegen der Tiefgründigkeit der Episode und der persönlichen Tragweite, um die
es hier geht, gibt es für die Handlung dennoch vier Punkte. Der Reviewer
vermerkt für sich persönlich jedoch ein Endergebnis von -1, da Enterprise
sich nicht einfach nur von der Friede-Freude-Eierkuchen-Haltung von TOS und
TNG verabschiedet hat, sondern hier eine sehr gefährliche Parallele zu
aktuellen weltpolitischen Ereignissen aufbaut, ohne (wie TOS und TNG) eine
kritische Aussage dazu zu machen.
|
|