Deutscher StarTrek-Index  

Deep Space Nine unter der Lupe

von Andrej Schwabe, 13.04.2004

Kolja Steinrötter Kolja Steinrötter wurde 1974 geboren. Seine Magisterarbeit in Soziologie (2003) ist in Form des Buches „Science and a Sense of Hope“ veröffentlicht worden. Er lebt und arbeitet als freier Schriftsteller in Münster. Seine Webseite findet man unter Externer Link www.atlantera.de. Empfohlen sei an dieser Stelle auch das TrekZone-Interview mit dem Autor in der monatlich erscheinenden Externer Link "Incoming Message" Nr. 69.
Den Telos-Verlag, der Steinrötters Buch herausgibt, findet man unter Externer Link www.telos-verlag.de.

Inhalt:
Cover von: Science and a Sense of Hope Kolja Steinrötter analysiert Deep Space Nine auf seiner religiösen Ebene, mit dem Ziel zu zeigen, dass die Star Trek-Serie einen Weg zeigt, die Wissenschaft und den Glauben einander näher zu bringen und in gewisser Weise auch in Verbindung zu bringen.
Dabei betrachtet er intensiv die einzelnen Charaktere, aber auch die einzelnen Episoden sowie den alles überspannenden Handlungsbogen, der Deep Space Nine auszeichnet.

Kritik:
„Science and a Sense of Hope“ ist ein sehr komplexes Werk, das den Leser durch die aktuelle philosophische Landschaft und gleichzeitig durch DS9 führt. Da man für das Buch dennoch kein Philosophie-Diplom benötigt und Steinrötter selbst auch noch Star Trek-Fan ist, ist der Leser dabei gut gebettet und kann sich auf eine genüssliche, gut verständliche Reise durch die Welt der heiß umkämpften Raumstation machen.

Zwei große Themen bestimmen das Buch. Zunächst einmal DS9 selbst und die Rollen von Religion und Wissenschaft. Auf der anderen Seite findet sich der Leser selbst in der Gegenwart und den aktuellen Problemen wieder – der Umweltzerstörung, der sozialen Probleme und den menschlichen Werten überhaupt. Dafür bietet Steinrötter als Lösung das Konzept von Star Trek an. Im TrekZone-Interview sagt er dazu: „Ich bin der Meinung, dass in ‚Star Trek’ eine Menschheit dargestellt wird, deren Bewusstsein genau diesen Prozess, den ich heute für nötig halte, hinter sich hat.“ (Externer Link Incoming Message Nr. 69).

Bei der sehr gut strukturierten Analyse der Fernsehserie widmet er sich der Serienidee selbst, den Charakteren und einzelnen Episoden. In sehr konzentrierter Weise zeigt er Verbindungen und Zusammenhänge auf, die selbst Fans interessant erscheinen dürften. Ein Beispiel sei hier gegeben: Sisko durchlebt in der Serie (wie eigentlich alle Charaktere) eine tiefgründige Entwicklung. Vom Zweifler am Leben, über die aufgezwungene Rolle als Abgesandter, erkennt er in der siebten Staffel seine eigene göttliche Herkunft (seine Mutter ist ja Prophetin) und wird in der Abschlussepisode „What you Leave behind“ von den Propheten in ihrem Himmelstempel aufgenommen. Steinrötter macht deutlich, wie sich Siskos Position zur bajoranischen Religion ändert und auch die anderen Charakterentwicklungen und Handlungsverläufe zeichnet er nach. Ihm gelingt es dabei sehr gut, viele Positionen der Wissenschaft und Religion aus unserer Vergangenheit und Gegenwart wieder zu erkennen und in Zusammenhang zu bringen, was nur in Ausnahmefällen etwas zurechtgebogen wirkt.
Offensichtlich wird dabei - unabhängig von jeglicher Interpretation - die Komplexität der Serie in Handlung, Charakteren und Ideen.

In einem kleinen Abschnitt positioniert Steinrötter sich strikt gegen die Ergebnisse der Autoren des ebenfalls wissenschaftlich angelegten „Faszinierend! Star Trek und die Wissenschaften“, die Star Trek teils einen rassistischen und sexistischen Ton unterstellen. Er bemängelt, dass die Autoren sich nicht in den Ansätzen und Grundkonzepten der Serie auskennen und Dinge aus dem Zusammenhang reißen. Insgesamt ist das natürlich ein schwieriges Thema, vor allem aber auch, weil es dabei eigentlich mehr um die anderen Star Trek-Serien geht. DS9 geht selbst ja sehr offen mit den Themen um (z.B. „Far Beyond the Stars“).

Steinrötter ordnet Star Trek der Märchenform zu und zeigt auch leicht auf, dass diese Form den Transport von Werten leicht macht. Denn für ihn lassen sich die Werte und Herangehensweisen an Probleme viel besser vermitteln, wenn sie mit klar strukturierter, guter Unterhaltung kombiniert werden. Er beschreibt damit gleichzeitig den Wandel, den Star Trek in den letzten Jahrzehnten durchgemacht hat. Die Unterhaltung hatte schon immer den größeren Stellenwert, allerdings wurden Botschaften früher aus Zensurgründen unter der Hand vermittelt, während sie in den heutigen Serien eigentlich mehr den Zweck haben, den Zuschauer auf ein Problem zu stoßen und ihn zu animieren, über es nachzudenken. Dafür, so zeigt Steinrötter plausibel, eignet sich Star Trek sehr gut.

Als großes Problem sieht Steinrötter die umfangreiche materialistische Sicht der Menschheit. Während in früheren Jahrhunderten die Religion eine dominierende Rolle inne hatte (Mittelalter), tut dies heutzutage die Wissenschaft bzw. der Materialismus. Er plädiert dafür, einen Ausgleich zwischen beiden Formen des menschlichen Denkens (Glauben und Forschen) zu finden, um die aktuellen Probleme lösen zu können. Hier sei auf Karl-Josef Durwen verwiesen, der ähnliche Überlegungen in „Im Spiegel der Möglichkeiten“ anstellt.
Steinrötter verbindet diese Sichtweise mit einer aktiven Rolle der Massenmedien (am Beispiel von Star Trek gezeigt) zur Lösung der akuten Probleme auf unserem Planeten.

Fazit: Jedem ernsthaft an Hintergründen und Philosophischem interessierten Fan zu empfehlen.

Infos:
Titel: Science and a Sense of Hope
Autor: Kolja Steinrötter
Erscheinungsjahr: Deutschland: 2004
Preis: 16 €
Telos Verlag, Münster
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